Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018

Sonografisch gestützte schmerztherapeutische Interventionen an der HWS
Ultrasonic guided cervical interventions

Martin Legat1

Zusammenfassung: In den letzten Jahren haben sich sonografisch gestützte schmerztherapeutische Interventionen an der HWS zusätzlich zum Bildwandler etabliert. Dabei bieten sich insbesondere die Facettengelenke sowie die Medial Branches für diese Interventionen an. Diese können sowohl zu diagnostischen als auch zu therapeutischen Zwecken verwendet werden.

Schlüsselwörter: Ultraschall, Intervention, Medial Branch,
Facettengelenk

Zitierweise
Legat M: Sonografisch gestützte schmerztherapeutische
Interventionen an der HWS.
OUP 2018; 7: 484–486 DOI 10.3238/oup.2018.0484–0486

Summary: During the last years additionally to fluoroscopic guided cervical interventions ultrasonic assisted technics have been established. Especially the medial branches and the facet joints are suitable for these interventions. They can be used for diagnostic and therapeutic purposes.

Keywords: ultrasonic, intervention, medial branch, facet joint

Citation
Legat M: Ultrasonic guided cervical interventions.
OUP 2018; 7: 484–486 DOI 10.3238/oup.2018.0484–0486

1 Schmerz Zentrum Zofingen, Schweiz

Einleitung

In den letzten 30 Jahren haben sich an der Wirbelsäule unter Bildgebung assistierte interventionelle Verfahren etabliert. Im Vordergrund standen dabei seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts Bildwandler-unterstützte Interventionen.

In den letzten 10 Jahren entwickelten sich zunehmend Verfahren unter sonografischer Steuerung. Dabei konnten sich Injektionen im Bereich der Lendenwirbelsäule etablieren – insbesondere an den Facettengelenken und dem Iliosakralgelenk. Es wird in der Regel ein Sektorschallkopf verwendet, da sich die zu therapierenden Strukturen in einer Tiefe von 5–6 cm bei Facettengelenken und in einer Tiefe von ca. 8–10 cm am ISG befinden.

Noch besser konnten sich die Sonografie-gestützten Verfahren an der Halswirbelsäule entwickeln. Die anatomisch relevanten Strukturen befinden sich nur in einer Tiefe von 2–3 cm. In diesem Artikel soll speziell auf diese Techniken eingegangen werden.

Ultraschalltechnik

Entscheidend ist die Ultraschallfrequenz, welche gewählt werden muss. Wie bereits geschildert, befinden sich die wichtigen Strukturen an der Halswirbelsäule in einer Tiefe von 2–3 cm, sodass eher hochauflösende Frequenzen zwischen 8 und 12 Megahertz mit einem linearen Schallkopf verwendet werden.

Die Helligkeit sollte sich über den ganzen Bildschirm gleichmäßig verteilen. Ein Farb- bzw. Powerdoppler ist von Vorteil, um beim Eingriff die Gefäße an der HWS insbesondere die Arteria vertebralis und carotis darstellen zu können. Der Powerdoppler kann zusätzlich den Flow des Medikaments und damit auch die Nadelspitze darstellen, falls sich hier Schwierigkeiten ergeben. Dies ist meistens dann der Fall, wenn die Injektionsnadel nicht perpendikular zum Schallbereich geführt werden kann.

Die zu fokussierende Zone befindet sich im Bereich der zu injizierenden Struktur. Bei den Interventionen zeigt eine sog. In-plane-Darstellung die Nadel im Längsverlauf des sonografischen Schnitts. Dabei liegt der optimale Eintrittspunkt der Nadel ca. 0,5 cm von der kurzen Seite des Transducers entfernt. Die Nadel wird parallel zum Ultraschallkopf vorgeschoben.

Die Out-of-plane-Technik bezeichnet die Nadelinsertion mittig quer zum Ultraschallkopf auf der Längsseite. Die Nadel kann dabei nur als Punkt dargestellt werden.

Anatomie/Sonoanatomie

Die wichtigsten Strukturen, welche sonografisch an der Halswirbelsäule erreicht werden können, sind die Facettengelenke und der sog. Medial Branch der einzelnen Segmente. Dieser ist hauptsächlich für die Gelenk-Nozizeption zuständig. Diese Strukturen und die Lokalisation sollen im Folgenden näher erläutert werden.

