Übersichtsarbeiten - OUP 07/2018

Moderne bildgebende Diagnostik der Arthrose im Allgemeinen und der großen Gelenke der unteren Extremität

In der orthopädischen OA-Dagnostik hat sich die Rö-Darstellung des betroffenen Gelenks in 2 Ebenen zur Diagnosesicherung der manifesten OA etabliert. Methodische Stärke des konventionellen Röntgens ist die Darstellung der ossären Strukturen, sodass sich nur die für die OA typischen sekundären Knochenveränderungen sehr gut beurteilen lassen [132]. Die konventionelle Rö-Bildgebung kann daher bei der bildgebenden Abklärung der OA nur die Basis für die Bestätigung der manifesten OA, die Beurteilung der individuellen Anatomie (z.B. Kalibrierung zur Planung einer Endoprothese) und ev. knöchernen Fehlstellungen bilden. Sie kann für Graduierung der OA im nicht mehr initialen Stadium herangezogen werden [42, 122].

Es gibt eine Vielzahl an Klassifikationen, um den Schweregrad einer OA nach der Röntgenmorphologie einzuteilen. Bei der Beurteilung des Schweregrads der OA ist daher immer die jeweils zugrunde liegende Klassifikation konkret anzugeben (Tab. 1). Die älteste und am meisten verwendete Klassifikation für die Koxarthrose und Gonarthrose stammt von Kellgren und Lawrence [51], Abb. 1.

Letztlich geht es in diesen projektionsradiografischen Klassifikationssystemen der OA um 5 wesentliche Befunde der OA (Abb. 2), welche bereits Studenten der Humanmedizin regelhaft in orthopädischen Kursen vermittelt werden: die Abnahme der röntgenologischen Gelenkspaltweite, die subchondralen Sklerosierungen, die Ausbildung von an die Gelenkflächen angrenzenden Appositionsosteophyten und die Ausbildung subchondraler Geröllzysten [42]. Des Weiteren können kalzifizierte freie Gelenkkörper, die Defomierung bzw. zunehmende Inkongruenz der ossären Gelenkpartner, Subluxationen und ein Gelenkerguss beobachtet werden [1].

Die subchondrale Sklerosierung als Verdichtung der Knochenbälkchen unter gleichzeitiger Verminderung der filigranen Vernetzung der Knochentextur gilt als röntgenologischer Hinweis auf eine länger andauernde Überlastung und entspricht einer Adaptationsreaktion des Knochens auf die nicht mehr ausreichend gegebene Dämpfungsfunktion des Knorpels [17]. Vermutlich ist der subchondrale Knochen evtl. viel wesentlicher an der Pathogenese der OA beteiligt als bisher angenommen [132]. Ihm selbst wird auch eine Rolle in der Ätiologie und Pathogenese der OA zugeordnet, da entsprechende Veränderungen am subchondralen Knochen bereits lange Zeit vor den histologischen Änderungen am Knorpel auftreten können [79, 89]. OA-Patienten mit einer vermehrten subchondralen Sklerosierung weisen im weiteren Verlauf eine signifikant vermehrte Höhenminderung des Gelenkknorpels auf [16]. Die Ätiopathogenese von Osteophyten ist bis dato unklar. Meist werden osteophytäre Appositionen als Versuch des Organismus verstanden, die Belastungsfläche des Gelenks zu vergrößern, wodurch die einzelne Flächeneinheit eine Reduktion der Kraftübertragung erfährt. Für diese Aussage gibt es aber keine Evidenz [34, 147]. Die Verschmälerung des röntgenologischen Gelenkspalts als indirektes Zeichen einer Verringerung der Knorpelhöhe ist bereits Ausdruck einer relevanten Knorpel-/Gelenkdegeneration (Tab. 1).

