Industrie und Handel - OUP 04/2017
Spiraldynamik – auch als Bandage erfolgreich?Eine kinematische Untersuchung der BORT Helix S Spiraldynamik® USG-Bandage
Christian Roggenbuck1, Jasmin El Helo1, Jörg Brinkmann2
Einleitung
Christian Larsen hat das Konzept der Spiraldynamik entwickelt. Durch intensive Beobachtung der Natur fand Larsen heraus, dass die geometrische Figur der Spirale nahezu überall gegenwärtig ist. Von den größten Spiralen im Universum, den Galaxien, die sich in Spiralform (Spiralnebel) darstellen, lässt sich die Spiralstruktur bis herunter in die molekulare Ebene, sogar bis zum Träger der Erbinformation, verfolgen (Helix-Konstruktion der DNA-Doppelhelix). Auch in der Makroanatomie des menschlichen Körpers finden sich Spiralen. Die Muskelfaser in der mechanisch hoch belasteten linken Herzkammer ist spiralig angeordnet. Die Spirale bietet 2 wesentliche Vorteile: Einerseits besitzt sie eine hohe Stabilität, und andererseits ist sie äußerst platzsparend. Neben der hohen Stabilität ist in Abhängigkeit vom Material durch die Spiralstruktur auch eine gute Flexibilität zu erreichen.
Als einziges 2– bzw. 4-beiniges Lebewesen hat der Mensch einen Fuß, der eine spiralige Verschraubung aufweist. Diese Verschraubung besteht zwischen dem senkrecht stehenden Fersenbein und dem waagerecht dem Boden aufliegenden Vorfuß. Diese 90° betragende spiralige Verschraubung sorgt unter Belastung für eine Verkeilung der Ossa cuneiformia (Keilbeine) zur Stabilität des Fußgewölbes.
Bezogen auf den Fuß bedeutet das, dass der Rückfuß gegen den Vorfuß spiralig verdreht ist, wobei sich der Rückfuß mit dem Fersenbein in Richtung Rückfußvarus und der Vorfuß sich in Richtung Eversion dreht. Dadurch kommt der Rückfuß in eine orthograde Stellung ohne Pronationstendenz und am Vorfuß wird das Großzehengrundgelenk bodenwärts gedrückt. Hierdurch wird die Gewölbekonstruktion unterstützt und die Keilbeine können sich unter Belastung verkeilen.
Auf der Basis dieses Konzepts hat die Firma Bort die „Helix S Spiraldynamik USG-Bandage“ entwickelt, bei der die Prinzipien der Spiraldynamik durch eine entsprechend wirkende Zügelkonstruktion umgesetzt werden.
Bisher ist diese Bandage bezüglich ihres Wirkmechanismus im Zuge der Anmeldung im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen bereits durch entsprechende Anwendungsbeobachtungen evaluiert worden.
Zur Beurteilung der Situation des Fußes bei angelegter Bandage führten wir Untersuchungen mit einem speziellen MRT durch, mit dem die Untersuchung des Fußes im Stehen möglich ist. Es wurde bei einem Probanden der Fuß im Stehen einmal barfuß und einmal mit der BORT Helix-S Spiraldynamik USG-Bandage im MRT dargestellt. Die Aufnahmen zeigten einen deutlichen Korrektureffekt der Bandage auf die Rückfußachse und auf das mediale Längsgewölbe (Abb. 1–2).
Aufgrund dieser Ergebnisse wurde die vorliegende Untersuchung konzipiert, bei der mit Hilfe eines Bewegungsanalyse-Systems die Wirkung der Bandage auf den Fuß kinematisch untersucht wird und gezeigt werden sollte, inwieweit die Bandage das Konzept der Spiraldynamik umsetzt.
