Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024

Indikation und Langzeitergebnisse verschiedener Knorpeltherapien am Knie

Sebastian Leutheuser, Johannes Zellner, Matthias Buhs, Klaus Ruhnau

Lernziele:

Nach der Lektüre dieses Beitrags…

kennen Sie die Standardmethoden zur operativen Behandlung chondraler und osteochondraler Knorpelläsionen.

kennen Sie deren Potenzialmethoden mit derzeit noch geringerer Evidenz.

können Sie die Behandlungsergebnisse anhand der Langzeitergebnisse einordnen.

Zusammenfassung:
Knorpelregenerative Verfahren stellen einen immer größeren Stellenwert in der rekonstruktiven Behandlung akuter und degenerativer chondraler und osteochondraler Läsionen am Kniegelenk dar. In Abhängigkeit der Defektgröße und -tiefe haben sich Standardmethoden mit hoher Evidenz und Potenzialmethoden mit eher geringer Evidenz etabliert. Langzeitergebnisse bestimmen über den Erfolg und Misserfolg der angewendeten Verfahren und werden in diesem CME-Artikel verfahrensabhängig aufgearbeitet.

Schlüsselwörter:
Knorpeltherapie, Langzeitergebnisse, MACT, Mikrofrakturierung, osteochondraler Transfer,
minced-cartilage, Biomaterial

Zitierweise:
Leutheuser S, Zellner J, Buhs M, Runau K: Indikation und Langzeitergebnisse verschiedener
Knorpeltherapien am Knie
OUP 2024; 13: 133–141
DOI 10.53180/oup.2024.0133-0141

Summary: Regenerative cartilage procedures have become increasingly more important in the reconstructive treatment of acute and chronic chondral and osteochondral lesions in the knee joint. Depending on the size and depth of the defect standard methods with high evidence and potential methods with rather low evidence have been established. Long-term results determine the success and failure of the applied procedures and are being discussed in this CME article.

Keywords: cartilage therapy, long-term results, MACI, microfracture, osteochondral transfer, minced cartilage, biomaterial

Citation: Leutheuser S, Zellner J, Buhs M, Runau K: Indications and long-term results of different cartilage treatments in the knee joint
OUP 2024; 13: 133–141. DOI 10.53180/oup.2024.0133-0141

S. Leutheuser: Abteilung für spezielle Sporttraumatologie und Unfallchirurgie, Sana Dreifaltigkeitskrankenhaus, Köln & QKG – Gesellschaft für Knorpelregeneration und Gelenkerhalt e.V. Dinslaken

Zellner J: Sporthopaedicum Regensburg & QKG – Gesellschaft für Knorpelregeneration und Gelenkerhalt e.V. Dinslaken

M. Buhs: Norddeutsches Knorpelcentrum, Quickborn & QKG – Gesellschaft für Knorpelregeneration und Gelenkerhalt e.V. Dinslaken

K. Ruhnau: QKG – Gesellschaft für Knorpelregeneration und Gelenkerhalt e.V. Dinslaken

Einleitung

In den letzten Jahren wurde der Fokus immer mehr auf Knorpelregeneration und -reparation gelegt. Inzwischen kann die Chirurgin/der Chirurg auf unterschiedliche Verfahren zurückgreifen, die alle das Ziel haben, entweder einen Ersatzknorpel oder gar „hyalinartigen Knorpel“ im Defekt zu erzeugen. In diesem Artikel werden die unterschiedlichen Verfahren kurz beschrieben und vor dem Hintergrund der internationalen Studienlage beurteilt.

Das Ergebnis von Langzeitstudien im Zusammenhang mit knorpelregenerativen Verfahren am Kniegelenk ist insofern von Bedeutung, da die Knorpelregeneration einen gewissen Zeitraum in Anspruch nimmt. Das langfristige Ergebnis ist maßgeblich, da knorpelregenerative Verfahren in aller Regel eher bei einem jüngeren Patientenklientel zum Einsatz kommen. Hier ist dann das langfristige Ergebnis, also 10 Jahre und länger, entscheidend, um den Patientinnen und Patienten eine Orientierung zu geben, bei welchem operativen Aufwand und Rehabilitationsaufwand mit welchem Langzeitergebnis zu rechnen ist.

