Übersichtsarbeiten - OUP 12/2018

Behandlung von Knorpelschäden an Knie, Sprunggelenk und Hüfte
Zusammenfassung der Empfehlungen der AG Klinische GeweberegenerationGuidelines from the group “Clinical Tissue Regeneration” of the German Society of Orthopaedics and Traumatology (DGOU)

Keine akute traumatische Läsion mit intakter Knorpeloberfläche (Stadium 1–2): Revitalisierung des subchondralen Knochens durch ein retrogrades Vorgehen (retrograde Anbohrung mit/ohne retrograde Spongiosaauffüllung).

Akute traumatische osteochondrale Läsion Stadium > 2–3 oder bei vitalem osteochondralen Fragment bei Adoleszenten: Refixation des osteochondralen Fragments.

Osteochondrale Läsion Stadium > 2 und/oder nicht mehr intakte Knorpeloberfläche: Debridement der Läsion mit Entfernung des pathologisch veränderten Knorpels und Knochens und Stimulierung des subchondralen Knochens zur Bildung von Ersatzgewebe (z.B. anterograde Anbohrung, Mikrofrakturierung). Bei Läsionen > 1,5 cm2 evtl. Anwendung eines matrixassoziierten Verfahrens (Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese, AMIC).

Osteochondrale Läsion Stadium > 2–3 mit Knochendefekttiefe > 0,5 cm und/oder subchondraler Zystenbildung: Debridement der Läsion mit Entfernung des pathologisch veränderten Knorpels und Knochens, Stimulierung des subchondralen Knochens mit anterograder Anbohrung oder Mikrofrakturierung, Spongiosaplastik und matrixassoziiertes Verfahren (AMIC). Alternativ Transplantation eines autologen Knorpel-Knochen-Zylinders (OATS, Mosaikplastik) mit Ersatz des hyalinen Gelenkknorpels.

Osteochondrale Läsion Stadium > 2–3 mit Knochendefekttiefe > 0,5 cm und/oder subchondraler Zystenbildung sowie fehlgeschlagener biologischer Knorpelersatztherapie: Implantation eines lokalen metallischen Oberflächenersatzes (HemiCAP®)

Die matrixgestützte autologe Chondrozytentransplantation (MACT) spielt bei aktuell nicht möglicher Kostenübernahme der Gesetzlichen Krankenversicherung außer im Rahmen von genehmigten klinischen Studien in der Knorpeltherapie am Talus keine Rolle.

Die Arbeitsgemeinschaft „Klinische Geweberegeneration“ der DGOU (Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie) empfiehlt folgenden Behandlungsalgorithmus für osteochondrale Läsionen (OCL) des Sprunggelenks/Talus (Abb. 3) [11] .

Nachbehandlung

Das Rehabilitationsprogramm ist bei allen beschriebenen knorpelrekonstruktiven Verfahren vergleichbar. Eine Gipslongette oder Fußlagerungsschiene in 90°-Stellung sollte 48 h belassen werden. Bei erfolgter Malleolarosteotomie ist die Osteotomie als übungsstabil anzusehen.

Folgende Prinzipien sind zu beachten:

Thromboseprophylaxe, Hochlagerung, Schmerztherapie und Lymphdrainage sind allgemein anzuwendende Maßnahmen.

Passive und aktive Beübung des OSG in Dorsalextension/Plantarflexion ab dem 2.–3. postoperativen Tag.

Verwendung einer Motorschiene zur CPM (Continuous Passive Motion) mit Steigerung der Dauer der Nutzung je nach Schmerz- und Schwellungszustand auf möglichst 4–6 Stunden/Tag.

Teilbelastung von 10–20 kg für 6 Wochen, nach 6 Wochen erfolgt ein stufenweiser Belastungsaufbau bis zum Erreichen der Vollbelastung. Nach ca. 9–12 Wochen ist die Vollbelastung unter Alltagsbedingungen möglich. Bei beschwerdefreien Patienten kann der Belastungsaufbau ggf. auch schneller erfolgen. Radfahren und Schwimmen können beschwerdeadaptiert nach 9–12 Wochen begonnen werden.

Impact- und Kontaktsportarten sollten ca. 6–9 Monate postoperativ unterlassen werden.

