Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015

Arthroskopie bei der Gonarthrose

Grad III = grobschollige Aufbrüche, die den subchondralen Knochen erreichen und teilweise gelöste Flakes aufweisen,

Grad IV = kompletter Defekt; Knorpelglatze.

Eine generelle Empfehlung kann an dieser Stelle nicht abgegeben werden, da die Evidenzlage nicht klar ist.

Lange Zeit erfolgte bei Grad III eine mechanische Glättung, meist unter Verwendung motorgetriebener Shaver-Systeme. Die Intentionen für diese Maßnahme sind folgende:

Schaffung einer glatten Gelenkfläche, um so die Reibungseigenschaften (Krepitus) innerhalb der Gelenkflächen zu verbessern

Schaffung stabiler Defektränder, um so einem weiteren Abreißen der noch vorhandenen Knorpelfläche vorzubeugen

Entfernung teilweise gelöster, instabiler Flakes zur Vermeidung freier Gelenkkörper und zur Reduktion der Synovitis chondrodedrica.

Eine unkritische und zu aggressive Verwendung des Shavers kann zu einer tiefen Schädigung des noch vorhandenen Restknorpels führen [11]. Daher ist darauf zu achten, das Instrument möglichst nur im sog. „no contact modus“ über die Gelenkfläche zu führen und allenfalls gelöste oberflächliche Fragmente zu entfernen. Eine Anwendung des Schemas in tiefere Schichten des noch vorhandenen Restknorpels ist kontraindiziert. In einer rasterelektronenmikroskopischen Untersuchung konnten Spahn et al. [12, 13] nachweisen, dass die unkontrollierte Anwendung dieser Instrumente zu einer schweren Schädigung innerhalb des Kollagengerüsts im Knorpel führt. In weiteren Untersuchungen konnte zudem nachgewiesen werden, dass das Verfahren temperatur-kontrollierter RF-Behandlung (begrenzt auf maximale Temperaturen von 48–52 °C) der Knorpeloberfläche wesentlich schonender und wesentlich effektiver ist und ein besseres Outcome liefert [14].

Eine Verbesserung der Gleiteigenschaften des Knorpels ist jedoch durch keine der beschriebenen Maßnahmen möglich. Intakter Knorpel hat eine nahezu ideal glatte Oberfläche mit einem Reibungskoeffizienten von 10–3, der einer Schlittenkufe auf Eis entspricht. Selbst bei schwergeschädigtem Knorpel kommt es zu keiner signifikanten Erhöhung des Reibungskoeffizienten [15, 16].

Während fokale, komplette Knorpeldefekte bei noch nicht sehr weit fortgeschrittener Arthrose relativ gut therapierbar sind, ergibt sich bei fortgeschrittenem Befund die Frage, wie man im Einzelfall damit umgehen sollte. Bioregenerative Technologien kommen hier in den meisten Fällen zu spät. In einer eigenen Fallserie konnten wir jedoch erfahren, dass gerade bei ausgewalzten sklerosierten Defekten im Bereich der Tibia, eine begrenzte Mikrofrakturierung mit Eröffnung des darunter liegenden Markraums/Ödems dazu führt, dass die Ruhe- und Nachtschmerzen beim Arthrosepatienten deutlich reduziert werden können.

Behandlung des degenerativen Meniskusschadens

Auch der Meniskus unterliegt Degenerationsprozessen. In ca. 60–80 % sind degenerativ bedingte Schäden am Meniskus auch mit Knorpelschäden bzw. einer radiologisch nachweisbaren Gonarthrose assoziiert. Damit muss der Meniskusschaden als wesentlicher weiterer Teilaspekt in der Pathophysiologie der Gonarthrose aufgefasst werden.