Material und Methoden
Es wurden 10 Probanden/innen beiderlei Geschlechts (5 Männer, 5 Frauen im Alter von 18–23 Jahren, im Mittel 20,8, in die Studie eingeschlossen, die zum Zeitpunkt der Untersuchung und auch in der Vorgeschichte nicht über Fußbeschwerden geklagt hatten und bisher nicht mit Einlagen versorgt worden sind. Als Ausschlusskriterien galten eine periphere Polyneuropathie, eine pAVK an den unteren Extremitäten, behandlungsbedürftige Fuß- und Zehendeformitäten sowie Operationen an den Füßen in der Vorgeschichte.
Die Untersuchung der Probanden erfolgte unter 3 unterschiedlichen Bedingungen
Die erste Situation stellt den Fuß ohne jegliche Korrektur dar und wird nachfolgend mit „barfuß“ bezeichnet. Hierbei trägt der Proband nur eine schwarze Socke zur Platzierung der Marker (Abb. 3). In der zweiten Situation wird die komprimierende Bandage am Fuß getragen, die korrigierenden Zügel jedoch nicht angelegt. Diese Situation wird nachfolgend „ohne Fixierung“ genannt.
Die dritte Situation ist die bei der die Bandage getragen wird und die korrigierenden Zügel angelegt werden. Diese Situation wird nachfolgend „mit Fixierung“ genannt (Abb. 4).
Die Untersuchung und Auswertung der Ganganalyse-Parameter erfolgte mit dem Mikromak Analyse-System.
Bewegungsanalyse-System
Systeme zur Bewegungsanalyse arbeiten mit Videobildern, die entweder von einer Standardkamera und einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommen werden. Die Bewegungssequenzen werden digitalisiert und im PC gespeichert. Danach kann offline die Auswertung anhand von Bildverarbeitungsverfahren erfolgen. Meistens werden vor der Aufnahme Marker angebracht. Die Bewegungen werden mit der Auswertungssoftware berechnet. Hierbei werden kinematische Parameter wie s/t-Verlauf, v (Geschwindigkeit) und a (Beschleunigung) bestimmt.
Das Bewegungsanalyse-System WINanalyze der Firma Mikromak ist eine Software zur automatischen Bewegungsanalyse von Videoaufnahmen. Es ermöglich die automatische Objektverfolgung in digitalen Bildsequenzen. Das System ermöglicht die Analyse der Objektbewegungen und anschließende Abbildung der Ergebnisse in verschiedenen grafischen Darstellungen. Es handelt sich um ein automatisches Bewegungsanalyse-System, bei dem die Möglichkeit des Tracking mit oder ohne Marker besteht. Als Objekterkennungsmethode verwendet WINanalyze die Template Matching Methode. Mit WINanalyze können die Geschwindigkeit, Beschleunigung, Winkel, Körperschwerpunkte und Körpermodelle berechnet und analysiert werden. Es gibt die Möglichkeit zur automatischen 2-D- oder 3-D-Bewegungsanalyse.
Kamera
Für die Fragestellung in der vorliegenden Versuchsanordnung war die Verwendung einer Hochgeschwindigkeitskamera erforderlich. Als Kamera haben wir die Genie HM640 der Firma DALSA verwendet.
Für den Versuch wurde eine Bildaufnahmefrequenz von 100 frames/s, Graustufen in VGA-Auflösung (640*480) verwendet. Die Kamera wurde mit einem Zoomobjektiv fest installiert, um den gesamten Messbereich zu erfassen. Bei diesen technischen Voraussetzungen ist es möglich, auch bei einem hohen Bewegungstempo scharfe und auswertbare Bilder zu gewinnen.
Hilfsmittel
Die BORT Helix S Spiraldynamik USG-Bandage ist eine im Flachstrickverfahren hergestellte, geschlossene Sprunggelenk-Bandage aus zweizug-elastischem Gestrick und einem zusätzlichen Doppel-Zügel aus teilelastischem Veloursstoff (Abb. 5).
Das Strickteil reicht zirkulär von der Fessel bis zu den Zehengrundgelenken und umschließt den Rückfuß und Mittelfuß zirkulär. Das Hilfsmittel ist seitenspezifisch konstruiert.
