Übersichtsarbeiten - OUP 06/2024
Die anteromediale und anterolaterale Stabilisierung des KniegelenksEin Überblick
Bei der LET wird die anterolaterale Rotationsinstabilität mittels eines distal gestielten Streifens aus dem Tractus iliotibialis adressiert. Entscheidende Eckpunkte des chirurgischen Eingriffes sollen im Folgenden erläutert werden [2]. Nach subkutaner Darstellung des Tractus iliotibialis und Präparation eines 1 cm breiten Tractusstreifens, der sich distal vom Tuberculum Gerdii ausgehend bis 3 cm proximal über den Epicondylus lateralis hinaus erstreckt, erfolgt die Positionierung eines Kirschner-Drahtes im femoralen Insertionspunkt, welcher sich jeweils 5–7 mm proximal und dorsal des lateralen Epicondylus befindet. Da die LET häufig in Kombination mit einer VKB-Plastik durchgeführt wird, sollte hierbei auf die Vermeidung von femoralen Tunnelkonflikten geachtet werden. Nach Überbohrung des K-Drahtes wird der Tractussreifen anschließend unter dem lateralen Kollateralband, welches zuvor mit einem Faden untershuttelt wurde, durchgezogen und mittels eines weiteren Shuttlefadens in den femoralen Bohrkanal eingezogen. Die knöcherne Fixation des Transplantats erfolgt mittels einer Interferenzschraube in 70°-Kniebeugung und neutraler tibialer Rotationsstellung. Zuletzt erfolgt eine vollständige Readaptation des Tractus iliotibialis und ein schichtweiser Wundverschluss.
Die ALL-Rekonstruktion hingegen zielt auf das anterolaterale Ligament als anatomische Struktur ab. Der operative Ablauf, der u.a. auf dem Konsensuspapier der ALL Expert Group und den Arbeiten von Sonnery-Cottet et al. basiert, wird im Folgenden kurz erörtert [29, 30]. Nach Entnahme der Gracilissehne in üblicher Technik erfolgt zunächst die Herstellung eines umgekehrt Y-förmigen Transplantats. Der entstandene Einzelstrang bildet hierbei den femoralen Anteil, die beiden Sehnenschenkel den tibialen Anteil des Transplantats. Nach minimalinvasiver Inzision im Bereich der anatomischen Landmarken sowie Präparation bis auf den Knochen, erfolgt die Platzierung von Kirschner-Drähten im femoralen Insertionspunkt, welcher sich proximal und posterior des Epicondylus lateralis befindet, und in den beiden tibialen Ansatzpunkten, die sich zum einen mittig zwischen dem Zentrum des Tuberculum Gerdii und des Fibulaköpfchens, zum anderen auf Höhe der superolateralen Begrenzung des Tuberculum Gerdii befinden. Nach Überprüfung der Isometrie und Überbohrung der K-Drähte wird das Transplantat zunächst femoral knöchern verankert und die tibialen Sehnenschenkel unter dem Tractus iliotibials nach distal ausgeleitet. In voller Extension des Kniegelenks erfolgt anschließend die tibiale Verankerung der Sehnenschenkel auf Höhe der jeweiligen tibialen Bohrkanäle. Zuletzt werden die überschüssigen Sehnenanteile reseziert und die Wunden schichtweise verschlossen.
Schlussfolgerung
Diese Arbeit bietet einen detaillierten Einblick in die anteromediale (AMRI) und anterolaterale (ALRI) Rotationsinstabilität des Kniegelenks. Der mediale Kollateralbandkomplex spielt hierbei eine zentrale Rolle in der Verhinderung einer AMRI. Die ALRI hingegen ist stark mit dem anterolateralen Ligament und dem Tractus iliotibialis verbunden. Anteromediale und anterolaterale Stabilisierungsverfahren des Kniegelenks sind entscheidend für die erfolgreiche Behandlung von Rotationsinstabilitäten, insbesondere da diese Instabilitäten auch nach einer primären Kreuzbandplastik chronisch persistieren können. Die Wahl der geeigneten chirurgischen Technik hängt von der spezifischen Art der Instabilität und den beteiligten Strukturen ab. Es ist von größter Bedeutung, die Mechanismen hinter diesen Instabilitäten und die damit verbundenen chirurgischen Interventionen zu verstehen. Zukünftige Studien sind notwendig, um den langfristigen Erfolg dieser chirurgischen Interventionen weiter zu evaluieren und zu verbessern.
Interessenkonflikte:
Keine angegeben.
Das Literaturverzeichnis zu
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www.online-oup.de.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Johannes Zellner
Sporthopaedicum Regensburg
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