Übersichtsarbeiten - OUP 05/2017

Weichteilmanagement bei Verletzungen des oberen Sprunggelenks

In unserer Klinik erhalten zunächst alle Patienten mit Sprunggelenkverletzung eine klinische Untersuchung des Gefäßstatus. Sollten in diesem Zusammenhang die Fußpulse gut tastbar sein, keine prädisponierenden Begleiterkrankungen wie etwa eine pAVK oder ein Diabetes mellitus vorliegen und die Patienten darüber hinaus jünger als 65 Jahren sein, ist keine weiterführende Abklärung notwendig. Alle übrigen Patienten, die a) älter 65 Jahre sind, b) keine tastbaren Fußpulse haben oder c) prädisponierende Begleiterkrankungen aufweisen, bedürfen einer weiterführenden angiologischen Abklärung. Hierzu führen wir neben einer Dopplerverschlussdruckmessung eine Farb-/Duplexsonografie der Beinarterien durch. Sollte sich hierbei der Nachweis einer pAVK ergeben, welche in der Zusammenschau der Befunde behandlungsbedürftig ist, wird eine weiterführende Abklärung eingeleitet und die Kollegen der interventionellen Radiologie und/oder Gefäßchirurgie kontaktiert. Durch diese wird dann, falls möglich im Rahmen einer Angiografie, eine Rekanalisation der eingeengten arteriellen Blutstrombahn vorgenommen und so der Blutzufluss zum Operationsgebiet präoperativ optimiert (Abb. 2a-d).

Die definitive operative Versorgung erfolgt in der Regel 4–7 Tage nach dem Trauma. In dieser Zeit werden die Patienten stationär aufgenommen und müssen bis auf das Nötigste strikte Bettruhe halten. Die Lagerung des frakturierten Sprunggelenks erfolgt dabei in einem gespaltenen Unterschenkelweißgips, welcher bereits am Aufnahmetag angelegt wird. Sollte sich mithilfe des Weißgipses die Fraktur nicht adäquat reponieren lassen, erfolgt initial die Anlage eines Fixateur externe zur temporären Ruhigstellung.

Bei Ruhigstellung im Weißgips verordnen wir unseren Patienten Eisbeutel, um ein schnelleres Abschwellen der Weichteile zu gewährleisten. Bei Ruhigstellung im Fixateur externe wird neben der lokalen Kühlung mit Eis, welches nicht direkt auf die Haut des Patienten appliziert werden darf, um Kälteschäden vorzubeugen, eine pneumatische Kompressionspumpe (A-V Impulse-System) für den betroffen Fuß verordnet, um die Weichteilschwellung zu verbessern. Eventuell sich entwickelnde Spannungsblasen werden unter sterilen Kautelen abpunktiert. Falls die Spannungsblasen von alleine einreißen und sich eröffnen, werden sie abgetragen. Wenn die Haut über dem Sprunggelenk beginnt, leichte Falten zu werfen, wird die Indikation zur definitiven operativen Versorgung gestellt.

Der Standard ist hierbei in unserer Klinik ein offenes Vorgehen mit exakter anatomischer Reposition der distalen Fibulafraktur und anschließender Implantation einer interfragmentären Zugschraube. Additiv wird die Fraktur über eine Drittelrohrplatte gesichert, welche als Abstützplatte fungiert. Bei Vorliegen einer reduzierten Knochenqualität (Osteoporose) bei welcher die konventionellen Schrauben keinen ausreichenden Halt bieten, wird auf ein polyaxial winkelstabiles Implantat gewechselt, welches für eine optimale Passform bereits anatomisch vorgeformt ist. Die Versorgung des Innenknöchelfragments erfolgt nach anatomischer Reposition mit 2 Teilgewinde-Spongiosaschrauben mit Unterlegscheibe. Der Wundverschluss wird generell mehrschichtig mit subkutanen Nähten sowie einer Hautnaht in Donati-Rückstichtechnik durchgeführt. Fortlaufende Hautnähte sind aufgrund von möglichen Durchblutungsstörungen bei Anschwellung zu vermeiden.

