Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024
Diagnostikstandards Knorpeltherapie Knie, OSG, Hüfte
Nach Empfehlung der DGOU wird als Basis der Umfeld-Diagnostik auch eine Ganzbeinstandaufnahme empfohlen, um Valgus/Varus-Deformitäten und auch deren sekundären Einfluss auf das patellofemorale Gelenk beurteilen zu können [25]. Ab welchem Grad der Varus/Valgus-Fehlstellung eine Korrekturosteotomie empfohlen wird, ist aktuell Bestandteil wissenschaftlicher Studien. In früheren Studien wurde eine Fehlstellung von
5 Grad als korrekturbedürftig angesehen. Basierend auf kürzlich publizierten Studien aus dem KnorpelRegister DGOU zeigt sich eine Tendenz bereits ab einer Achsabweichung von 3 Grad, eine Korrektur der Beinachse durchzuführen, um die Chance auf längerfristig bessere klinische Ergebnisse nach Knorpelregenerationstherapien zu erhöhen [4, 10].
In Bezug auf patellofemorale Knorpelschäden sollte die Diagnostik ggf. durch Defilée-Aufnahmen zur Beurteilung des Patella-Trackings ergänzt werden.
Magnetresonanztomographie
Die Magnetresonanztomographie (MRT) stellt zum aktuellen Zeitpunkt den Goldstandard der Diagnostik von Gelenkknorpelschäden dar. In diesem Zusammenhang ist eine MRT-Bildgebung mit hoher Feldstärke (idealerweise 3 Tesla) zu favorisieren, da hierbei ein deutlich besserer Weichteilkontrast erreicht werden kann [16]. Auch im Hinblick auf die räumliche Auflösung bei nicht vollschichtigen Knorpelschäden und zur Einschätzung der tatsächlichen Defektgröße scheint das 3-Tesla-MRT überlegen [16, 30]. Als Mindestanforderung sollte ein 1,5-Tesla-MRT mit Kniespule gelten.
Das Untersuchungsprotokoll sollte knorpelsensitive Sequenzen wie z.B. die protondichtgewichtete oder PD/
P2-gewichtete und fettunterdrückte TSE-Sequenzen beinhalten. T1-gewichtete Sequenzen ermöglichen zudem die genauere Beurteilung der subchondralen Grenzzone. Die Frequenzen sollten in einer Schichtdicke von ca. 3 mm durchgeführt werden. Idealerweise sollte die Beurteilung der Knorpelschäden im MRT nach einer Klassifikation wie z.B. dem AMADEUS- und MOCART-Score erfolgen, um eine einheitliche Bewertung der Knorpelschäden zu gewährleisten [22, 33]. Die Mindestanforderung an die Beurteilung sollte die Beschreibung der Größe und Tiefe des Knorpeldefektes sowie dessen Lokalisation beinhalten. Häufig werden Knorpelläsionen von Radiologen mit der Outerbridge- oder ICRS-Klassifikation bezeichnet, die eigentlich arthroskopisch beschrieben wurde, aber im MRT mit Bezeichnung der verwendeten Klassifikation bei Benennung der Defektgrade zur Orientierung übertragen angewendet werden kann. Das T2-Mapping zur zusätzlichen quantitativen Datenauswertung bei Knorpelschäden ist aktuell noch Gegenstand der Forschung und soll zur Komplettierung genannt werden. Hierdurch können zukünftig gegebenenfalls Knorpelschäden bereits im Frühstadium detektiert werden (Abb. 1) [31].
Diagnostikstandards
Knorpeltherapie OSG
Der Knorpelschaden im oberen Sprunggelenk (OSG) muss vom Knorpelschaden des Kniegelenkes und der Hüfte aus mehreren Gründen abgegrenzt werden. Häufig besteht eine osteochondrale Läsion, welche primär den subchondralen Knochen betrifft. Zudem bestehen Unterschiede in der Biomechanik durch die weitaus größere Kongruenz des gesunden oberen Sprunggelenkes und in der Physiologie und Pathophysiologie des Knorpelgewebes [17]. Die Ätiologie chondraler und osteochondraler Läsionen im OSG ist multifaktoriell. Es besteht allerdings Konsens, dass die wichtigste Ursache hauptsächlich in einer traumatischen Ätiologie durch wiederholte Mikrotraumata bei chronischer Instabilität, hoher sportlicher Belastung oder akutem Trauma darstellt [28].
