Übersichtsarbeiten - OUP 05/2024

Moderne Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik
Wie kommen wir zu guten Ergebnissen?

Christoph von Schulze-Pellengahr, Wolfram Teske

Zusammenfassung:
Moderne Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik haben in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Diese Konzepte zielen darauf ab, die postoperative Erholung zu beschleunigen, die Krankenhausaufenthaltsdauer zu verkürzen und die Patientenzufriedenheit zu erhöhen. Doch wie erreichen wir gute Ergebnisse mit diesen Ansätzen?
Ein zentraler Aspekt der Fast-Track-Konzepte ist die präoperative Vorbereitung. Hierzu gehört die umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten über den gesamten Behandlungsprozess, einschließlich realistischer Erwartungen an die postoperative Phase. Eine gute prähabilitative Betreuung, die physiotherapeutische Übungen und Ernährungsberatung umfasst, kann die körperliche Verfassung der Patientinnen und Patienten vor der Operation verbessern und somit die postoperative Erholung beschleunigen.
Intraoperativ spielen minimalinvasive Techniken und die Verwendung von modernen Anästhesieverfahren eine entscheidende Rolle. Diese Techniken reduzieren das Gewebetrauma und minimieren postoperative Schmerzen, was zu einer schnelleren Mobilisierung der Patientinnen und Patienten führt. Der Einsatz von Tranexamsäure zur Reduktion von Blutverlust und die Anwendung von Lokalanästhetika tragen ebenfalls zur Verbesserung der postoperativen Ergebnisse bei. Postoperativ ist ein multimodales Schmerzmanagement essenziell. Durch die Kombination verschiedener Analgetika und die frühzeitige Mobilisation können Schmerzen effektiv kontrolliert und die Funktionalität des Kniegelenks schnell wieder hergestellt werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen Chirurgen, Anästhesisten, Physiotherapeuten und Pflegepersonal ist hierbei unerlässlich.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die strukturierte Nachsorge. Regelmäßige physiotherapeutische Sitzungen und die kontinuierliche Überwachung des Heilungsverlaufs tragen dazu bei, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Einbindung der Patientinnen und Patienten in den Rehabilitationsprozess und die Förderung der Eigenverantwortung sind ebenfalls entscheidend für den langfristigen Erfolg.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass moderne Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, eine umfassende präoperative Vorbereitung, minimalinvasive Operationstechniken und ein effektives Schmerzmanagement zu guten Ergebnissen führen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Konzepte und die Anpassung an individuelle Patientenbedürfnisse sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung.

Schlüsselwörter:
Knieendoprothese, Fast-Track-Konzepte, integriertes Behandlungskonzept, Rehabilitation, Gesundheitsökonomie, funktionelle Verbesserung

Zitierweise:
von Schulze Pellengahr C, Teske W: Moderne Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik.
Wie kommen wir zu guten Ergebnissen?
OUP 2024; 13: 218–224
DOI 10.53180/oup.2024.0218-0224

Summary: Modern fast-track concepts in knee arthroplasty have gained significant importance in recent years. These concepts aim to accelerate postoperative recovery, reduce hospital stay duration, and increase patient satisfaction. But how do we achieve good results with these approaches?
A central aspect of fast-track concepts is preoperative preparation. This includes comprehensive patient education about the entire treatment process, including realistic expectations for the postoperative phase. Good prehabilitation care, which includes physiotherapy exercises and nutritional counseling, can improve patients‘ physical condition before surgery and thus speed up postoperative recovery. Intraoperatively, minimally invasive techniques and the use of modern anesthesia methods play a crucial role. These techniques reduce tissue trauma and minimize postoperative pain, leading to faster patient mobilization. The use of tranexamic acid to reduce blood loss and the application of local anesthetics also contribute to improved postoperative outcomes. Postoperatively, multimodal pain management is essential. By combining different analgesics and early mobilization, pain can be effectively controlled, and knee joint functionality can be quickly restored. Close collaboration between surgeons, anesthetists, physiotherapists, and nursing staff is crucial in this regard. Another important factor is structured follow-up care. Regular physiotherapy sessions and continuous monitoring of the healing process help to detect and treat complications early. Involving patients in the rehabilitation process and promoting self-responsibility are also key to long-term success.
In conclusion, modern fast-track concepts in knee arthroplasty lead to good results through interdisciplinary collaboration, comprehensive preoperative preparation, minimally invasive surgical techniques, and effective pain management. The continuous development of these concepts and their adaptation to individual patient needs are the keys to successful treatment.