Digitale
Volumentomografie (DVT)

Die DVT als röntgenbasiertes Schnittbildverfahren zur 3-D-Rekonstruktionen der untersuchten knöchernen Strukturen hat ihren Ursprung in der Zahnheilkunde. Es ist durchaus mit dem CT vergleichbar. Im Gegensatz zum CT, bei dem der Röntgenstrahl sehr eng gebündelt ist, sendet das DVT einen kegelförmig auseinanderlaufenden Strahl aus. Im Englischen spricht man daher von einem „cone beam CT“ (CBCT). Die Aufnahmezeit beträgt im Vergleich zum CT nur wenige Sekunden. Der veränderte Strahlengang führt zu einer insgesamt höheren Bildauflösung und damit zu einer detaillierteren Darstellung ossärer Strukturen als im CT. Die Darstellung von Weichteilgewebe ist dahingegen auf Grund der Röntgenstrahlen nicht suffizient möglich, hier ist die MRT indiziert.

Die DVT ist relativ neu in die orthopädische Diagnostik eingeführt worden, sie hat noch keine weite Verbreitung. Die diagnostischen Standards, die von Röntgenbildern abgeleitet werden können, sowie definierte Richtlinien für die Indikationsstellung auf der Basis der DVT-Bildgebung werden in der Orthopädie noch erarbeitet und sind wissenschaftlich noch nicht ausreichend evaluiert. Die Strahlenbelastung ist im Vergleich zur diagnostischen Standard-CT-Untersuchung geringer (ca. –50 %), liegt aber doch höher als die einer Röntgenuntersuchung [73]. Die Befundung von DVT-Bildern ist auch Orthopäden nach Erwerb der Fachkunde Teilgebietsradiologie-DVT möglich. Dieser teilradiologische Fachkundenachweis ist Voraussetzung dafür, dass DVT-Untersuchungen ärztlich angeordnet und befundet werden dürfen. Weil eine konventionelle Röntgenuntersuchung zur Einhaltung der Diagnoserichtlinien ebenfalls immer notwendig ist, kommt die Strahlendosis bei der Anwendung des DVT immer hinzu, ersetzt aber zum derzeitigen Stand der Richtlinien noch keine anderen röntgenbasierten Untersuchungen. Daher muss der Anwender derzeit den medizinischen Mehrwert einer DVT-Untersuchung im Einzelfall gut begründen.

Durch die Kombination von 3D-Information und funktioneller Betrachtung mithilfe der DVT können Arthrosen mit Fehlstellungen unter funktionellen Aspekten (Gewichtsbelastung) von Knie-, Fuß- und Sprunggelenken im 3D-Bild dargestellt werden (Abb. 3). In der Zukunft kann das Einsatzgebiet in der erweiterten OA-Diagnostik bei der Beurteilung von begleitenden Fahlstellungen unter Belastung [129, 130], OP-Planung und p.o.-Verlaufskontrolle von OA-prophylaktischen Umstellungsosteotomien sowie der Beurteilung des Implantat-Knochen-Interface [46] liegen.

Computertomografie (CT)

Die CT spielt bei der Klassifikation des Schweregrads einer OA eine untergeordnete Rolle, da sie als röntgenologisches Schnittbildverfahren eine deutlich höhere Strahlenbelastung für den Organismus im Vergleich zur Projektionsradiografie (und DVT) impliziert [38, 113, 143], auch wenn sie im Vergleich überlagerungsfrei ist und die Kontrastunterschiede bei hohen Absorptionsdifferenzen (z.B. Knochen, Lunge) sehr gut sind. Die CT ist gut geeignet, um die Knochensubstanz, die anatomischen Verhältnisse und gelenknahe Deformierungen darzustellen. Mit ihr kann die Knochensubstanz vor endoprothetischer Versorgung im Einzelfall beurteilt werden. Weichteilkontraste bedürfen regelhaft der Kontrastmittelgabe, um diagnostische Aussagen, vor allem bei entzündlichen Erkrankungen intraartikulärer Strukturen (Synovia, Granulationsgewebe etc.), zu ermöglichen; diesbezüglich ist der MRT der Vorrang zu geben.

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