Anamnese und Untersuchung
Das Beschwerdebild stellt sich häufig unspezifisch dar. In den meisten Fällen klagen die Patientinnen und Patienten über belastungsabhängige Schmerzen, insbesondere bei oder nach der Sportausübung. Die Schmerzintensität korreliert nicht automatisch mit der Schwere der Läsion. Die Schmerzen werden durch den Anstieg des intraossären Druckes im subchondralen Knochen häufig als dumpfer, tiefer Gelenkschmerz empfunden [34]. Gelegentlich finden sich auch durch den Anstieg des intraartikulären Druckes bei Schwellungen und Synovialitis auch Ruheschmerzen, dann häufig begleitet von einem Steifheitsgefühl. Begleitend finden sich auch rezidivierende Blockaden und ein Instabilitätsgefühl.
Bei der Inspektion wird auf Achsfehlstellungen, chronische Instabilitäten und Schwellungen geachtet. Die spezifische Untersuchung des oberen Sprunggelenkes beinhaltet die aktive und passive Dorsalextension und Plantarflexion bei gebeugtem (zur Ausschaltung einer Verkürzung des Gastrocnemius-/Soleus-Komplexes) und gestrecktem Kniegelenk. Die Beweglichkeit ist meist nur bei intraartikulärem Erguss und/oder durch ein knöchernes oder weichteiliges Impingement eingeschränkt. Ligamentäre Instabilitäten werden durch die Überprüfung des Talusvorschubs und der Taluskippung untersucht. Die aktive Bewegung des Sprunggelenkes in allen Ebenen gegen Widerstand kann differenzialdiagnostisch Hinweise auf evtl. Sehnen- und muskuläre Pathologien liefern. Bei der Palpation werden die prägnanten knöchernen Strukturen, die Sehnen und Bänder entlang ihres Verlaufes und die Gelenkspalte untersucht. Bei Plantarflexion können über dem Gelenkspalt des oberen Sprunggelenks (OSG) die vorderen Anteile des Talus palpiert werden, bei Dorsalextension die posteromedialen Anteile. Lokalisierte Schmerzen können dabei Hinweise für das Vorliegen einer chondralen oder osteochondralen Läsion sein. Abschließend sollte eine orientierende neurologische Untersuchung und die Palpation der Pulse durchgeführt werden.
Bildgebung
Ziel der Bildgebung ist primär die Entdeckung der Pathologie, Feststellung der Lokalisation und Größe der Läsion und zudem die Beurteilung des darüber liegenden Knorpels sowie des subchondralen Knochens in Bezug auf Vorliegen eines Knochenmarködems und zystischen Veränderungen. Zudem sollten mögliche sekundäre Begleitpathologien wie Band- und Sehnenverletzungen sowie Fehlstellungen mitbeurteilt werden. Zur präoperativen Planung und Klassifizierung der Läsion muss ein Schnittbildverfahren vorliegen. Anerkannte Klassifikationen zur stadiengerechten Einteilung der chondralen oder osteochondralen Läsion können bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein. Bezüglich der Wertigkeit der Verfahren untereinander besteht in der Literatur allerdings keine Einigkeit [3]. Neue Techniken wie die Digitale Volumentomographie (DVT) oder hochauflösende Computertomographie-(CT-)Scans bieten sehr gute Möglichkeiten zur Defektgrößenabschätzung. Die Defektgröße scheint im hochauflösenden CT am besten messbar zu sein [9].
Die konventionell im Stehen durchgeführte Röntgenaufnahme des oberen Sprunggelenkes in 2 Ebenen (a.p. mit 20° Innenrotation und seitlich) steht am Anfang der bildgebenden Diagnostik. Die Röntgenaufnahme besitzt allerdings für die sichere Detektion einer Läsion, insbesondere bei geringgradigen oder kleinen Läsionen, eine geringe Sensitivität. Bei Fußdeformitäten oder Achsabweichungen sollten weitere Aufnahmen (z.B. Ganzbeinstehaufnahme, Rückfußaufnahme (Saltzman view), ganzer Fuß in 2 Ebenen im Stehen) angefertigt werden, um evtl. ursächliche Pathologien besser beurteilen zu können.