Übersichtsarbeiten - OUP 12/2018

Behandlung von Knorpelschäden an Knie, Sprunggelenk und Hüfte
Zusammenfassung der Empfehlungen der AG Klinische GeweberegenerationGuidelines from the group “Clinical Tissue Regeneration” of the German Society of Orthopaedics and Traumatology (DGOU)

Laterale Läsionen entstehen meist durch ein akutes Trauma mit dorsalflektiertem und invertiertem Sprunggelenk, was zum Anschlag des Talus an der Fibula führt, und sind meist am vorderen Anteil der Talusrolle zu finden. Mediale Läsionen sind eher mit wiederholten Supinationtraumata verbunden oder treten aus ungeklärter Ursache auf. Insgesamt sind mediale Läsionen häufiger und meist im mittleren und hinteren Drittel des Talus zu finden. Laterale Läsionen sind von ihrer Konfiguration her eher flach und „waffelförmig“ (wafer-shaped), während sich mediale Läsionen eher tiefer und „tassenförmig“ (cup-shaped) darstellen.

Da ein Teil der betroffenen Patienten keine Symptome entwickelt, ist die Inzidenz der chondralen und osteochondralen Läsionen am Talus nicht eindeutig bestimmbar. Auf die Gesamtbevölkerung betrachtet, wird eine Inzidenz der Erkrankung von 0,09 % und eine Prävalenz von 0,002 % angenommen [9]. Am häufigsten betroffen von einer Symptomatik sollen junge Erwachsene im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt sein. In den veröffentlichten Therapiestudien befindet sich das Durchschnittsalter der behandelten Patienten allerdings häufig zwischen 30–40 Jahren.

Bildgebung und Klassifikation

Ziel der Bildgebung ist primär die Entdeckung der Pathologie, Feststellung der Lokalisation und Größe der Läsion, die Beurteilung des darüber liegenden Knorpels sowie des subchondralen Knochens in Bezug auf Vorliegen eines Knochenmarködems und zystischen Veränderungen. Zudem sollten mögliche sekundäre Begleitpathologien wie Band- und Sehnenverletzungen sowie Fehlstellungen mitbeurteilt werden. Zur präoperativen Planung und Klassifizierung der Läsion muss ein Schnittbildverfahren vorliegen. Anerkannte Klassifikationen zur stadiengerechten Einteilung der chondralen oder osteochondralen Läsion können bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein.

Die konventionell im Stehen durchgeführte Röntgenaufnahme des oberen Sprunggelenks in 2 Ebenen (a.p. mit 20° Innenrotation und seitlich) besitzt nur eine geringe Sensitivität zur Detektion einer Läsion, insbesondere bei geringgradigen oder kleinen Läsionen. Bei Fußdeformitäten oder Achsabweichungen sollten weitere Aufnahmen (z.B. Ganzbeinstehaufnahme, Rückfußaufnahme (Saltzman view), ganzer Fuß in 2 Ebenen im Stehen) angefertigt werden um evtl. ursächliche Pathologien besser beurteilen zu können. Die klassische Röntgeneinteilung osteochondraler Läsionen geht auf die 1959 publizierte Klassifikation nach Berndt & Harty zurück [10]. Dabei werden 4 Stadien beschrieben. Loomer et al. fügten basierend auf CT-Daten der Röntgeneinteilung später ein fünftes Stadium hinzu, um die OCL mit subchondraler Zystenbildung zu erfassen. Diese Klassifikation ist zwar eher deskriptiv, jedoch international weit verbreitet und kann daher weiterhin empfohlen werden [11].

Mit der Magnetresonanztomografie (MRT) können prinzipiell alle geforderten Eigenschaften der Pathologie, inklusive der Veränderungen des subchondralen Knochens und des darüberliegenden Knorpels sowie der gelenkumgebenden Weichteilstrukturen visualisiert werden. Trotz der vielfältigen Möglichkeiten der MRT ist die Beurteilung des Ausmaßes der knöchernen Läsion teilweise schwierig. Die Ausdehnung des Knochenmarködems führt dabei manchmal zu einer Überschätzung der Läsionsgröße. Verschiedene Autoren [8, 9] beschreiben eine MRT-Klassifikation für osteochondrale Läsionen in 4 Stadien, basierend auf der radiologischen Einteilung nach Berndt und Harty.