Knorpelschäden
am Hüftgelenk

Ätiologie

Für die Entstehung lokalisierter Knorpelschäden am Hüftgelenk sind überwiegend präarthrotische Deformitäten wie das femoroazetabuläre Impingement (FAI) und dysplastische Fehlstellungen am Azetabulum oder proximalen Femur verantwortlich. Traumatische, genetische oder inflammatorische Ursachen spielen gegenüber der mechanischen Ätiologie eine nur untergeordnete Rolle. Dies zeigen auch die aktuellen Zahlen des Knorpelregisters. Lokalisierte Knorpelschäden sind bedingt durch die mechanische Pathogenese vor allem im Bereich des Azetabulums zu finden. Die überwiegende Anzahl von Studien, die sich mit der Entstehung und Behandlung von lokalisierten Knorpelschäden des Hüftgelenks beschäftigen, widmen sich dem FAI-Typ Cam, also einem verminderten Offset am Kopf-Hals-Übergang (Abb. 4). Frühzeitig führen diese repetitiven Traumata zu einer mit der Pathogenese korrelierenden Abfolge von morphologisch charakteristischen Knorpelschäden.

So konnte gezeigt werden, dass eine Beschwerdedauer von 9,5 Monaten als positiver Prädiktor für das Auftreten lokalisierter Knorpelschäden angesehen werden kann [14]. Während Knorpelläsionen beim FAI-Typ CAM meist im anterosuperioren Anteil des Azetabulums zu finden sind, sind sie beim FAI vom Typ Pincer eher zirkumferent und dabei schmaler ausgebildet. Man geht beim Pincer-Typ von einer langsameren Entstehung aus als beim FAI vom Typ CAM. Für die residuelle Dysplasie ist nicht bekannt, nach welcher Symptomdauer es zum Auftreten von Knorpelläsionen kommt. Wenn sie auftreten, sind sie eher im anteromedialen Anteil des Acetabulums lokalisiert.

Therapie

Voraussetzung jeder Knorpeltherapie am Hüftgelenk ist die Beseitigung der auslösenden biomechanischen Pathologie. Die ursächliche Therapie wie reorientierende Operationen am Azetabulum oder dem proximalen Femur sowie die Beseitigung der Kopf-Schenkelhals- oder Pfannenrand-Störungen sollten möglichst zeitnah zur Knorpeltherapie erfolgen.

Die verschiedenen spezifischen Therapieoptionen zur Behandlung lokalisierter Knorpelschäden am Hüftgelenk wurden zuletzt in 2 Übersichtsarbeiten zusammengetragen und bewertet [15, 16]. Dabei zeigte sich, dass in der aktuellen Literatur 3 Arten von Knorpeltherapien zu finden sind, die am Hüftgelenk Verwendung finden: Knochenmarkstimulierende Verfahren mit bzw. ohne Matrix und die autologe Knorpelzelltransplantation. Für alle Verfahren gilt, dass sich die Evidenzlage auf einem noch niedrigen Niveau befindet, sich aber in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass entsprechende Therapien am Hüftgelenk erst später Einzug in die klinische Praxis gefunden haben als am Kniegelenk oder OSG, was einerseits auf die anatomischen Besonderheiten des Hüftgelenks zurückzuführen ist und die damit erschwerte praktische Umsetzung, sowie andererseits auf das erst in den letzten Jahren entwickelte Verständnis der zugrunde liegenden pathomechanischen Prozesse.

Am technisch einfachsten sind die knochenmarkstimulierenden Verfahren ohne Matrixdeckung durchzuführen. Allerdings stellt bei der Mikrofrakturierung die Konkavität und die häufig bestehende Hypersklerose des Azetabulums ein Problem dar, da die Ahlen hierdurch abrutschen und Furchen hinterlassen können. Aus diesem Grund und auch zur Schonung der subchondralen Knochenlamelle wird von vielen Operateuren in jüngster Zeit das Debridement mit einer Curette bevorzugt. Bei einer zusätzlichen Deckung mit einer Matrix, wie z.B. einer Collagenmembran in der AMIC-Technik, zeigen sich im mittleren Verlauf bessere Ergebnisse im Vergleich zur Mikrofrakturierung [17]. Dies liegt daran, dass die Ergebnisse der MFx nach den ersten Jahren wieder kontinuierlich schlechter werden, was vermutlich auf die qualitativ ungünstigere Regeneratqualität zurückzuführen ist. Von Seiten der Praktikabilität erfordert die arthroskopische Knochenmarkstimulation mit einem Biomaterial hohe operative Geschicklichkeit, speziell für die korrekte Größenkonfektionierung und die arthroskopische Fixierung.

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