Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024

Indikation und Langzeitergebnisse verschiedener Knorpeltherapien am Knie

Durch Eröffnung des subchondralen Knochens soll sich in einem Knorpeldefekt ein Superclot [1, 4] mit mesenchymalen Stromazellen bilden, um durch die Stimulation dieser Stromazellen ein belastbares knorpelähnliches Regenerat zu gewinnen [5]. Neben der Abrasion [6] können hierbei die Mikrofrakturierung [7], die Knochenbohrung [8], die Nanofrakturierung [4, 9] und die matrixinduzierte Chondrogenese [10, 11] zur Anwendung kommen.

Für die Indikation zur Knorpeltherapie von symptomatischen Knorpelschäden mit knochenmarkstimulierenden Techniken bestehen nach den Empfehlungen der AG Klinische Geweberegeneration aus dem Jahr 2022 zur Behandlung von symptomatischen Knorpelschäden am Kniegelenk für die einzelnen Verfahren unterschiedliche Indikationsgebiete [2]. Dabei wird die Abrasion als Knorpeltherapie nicht mehr empfohlen.

Die Mikrofrakturierung besitzt als Standardmethode ihren Stellenwert in der Behandlung von Knorpelschäden bis 2 cm2 [12]. Dabei wird die Bohrung mit 1,0–1,2 cm Durchmesser wegen des besseren chondralen Regenerates als vorteilhafter angesehen als die Therapie mit der Mikrofrakturierungs-Ahle [13].

Für die Mikrofrakturierung konnten 8 klinische Studien mit einem mittleren Nachuntersuchungszeitraum von 12 Jahren eingeschlossen werden [6, 9–15], 2 x Level I, 1 x Level II, 1 x Level III, 4 x Level IV. Insgesamt 369 Patientinnen und Patienten mit durchschnittlich 61,5 pro Studie (11–119 Patientinnen und Patienten) konnten in die Analyse eingeschlossen werden. Das mittlere Alter der Patientinnen und Patienten betrug 33 Jahre (13–60 Jahre). Die mittlere Defektgröße betrug 3,28 cm² (2,6–10 cm²). Über die durchschnittlichen 12 Jahre Nachuntersuchungszeitraum lag die Versagerrate im Mittel bei 31,25 % (6,6–66 %). Ein klinisch gutes Langzeitergebnis bestand im Mittel bei 38,4 % der Patientinnen und Patienten. Für die Mikrofrakturierung gilt, dass junge Patientinnen und Patienten mit kleinen Läsionen ? 2 cm² die beste Prognose besitzen [10,12]. Häufig kommt es zu einer Verschlechterung nach 2 bis 5 Jahren [10, 12, 16], weswegen die Mikrofrakturierung nur bei kleinen Defekten eingesetzt werden sollte (Abb. 3).

mBMS – matrixinduzierte autologe Knochenmarkstimulation

Die matrixinduzierte autologe Knochenmarkstimulation nimmt in der Indikation einen Platz zwischen der Mikrofrakturierung und der matrixinduzierten autologen Chondrozytentransplantation (MACT) ein, d.h. bei Knorpelschäden zwischen 1 cm² und 4,5 cm². Hierbei wird die Mikrofrakturierung mit einer Matrix z.B. aus Kollagen oder Hyaluronsäure abgedeckt, damit das bei der Perforierung des subchondralen Knochens entstehende Blutkoagel mit Knochenmarkzellen im Defekt verbleibt und nicht ins Gelenk austreten kann.

Für die matrixinduzierte autologe Knochenmarkstimulation gibt es nur 3 mittelfristige Studien mit im Durchschnitt 8,0 Jahren, 8,8 Jahren und 9,3 Jahren Nachuntersuchungszeitraum, sodass keine Aussagen zu den langfristigen Ergebnissen gemacht werden können. Bei den mittelfristigen Ergebnissen kristallisiert sich aber heraus, dass die Langzeitergebnisse mit großer Wahrscheinlichkeit besser sein werden als die der reinen Mikrofrakturierung.

Im Rahmen einer Level II-Studie [17] erhielten 12 Patienten eine Kollagen I–III Membran (AMIC©), weitere 12 Patientinnen und Patienten eine AMIC© Plus (AMIC© ) und Knochenmarkaspiratkonzentrat aus dem Beckenkamm, BMAC). Das Durchschnittsalter lag bei 30 Jahren (30 ± 10,2 Jahre). Die Defektgröße betrug im Mittel 3,8 ± 1 cm² (2–8 cm²). Der „Lost of Follow-up“ lag bei 16,7 %, die Versagerrate bei 4,2 %. Ein klinisch gutes Mittelfristergebnis im KOOS wurde mit über 90 % nach 8,8 Jahren angegeben.

Eine Level IV-Studie [18] schloss 33 Patientinnen und Patienten mit AMIC© ein: 8 x an der medialen Femurcondyle, 15 x an der Patella und 11 x bei Osteochondrosis dissecans. Das Durchschnittsalter lag bei 37,1 ± 11,9 Jahren. Die Defektgröße war mit 2,8 ± 1,6 cm² deutlich kleiner. Der „Lost of Follow-up“ betrug 21,2 %, die Versagerrate 7,7 %. Das klinische Langzeitergebnis nach 9,3 Jahren lag im Lysholm- Score bei 85 ± 13 und im VAS-Score bei 1,9 ± 1,6.

In einer Level IV-Studie [19] mit Hyaluronsäurematrix (Hyalofast© ) besaßen 23 Patientinnen und Patienten im Alter von 48 ± 9,2 Jahren eine Defektgröße von durchschnittlich 6,5 cm² (2–27 cm²) mit einer Versagerrate von 8,7 %. Es wurde nur ein Débridement der kalzifizierten Schicht durchgeführt, jedoch keine Spongiosierung. Bei 70 % der Fälle erfolgten Begleiteingriffe und in 50 % der Fälle wurden Umstellungsosteotomien durchgeführt. Das klinische Nachuntersuchungsergebnis veränderte nach 8 Jahren den IKDC im Mittel von 41 präoperativ auf 85 und für den KOOS von präoperativ 32–70 auf 85–99 (Abb. 4).

mACT – matrixinduzierte autologe Chondrozytentransplantation

Die mACT ist wissenschaftlich eine der am besten untersuchten Therapieverfahren im Bereich der regenerativen Gelenkchirurgie. Bei diesem zweizeitigen OP-Verfahren werden zunächst Knorpelbiopsien aus nicht belasteten Arealen des Gelenkes gewonnen, die dann nach einer Kultivierungsphase von ca. 3–6 Wochen in den Knorpeldefekt „mini-open“ oder auch arthroskopisch appliziert werden können.

In der Erstbeschreibung der ACT wurden hyaline Knorpelzellen aus einer nicht belasteten Zone des Kniegelenks entnommen, vermehrt und in einer zweiten Operation unter einen Periostlappen, der auf den Knorpeldefekt aufgenäht wurde, eingespritzt [20]. Hierdurch konnten gute Erfolge erzielt werden, allerdings war für die exakte Defektvorbereitung eine weite Arthrotomie nötig. Durch die Weiterentwicklung und Verzicht auf den Periostlappen zu matrixgebundenen Formen konnte die OP-Technik vereinfacht und weniger invasiv werden bis hin zur Möglichkeit, injizierbare Formen auch arthroskopisch anzuwenden. Hierdurch konnte die Komplikationsrate z.B. bezüglich Graft-Hypertrophie oder Delamination des Regenerats signifikant gesenkt werden [21].

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