Keywords: knee joint replacement, fast track surgery, integrated treatment concept, fast rehabilitation, short inpatient care, clinical outcome

Citation: von Schulze Pellengahr C, Teske W: Modern fast-track concepts in knee joint replacement. How do we get good results?
OUP 2024; 13: 218–224. DOI 10.53180/oup.2024.0218-0224

C. von Schulze-Pellengahr: Agaplesion Ev. Bathildiskrankenhaus Bad Pyrmont, Zentrum für Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und Unfallchirurgie, & Ruhr-Universität Bochum Medizinische Fakultät

W. Teske: Ruhr-Universität Bochum Medizinische Fakultät

Einleitung

Die Knieendoprothetik hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere durch die Einführung von Fast-Track-Konzepten. Diese Konzepte zielen darauf ab, die postoperative Erholung zu beschleunigen, die Krankenhausaufenthaltsdauer zu verkürzen und die Patientenzufriedenheit zu erhöhen [1]. In diesem Paper werden die aktuellen Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik untersucht und bewertet, wie diese zu besseren Ergebnissen führen können.

Alle Fast-Track-Konzepte bestehen im zeitlichen Ablauf aus den 3 Phasen der Vorbereitung, dem chirurgischen Eingriff im stationären Aufenthalt und der Rehabilitation. Für den Erfolg entscheidend ist der individuelle patientenzentrierte Ansatz von der Operationsindikation bis zur Heilung [2]. Der Gesamtprozess umfasst zeitlich 3 Monate, in Einzelfällen auch länger [2].

Präoperative Phase

Die präoperative und gleichzeitig prästationäre Phase ist entscheidend für den Erfolg von Fast-Track-Konzepten. Hansen zeigte, dass ca. 45 % aller elektiven Hüft- und Knieprothesen für Patientinnen und Patienten präoperative Risiken aufwiesen, die mit einer erhöhten Komplikationsrate und möglicherweise verlängerten Aufenthalten assoziiert waren [3]. Eine gründliche Patientenaufklärung und -vorbereitung ist essenziell. Studien zeigen, dass präoperative Schulungen und Optimierungen des Gesundheitszustands, wie die Kontrolle von Komorbiditäten, die postoperative Erholung signifikant verbessern können [4, 5].

Relevante präoperative Risikofaktoren der Fast-Track-Endoprothetik sind Mangelernährung/Übergewicht, präoperative Anämie, Diabetes mellitus, präoperative Opioideinnahme und endogene Depression [5]. Husted et al. konnten in einem großen Kollektiv zeigen, dass der Einfluss der Adipositas im Rahmen der Fast-Track-Knieendoprothetik geringer war als angenommen [6]. Die präoperative Anämie, die Jans et al. in 12,8 % der Fälle sahen, führte neben der erhöhten Transfusionsrate dagegen zu einer Verlängerung der Liegedauer über 5 Tage [7].

Zu den wichtigsten präoperativen Maßnahmen gehören damit das Patient Blood Management (PBM), die Bestimmung des HbA1c, der MRSA-Abstrich, präoperative Schulungen und die präoperative Krankengymnastik mit Gangschulung an Unterarmgehstützen.

