Übersichtsarbeiten - OUP 01/2025

Aktuelles zur Diagnostik und Therapie der symptomatischen langen Bizepssehne

Es gibt viele unterschiedliche Techniken, eine Tenodese der LBS durchzuführen. Grob aufteilen lassen sich diese in supra- und subpectorale Techniken mit zudem unterschiedlichen Fixationsmethoden (z.B. All-suture-Anker, Interferenzschraube, Endo-Button). Auch sog. Autotenodesen, bei der sich die LBS im Sulcus am Lig. Transversum „aufhängt“ und im Verlauf vernarbt, werden im klinischen Alltag angewandt. Eine voll arthroskopisch durchführbare Technik ist die Loop-Tenodese mit Nahtzange [33]. Dies kann auch arthroskopisch assistiert durchgeführt werden. Die Loop-Tenodese beschreibt ein Verknoten des proximalen Sehnenstumpfes der LBS mit einem nicht resorbierbaren Faden, sodass sich der proximale Teil verdickt und sich am Eingang des Sulcus verblockt. Bei der arthroskopisch assistierten Technik wird die LBS nach Tenotomie am Tuberculum supraglenoidale durch ein antero-laterales Portal herausluxiert, etwas gekürzt, das proximale Ende ca. 1 cm umgeschlagen und mit sich selbst vernäht. Eine weitere schnell durchführbare Autotenodese-Technik ist die „parachute-Tenodese“, bei der die Tenotomie soweit proximal durchgeführt wird, dass ein kleiner Teil des superioren Labrums mit tenotomiert wird und sich somit das proximale Ende ebenfalls verbreitern lässt, um eine Distalisierung der Sehne zu vermeiden. Im Folgenden sind die Prozeduren erläutert, die das Autorenteam bevorzugt anwendet.

Suprapectorale Tenodese

Hierfür wird im eigenen Vorgehen zunächst nach Sondierung mit einer Nadel das Rotatorenintervall mit dem Skalpell ausreichend weit (1 cm) eröffnet. Anschließend wird die LBS mit einer arthroskopischen Fasszange gesichert und über das anteriore Portal am Tuberculum supraglenoidale tenotomiert. Die Sehne lässt sich nun mit der Fasszange über das Hautniveau hervorluxieren und mit einem nicht-resorbierbaren Faden armieren. Nach Anfrischen des Eingangs des Sulcus intertubercularis mit einer Fräse und Perforieren des Humeruskopfes mit einem Pfriem wird die armierte Sehne anschließend mit Hilfe eines knotenfreien Ankers refixiert.

Subpectorale Tenodese

Alternativ besteht die Möglichkeit eine Tenodese in mini-offener subpectoraler Technik. Hierfür wird auf Höhe des gut tastbaren Unterrandes der Pectoralis major Sehne bei außenrotiertem Arm eine bogenförmige Hautinzision angelegt. Nach Durchtrennung des Subkutangewebes und Spalten der Oberarmfaszie lässt sich die zuvor arthroskopisch tenotomierte LBS mit einer Overholt Klemme gut hervorluxieren und mit einem nicht resorbierbaren Faden 2 cm oberhalb des muskulotendinösen Überganges armieren. Im Vergleich zur suprapectoralen Tenodese wird eine längere Strecke der LBS reseziert, sodass hierdurch auch Pathologien distal der artikulären Portion behandelt werden (Abb. 2). Anschließend wird der Humerusknochen direkt kaudal der Pectoralis major Sehne dargestellt. Nach Anlage eines monokortikalen Bohrloches entsprechend der verwendeten Ankergröße wird die Sehne mit einem Nahtanker an den subpectoralen Humerusknochen reinseriert. Alternativ kann ein Flip-Button verwendet werden, der über eine monokortikale Bohrung in den Markraum eingebracht wird und sich gegen die Kortikalis verblockt. Beide Techniken stellen Onlay-Techniken dar. Bei einer Inlay-Technik wird die gekürzte Bizepssehne über eine mono- oder bikortikale Bohrung mittels einer Interferenzschraube oder eines Flip-Buttons, der extraossär der dorsalen Kortikalis aufliegt. Die subpectorale Tenodese sollte vor allem angewendet werden, wenn die LBS intraartikulär erheblich geschädigt ist, oder wenn eine starke Entzündungsreaktion des Sulcus intertubercularis oder der LBS besteht.

