Übersichtsarbeiten - OUP 01/2018
Sonografie der Achillessehne
Die Midportion-Tendinopathie zeigt sich klinisch typischerweise als schmerzhafte spindelförmige Verdickung der Sehne mit lokalem Druckschmerz 2–7 cm proximal der Insertion [15]. Sonografisch lässt sich die spindelförmige Verdickung quantifizieren, die Degeneration der Sehne darstellen und das Remodelling im Therapieverlauf visualisieren. Die Echotextur der Sehne weißt im Rahmen des degenerativen Umbauprozesses meist Echogenitätsminderungen (Hypoechogenitäten) auf, welche der Einlagerung von Proteoglykanen und Wasser entsprechen. Die Desorganisation der Kollagenfasern bzw. der Umbau von Kollagen Typ I in Typ III zeigen sich in einem Verlust des homogenen fibrillären Binnenechos (Abb. 1). Die Hinzunahme der Panoramafunktion (Abb. 5) kann die Sensitivität erhöhen und die Visualisierung optimieren [22]. Während die gesunde Sehne vom muskulotendinösen oder osseotendinösen Übergang sowie aus dem Paratenon ernährt wird, kommt es im Rahmen der Degeneration der Sehne zum Einwachsen von kleinsten Gefäßen (Neovaskularisationen), die für den Schmerz verantwortlich gemacht werden, da sie freie Nervenendigungen zu stimulieren scheinen [21]. Die Gefäße dringen meist von ventral in die Sehne ein und lassen sich mit dem Farb- oder Powerdoppler darstellen (Abb. 1).
Hyperechogenitäten finden sich entweder im Rahmen von Narbenbildungen oder als Ausdruck von Kalzifikationen (z.B. im Rahmen einer Chondrokalzinose [10]), Fettstoffwechselstörungen (Xanthom e) oder Gicht (Tophi/Harnsäurekristalleinlagerungen). Hyperechogene Areale sollten daher immer eine Abklärung möglicher internistische Grunderkrankungen nach sich ziehen, wie Hyperurikämie, Hypercholesterinämie oder rheumatische Grunderkrankungen. Echofreie Areale in der Sehne entsprechen Partialläsionen. Diese müssen – wie alle pathologischen Befunde – in Längs und Querschnitt verifiziert werden und ihre Größe ausgemessen werden. Da sie sich im Verlauf organisieren, sind sie nur frisch echofrei (Abb. 2).
Falls sich die Sehne vollständig unauffällig darstellt, sollten bei dorsalen Fersenschmerzen mögliche Differenzialdiagnosen abgeklärt werden: Bei einem symptomatischen Os trigonum findet sich häufig Flüssigkeit dorsal von OSG und USG. Auch bei anderen Differenzialdiagnosen hilft die Sonografie, da auch subkutane Bursitiden oder Tendopathien benachbarter Sehnen (im Falle der Achillessehne insbesondere die Plantaris- und Flexor-hallucis-Sehne) gut abgegrenzt werden können. Tendopathien der Flexor-hallucis-Sehne sind aufgrund der tieferen Lage jedoch etwas schlechter darstellbar als die Achillessehne selbst. (Peri-)Tendopathien der Tibialis-posterior-Sehne zeigen häufig peritendinöse Flüssigkeitskollektionen.
Bei der Insertionstendinopathie findet sich eine Verdickung der Sehne am Ansatz. Es können ebenfalls Hypo- oder Hyperechogenitäten mit oder ohne Neovaskularisationen auftreten. Ein knöcherner „Fersensporn“ zeigt sich als hyperechogene Stuktur, die vom proximalen Ende der knöchernen Leitlinie des Calcaneus ausgeht und zumeist einen Schallschatten aufweist (Abb. 3, vgl. auch Beitrag Seite 43). Solche Enthesophyten treten gehäuft bei Chondrokalzinose und Spondylarthropathien auf [6, 28]. Bei Gichttendopathien finden sich häufig Kristallablagerungen in den Sehnen – oft auch an mehreren Stellen in und um die Sehnen. Wolkige Hyperechogenitäten besitzen eine hohe Sensitivität und Spezifität für die Diagnose einer uratinduzierten Tendinopathie (69 % bzw. 99 % [27], Abb. 4)
Bei rheumatischen Erkrankungen wie der Psoriasisarthritis oder Spondylarthropathien zeigen sich häufig pathologische intratendinöse Dopplersignale als Ausdruck der Inflammation sowie eine Vergrößerung der Bursa retroachillea, eine Verdickung der Sehne oder der Insertion, neben Strukturauffälligkeiten, Enthesophyten, Kalzifikationen und Erosionen [7, 14, 16, 28].