Kurz- bis mittelfristig findet man in den vergleichenden Studien zur Mikro- bzw. Nanofrakturierung, der autologen matrixinduzierten Chondrogenese, dem osteochondralen Transfer und der matrixinduzierten autologen Chondrozytentransplantation, aber auch von „minced-cartilage“ und der Therapie mit „Bone Marrow“-Stimulation kaum signifikante klinische Unterschiede. In aller Regel endet die Zusammenfassung solcher vergleichender klinischer Kurz- bis Mittelfriststudien damit, dass langfristige Studien zu diesen Ergebnissen wünschenswert wären [1].

In einer Metaanalyse über Pubmed bis zum Jahr 2023 konnten wir nur für die Mikrofrakturierung, den osteochondralen Transfer und die autologe matrixinduzierte Chondrozytentransplantation Studien finden, die einen Nachuntersuchungszeitraum von 10 Jahren und mehr besaßen. Dabei kristallisierte sich heraus, dass nach einem solch langem Nachuntersuchungsintervall signifikante Unterschiede im klinischen Nachuntersuchungsergebnis zu finden sind.

Indikation

Die richtige Indikationsstellung hat in Bezug auf die Behandlung chondraler und osteochondraler Läsionen einen übergeordneten Stellenwert, denn diese entscheidet in erheblichem Ausmaß über den Erfolg einer knorpelregenerativen Therapie. Hier schließen wir uns der aktuellen Empfehlung der AG Klinische Geweberegeneration der DGOU zur knorpelregenerativen Behandlung am Kniegelenk an [2]. Diese Empfehlungen beziehen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse mit der besten vorliegenden klinischen Evidenz. Empfehlungen, für welche bisher keine entsprechende Evidenz vorliegt, wurden anhand eines Konsensusverfahrens innerhalb der Mitglieder der AG Geweberegeneration der DGOU verfasst. Eine aus unserer Sicht wichtige Neuerung in der aktuellen Fassung von 2022 sind die Reduktion der Indikationsgrenze für die MACT auf 2,0 cm2 und die strikte Trennung chondraler und osteochondraler Defekte. Weiterhin ist die Aufnahme des „minced-cartilage“-Verfahrens als Potenzialverfahren zu nennen, das jedoch noch hinsichtlich nicht vorliegender Langzeitergebnisse seine Evidenz nachweisen muss (Abb. 1, 2) [2].

Begleitpathologien

Begleitpathologien stellen einen weiteren wichtigen Pfeiler in der Indikationsstellung und Behandlung chondraler sowie osteochondraler Knorpeldefekte dar. Die Behandlung der Begleitpathologien ist für eine erfolgreiche knorpelregenerative Therapie unerlässlich und daher in die Therapieplanung aufzunehmen. Hierbei gilt es Meniskuspathologien, knöchernes varisches oder valgisches Malalignment ab 3°, Bandinstabilitäten und patellofemorale Pathologien zu adressieren [3].

Da Achsabweichungen nicht immer sofort klinisch eindeutig erkennbar sind, sollten bei Planung einer Knorpeltherapie im Femorotibialgelenk neben konventionellen Röntgenaufnahmen und einer MRT-Untersuchung des zu behandelnden Gelenkes immer auch Ganzbeinstandaufnahmen zur Achsbestimmung durchgeführt werden, da eine nicht adressierte Varus- oder Valgusabweichung das klinische Ergebnis nach einer Knorpeltherapie signifikant beeinflussen kann. Ähnliches gilt für den patellofemoralen Anteil, in dem bei geplanter Knorpeltherapie ebenso Instabilitäten, Maltracking, Patella alta, Trochleadysplasie, Achs- und Torsionsabweichungen analysiert und gegebenenfalls adressiert werden müssen.

Langzeitergebnisse und
Behandlung chondraler
Defekte

Mikrofrakturierung

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