Übersichtsarbeiten - OUP 05/2014

Die Behandlung der Rhizarthrose

Der aus der griechischen Sprache stammende Name Rhizarthrose (rhíza = Wurzel, árthron = Gelenk) weist darauf hin, dass es beim Sattelgelenk um die „Wurzel“ des Daumens geht und – weitergedacht – um die Gesamtfunktion der Hand. In der englischen Fachliteratur wird über das „basal joint“ gesprochen.

1937 beschrieb Forestier die „trockene Arthropathie“ des Sattelgelenks, da hier die Gelenkergussbildung nicht so stark im Vordergrund steht wie bei anderen Gelenken. Es betrifft in 90 % Frauen und zeigt eine geografische Verteilung von Kaukasien zu Asien von 3:1. Im Alter von > 75 Jahren hat die Rhizarthrose eine radiologische Auffälligkeit zu 25 % bei Männern und zu 40 % bei Frauen [1].

Über die anatomischen Begebenheiten hinaus können prädisponierende Faktoren anlagebedingt sein, wie eine steile Gelenkfläche des Vieleckbeins oder eine angeborene Bandinsuffizienz [3]. Die Arthrose des Sattelgelenks tritt häufig im Rahmen einer chronischen Polyarthrose auf. Die erworbene Form ist meistens posttraumatisch oder Endergebnis eines Gelenkempyems.

Klassifikation

Die Einteilung nach Eaton/Littler ist am meisten verbreitet [3, 7]. Dabei werden 4 Stadien unterschieden, entsprechend dem Schweregrad der Arthrose. Die Grundlage der Einteilung ist eine genaue seitliche Röntgenaufnahme.

  • Stadium 1: Normaler oder leicht erweiterter Gelenksspalt
  • Stadium 2: Gelenkspaltverschmächtigung, Osteophyten < 2 mm Größe
  • Stadium 3: Gelenkzerstörung mit subchodraler Sklerose, Osteophyten über 2 mm, intaktes STT-Gelenk.
  • Stadium 4: CMC- und STT-Gelenke sind destruiert, osteophytäre Anbauten

Klinische Diagnose

Die Diagnostik der Rhizarthrose ist in den fortgeschrittenen Stadien einfach (Abb. 1). Schon bei der Betrachtung fällt die Konturänderung des Sattelgelenks in Form einer kräftigen Erhabenheit über dem Sattelgelenk und die Fehlstellung des Daumens auf. Der Patient beklagt Belastungs- und Ruheschmerzen, die Beweglichkeit ist des Öfteren – aber nicht in jedem Fall – stark eingeschränkt. Im Anfangsstadium der Erkrankung stehen die Belastungsschmerzen im Vordergrund. Diagnostische Hilfe ist der Kompressionstest auf der Basis des 1. Mittelhandknochens während Dorsalextension des Daumens nach Glickel, der starke Schmerzen auslöst. Der Grind-Test beinhaltet einen axialen Druck auf den Daumen, während das Sattelgelenk in beiden Richtungen abwechselnd rotiert und dadurch eine schmerzhafte Krepitation ausgelöst wird.

Radiologisch sind die Veränderungen auf den Standardaufnahmen in 2 Ebenen normalerweise gut erkennbar (Abb. 2, 3), sodass die aufwendigen Einstellungen in 6 Ebenen/Daumenpositionen nach Kapandji in der Praxis kaum zum Einsatz kommen [7].

Eine kernspintomografische Untersuchung ist nur in unsicheren initialen Fällen informativ, um andere Erkrankungen wie Tenopathien und eine akute rheumatoide Arthritis auszuschließen.

Therapie

Nicht operative Therapie

Die Therapie der Sattelgelenkarthrose ist nicht primär operativ. Eine absolute Indikation in bestimmten Stadien kann nicht ausgesprochen werden. Ein radiologisch stark verändertes Gelenk ist ebenfalls keine Indikation zur Operation. Es ist manchmal erstaunlich, wie lange einige Patienten „durchhalten“ können, wenn die Belastung adaptiert wird und eine Schienenbehandlung konsequent erfolgt. Nichtsteroidale Antiphlogistika kommen zeitweise zum Einsatz.