Auf der Innenseite der Bandage sind 2 Pelotten aus Silikon mit Stoff-Bezug eingenäht. Diese Druckpolster liegen seitlich posterior und distal der Malleolen-Spitzen. Durch diese Pelotten wird der durch die Bandage erzeugte Druck flächig auf den gesamten Sprunggelenk-Bereich verteilt.
Wesentliches Funktionselement ist ein Doppel-Zügel, der sich in einen tibialen und einen fibularen Zügel gliedert und das untere Sprunggelenk unterfängt. Die beiden Zügelanteile werden um den Rückfuß bzw. um die Fußwurzel geführt. Ein Anteil des Doppelzügels läuft vom Achillessehnen-Ansatz über den lateralen Rückfußbereich nach plantar und wird auf eine hierfür angenähte Velours-Fläche im Bereich des Großzehen-Grundgelenks aufgeklettet. Der andere Anteil umschlingt das Sprunggelenk und den Mittelfuß, indem er über den Fuß-Außenrand im Bereich von Basis Metatarsus V über die Fußsohle geführt wird und dann im Fußwurzelbereich dorsal auf sich selbst mit der Klettspitze befestigt wird. Die Zügel werden mit den angenähten Klett-Hakenflächen verschlossen, wodurch eine stufenlose Regulierung der Spannung möglich ist.
Die beschriebenen Zügelanteile unterstützen die Inversion des Fersenbeins und die gegenläufige Pronation des Kahnbeins. Beide Wirkungen zielen auf Entlastung des unteren Sprunggelenks und auf die Wiederherstellung einer physiologisch-korrekten Abrollbewegung. Unterstützt werden jene Bewegungen, welche in der Phase des Abdrucks vom Boden (push-off) stattfinden. Dabei richten sich Fersenbein und Fußgewölbe auf.
Im Bereich der knöchern prominenten Strukturen (Malleoli und Basen der Metatarsalia I und V) sind in die Zügel Längsschnitte eingebracht, die ein leichtes Auffächern der Zügel ermöglichen. Dadurch wird ein punktueller Druck auf die knöchern-prominenten Strukturen vermieden und der Verlauf der Bänder optimiert.
Ergebnisse
1. Ganganalyse
Dorsale Perspektive:
Zuerst erfolgte die Auswertung der Aufnahmen aus der dorsalen Ansicht. Aus dieser Perspektive kann die Stellung des Rückfußes bzw. des Fersenbeins beurteilt werden.
Die Aufnahmen aus der dorsalen Ansicht erfolgten unter den 3 vorgenannten Bedingungen in den verschiedenen Formen der Belastung. Die Marker wurden in Entlastung des Fußes geklebt und die individuell physiologische Rückfußachse dargestellt, die zur Auswertung rechnerisch mit 180° definiert wurde. Gemessen wurde der nach lateral offene Winkel, der beim Aufsetzen des Fußes mit Valgisierung der Rückfußstellung kleiner wird. Zur Auswertung wurde der in Vollbelastung gemessene Winkel von 180° subtrahiert. Hierdurch ergaben sich ein positiver Wert bei Zunahme des Rückfußvalgus und ein negativer Wert bei einer Bewegung in Varusrichtung.
Als erstes wurde der Rückfußwinkel unter Entlastung (Moment unmittelbar vor Beginn des initialen Bodenkontakts) und unter Vollbelastung (mediale Standphase) bestimmt.
Beim Vergleich der Ganganalysedaten der Probanden unter den Bedingungen „barfuß“ und „mit Fixierung“ zeigte sich „mit Fixierung“ in 9 Fällen ein Korrektureffekt, d.h. das Wegknicken des Rückfußes in Valgusrichtung war „mit Fixierung“ geringer ausgeprägt als „barfuß“. Bei 3 dieser 9 Probanden war der Effekt jedoch nur gering ausgeprägt (Schwellenwert 1,0). In einem Fall war das Wegknicken des Rückfußes in Valgusrichtung „mit Fixierung“ größer als „barfuß“ (Tester 4). Die Auswertung der Einzelwerte für diesen Probanden zeigte, dass der Fuß stark supiniert (also mit Rückfußvarus) aufgesetzt wurde. Dies ist „mit Fixierung“ nicht möglich. Die Bandage erreicht offensichtlich auch hier einen Korrektureffekt, der in diesem Fall in Richtung einer physiologischen Rückfußstellung aus einer Varusposition heraus wirkt.