Ergebnisse

Konservative Therapie

Die konservative Therapie besteht aus physiotherapeutischer Beübung, einer antiphlogistischen Medikation, Kryotherapie und Sportkarenz. Sie ist das erste therapeutische Mittel bei geringgradigen morphologischen Veränderungen wie einer SLAP-I- oder Pulley Typ-I-Läsion [19]. Eine weitere Säule der konservativen Therapie besteht in der Injektionstherapie. Die Studienlage zeigt einen Konsens bezüglich der höheren Wirksamkeit bei ultraschallgesteuerter oder fluoroskopisch unterstützter Injektion. Keine der entsprechenden Studien verglich die Wirksamkeit der Injektion eines Kortikosteroids oder Lokalanästhetikums mit einem Placebo oder der konservativen Therapie ohne Injektionstherapie [19]. Gegen die Infiltration an die Bizepssehne sprechen die unterwünschten Nebenwirkungen der verwendeten Präparate, die eine chondrotoxische oder tendotoxische Wirkung haben können [51]. Mariani et al. verglichen die konservative Therapie mit der operativen Therapie zur Behandlung der LBS-Ruptur und fanden eine schnellere Rückkehr an den Arbeitsplatz bei gleichzeitig geringerer Flexions- und Supinationskraft im Ellenbogen durch die konservative Therapie [37]. Unseres Wissens ist dies die einzige Studie zum Vergleich der beiden Therapiemodalitäten zur Behandlung von Pathologien der langen Bizepssehne. Castro et al. untersuchten in einem systematischen Review von randomisierten kontrollierten Studien die Effektivität der konservativen Therapie von tendinopathie-assoziiertem Schulterschmerz. Die untersuchten Therapieoptionen der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT), einer antiphlogistischen Therapie mit NSAR, der Low Level-Lasertherapie sowie der radialen extrakorporalen Stoßwellentherapie (rESWT) zeigten lediglich einen Vorteil in der kurzfristigen Behandlung. Zusammenfassend besteht für die konservative Therapie aufgrund des Mangels an qualitativ hochwertigen Studien nur eine geringe Evidenz [14].

Operative Therapie

Das SLAP-Repair zur Therapie der gleichnamigen Läsion wurde erstmalig durch Stephen Snyder 1990 beschrieben und erfreute sich in den früher 2000er Jahre großer Beliebtheit [46, 48]. Die postoperativen Ergebnisse des SLAP-Repairs waren jedoch unter Erweiterung der Indikation für Patientinnen und Patienten des mittleren und höheren Alters unzufriedenstellend mit hohen Komplikationsraten [10]. Boileau et al. verglichen 2009 das SLAP-Repair mit der Bizepssehnentenodese und stellten eine höhere Patientenzufriedenheit und Leistungsfähigkeit durch die Versorgung mittels Tenodese heraus [10]. Seither zeigt sich ein Rückgang der Indikation zum SLAP-Repair, die gegenwärtig jungen Überkopfsportlerinnen und -sportlern vorbehalten ist [35].

Tenodese vs. Tenotomie

Eine Vielzahl an Studien befasst sich mit dem Vergleich der Tenotomie zur Tenodese der langen Bizepssehne [3, 7]. Konsens der aufgeführten Studien ist die höhere Inzidenz an Popeye-Deformitäten nach Tenotomie der LBS. Beide Verfahren erzielen eine zufriedenstellende Schmerzlinderung und Funktion. Der Vorteil der Tenodese liegt in einer signifikant besseren Supinationskraft des Unterarmes, während die Tenotomie eine frühere Beschwerdelinderung bei kürzerer Operationsdauer ermöglicht [7, 8]. Die Akzeptanz der Verfahren unter den Patientinnen und Patienten ist nach Aufklärung über die Vor- und Nachteile gut [21, 41]. Galdi et al. untersuchten die Präferenzen von Patientinnen und Patienten anhand einer standardisierten Aufklärung, wonach das weibliche Geschlecht, die Sorge vor kosmetischer Deformität sowie die Sorge vor dem Verbleib von postoperativen Schmerzen nach Tenotomie-Faktoren für die Entscheidung für eine Tenodese sind [25]. Das Risiko für ein Popeye-Zeichen und kosmetische Deformitäten der Tenotomie ist bedeutend größer im Vergleich zur Tenodese (23–43 % vs. 6–8 % respektive) [8, 53].

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