An dieser Stelle muss bemerkt werden, dass die Therapieerfolge bestimmter nichtoperativer Maßnahmen von anderen Gelenken auf das Sattelgelenk nicht zu übertragen sind. Dementsprechend ist die Infiltrationstherapie mit lokalen Kortikosteroiden sehr kritisch zu sehen, da besonders wiederholte Behandlungen zur Schwächung/Degeneration der Sehnen führen und die spätere operative Versorgung erschweren können. Eine noch eindeutigere Warnung betrifft die Radiosynoviorthese. Hier sehen wir eine eindeutige Kontraindikation, da die Operationsergebnisse wegen der starken narbigen Veränderung des Kapsel-Bandapparats und der umgebenden Sehnen durch die starke Beta-Strahlung (meistens Erbium-169) der nicht vorbehandelten Gruppe wesentlich unterliegen. Die Abbildungen 6 und 7 zeigen die Röntgenaufnahme eines stark veränderten Gelenks nach Radiosynoviorthese.

Operative Therapie

Seit den 70er Jahren wurden zahlreiche operative Verfahren angewendet. Die Methoden haben sich in den letzten 2 Jahrzehnten zunehmend polarisiert [3, 7, 8].

Totalprothesen des Sattelgelenks haben sich generell nicht durchgesetzt, obwohl immer noch einige Versuche vorgenommen werden, das Gelenk mit alloplastischem Implantat zu ersetzen. Mit den zu Verfügung stehenden Materialien und Technologien scheint es zurzeit nicht möglich, besonders die proximale Komponente der Prothese im meist stark veränderten Os trapezium zu stabilisieren. Lockerungen und Bewegungseinschränkungen traten bei jedem Implantat regelmäßig auf. So mussten z.B. bei den anfangs erfolgsversprechenden Vollkeramik-Implantaten alle Patienten mittelfristig revidiert und das Implantat entfernt werden [4]. Einfache Raumfüller aus Silikon (z.B. Swanson) welche in anderen Gelenken zuverlässig eingesetzt werden können, sind ebenfalls gescheitert [8]. Erschwerend kam häufig eine sog. Silikon-Synovialitis mit Knochenschwund zur Lockerung und Dislokation des Implantats hinzu.

Adrian E. Flatt erwähnt in seinem Buch 1995 [8] die zahlreichen Möglichkeiten der unterschiedlichen Implantat-Arthroplastiken und warnt vor der Verwendung einer neuen Technik, ohne die Literatur ausführlich studiert zu haben. Gleichzeitig legt er sich fest, selbst keine Fremdmaterialien bei der Sattelgelenkarthroplastik einsetzen zu wollen. Diese Meinung können wir anhand eigener Erfahrung teilen.

Gervis empfahl 1949 die totale Trapezektomie als einfachste Operationsmethode der Rhizarthrose. Am Anfang der 60er-Jahre beschrieb Froimson eine Weiterentwicklung durch Einsatz einer Sehneninterposition im Spalt der Trapezektomie. Diese Techniken führten nach der anfänglichen Begeisterung zu ernüchternden Ergebnissen [8]. Es erfolgten dann zahlreiche Modifikationen und Ergänzungen, besonders in Kombination mit der Sehnenaufhängung (Suspensionsarthroplastik). Epping veröffentlichte 1983 in der deutschen Fachliteratur seine Erfahrungen über die Sehnenaufhängung mittels Flexor-carpi-radialis-Sehne (FCR) [5]. Er hat die halbierte FCR-Sehne durch einen Bohrkanal in der Basis des 1. Mittelhandknochens gezogen und schlingenförmig in den Spalt zurückgeführt, dann die 2 Sehnenanteile zusammengenäht. Das Ergebnis ist ein neues Band zur Vermeidung des „Abrutschens“ oder der „Proximalisierung“ des ersten Fingerstrahls. Im Gegensatz zu anderen Autoren wie Burton hat er auf eine Raumfüllung mittels Sehneninterposition verzichtet.

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