Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024

Indikation und Langzeitergebnisse verschiedener Knorpeltherapien am Knie

Die osteochondrale Transplantation wird für symptomatische fokal begrenzte Läsionen und Osteonekrosen bis zu 1,5 cm2 empfohlen. Aus unserer Sicht sind Läsionen bis zu einem Durchmesser von 12 mm sicher mit dieser Methode im Bereich der Femurkondylen zu therapieren. Bei der OCT wird ein Knorpel-Knochen-Zylinder mit einer Hohlstanze oder Diamanthohlfräse aus einem unbelasteten Bereich des Kniegelenkes, meist der supralateralen Trochlea, entnommen und in das Defektbett implantiert. Dies kann arthroskopisch oder offen mittels Mini-Arthrotomie erfolgen. Größere Defekte werden mit diesem Verfahren nur durch eine Mosaikplastik mit mehreren Zylindern oder einem Mega-OATS-Zylinder versorgt und sind mit einer deutlich erhöhten Komplikationsrate sowie hohem Risiko einer Oberflächeninkongruenz behaftet.

Für die Verwendung autologer osteochondraler Zylinder besteht hinsichtlich der Verfügbarkeit von Langzeitergebnissen über 10 Jahre mit Abstand die beste Evidenz unter den osteochondralen Verfahren. In der von uns durchgeführten Metaanalyse konnten 8 Studien eingeschlossen werden. Insgesamt 279 Patientinnen und Patienten mit durchschnittlich 34,9 Teilnehmenden pro Studie (10 Pat. [4] bis 84 Pat. [53]) konnten in die Analyse eingeschlossen werden. Das mittlere Alter der Patientinnen und Patienten betrug 29,5 Jahre (12 Jahre [4] bis 62 Jahre [53]). Die durchschnittliche Defektgröße betrug 3,2 cm2 (0,9–8,5 cm2 ), welches oft die Verwendung mehrerer osteochondraler Stanzzylinder notwendig machte. Ein klinisch gutes bis sehr gutes Langzeitergebnis bestand im Mittel bei 72 % (60–90 %) der Patientinnen und Patienten bei einem durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitraum von 12,6 Jahren [6, 53–57].

Zusammenfassend zeigt sich ein deutlich besseres Outcome im langfristigen Vergleich zur Mikrofrakturierung [10, 53]. Patientinnen und Patienten mit einer kleinen Läsion, einer geringen Anzahl an Plugs [10, 55], einem Zylinderdurchmesser zwischen 6–7 mm [56, 57] sowie einer Stanztiefe von 20–25 mm [4, 12] profitieren am meisten von einem osteochondralen Transfer. Bezüglich der „Return-to-sport“-Rate auf präoperatives Niveau sind die Daten heterogen. [10, 57] Trotz einer milden bis moderaten Zunahme der radiologisch-kontrollierten Degeneration [53, 54] innerhalb des Nachuntersuchungszeitraums von 10–11 Jahren, kam es zu einer konstanten Verbesserung im IKDC-Score (Abb. 7) [54].

mBMS plus knöcherne
Augmentation

Die Indikationsstellung für die Behandlung osteochondraler Läsionen mittels matrixaugmentierter Knochenmarkstimulation und knöcherner Augmentation orientiert sich an der Empfehlung für rein chondrale Läsionen und wird bis zu einer Defektgröße von 4 cm2 empfohlen, beruht jedoch auf einer geringen Evidenz und wurde auf Grundlage histologischer Studien analog zur rein chondralen Therapie von der AG Klinische Geweberegeneration DGOU festgelegt [2]. Das Verfahren wird im Sinne einer einzeitigen „Sandwich-Technik“ eingebracht. Nach Débridement der subchondralen Knochenläsion wird diese möglichst mit autologem Knochen bis auf Niveau der subchondralen Lamelle aufgefüllt und anschließend mit einer Biomembran abgedeckt. Diese kann entweder mit Fibrinkleber oder resorbierbaren Nähten fixiert werden. Langzeitergebnisse mit einem Nachuntersuchungszeitraum von 10 Jahren und mehr bestehen zum aktuellen Zeitraum nicht (Abb. 8).

mACT plus knöcherne
Augmentation

Die matrixinduzierte autologe Chondrozytentransplantation wird für osteochondrale Defektgrößen ab 2 cm2 empfohlen und analog zur matrixaugmentierten Knochenmarkstimulation zweischichtig mit autologer Spongiosa oder kortikospongiösem Zylinder eingebracht. Anschließend wird der knöchern aufgefüllte Defekt mit den kultivierten Chondrozyten abgedeckt. Im Falle einer Membran sollte diese mit resobierbarem Fadenmaterial eingenäht werden. Bei der mACT mit knöcherner Augmentation handelt es sich um ein zweizeitiges Verfahren, bei welchem im ersten Schritt 3–4 osteochondrale Stanzbiopsien zur Anzucht entnommen werden müssen und nach ca. 3–6 Wochen mit der knöchernen Augmentation reimplantiert werden können. Langzeitergebnisse zur mACT mit Knochenaufbau existieren nicht.

In der durchgeführten Metaanalyse konnten 2 Studien [4, 31] mit 50 (31/19) Patientinnen und Patienten und einem durchschnittlichen Alter von 18,2 Jahren eingeschlossen werden. In beiden Studien handelte es sich um symptomatische Osteochondrosis dissecans-Läsionen der medialen oder lateralen Femurcondyle. Die durchschnittliche Defektgröße betrug 2,7 cm2 . Die osteochondralen Läsionen wurden mittels Spongiosaplastik aus der proximalen Tibia und einer arthroskopischen MACT-Implantation behandelt. Im mittel- bis langfristigem Nachuntersuchungszeitraum von 5 bzw. 10 Jahren konnten gute klinische Ergebnisse erzielt werden. Hierbei verbesserten sich die präoperativen IKDC-Werte von 37,9 auf 81,1 nach 5 Jahren und zeigten sich auch nach 10 Jahren mit 84,5 noch konstant. Die Versagerrate betrug 13–16 %, trat innerhalb der ersten 3 Jahre nach Implantation auf und war mit Läsionen > 3,5 cm2 vergesellschaftet. Zwar konnten im MRT-Follow-up bleibende subchondrale Veränderungen aufgezeigt werden, 96 % der ausschließlich minderjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten jedoch wieder zu „high-impact“-Sportarten zurückkehren [4]. Bei etwas älteren Patientinnen und Patienten wurden zumindest lineare Verbesserungen im Tegner-Aktivitäts-Score bei einer Wiederkehr in den vorangegangenen Sport bei über einem Drittel der Patientinnen und Patienten dokumentiert (Abb. 9) [31].

Osteochondrale Allografts

Diese stehen in Deutschland aufgrund bestehender deutscher und europäischer Regularien und Kostengründen kaum zur Verfügung und haben daher keine klinische Relevanz. Aufgrund vielversprechender Ergebnisse [58] wurden osteochondrale Allografts dennoch als Potenzialverfahren mit in die aktuelle Empfehlung aufgenommen [2], aufgrund der mangelnden Relevanz gehen wir aber nicht auf deren Langzeitergebnisse ein.

Interessenkonflikte:

S. Leutheuser: Vortragstätigkeit für Geistlich Biomaterials

J. Zellner, M. Buhs, K. Ruhnau: keine angegeben.

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