Patient Blood Management (PBM)

Das PBM ist ein umfassendes Konzept zur Optimierung des Blutmanagements vor, während und nach der Operation. Es zielt darauf ab, die Notwendigkeit von Bluttransfusionen zu minimieren und die postoperative Erholung zu verbessern. Die wichtigsten Komponenten des PBM in der präoperativen Phase sind:

1. Anämie-Management

Präoperative Anämie ist ein häufiger Risikofaktor für postoperative Komplikationen [7]. Die häufigste Ursache der präoperativen Anämie ist Eisenmangel [7, 8]. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Anämie durch die Gabe von Eisenpräparaten und Erythropoetin kann die Hämoglobinwerte verbessern und die Notwendigkeit von Bluttransfusionen reduzieren [9, 10, 49]. Die Substitution von Vitamin B12 ist bei veganer Ernährung und nach bariatischer Chirurgie essentiell [11, 12]. Ein präoperativer Hämoglobinmindestwert von 12,5 g/l für Frauen und 13,5 g/l für Männer ist anzustreben, da in vielen Studien diese Werte als cut-off für den postoperativen Transfusionsbedarf ermittelt werden konnten [13–15].

2. Optimierung der Blutgerinnung

Die präoperative Bewertung und Normalisierung der Blutgerinnung ist entscheidend, um das Risiko von Blutungen während der Operation zu minimieren. Dies kann durch die Wahl des richtigen Operationszeitpunkts, die Anpassung von Medikamenten, die die Blutgerinnung beeinflussen und durch die Verwendung von Gerinnungsfaktoren erreicht werden [16]. Patientinnen und Patienten unter Cumarin-Therapie erhalten ein zeitgerechtes Bridging, während Patientinnen und Patienten unter DOAK-Therapie im Rahmen der Fast-Track-Knieendoprothetik entsprechend den Empfehlungen der PAUSE-Studie bei einer Kreatinin Clearance von > 50 ml/min das jeweilige Präparat 48 Stunden präoperativ und bei einer beeinträchtigten Kreatinin Clearance < 50 ml/min das Präparat 4 Tage vor dem Eingriff absetzen sollen [16, 17]. Koronarpatientinnen und -patienten mit kürzlich implantierten Metallstents sollten elektiv nicht vor Ablauf von 6 Wochen operiert werden. Die Verwendung eines Medikament freisetzenden Stents verlängert die Frist auf 6 Monate [18–20].

3. Blutsparende Techniken

Die Anwendung von chirurgischen blutsparenden Techniken mit sorgfältiger Blutstillung ist essentiell. Migliorini et al. fanden in ihrer Metaanalyse für die Nutzung eines Tourniquets widersprüchliche Ergebnisse. Ein länger angelegtes Tourniquet war mit einer kürzeren Operationsdauer, einem geringeren intraoperativen Blutverlust und einem geringeren Transfusionsbedarf assoziiert, während die mittlere durchschnittliche Zeit des Krankenhausaufenthalts mit dem Nichtgebrauch des Tourniquets korrelierte [21].

Bestimmung des HbA1c

Die Bestimmung des HbA1c-Wertes ist ein wichtiger Bestandteil der präoperativen Vorbereitung, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus. Viens et al. zeigten für Personen mit Diabetes Typ I sowohl eine längere Krankenhausaufenthaltsdauer als auch eine erhöhte Infektionsrate [22]. Für Personen mit Diabetes Typ II zeigten Jorgensen zwar mit 11,3 % gegenüber 8,1 % bei Personen ohne Diabetes einen stationären Krankenhausaufenthalt von mehr als 4 Tagen auf, die Einbeziehung von Kofaktoren zeigte jedoch keine kausale Beziehung zwischen Verweildauer und Diabetes Typ II [23]. Ein gut kontrollierter Blutzuckerspiegel ist entscheidend für die Wundheilung und die Vermeidung von postoperativen Komplikationen. Ein HbA1c-Wert von unter 7 % wird allgemein als Zielwert angesehen, um das Risiko von Infektionen und anderen Komplikationen zu minimieren [5].