Intraoperative Maßnahmen zur Prophylaxe von
Weichteilkomplikationen

Eingeschobene
Plattenosteosynthese

Bei kompromittierten Weichteilverhältnissen mit Kontusionsmarken, Schürfwunden, Spannungsblasen oder noch bestehender Schwellung ist eine minimalinvasive, eingeschobene Plattenosteosynthese zu erwägen. Dieses Vorgehen ist umso mehr zu empfehlen, falls aufgrund einer ausgeprägten Trümmerzone keine direkte Reposition mittels einer interfragmentären Zugschraube durchgeführt werden kann. Hierzu erfolgt im Bereich des distalen Anteils der Fibula eine kurze Inzision. Anschließend wird mit dem Raspatorium ein Plattenlager retrograd entlang der lateralen Fibulafläche geschaffen. Unter axialem Zug mit der spitzen Repositionsklemme erfolgen die Reposition der Fragmente und die Rekonstruktion der anatomischen Länge der Fibula. Anschließend wird ein winkelstabiles Implantat retrograd eingeschoben und zunächst temporär mit Kirschnerdrähten fixiert. Nach radiologischer Kontrolle des Implantats erfolgen das Belegen der Schraubenlöcher mit winkelstabilen Schrauben sowie anschließend die Entfernung der zuvor eingebrachten Kirschnerdrähte (Abb. 3a-g).

Konditionierung der Wunde mit einem zusätzlichen VAC-Verband

Um bei starker Beanspruchung der Weichteile etwas Zug von den oberflächlichen Weichteilen der Haut zu nehmen, kann es in seltenen Fällen hilfreich sein, bereits intraoperativ auf die verschlossene OP-Wunde einen zusätzlichen VAC-Verband aufzulegen (Vacuum Assisted Closure Therapy). Der VAC-Verband wird hierbei an einen kontinuierlichen Sog der Stärke 40–60 mmHg angeschlossen und kann so dazu beitragen, die Weichteile zu entspannen. Die Entfernung des VAC-Verbands erfolgt anschließend nach 5–7 Tagen auf der Station (Abb. 4 a-b).

Management von Weichteilkomplikationen nach erfolgter operativer Versorgung

Sollte es in der Phase der postoperativen Wundheilung zu einer persistierenden Sekretion aus der Wunde kommen oder die Hautnaht dehiszent werden, so ist frühzeitig ein Revisionseingriff zu erwägen, da eine Keimverschleppung in die Tiefe mit Frühinfekt der einliegenden Osteosynthese zu befürchten ist. Im Rahmen eines derartigen Revisionseingriffs ist ein konsequentes Debridement aller nekrotischen Areale vorzunehmen. Essenziell ist es darüber hinaus, Gewebeproben und Abstriche zur pathologischen und mikrobiologischen Aufarbeitung zu entnehmen. Anschließend muss eine gründliche Spülung des Operationssitus z.B. mit Ringerlösung erfolgen. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die Verwendung von Antiseptika wie z.B. Ocentisept zur intraoperativen Hochdruckwundspülung kontraindiziert ist, da hierbei Fälle von schweren Gewebeschädigungen beschrieben sind.

Bei Vorliegen einer akuten, seit wenigen Tagen andauernden Infektion kann – bei frühzeitigem Handeln – in der Regel ein Erhalt der Osteosynthese angestrebt werden. Bei einem mehr als ca. 10–14 Tage bestehenden Wundinfekt ist eine Besiedelung des Implantats mit Bakterien (Biofilm-bildende Bakterien) wahrscheinlich und deshalb eine komplette Metallentfernung durchzuführen [17]. In solchen Fällen ist eine temporäre Ruhigstellung im Fixateur externe bis zur Wundsanierung und ggf. Reosteosynthese zu erwägen.

Möglichkeiten des Wundverschlusses bei Wunddefekten

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