Zusammenfassend wird durch die Bandage eine Optimierung der Rückfußstellung erreicht. Der Rückfuß bleibt beim Aufsetzen nicht starr, sondern führt auch mit Bandage eine physiologische Valgusbewegung aus, die jedoch nicht so stark ist wie ohne Bandage.
Um zu sehen, ob der beschriebene Effekt auf die Bandage mit ihrer Zügelkonstruktion zurückzuführen ist oder ob die gewebte Bandage bereits allein den Effekt bewirkt, wurde zusätzlich ein Gangzyklus mit angelegter Bandage, jedoch ohne Zügel, also „ohne Fixierung“ mit der Situation „barfuß“ verglichen. Die Auswertung dieses Vergleichs zeigt eine Streuung der Ergebnisse. In 3 Fällen fand sich unter Vollbelastung „ohne Fixierung“ eine stärkere Valgisierung als „barfuß“. 3 Fälle wiesen einen sehr schwachen Effekt (Schwellenwert 1,0) und in weiteren 3 Fällen zeigte sich eine moderate Korrektur. Ein Proband zeigte eine extreme Unterbindung der Valgisierung. Dies war erneut bei Tester 4 der Fall.
2. Ganganalyse
Mediale Perspektive
Anschließend wurden die Aufnahmen aus der medialen Perspektive ausgewertet, mit der das mediale Längsgewölbe beurteilt werden kann. Beurteilungskriterium war die Höhe des Os navikulare über dem Boden. Hierzu wurden 3 Marker so geklebt, dass 2 Geraden mit Scheitelpunkt im Kalkaneus (Tuber calcanei) gelegt werden können. Eine Gerade entspricht der Bodenfläche und die zweite Gerade läuft durch das Os Navikulare. Der Winkel vergrößert sich somit wenn das Os Navikulare sich weiter vom Boden entfernt und sich das mediale Längsgewölbe höher wird.
Es wurden die gleichen Bedingungen untersucht wie sie bei der dorsalen Perspektive bereits beschrieben wurden.
Bei der Messung der Probanden unter der Bedingung „barfuß“ zeigte sich in 5 Fällen ein Absinken des Os Navikulare und in den anderen Fällen ein Ansteigen des Os Navikulare jeweils in der Phase der Belastung.
Die Messung der Ganganalyse-Daten der Probanden „mit Fixierung“ zeigte in 4 Fällen keine Höhenveränderung des Os Navikulare. In den übrigen 6 Fällen stieg das Os Navikulare in der Phase der Vollbelastung an. Ein Absinken des Os Navikulare war in keinem Fall festzustellen.
Die Messung der Ganganalyse-Daten der Probanden „ohne Fixierung“ zeigte in 5 Fällen ein Absinken des Os Navikulare, in 2 Fällen eine unveränderte Höhe des Os Navikulare und in 3 Fällen einen Anstieg des Os Navikulare in der Phase der Vollbelastung an.
Zusammenfassend zeigte sich „barfuß“ in 50 % ein Absinken und in den übrigen 50 % einen Anstieg des Gewölbes. „Mit Fixierung“ fanden sich entweder (6) eine Erhöhung des Gewölbes oder eine stabile Situation (4) am Gewölbe. Ein Absinken der Gewölbehöhe unter Vollbelastung war „mit Fixierung“ nicht aufgetreten.
„Ohne Fixierung“ war kein Trend festzustellen. So flachte sich in der Hälfte der Fälle das Gewölbe ab, in 3 Fällen erhöhte es sich und in 2 Fällen war keine Veränderung festzustellen.