MRSA-Abstrich

Der präoperative MRSA-Abstrich dient der Identifikation von Patientinnen und Patienten, die mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) kolonisiert sind. Eine MRSA-Kolonisation erhöht das Risiko für postoperative Infektionen erheblich. Bei positivem Befund wird eine Dekolonisationstherapie durchgeführt, um das Infektionsrisiko zu senken [24].

Präoperative Schulungen

Präoperative Schulungen sind ein weiterer wichtiger Bestandteil der Fast-Track-Konzepte. Sie zielen darauf ab, die Patientin/den Patienten umfassend über den bevorstehenden Eingriff, die postoperative Phase und die Rehabilitation zu informieren. Hansen und MacDonald zeigten, dass dieses Konzept einen wesentlichen Beitrag zur Verkürzung der stationären Verweildauer darstellt [25, 26]. Im Rahmen der Aufklärung sollte auf die Erhöhung des Komplikationsrisikos durch Tabakkonsum hingewiesen werden und die Empfehlung einer präoperativen Nikotinkarenz ausgesprochen werden [27]. Die wichtigsten Elemente der präoperativen Schulungen sind:

1. Patientenaufklärung

Eine umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten über den Ablauf der Operation, die zu erwartenden Ergebnisse und mögliche Komplikationen ist entscheidend. Dies kann durch Informationsbroschüren, Videos oder persönliche Gespräche mit dem medizinischen Team erfolgen.

2. Schulung zur Schmerzbewältigung

Die Patientinnen und Patienten werden über die verschiedenen Methoden der Schmerzbewältigung informiert, einschließlich der Verwendung von Schmerzmitteln, physikalischer Therapie und Entspannungstechniken. Dies hilft, die Angst vor postoperativen Schmerzen zu reduzieren und die Schmerzbewältigung zu verbessern.

3. Rehabilitationsplanung

Die Planung der postoperativen Rehabilitation beginnt bereits in der präoperativen Phase. Die Patientinnen und Patienten werden über die Bedeutung der Frühmobilisation und die verschiedenen Übungen informiert, die sie nach der Operation durchführen müssen. Dies fördert eine schnellere Genesung und eine bessere funktionelle Erholung.

4. Ernährungsberatung

Eine ausgewogene Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Wundheilung und der allgemeinen Genesung. Die Patientinnen und Patienten erhalten Empfehlungen zur Optimierung ihrer Ernährung vor und nach der Operation, um die Heilung zu unterstützen auch wenn randomisierte wissenschaftliche Untersuchungen im Rahmen der Fast-Track-Knieendoprothetik bisher nicht vorliegen [28, 29].

5. Präoperative Krankengymnastik mit Gangschulung an Unterarmgehstützen

Die präoperative Krankengymnastik zielt darauf ab, die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit des Kniegelenks zu verbessern. Eine spezielle Gangschulung an Unterarmgehstützen hilft den Patientinnen und Patienten, den Umgang mit den Gehhilfen zu erlernen und sich sicherer zu bewegen. Dies ist besonders wichtig, um die Mobilität unmittelbar nach der Operation zu gewährleisten und das Sturzrisiko zu minimieren.

Anästhesie und Schmerzmanagement

Ein wesentlicher Bestandteil der Fast-Track-Konzepte ist die Wahl der Anästhesie und das Schmerzmanagement. Regionalanästhesieverfahren wie die spinale oder epidurale Anästhesie, haben sich als vorteilhaft erwiesen, da sie mit einer geringeren Rate an postoperativen Komplikationen und einer schnelleren Mobilisation verbunden sind [30, 31], auch wenn die Evidenz hierfür nicht ganz sicher ist. Multimodale Schmerztherapien, die eine Kombination aus verschiedenen Analgetika und Techniken verwenden, sind ebenfalls effektiv [32].