Zusätzlich bieten sich das Ganglion stellatum und die Nervenwurzel an.

In der sagittalen Ebene, lateral längs zur Halswirbelsäule, können ventral gut die Processi transversi dargestellt werden. Verschiebt man den Transducerkopf etwas nach dorsal, so werden die Massa lateralis und die sog. Facettengelenkslinie sichtbar (Abb. 1). Im Bereich der Anhebungen laufen senkrecht die Facettengelenke und im Bereich der Absenkungen die betreffenden Medial Branches.

In diesem Schnitt kann die Höhe lokalisiert werden. Direkt kranial des Facettengelenks C2/C3 kommt es zu einem steilen Abfall der Gelenklinie, da das nächste Facettengelenk C1/C2 deutlich verschoben zur Mittellinie liegt (Abb. 1). Dieser Abfall der Gelenklinie identifiziert die Wirbel C1 und C2.

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen:

  • 1. Der Patient kann nicht oder will nicht in die Intervention einwilligen.
  • 2. Es besteht eine anaphylaktische Reaktion auf Kontrastmittel in der Vorgeschichte.
  • 3. Ein nicht behandelter lokaler Infekt im Bereich der Intervention ist vorhanden.
  • 4. Koagulopathie.
  • 5. Der Patient kann nicht unter der Maßnahme kooperieren.

Relative Kontraindikationen:

  • 1. Medikamentenallergie,
  • 2. Schwangerschaft (abhängig von verwendeten Medikamenten),
  • 3. Antikoagulantien,
  • 4. Systemische Infektion,
  • 5. Massive kardiovaskuläre oder respiratorische Einschränkungen,
  • 6. Immunsupression.

Benötigtes Equipment

Ultraschallgerät mit planarem Ultraschallkopf, Frequenz zwischen 8 und 12 Megahertz

Möglichkeiten der Farbdoppler- bzw. Powerdopplersonografie

Steriler Ultraschallkopfbezug, steriles Ultraschallgel

Materialien

Nadeln

Es bieten sich Nadeln mit einer kleinen Gauge an (23–26 G), welche optimalerweise mit einem Mandrain ausgerüstet sein sollten, Länge 60–80 mm.

Sterile Handschuhe

Mindestens 2 Spritzen mit 2 bzw. 5 ml

Venöse Verweilkanüle

Physiologisches Monitoring mit Blutdruckmessung, EKG und Pulsoxymetrie

Injektionsmedikamente

Lokalanästhetika

Bupivacain, 0,25–0,5 %

Ropivacain, 0,2–0,75 %

Lidocain, 1–2 %

Steroide wasserlöslich

Betamethason, 6–18 mg

Triamcinolon, 20–80 mg

Dexamethason, 8 mg

Durchführung der
Intervention (Medial Branch)

Der Patient ist so auf der Seite gelagert, dass die zu therapierende Seite oben ist. Das Ultraschallgerät ist gegenüber platziert. Es wird ein linearer Ultraschallkopf benutzt, da sämtliche Strukturen relativ oberflächlich liegen.

Nach sterilem Bezug des Ultraschallkopfs und Desinfektion des Eingriffsgebiets wird das sterile Ultraschallgel aufgebracht. Es erfolgt zunächst die Darstellung der Artikularpfeiler in Längsachse der HWS. Es können sowohl die Facettengelenke (Erhebungen) als auch der Verlauf der Medial Branches in den Absenkungen der lateralen Gelenkpfeiler identifiziert werden. Das Tal des Gelenkpfeilers zeigt sich in der Regel echoreich, ist jedoch etwas kontrastärmer in der Darstellung als die Erhebung mit dem Gelenkspalt.

Die Höhenorientierung erfolgt wie oben geschildert. Bei korrekter Einstellung ist der Weg zum Zielpunkt äußerst kurz. Die Nadel inseriert die Haut nach Identifikation der notwendigen Höhe und des Targets in posteriorer Technik mit Orientierung nach anterior in Out-of-plane-Schallkopfposition. Danach wird der Ultraschallkopf um 90° gedreht und in In-plane-Position gebracht. So kann der Gelenkpfeiler sicher erreicht werden (Abb. 2).