Im Gegensatz zum traumatischen Riss entstehen innerhalb des Meniskuskörpers zunächst nur in der Kernspintomografie nachweisbare Zysten. In diesem Bereich, der i.d.R. am Übergang am dem Gelenkinneren zugewandten Drittel liegt, entsteht ein locus minoris resistentiae, von welchem unter mechanischer Belastung schließlich eine Desintegration im Sinne eines degenerativen Rissschadens einsetzen kann. Die Folge des Meniskusrisses ist die vollständige oder teilweise Blockierung des Kniegelenks, die sich durch klinische Provokationstests (Meniskuszeichen nach Steinmann, McMurray, Böhler usw.) auch ohne eine zusätzliche Kernspintomografie mit hoher Sensitivität und Spezifität nachweisen lässt [17, 18]. Solche symptomatischen Meniskusschäden lassen sich i.d.R. sehr gut arthroskopisch durch partielle Resektion therapieren. Hier wird heute die Arthroskopie als Methode der Wahl angesehen. Ist die Meniskusschädigung mit typischer klinischer Symptomatik assoziiert, so kann auch bei höhergradiger Arthrose eine arthroskopische Resektion sinnvoll sein.

Dabei ist hervorzuheben, dass die Indikation allein aufgrund klinischer Symptome der Meniskusschädigung keineswegs aufgrund kernspintomografischer Befunde gestellt wird. Ebenso fragwürdig ist es, im Rahmen eines ungezielten arthroskopischen Debridement degenerativ bedingte Auffaserungen des Meniskus (Horizontalruptur, „Fischmaul“) Resektionen durchzuführen.

Verbleiben auch nach durchgeführter Arthroskopie persistierende meniskustypische Beschwerden, so ist dies in erster Linie auf zu sparsame oder auf eine inkomplette Resektion zurückzuführen.

Entfernung freier Gelenkkörper und Abtragung von mechanisch störenden
Osteophyten

Freie Gelenkkörper können auf unterschiedliche Weise entstehen. Im Rahmen der Ostechondrosis dissecans kommt es gelegentlich zur kompletten Lösung des Dissekats (Gelenkmaus und verbleibendes Mausbett). Im Verlauf der Gonarthrose hingegen lösen sich gelegentlich kleinere freie Flakes, die im Gelenkraum flottieren. Dadurch, dass diese noch hyalinen Gelenkknorpel enthalten, werden diese durch die Synovialflüssigkeit ernährt und können an Größe zunehmen. Schließlich können sich auch einmal Osteophyten ablösen und in das Gelenkcavum gelangen. Unabhängig von der Genese der Entstehung der freien Gelenkkörper verursachen diese, so sie zwischen die Gelenkflächen geraten, Blockaden und können einen zusätzlichen synovialen Reizzustand im Gelenk erzeugen. Freie Gelenkkörper lassen sich in den meisten Fällen bereits in einer Röntgenaufnahme, aber natürlich auch in der Kernspintomografie, nachweisen. Sofern sie symptomatisch sind, ist hier ebenso wie beim Meniskusschaden auch bei höhergradigen Arthrosen die arthroskopische Entfernung Methode der Wahl.

Osteophyten sind radiologisches Leitsymptom der Gonarthrose und Ausdruck einer fortgeschrittenen Degeneration im Gelenk. Sie entstehen im Rahmen der Arthroseentwicklung in der
Regel als der Gelenkfläche angrenzende Appositions-Osteophyten, welche von Traktions-Osteophyten innerhalb von Sehnen- und Bandansätzen abzugrenzen sind. Diese Appositions-Osteophyten sind Folge des durch den Knorpelverlust erhöhten Drucks auf den subchondralen Knochen. Der Knochen sintert sklerotisch zusammen und wird an den Rändern ausgewalzt. Durch die Vergrößerung der Gelenkfläche stellt dies eine Art Reparaturmechanismus dar. Daher ist die Indikation zu einer etwaigen Abtragung solcher Osteophyten ausgesprochen streng zu stellen. Allerdings kann es vorkommen, dass
Osteophyten selbst eine mechanische Kompromittierung der Beweglichkeit des Gelenks erzeugen. Dies ist gelegentlich im Bereich der Trochlea-patellar Osteophyten oder bei dorsal im Bereich der Tibia gelegenen Osteophyten zu beobachten. Liegen solche Symptome vor, so kann diese mechanische Behinderung durch die Beseitigung dieser Osteophyten oft gut behoben werden (Abb. 2).

Synovektomie

Funktion der Gelenkkapsel

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7