Zur weiteren Differenzierung der gesehenen Effekte wurden die erzielten Veränderungen (also die Differenzen zwischen Entlastung und Vollbelastung) unter den verschiedenen Bedingungen direkt verglichen. Hierbei ergaben sich folgende Ergebnisse:
In 5 Fällen war das Längsgewölbe unter der Bedingung „barfuß“ abgeflacht. Die gleichen Probanden zeigten „mit Fixierung“ 4-mal eine Anhebung des Gewölbes und einmal, im Fall eines zuvor stark abgesunkenen Gewölbes, ein nur minimales Absinken. Unter der Bedingung „ohne Fixierung“ zeigten sich bei diesen Probanden keine einheitlichen Ergebnisse.
In den übrigen 5 Fällen ohne jegliche Korrektur (also „barfuß“) kam es unter Vollbelastung zu einem Anstieg des Längsgewölbes. Bei diesen 5 Probanden ergab sich „mit Fixierung“ ein gegenüber der Situation „barfuß“ etwas geringer ausgeprägter Gewölbeanstieg. In 2 Fällen, die „barfuß“ einen moderaten Anstieg zeigten, ergab sich „mit Fixierung“ nahezu keine Veränderung der Gewölbehöhe. Bei einem Probanden zeigte sich „barfuß“ ein moderater Anstieg unter Belastung und mit Fixierung ein moderates Absinken des Gewölbes. Die Betrachtung der Absolutwerte zeigte bei diesem Probanden für alle Bereiche sehr niedrige Werte, d.h., es lag in diesem Fall ein Fuß mit einem sehr flachen Längsgewölbe vor.
Ganganalyse
Dynamische Parameter
Nachdem die tabellarischen Absolutwerte bewertet wurden, um die Extremwerte der Belastung (also völlige Entlastung und Vollbelastung) zur Beurteilung heranzuziehen, wurde nachfolgend eine Beurteilung der dynamischen Situation (also der Betrachtung des Verlaufs) unternommen. Das Mikromak-System bietet die Möglichkeit, die sich während der Gangphasen ändernden Markerwerte kontinuierlich numerisch darzustellen. Dies wurde dann in eine Grafik übertragen (Abb. 6–8):
Bei angelegter Bandage mit korrigierenden Zügeln („mit Fixierung“) zeigte sich in der Phase der Gewichtübernahme vom Fersenaufsatz bis zum vollen Bodenkontakt der Fußsohle ein Anstieg des Winkels und damit des Längsgewölbes entsprechend einer Höhenzunahme des Os Naviculare. Während der Gewichtsübernahme nahm dieser Anstieg mit zunehmender Gewichtsübernahme ab, ohne jedoch das Niveau zu erreichen, das vor dem Bodenkontakt bestand, also in der völligen Entlastung. Im Vergleich hierzu war „ohne Fixierung“ mit Aufsetzen des Fußes bis zum vollen Bodenkontakt keine wesentliche Änderung des Winkels festzustellen, d.h. die Höhe des Längsgewölbes blieb weitestgehend unverändert. In der Phase der Gewichtsübernahme kam es zu einer Abnahme des Winkels und damit einer Abflachung des Längsgewölbes. Die Werte lagen hierbei unter den Ausgangswerten in der Entlastung vor Aufnahme des Bodenkontakts.
