Arzt und Recht - OUP 11/2013
Altersversorgung – Stolperfallen umgehen
Die Ärztin sei jedenfalls in ihrer Tätigkeit als Unternehmensberaterin bei der Klägerin nicht aufgrund des Befreiungsbescheides von der Versicherungspflicht der Rentenversicherung befreit gewesen.
Rechtsgrundlage dieser Befreiung war § 7 Abs. 2 AVG. Auf Antrag wurden Personen von der Versicherungspflicht befreit, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe waren (BSG, Urteil vom 07.12.2000, Az. B 12 KR 11/00R). Dasselbe ergebe sich für die Zeit nach der Aufhebung des § 7 Abs. 2 AVG durch Art. 83 Nr. 1 und Art 85 Nr. 1 des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989 (BGBl I 2261) zum 01.01.1992 und dem gleichzeitigen Inkrafttreten des SGB VI aus § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI und § 231 Satz 1 SGB VI (seit dem 01.01.1996: § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI; vgl. Art. 1 Nr. 37 lit. a des Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15.12.1995 (BGBl I 1824); im Folgenden: § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Die Befreiung konnte sich jedoch jedenfalls nur auf die Beschäftigung als Ärztin erstrecken. Die Tätigkeit als Unternehmensberaterin war von ihr nicht erfasst. Für Befreiungen, die nach den genannten Vorschriften ausgesprochen worden sind, schreibt § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ausdrücklich vor, dass die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt ist. Die Beschränkung der Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit bedeutet, dass die befreiten Personen in Beschäftigungen, auf die sich die Befreiung nicht erstreckt, nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VI, hier des § 1 Satz 1 Nr. 1, versicherungspflichtig sind. Die Versicherungspflicht in diesen Beschäftigungen tritt dabei kraft Gesetzes ein. Der Befreiungsbescheid braucht insoweit nicht aufgehoben zu werden (so weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 07.12.2000 unter Bezugnahme auf BSG, 5. Senat, Urteil vom 22.10.1998, Az. B 5/4 RA 80/97 R).
Gegen eine Geltungsfortwirkung spreche hier zudem, dass der Befreiungsbescheid nach seinem Inhalt nur für die Mitgliedschaft im „genannten“ Versorgungswerk gelten sollte. Die Mitgliedschaft bei der Versorgungsanstalt bei der genannten Kammer Rheinland-Pfalz sei aber bereits seit dem Umzug der Ärztin nach Nordrhein-Westfalen beendet gewesen. Der für Beitragsstreitigkeiten zuständige 12. Senat des BSG habe seine angeführte Rechtsprechung mit Urteil vom 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R) bekräftigt. Das Gesetz gewähre keinen umfassenden, sondern nur einen auf die konkrete Erwerbstätigkeit bezogenen Bestandsschutz. Bereits ein Arbeitgeberwechsel schließe Bestandsschutz aus. Das BSG habe zudem auf den Hinweis auf die Pflicht, Änderungen mitzuteilen, verwiesen.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.09.2013, Az. X B 33/13:
Unklare Bescheinigung eines Versorgungswerks – Steuerfalle
Zum Sachverhalt
Der Antragsteller erzielte als angestellter Arzt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, ferner in geringem Umfang Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.
Er war Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks. Zu den Pflichtbeiträgen, die der Höhe nach denen zur gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen, zahlt der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Regelungen (in den Streitjahren § 172 Abs. 2 des SGB VI; seit 01.01.2012 § 172a SGB VI) einen hälftigen Zuschuss.
In den vom Arbeitgeber des Arztes erstellten Lohnsteuerbescheinigungen für die Streitjahre waren die Beiträge zur Altersvorsorge – gesondert nach Arbeitnehmeranteil und Arbeitgeberzuschuss – angegeben. Dass es sich um Beiträge an ein Versorgungswerk handelte, war nach dem unbestrittenen Vorbringen des Finanzamtes aus den Lohnsteuerbescheinigungen nicht erkennbar.
Zusätzlich stellte das Versorgungswerk jeweils einen „Jahreskontoausweis“ aus. Dieser lautete für das Streitjahr 2007: „wir dürfen Ihnen mit Kontostand vom 31.12.2007 die auf Ihrem Konto im Jahr 2007 bei ... <Versorgungswerk> eingegangene Beitragssumme mitteilen: 10.865,52 €“. Hinweise darauf, dass in diesem Pflichtbeitrag auch der hälftige Arbeitgeberzuschuss enthalten war, waren in der Bescheinigung nicht enthalten. Nach dem Vorbringen des Arztes hat das Versorgungswerk für das Jahr 2006 einen vergleichbaren Jahreskontoausweis ausgestellt. Da der Arzt über den Pflichtbeitrag hinaus keine freiwilligen Mehrzahlungen an das Versorgungswerk geleistet hatte, waren die im Jahreskontoausweis bescheinigten Beiträge mit der Summe der in den Lohnsteuerbescheinigungen aufgeführten Beiträge identisch.