Ein weiteres wichtiges Indikationsgebiet stellt die Diagnosestellung und das Therapiemonitoring einer Achillessehnenruptur dar. Bei kompletten Rupturen zeigt sich sonografisch eine vollständige Kontinuitätsunterbrechung der Fasern mit proximaler und distaler Auftreibung der Rupturenden, da diese sich aufgrund ihrer Vorspannung und ihrer Verwringung beim Riss retrahieren und auffasern (Abb. 5). Die dynamische Untersuchung ist vor allem in unklaren Fällen sehr hilfreich, da selbst mit nur kleinen Bewegungen des Fußes ein Auseinanderweichen der Sehnenenden nachgewiesen werden kann. Zusätzlich können dann die Annäherung der Enden in Plantarflexion sowie mögliche Interponate dargestellt werden. Kleine Bewegungen im Sprunggelenk sind dabei ausreichend um das Auseinanderweichen darzustellen und eine vollständige Ruptur von einer höhergradigen Partialruptur zu differenzieren. Die Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit der Sonografie für die Rupturdetektion wurde zuletzt mit 89,9 %, 94,4 % und 100 % angegeben [12]. Amlang et al. haben 2005 eine Klassifikation zur sonografischen Einteilung der Achillessehnenrupturen vorgeschlagen, die als Anhaltspunkt für das weitere therapeutischen Vorgehens dienen kann [2]. In Abhängigkeit von der Adaptation der Sehnenenden und möglicher Interponate kann das Heilungspotenzial bei konservativer Therapie abgeschätzt werden´(Abb. 6).
In den vergangenen Jahren haben sich außerdem diverse Therapieoptionen etabliert, die eine Induktion der Sehnenheilung zum Ziel haben [11, 18]. Zu diesen Therapieoptionen zählen die perkutane Sklerosierung der Neogefäße mit Äthoxysklerol, das perkutane Needling der Sehne und die perkutane Tenotomie. Unter Ultraschallkontrolle ist die Zugangsmorbität dabei minimal, sodass eine lokale Anästhesie – falls überhaupt erforderlich – ausreichend ist und die Behandlung ambulant durchgeführt werden kann. Da größere randomisierte Studien bislang fehlen, ist die Evidenz bezüglich der besten Therapiemethode sowie konkreter Details (Häufigkeit der Anwendung, erforderliche Dosierung, Applikationsformen etc) aktuell noch unzureichend. Alle Methoden haben jedoch in mehreren Studien vielversprechende Effekte bei geringen Komplikationsraten gezeigt, sodass sie beim Versagen der klassischen konservativen Therapie (Physiotherapie, exzentrisches Krafttraining, Heavy-slow-resistance-Training, Stoßwellentherapie etc.) eine sinnvolle Therapierergänzung darstellen.
Einige Studien beschäftigten sich darüber hinaus mit dem prognostischen Wert der Sonografie einerseits bezüglich einer Früherkennung gefährdeter Athleten, andererseits bezüglich einer Therapieprognose. Während weder der Graustufenultraschall noch die Dopplersonografie eine Therapieprognose zulassen [3], bieten die Power-Dopplersonografie und die Elastografie die Möglichkeit einer Früherkennung nach asymptomatischer degenerativer Veränderungen [13, 17, 20]. Dies wurde sowohl für B-Bildparameter bei Laufsportlern und Tänzern als auch für Neovaskularisationen im Powerdoppler sowie verminderter Steifigkeit in der Scherwellen-Elastografie bei Laufsportlern gezeigt [13, 17, 20].