Hier sind die wichtigsten Aspekte und eine detaillierte Darstellung der verwendeten Schmerzmittel mit genauen Dosierungen im zeitlichen Verlauf:

Regionalanästhesie: Spinalanästhesie

häufig verwendet, da sie eine gute intraoperative Anästhesie und postoperative Analgesie bietet; Periphere Nervenblockaden

Femoral- und Adduktorenkanalblockaden sind gängige Techniken, die eine effektive Schmerzlinderung bieten und die Mobilisation fördern.

Allgemeinanästhesie

Wird seltener verwendet, kann aber in Kombination mit regionalen Techniken eingesetzt werden, um eine optimale Schmerzkontrolle zu gewährleisten.

Ein multimodales Schmerzmanagement kombiniert verschiedene Analgetika und Techniken, um die Schmerzintensität zu reduzieren und Nebenwirkungen zu minimieren. Eine präoperative Therapie mit Opioiden erhöht den postoperativen individuellen Bedarf signifikant, und muss bei der Verordnung berücksichtigt werden, wie Aasvang et al. für die Fast-Track-Knieendoprothetik zeigten [33].

Hier ist ein typisches Schema für das Schmerzmanagement bei Knieendoprothetik:

Chirurgische Techniken

Minimalinvasive chirurgische Techniken und der Einsatz von computergestützter Navigation können die postoperative Erholung beschleunigen und die Genauigkeit der Implantation verbessern [34, 35]. Insbesondere minimalinvasive Zugänge reduzieren das Weichteiltrauma und es ergeben sich Hinweise auf eine schnellere Mobilisation [36]. Auf Redondrainagen sollte, wenn möglich, verzichtet werden.

Eine wesentliche Rolle für einen optimalen Erfolg der Operation spielt auch die Operation begleitende Medikation:

Lokale Infiltrationsanalgesie (LIA) LIA beinhaltet die perioperative Injektion einer Mischung von Analgetika direkt in die Gewebe um das Kniegelenk. Eine übliche LIA-Mischung könnte umfassen:

Ropivacain oder Bupivacain: 150–200 mg

Epinephrin: 0,5 mg (zur Verlängerung der Wirkung und Reduzierung der Blutung)

Ketorolac: 30 mg (wegen seiner entzündungshemmenden Eigenschaften)

Clonidin: 150 µg (optional, wegen seiner analgetischen Eigenschaften); die genaue Zusammensetzung und das Volumen können je nach institutionellen Protokollen und Patientenfaktoren variieren.

Tranexamsäure (TXA): TXA wird verwendet, um den perioperativen Blutverlust zu reduzieren. Das Dosierungsschema kann variieren, aber übliche Protokolle umfassen:

Intravenöse (IV) Verabreichung: 1 g präoperativ und 1 g intraoperativ.

Topische Verabreichung: 1–3 g, verdünnt in 100 ml physiologische Kochsalzlösung, direkt auf die Operationsstelle vor dem Wundverschluss aufgetragen.

Postoperative Phase

Die postoperative Phase umfasst die frühzeitige Mobilisation und Rehabilitation. Studien zeigen, dass eine frühzeitige Mobilisation, oft am Tag der Operation, die Erholungszeit verkürzt und die Funktionalität verbessert [37, 38]. Ein strukturiertes Rehabilitationsprogramm, das auf die individuellen Bedürfnisse der Patientin/des Patienten abgestimmt ist, ist ebenfalls entscheidend [38, 39].

Ein typisches Nachbehandlungsschema wird nachfolgend dargestellt:

Postoperative Phase (Tag 0–3)

  • 1. Frühmobilisation:

Mobilisation am Tag der Operation oder spätestens am ersten postoperativen Tag

Unterstützung durch Physiotherapeuten bei den ersten Gehversuchen mit Gehhilfen

  • 2. Bewegungsübungen:

Passive und aktive Bewegungsübungen zur Verbesserung der Kniestreckung und -beugung

Einsatz einer kontinuierlichen passiven Bewegungsschiene (CPM) zur Unterstützung der Beweglichkeit

  • 3. Schwellungsreduktion:

Hochlagern des Beins

Kälteanwendungen zur Reduktion von Schwellungen und Schmerzen

Frührehabilitationsphase
(Tag 4–14)

  • 1. Tägliche Physiotherapie:

Tägliche Sitzungen zur Verbesserung der Beweglichkeit und Stärkung der Muskulatur

Übungen zur Verbesserung der Kniestreckung und -beugung (z.B. Fersenrutschen, Quadrizeps-Anspannungen)

  • 2. Gangtraining:

Gehübungen mit Gehhilfen zur Verbesserung des Gangbildes

Treppensteigen unter Anleitung

  • 3. Krafttraining:

Übungen zur Kräftigung der Oberschenkel- und Hüftmuskulatur (z.B. Beinheben, Mini-Kniebeugen)

Einsatz von Widerstandsbändern oder leichten Gewichten

Rehabilitation und Schmerzmanagement können zunehmend über individuell gestaltbare Patienten-Apps mit differenzierten Programmen unterstützt werden [40, 41].

Entlassungsmanagement

Ein effektives Entlassungsmanagement ist ein weiterer Schlüssel zum Erfolg von Fast-Track-Konzepten. Die frühzeitige Entlassung erfordert eine sorgfältige Planung und Nachsorge, um sicherzustellen, dass die Patientin/der Patient zu Hause die notwendige Unterstützung erhält [42, 43]. Telemedizinische Ansätze und regelmäßige Nachsorgetermine können hierbei hilfreich sein [44].

Die Entlassung nach einer Fast-Track-Knieendoprothetik erfolgt in der Regel zwischen dem 3. und 5. postoperativen Tag, abhängig von der Erfüllung bestimmter Entlassungskriterien. Diese Kriterien umfassen:

  • 1. Schmerzmanagement: Effektive Schmerztherapie, die es der Patientin/dem Patienten ermöglicht, sich zu mobilisieren und alltägliche Aktivitäten durchzuführen.
  • 2. Mobilität: Die Patientin/der Patient sollte in der Lage sein, mit Gehhilfen sicher zu gehen, Treppen zu steigen und sich selbstständig zu bewegen.
  • 3. Wundheilung: Die Operationswunde sollte ohne Anzeichen einer Infektion heilen und die Drainagen sollten entfernt sein.
  • 4. Funktionelle Beweglichkeit: Angemessene Beweglichkeit des Kniegelenks, typischerweise eine Beugung von mindestens 90 Grad und vollständige Streckung.
  • 5. Selbstständigkeit: Die Patientin/der Patient sollte in der Lage sein, grundlegende Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) wie Anziehen, Waschen und Toilettengang selbstständig durchzuführen.
  • 6. Thromboseprophylaxe: Die Patientin/der Patient sollte in der Lage sein, die Anweisungen zur Thromboseprophylaxe zu befolgen, einschließlich der Einnahme von Antikoagulanzien und dem Tragen von Kompressionsstrümpfen.
  • 7. Soziale Unterstützung: Sicherstellung, dass die Patientin/der Patient zu Hause die notwendige Unterstützung durch Familie oder Pflegepersonal erhält.
  • 8. Patientenaufklärung: Die Patientin/der Patient und seine Angehörigen sollten über die postoperativen Pflegeanforderungen, Physiotherapieübungen und die Notwendigkeit von Nachsorgeterminen informiert sein. Die genaue Entlassung erfolgt nach einer individuellen Beurteilung durch das behandelnde Team, um sicherzustellen, dass die Patientin/der Patient sicher und gut versorgt nach Hause gehen kann.

Ergebnisse und Diskussion

Die Implementierung von Fast-Track-Konzepten in der Knieendoprothetik hat zu signifikanten Verbesserungen in Bezug auf die postoperative Erholung, die Reduktion der Krankenhausaufenthaltsdauer und die Patientenzufriedenheit geführt [45, 46]. Studien zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die nach Fast-Track-Konzepten behandelt werden, schneller ihre normale Funktionalität wiedererlangen und weniger postoperative Komplikationen aufweisen [47, 48].

