Übersichtsarbeiten - OUP 07/2018

Moderne bildgebende Diagnostik der Arthrose im Allgemeinen und der großen Gelenke der unteren Extremität

Wichtig ist festzuhalten, dass eine korrekte Interpretation von Knorpelsituation und Pfannenlabrum am Hüftgelenk mittels MRT nur möglich ist, wenn die besondere Situation erkannt und damit die Hüft-MRT je nach Fragestellung technisch optimal umgesetzt wird. Ansonsten wird die Knorpeldiagnostik im MRT an der Hüfte unzulänglich sein bzw. bleiben! Dies bedeutet konkret: Am Hüftgelenk beträgt die Knorpeldicke azetabulär maximal 2 mm, und sie verhält sich dort zentripedal; am Femurkopf beträgt sie maximal 2,5–3 mm und verhält sich zentrifugal [90]. Die dickste Stelle des azetabulären Knorpels liegt in der Hauptbelastungszone medial des Pfannendacherkers, und der dickste Knorpel am Hüftkopf liegt knapp lateral der Fovea capitis [41]. Zudem sind Femurkopf und Azetabulum von der Form sphärisch. Es sind also dünnschichtige hochauflösende Sequenzen notwendig mit an der Sphärizität orientierten Schnittführungen, eine sogenannte radiäre Hüft-MRT [44, 140], (z.B. 3D-Sequenzen mit Isovoxel < 1 mm). Es wird vom Autor dringend empfohlen, als zusätzliche Sequenz eine radiäre Schichtung um den Schenkelhals anzuregen, nur so werden Labrum und Knorpel aufgrund der Sphärizität des Hüftgelenks orthogonal und damit adäquat beurteilbar abgebildet (Abb. 7).

Des Weiteren wird die Darstellung als direkte MR-Arthrografie ggf. mit Beintraktion empfohlen, um den Anforderungen an eine therapieentscheidende Befundqualität gerecht werden zu können [20, 56, 69, 81, 83, 141, ]. Da bei Labrumläsionen oft kein Gelenkerguss vorliegt und das Labrum auch beim Gesunden oft ein heterogenes Signal aufweist, führt die Distension des Labrumrisses durch direkte MR-Arthrografie zu einer verbesserten Diagnostik mit einer Sensitivität/Spezifität von 90–95 %/91 % [68]. Die direkte MR-Arthrografie ist die beste Bildgebungsmodalität zur präoperativen Beurteilung eines Labrum- oder Knorpelschadens am Hüftgelenk [123]. Aktuelle Techniken wie das dGEMRIC ermöglichen eine genauere Beurteilung von chondralen Defekten, müssen jedoch noch ihren Nutzen demonstrieren und werden aktuell nicht als Standardverfahren im klinischen Alltag eingesetzt.

Bildgebung bei Gonarthrose

Auch bei der Besprechung der bildgebenden Abklärung der Kniearthrose muss unabhängig von der Ursache der Knorpeldegeneration zwischen den verschiedenen Formen im Kontext zum klinischen Bild differenziert werden; Die fokale Arthrose und die Früharthrose sind von der generalisierten OA zu unterscheiden, welche sowohl isoliert als auch kombiniert im Femorotibialgelenk (FTG) bzw. Femoropatellargelenk (FPG) auftreten können.

Röntgen Knie

Für die röntgenologische Gelenkspaltweite des Kniegelenks geben Lanyon et al. Normalwerte an, unterhalb derer eine mittelschwere bis schwere Gonarthrose anzunehmen ist [61]. Eine Verminderung des röntgenologischen FTG-Spalts auf < 5 mm (lateral) bzw. 4 mm (medial), ggf. noch die Ausbildung von Osteophyten von > 2 mm gelten als sicheres Kriterium für das Vorliegen einer Gonarthrose. Weiterhin können Veränderungen der Beinachse (Verschiebung der Traglinie nach Mikulicz (Abb. 8a), Veränderungen im Varus- oder Valgus-Winkel [52] usw.) messbare Kriterien für den Schweregrad der OA sein. Bei der Beurteilung solcher absoluten Werte muss man jedoch in die Beurteilung immer die Einflussfaktoren der Projektionstechnik in Betracht ziehen, um zu einer sachgerechten Interpretation der Bilddaten zu gelangen: den Vergrößerungsfaktor (es empfiehlt sich die Verwendung einer Kalibrierungskugel, Abb. 8a) und die Relationen zu Körpergröße, Geschlecht und Patientenalter.