Für rein chondrale Läsionen wird standardmäßig die ebenfalls 4 Stadien umfassende ICRS-Klassifikation verwendet (ICRS: International Cartilage Regeneration & Joint Preservation Society), welche sich nach der traditionellen Einteilung nach Outerbridge richtet [12].

Die Stärken der Computertomografie (CT) zeigen sich insbesondere in der Beurteilung des subchondralen Knochens. In der Diagnostik kleiner Risse mit zystischen Veränderungen, in welche Synovialflüssigkeit eindringen kann und die daher klinisch bedeutsam ist, zeigt sich eine Überlegenheit gegenüber der MRT-Diagnostik [13]. Die im CT abschätzbare Ausdehnung der subchondralen Zyste entspricht im Gegensatz zur MRT mit Abbildung des perifokalen Knochenmarködems besser dem intraoperativ zu erwartenden Befund. Allerdings ist eine Beurteilung des Knorpels ohne die Applikation von Kontrastmittel nicht möglich. Der Einsatz von SPECT-CT ist Einzelfällen vorbehalten, z.B. bei unklarer Beschwerdesymptomatik.

Therapie

Bei jeglicher Therapie muss grundsätzlich an ursächliche Pathologien gedacht werden, wie z.B. an eine Instabilität oder ein Malalignment, welche im Rahmen der Behandlung entsprechend mit adressiert werden müssen. Weiterhin sind Einflussfaktoren bei der Wahl der Therapieoptionen zu bedenken. Dazu gehören die Ätiologie der Läsion (traumatisch oder nicht traumatisch), Symptomdauer (akut oder chronisch), Größe der Läsion, Klassifikation, Alter und Gewicht des Patienten, sonstige Erkrankungen (z.B. Knochenstoffwechselstörungen) sowie Ziele des Patienten in Bezug auf sportliche und berufliche Aktivitäten. Grundsätzlich sollten beschwerdefreie Patienten mit „akzidentell“ nur radiologisch festgestellter osteochondraler Läsion nicht operiert werden.

Konservative Therapie

Die konservative Therapie spielt insgesamt nur eine geringe Rolle. Sie kommt hauptsächlich bei Adoleszenten ohne Ablösung des osteochondralen Fragments bei der Osteochondrosis dissecans und bei akuten osteochondralen Läsionen mit weitgehend intakter Knorpeloberfläche in den Stadien 1 und 2–3 zum Einsatz sowie allgemein bei geringer Beschwerdesymptomatik.

Ob und wie lange eine Teilbelastung erfolgen sollte, ist in der Literatur nicht eindeutig geklärt. Bei akuten, neu aufgetretenen Beschwerden und fehlenden begleitenden Pathologien erachten wir eine Teilbelastung von 6–12 Wochen mit konsekutiver Steigerung der Belastung bei Beschwerdefreiheit als sinnvoll. Dies gilt v.a. für Kinder und Adoleszenten. Physiotherapeutische, physikalische und medikamentöse Maßnahmen werden begleitend verordnet. Der Einsatz und die Auswahl der Therapiemittel basiert dabei auf empirischen Überlegungen und Erfahrungen bei fehlendem Nachweis einer spezifischen Wirksamkeit. Entsprechend erscheint derzeit eine symptomorientierte Therapie sinnvoll.

Wenn sich die Symptome trotz konservativer Therapie nicht innerhalb von 3 Monaten bessern, erscheint der Wechsel auf eine operative Behandlung gerechtfertigt [11].

Operative Therapie

Evidenzbasierte Empfehlungen können – basierend auf der verfügbaren Literatur – nicht gegeben werden. In Zusammenschau der Literatur richtet sich die Verfahrenswahl nach folgenden Grundprinzipien:

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