Vorteile der Fast-Track-Knieendoprothetik

1. Schnellere Mobilisation

Frühzeitige Mobilisation führt zu einer schnelleren Wiederherstellung der Funktion und einer kürzeren Krankenhausaufenthaltsdauer.

2. Reduzierte Krankenhausaufenthaltsdauer

Patientinnen und Patienten können oft bereits nach 3–5 Tagen entlassen werden, was die Krankenhausressourcen schont und die Kosten senkt.

3. Weniger postoperative Komplikationen

Durch die frühzeitige Mobilisation und die optimierte Schmerztherapie werden Komplikationen wie Thrombosen und Pneumonien reduziert.

4. Bessere Schmerztherapie

Multimodale Schmerztherapieansätze verbessern das Schmerzmanagement und reduzieren den Bedarf an Opioiden.

5. Schnellere Rückkehr zu Alltagsaktivitäten

Patientinnen und Patienten können schneller zu ihren normalen Aktivitäten und ggf. beruflichen Tätigkeiten zurückkehren.

6. Ökonomische Vorteile

Kürzere Aufenthaltsdauer und weniger postoperative Komplikationen führen zu einer Kostenreduktion für das Gesundheitssystem.

Nachteile der Fast-Track-Knieendoprothetik

1. Höhere Anforderungen an das Personal

Erfordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit und Schulung des gesamten Teams, um die Protokolle effektiv umzusetzen.

2. Nicht für alle Patientinnen und Patienten geeignet

Patientinnen und Patienten mit schweren Komorbiditäten oder komplexen medizinischen Bedingungen sind möglicherweise nicht für das Fast-Track-Protokoll geeignet.

3. Erhöhte Belastung für Patientinnen und Patienten

Die schnelle Mobilisation und Rehabilitation können für einige Patientinnen und Patienten körperlich und psychisch belastend sein.

4. Risiko der unzureichenden Nachsorge

Bei einer frühen Entlassung besteht das Risiko, dass Patientinnen und Patienten nicht ausreichend nachbetreut werden, was zu Komplikationen führen kann.

5. Initiale Kosten für Implementierung

Die Einführung von Fast-Track-Protokollen erfordert Investitionen in Schulungen und möglicherweise in zusätzliche Ressourcen.

6. Potenzielle Überlastung der ambulanten Versorgung

Eine frühere Entlassung kann zu einer erhöhten Nachfrage nach ambulanter Physiotherapie und Nachsorge führen, was die ambulanten Dienste belasten kann. Insgesamt bietet die Fast-Track-Knieendoprothetik viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf die schnellere Genesung und die Reduktion der Krankenhausaufenthaltsdauer. Allerdings müssen die potenziellen Nachteile und Herausforderungen sorgfältig abgewogen und durch eine gute Planung und interdisziplinäre Zusammenarbeit adressiert werden.

Fazit

Moderne Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik bieten zahlreiche Vorteile und tragen zu besseren Ergebnissen bei. Eine sorgfältige präoperative Vorbereitung, optimierte Anästhesie- und Schmerzmanagementstrategien, minimalinvasive chirurgische Techniken, frühzeitige Mobilisation und ein effektives Entlassungsmanagement sind entscheidend für den Erfolg dieser Konzepte. Zukünftige Forschungen sollten sich auf die weitere Optimierung und Individualisierung dieser Ansätze konzentrieren, um die Ergebnisse für alle Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. med. Wolfram Teske

Ruhr-Universität Bochum
Medizinische Fakultät

Universitätsstraße 150

44801 Bochum

wolfram.teske@ruhr-uni-bochum.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christoph von Schulze-Pellengahr

Agaplesion Ev. Bathildiskrankenhaus

Zentrum für Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und Unfallchirurgie

Maulbeerallee 4

31812 Bad Pyrmont

Christoph.Schulze-Pellengahr@
agaplesion.de

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