Bei der röntgenologischen Gonarthroseabklärung ist im deutschen Sprachraum die Einbeinstandaufnahme bei gestrecktem Kniegelenk weit verbreitet, die sog. Flamingoaufnahme (Abb. 8c). In anderen Ländern (Frankreich, USA, Kanada) wird dagegen vornehmlich eine Belastungsaufnahme bei 45° gebeugtem Kniegelenk als sog. Rosenbergaufnahme oder Schuss-View (Abb. 8b) durchgeführt. Hierbei wird die Röntgenröhre um ca. 10° geneigt, um die Orientierung des Tibiaplateaus zu berücksichtigen und so den Gelenkspalt frei zu projizieren. Der Vergleich zwischen der Einbeinstandaufnahme bei gestrecktem Knie und der Belastungsaufnahme in Beugung ergab in der Rosenbergaufnahme eine höhere Empfindlichkeit für das Erkennen von Knorpelschäden [101], (Abb. 8).

MRT vs. Röntgen

2005 beschrieben Hayes et al. [36] signifikante Korrelationen zwischen dem röntgenologischen Schweregrad der Gonarthrose (Kellgren-Lawrence-Score) und 7 MRT-Entitäten am Kniegelenk (Knorpelläsion, Osteophyten, Sklerose, Meniskusläsion, Bandläsion, Gelenkerguss, Synovitis) bei symptomatischen Patientinnen. Diese Korrelation aus dem röntgenologischen Befund einer OA wurde von verschiedenen Autoren spezifisch für die verschiedenen MRT-Entitäten bestätigt, z.B. für die mukoide Degeneration des vorderen Kreuzbandes [60], was die Wertigkeit des MRT zur Detektion spezifischer intraartikulärer Pathologien als negative Prädiktoren und Einflussfaktoren einer Gonarthrose bestätigt. Wie Abbildung 9 zeigt, entgehen dem Untersucher in der Projektionsradiografie jedoch in einigen Fällen relevante OA-Zeichen, welche die MRT gut abbildet und die OA in einem anderen Stadium erscheinen lässt.

Knie-MRT

Huetink et al. [39] haben 2010 konstatiert, dass die symptomorientierte MRT-Abklärung bei der fokalen FTG-OA bereits eine Dekade früher spezifische Risikofaktoren im Kniegelenk detektieren kann (z.B. Meniskusläsionen, Kreuzbandläsionen). Andererseits können fs-Sequenzen in der MRT des Kniegelenks im gesunden Knorpel uneinheitliche chondrale Signalgebungen bzw. eine hohe Signalnormvariabilität zeigen, verursacht durch Knorpelausdünnung oder verschiedene laminare Knorpelausrichtungen oder eine Korpelpathologie vortäuschen, die eine erhöhte Gefahr der Fehldiagnose einer fokalen Chondropathie/Chondromalazie birgt [145]. Es ist für die Ausschlussdiagnostik einer (fokalen) Früharthrose am Kniegelenk von entscheidender Bedeutung, dass eine der Fragestellung entsprechend adäquate und spezifische Sequenzierung ausgewählt wird und dass diese bildgebenden „pitfalls“ dem MR-Befunder bekannt sind. Nur so ist eine akkurate (Ausschluss-)Diagnostik von degenerativen Gelenkknorpelveränderungen gewährleistet bzw. kann eine falsch positive Befundung verhindert werden. Der Autor plädiert daher an die Einhaltung von Facharztstandards, die MRT-Durchführung und Befundung gehören in die Hände des MRT-versierten Radiologen bzw. von MRT-spezialisierten Teilradiologen.

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