Übersichtsarbeiten - OUP 01/2025

Aktuelles zur Diagnostik und Therapie der symptomatischen langen Bizepssehne

Variationen der Tenodese

Die Tenodese der langen Bizepssehne kann suprapectoral oder subpectoral erfolgen. Die suprapectoralen Fixationsverfahren werden üblicherweise arthroskopisch durchgeführt. Die subpectorale Tenodese erfolgt in Mini-Open-Technik. Die Fixierung der Bizepssehne wird durch eine weichteilige Fixation oder in Abhängigkeit zum genutzten Implantat in einer Inlay-, oder in Onlay-Technik durchgeführt. Der vorliegenden Studienlage nach sind die verschiedenen Verfahren gleichwertig [29, 31]. Derzeit zeichnet sich ein Trend zur unikortikalen Onlay-Verankerung mittels eines Fadenankers ab, jedoch sind weitere vergleichende Studien vonnöten.

Komplikationen

Neben der bereits erwähnten kosmetischen Deformität kann eine Vielzahl weiterer Komplikationen peri- und postoperativ auftreten. Die Tenotomie ist ein schneller und sicherer Eingriff zur Linderung von LBS-assoziierten Schmerzen, wird jedoch durch häufigere Krämpfe und Schmerzen des Bizepses limitiert. Die Tenodese führt seltener zu einer Popeye-Deformität, geht allerdings mit schwerwiegenden Komplikationen wie Nervenverletzungen einher. Diese treten insgesamt selten auf [60]. Die Revisionsrate ist mit unter 1 % selten und wird durch ein arthroskopisches Debridement und Durchführung einer subpectoralen Tenodese erfolgreich behandelt [39, 50]. Gründe für die Revision sind Vernarbungen, Versagen des Fixationsverfahrens und LBS-Rupturen [50].

Die Komplikationen für die Bizepssehnentenodese sind nach der Übersichtsarbeit von Huddleston et al. in absteigender Häufigkeit die adhäsive Kapsulitis (8,5 %), die Schulterluxation (1,1 %) sowie die Humerusfraktur (0,5 %). Huddleston et al. erklären die hohe Rate an Kapsulitiden durch die zeitgleich durchgeführten Rotatorenmanschettenkonstruktion in ihrem Datensatz. Eine Differenzierung des Frakturrisikos nach der Fixationsmethode ist nicht möglich, da die implementierte Studie von Parisien et al. keine Unterscheidung der Verfahren vornimmt [47]. In einer retrospektiven Arbeit von McCrum et al. wird die Komplikationsrate der Tenodese in Abhängigkeit zum Fixationsverfahren, der Fixationshöhe sowie der Indikation untersucht. Die Autoren der Studie stellten eine insgesamt niedrige Komplikationsrate bei einem Verbleib des vorderen Schulterschmerzes in 10,8–12,9 % der Patientinnen und Patienten fest. Weichteilige Fixationsverfahren zeigten höhere Raten an neu aufgetretenem vorderen Schulterschmerz sowie empfundener Muskelschwäche. Die Revisionsrate war bei Verwendung von Implantaten am größten. Die registrierten Komplikationen waren in absteigender Häufigkeit eine subjektive Muskelschwäche (5,0 %), ein Popeye-Zeichen (4,5 %) und Muskelkrämpfe (2,1 %). Weiterhin waren offene und Mini-Open-Techniken im Vergleich zu rein arthroskopischen Verfahren signifikant häufiger von oberflächlichen Wundinfektionen betroffen (2,32 % vs. 0,60 %, p = 0,029). Eine gefürchtete, doch seltene Komplikation der subpectoralen Bizepssehnentenodese ist die Verletzung der Gefäß- und Nervenstraße [2, 39]. Besonders betroffen von neurologischen Komplikationen sind die bikortikalen subpectoralen Fixationsverfahren, die in 4,3 % eine Affektion des Nervus radialis aufweisen [39].

Diskussion

Der vordere Schulterschmerz ist ein häufiger Vorstellungsgrund. Die Beschwerden können durch spezifische Pathologien der Bizepssehne oder Komorbiditäten des Schultergelenks begründet sein. Von großer diagnostischer Bedeutung ist die Beschwerdeanamnese, an die sich bei entsprechender Klinik eine zeitnahe Durchführung einer MRT oder MRA anschließen sollte. Die Sonografie ist bei entsprechender Kenntnis ein kosteneffektives und schnell verfügbares diagnostisches Mittel. Bei jeglichen Pathologien der langen Bizepssehne sollte eine Beurteilung der Rotatorenmanschette erfolgen. Die Therapie des akuten vorderen Schulterschmerzes kann unter Berücksichtigung des Algorithmus von Eubank et al. zunächst konservativ erfolgen [23]. Eine Beschwerdepersistenz nach konsequenter dreimonatiger konservativer Therapie sollte durch eine/n Schulterspezialistin/-spezialistien kontrolliert und auf eine Operationsindikation überprüft werden. Die Evidenz der konservativen Therapie ist aufgrund des Mangels an qualitativ hochwertigen Studien als gering bis sehr gering einzuordnen [19]. Die operativen Verfahren umfassen das Debridement, das SLAP-Repair, die Tenotomie und die Tenodese. Bei korrekter Indikationsstellung können die Beschwerden erfolgreich therapiert werden [8]. Die Rate an schwerwiegenden Komplikationen ist bei den genannten operativen Verfahren sehr selten, wobei kosmetische Deformitäten, Verbleib von Schmerzen und eine subjektive Muskelschwäche vereinzelt auftreten [39]. Die Akzeptanz der Verfahren unter den Patientinnen und Patienten ist nach entsprechender Aufklärung hoch, wobei 64 % der Patientinnen und Patienten eine Tenodese bevorzugen [25].

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Jens D. Agneskirchner

go:h Gelenkchirurgie Orthopädie

Hannover

Bertastraße 10

30159 Hannover

jens.agneskirchner@g-o-hannover.de

Dr. med. Alexandros Kiriazis

Department Schulter- und Ellenbogenchirurgie, Sportorthopädie

Klinik für Orthopädie und

Unfallchirurgie

Raphaelsklinik Münster

Loerstraße 23

48143 Münster

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