Dann erfolgt die Injektion des Medikaments, dies zeigt sich als echoarme Differenzierung. Mittels Powerdoppler kann der Flow dargestellt werden.

Die posteriore Technik hat den Vorteil, dass die anterior des Gelenkpfeilers liegenden Strukturen, Spinalnerven und Vertebralarterien, auch bei zu flachem Winkel nicht erreicht werden, da diese tiefer liegen. Bei zu steilem Winkel wird der posteriore Raum erreicht.

Durchführung der
Intervention (Facettengelenke perikapsulär)

Die Facettengelenke selbst können unter Ultraschall auch von dorsal in einer In-plane-Technik erreicht werden. Dabei liegt der Patient ebenfalls auf der Seite, die zu therapierende Seite ist oben, der Interventionalist steht hinter dem Patienten. Das Ultraschallgerät ist gegenüber dem Operateur platziert. Es erfolgt die Darstellung der lateralen Gelenkreihe und die Höhenorientierung wie oben geschildert. Das Target ist dann die Erhöhung in der Gelenkpfeilerreihe bei Längsausrichtung des Sonokopfs zur HWS.

Nachdem das Zielgelenk identifiziert ist, wird der Ultraschallkopf um 90° gedreht, das Zielgelenk zeigt sich relativ oberflächlich und abgerundet im Vergleich zu den tiefer liegenden Gelenkpfeilern (Abb. 3). Der Ultraschallkopf kann dann etwas nach ventral verschoben werden, sodass das Zielgelenk näher an den Nadeleintrittspunkt rückt. Die Nadel wird inseriert und in einer leicht antero-medialen Richtung an den Gelenkspalt geführt. Vermieden werden sollte eine Nadelinsertion über den Vorderrand des lateralen Gelenkpfeilers, um den Spinalnerv nicht zu verletzen. Absolut verhindert werden muss eine Punktion komplett durch das Facettengelenk, um nicht die Vertebralarterie zu treffen. Da die Arteria carotis communis und die Jugularvene deutlich weiter ventral liegen, sollten diese in der Regel nicht verletzt werden.

Postinterventionelle Beobachtung und Instruktion

In der Regel bevorzugt der Autor es, den Patienten weitere 30 Minuten unter Monitoring zu beobachten. Eine Entlassung des Patienten erfolgt, sobald dieser klinisch unauffällig ist. Postinterventionell werden von 30 Minuten bis 24 Stunden sowohl das Schmerzrelief als auch der Zugewinn der Funktionalität dokumentiert.

Als positiver Effekt wird ein mindestens 50%iges Schmerzrelief gewertet.

Komplikationsmöglichkeiten

Betreffend die Injektion am Facettengelenk bzw. Medial Branch besteht ein geringes Risiko für eine Nervenverletzung bzw. Hämatombildung. Infekte wurden durch den Autor noch nie beobachtet.

Ergebnisse in der Literatur

Seitens der Halswirbelsäule liegen insbesondere für die Injektion am Medial Branch gute RCT-Studien vor. Hervorzuheben ist hier die Studie von Siegenthaler at al. [1], in welcher auf sämtlichen Höhen der Intervention einschließlich des 3. Occiptalnervs ein randomisierter Vergleich zwischen Ultraschall und Fluoroskopie durchgeführt wurde. Es konnte dabei eine gleiche Erfolgsquote bei geringerer Performancezeit für die Ultraschallintervention feststellt werden.

Thonnagith et al. [2] zeigten 2016 in einem Review auf, dass eine hohe Trefferquote bei sämtlichen Medial Branches, ausschließlich C7, erzielt werden kann.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Martin Legat

Interventionelle Schmerztherapie

Schmerz Zentrum Zofingen AG

Hintere Hauptgasse 9

4800 Zofingen

Schweiz

martin.legat@schmerzzentrum.ch

Literatur

1. Siegenthaler A, Schliessbach J, Curatolo M, Eichenberger U: Ultrasound anatomy of the nerves supplying the cervical zygapophyseal joints: an exploratory study. Regional Anesthesia and Pain Medicine 2011; 36: 606–10

2. Thonnagith A, Elgueta MF, Chalermkitpanit P, Tran DQ, Finlayson R: Ultrasound-guided cervical medial branch blocks: A technical review. Int J Phys Med Rehabil 2016; 4: 2

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