Die Messungen des Gangs „barfuß“ zeigten bereits bei Aufnahme des Bodenkontakts eine geringe Abnahme des Winkels, d.h. ein leichtes Absinken des Gewölbes. Dies setzte sich mit Übernahme des Gewichts weiter fort. Im Prinzip zeigte sich ein ähnlicher Verlauf wie „ohne Fixierung“, jedoch mit einer deutlicheren Abnahme des Längsgewölbes. Beim Vergleich der 3 Bedingungen konnte festgestellt werden, dass die Gewölbekonstruktion „mit Fixierung“ über die Schrittphase erhalten blieb. Dies lag im Wesentlichen daran, dass mit Beginn der Belastungsaufnahme das Gewölbe initial an Höhe zunahm und sich unter zunehmender Belastung minimierte, ohne das Ausgangsniveau zu unterschreiten. Dieser Ablauf entspricht einem physiologischen Einfedern des Gewölbes ohne Aufgabe der Gewölbekonstruktion. „Barfuß“ ging die Gewölbehöhe schnell verloren und lag deutlich unter den Werten der Entlastungsphase. Der Vergleich zur Situation „ohne Fixierung“ zeigte, dass der Effekt der Erhöhung des Gewölbes mit anschließender physiologischer Einfederung auf die Zügelung zurückzuführen ist. „Ohne Fixierung“ fehlte die initiale Anhebung des Gewölbes, das sogar an Höhe verlor. Die Bandage hat ohne Zü gel nur einen geringen Effekt auf die Gewölbekonstruktion, da der Vergleich zwischen „ohne Fixierung“ und „barfuß“ ähnliche Effekte zeigte, die sich „barfuß“ auf niedrigerem Niveau abspielten. Die beschriebenen Effekte waren in unterschiedlich stark ausgeprägter Form, aber sinngemäß vergleichbar bei 9 der 10 Probanden vorzufinden. Nur der bereits in der Analyse der statischen Werte auffällige Verlauf des Testers 4 war auch in der dynamischen Funktion auffällig.
Diskussion
Mit der Untersuchung wurde die Funktion bzw. Wirksamkeit der BORT Helix-S Spiraldynamik USG-Bandage in dynamischer Funktion beim Gehen untersucht. Bei 10 fußgesunden Probanden wurde eine kinematische Ganganalyse jeweils ohne Bandage, mit angelegter Bandage ohne Zügelanlage und mit Bandage und angelegten Zügeln durchgeführt. So konnte das Gangbild ohne Einfluss der Orthese und mit vollständig angelegter Bandage verglichen werden. Um die Einflüsse des Effekts der Spiralkonstruktion zu beurteilen, wurde zudem der Vergleich zwischen dem Gangbild bei getragener Bandage einmal mit und einmal ohne angelegte Zügelung vorgenommen.
Beim Gehen drückt sich die Spiralfunktion am Fuß in der Bewegung des Rückfußes nach außen (Antipronation) und des Vorfußes nach innen (Pronation) aus, sodass das Großzehengrundgelenk bodenwärts gedrückt wird. Die korrekte Positionierung des Fersenbeins wird durch den M. tibialis anterior und den M. tibialis posterior reguliert. Die schraubige Verdrehung von Ferse und Vorfuß wird durch den M. tibialis anterior und den M. fibularis longus gesichert. Während der M. tibialis anterior die Außenbelastung der Ferse garantiert, sorgt der M. fibularis longus durch seinen steigbügelartigen Verlauf unter der Fußsohle hindurch, für den stabilen Bodenkontakt der Großzehe.
Eine zentrale Rolle spielt das Talonavikulargelenk, in dem bei orthograder Fersenstellung eine Abduktions- und Rotationsbewegung stattfindet. Voraussetzung hierfür ist die orthograde Stellung des Fersenbeins. Die Bandage soll eine Pronation des Rückfußes verhindern, um sie im Talonavikulargelenk zuzulassen. Dazu muss die Bandage eine Pronationsbewegung des Os Naviculare – also eine Bewegung des Os Naviculare bodenwärts verhindern.
Der Gangzyklus gliedert sich in eine Standphase und eine Schwungphase. Für die Untersuchung interessant waren die Abläufe in der Standphase, da hier unter der wechselnden Belastungsintensität einerseits die Stellung des Rückfußes und andererseits die Höhe des Längsgewölbes untersucht werden sollte. Die Standphase kann in 4 Unterphasen unterteilt werden. Die erste Unterphase ist der „initiale Bodenkontakt“, die von der Unterphase „Belastungsantwort“ gefolgt wird. Hieran schließen sich die „mittlere Standphase“ und die „terminale Standphase“ an.
Die Ergebnisse zeigten, dass mit der Bandage das mediale Längsgewölbe des Fußes in jedem Moment der Standphase, also auch in der mittleren Standphase in Vollbelastung, nahezu vollständig erhalten blieb. Dies geschieht nicht durch eine starre „Blockierung“ des Gewölbes, sondern erfolgt dadurch, dass in Unterphase „initialer Bodenkontakt“, also der Phase vor Aufbau bzw. mit Beginn des Aufbaus der Belastung, die Gewölbekonstruktion an Höhe zunahm. Aus diesem zusätzlichen Höhengewinn heraus flachte das Gewölbe unter zunehmender Belastung bis auf sein Ursprungsniveau wieder ab. Das bedeutet, dass die Einfederungsfunktion des Gewölbes und damit die Dämpfung für den Fuß erhalten bleiben ohne die Gewölbekonstruktion im Verlauf vollständig aufzugeben. Im Vergleich hierzu kam es bei der Untersuchung des Gangbilds ohne jegliche Korrektur-Maßnahme („barfuß“) zu einer deutlichen Abnahme der Gewölbehöhe. Das bedeutet, dass auch hier eine Einfederungsfunktion stattfindet, jedoch um den Preis der nahezu vollständigen Aufgabe der Gewölbekonstruktion. Diese Situation ist sicherlich die ungünstigere, wenngleich betont werden muss, dass die Probanden durchgehend keinerlei Beschwerden an den Füßen hatten. Somit ist diese Situation für den Fuß offensichtlich auch tolerabel. Es gilt allerdings zu bedenken, dass die Probanden mit maximal 23 Jahren sehr jung waren. In höherem Alter tolerieren Füße Stellungsanomalien wesentlich schlechter. Interessant war das Ergebnis bei einem Probanden, dessen Fuß ein sehr stark ausgeprägtes Längsgewölbe aufwies. Hier war der Korrektureffekt wesentlich geringer ausgeprägt und ging teilweise sogar in die entgegengesetzte Richtung. Dadurch wurde aus einer Rückfußsupination eine physiologische Funktion des Längsgewölbes unterstützt.
Zusätzlich wurde untersucht, ob die Zügelkonstruktion – die den Effekt der Spirale bewirkt – den gesehenen Effekt hervorruft oder ob das Kompressionsgestrick der Bandage allein (ohne angelegte Zügelung) die beschriebenen Ergebnisse bewirken kann.
Der Vergleich der Gangparameter mit Bandage jeweils ohne und mit Zügelanlage zeigte, dass der Effekt eindeutig auf die Zügelkonstruktion zurückzuführen ist.
Ohne die Zügel zeigten sich Ergebnisse, die denen nur mit der Socke ähnelte. Die Werte waren allerdings auf einem günstigeren Niveau lokalisiert, d.h. der Verlust der Gewölbekonstruktion war weniger stark ausgeprägt.
Zusammenfassung
Mit der BORT Helix-S Spiraldynamik USG-Bandage steht offensichtlich ein orthopädisches Hilfsmittel zur Verfügung, dass beim Gehen positiv auf die Rückfußstellung wirkt und die Rückfußpronation kontrolliert bzw. verhindert. Hierdurch wird zusätzlich das mediale Längsgewölbe unterstützt, ohne sich störend auf die dynamische Funktion auszuwirken. Somit wird trotz Korrektur die Dämpfungsfunktion nicht gestört. Dass die in Laufschuhen verbauten Pronationsstützen, zumeist auf der Innenseite in die Zwischensohle eingelassene Elemente mit einem höheren Härtegrad einen vergleichbaren Effekt haben, ist schwer vorstellbar. Ein ungünstiger Einfluss auf die Dämpfungsfunktion ist eher anzunehmen.
Die mit der kinematischen Analyse gefundenen Ergebnisse sprechen dafür, dass diese Bandage das Konzept der Spiraldynamik als Hilfsmittel umsetzen kann.
Korrespondenzadresse
Christian Roggenbuck
Orthopädisches Zentrum Wilmersdorf, Hohenzollerndamm 197, 10717 Berlin, roggenbuck-gutachter@t-online.de
Fussnoten
1 Orthopädisches Zentrum Wilmersdorf, Berlin
2 Mikromak Service Brinkmann, Berlin