Übersichtsarbeiten - OUP 05/2024

Moderne Fast-Track-Konzepte in der Knieendoprothetik
Wie kommen wir zu guten Ergebnissen?

Relevante präoperative Risikofaktoren der Fast-Track-Endoprothetik sind Mangelernährung/Übergewicht, präoperative Anämie, Diabetes mellitus, präoperative Opioideinnahme und endogene Depression [5]. Husted et al. konnten in einem großen Kollektiv zeigen, dass der Einfluss der Adipositas im Rahmen der Fast-Track-Knieendoprothetik geringer war als angenommen [6]. Die präoperative Anämie, die Jans et al. in 12,8 % der Fälle sahen, führte neben der erhöhten Transfusionsrate dagegen zu einer Verlängerung der Liegedauer über 5 Tage [7].

Zu den wichtigsten präoperativen Maßnahmen gehören damit das Patient Blood Management (PBM), die Bestimmung des HbA1c, der MRSA-Abstrich, präoperative Schulungen und die präoperative Krankengymnastik mit Gangschulung an Unterarmgehstützen.

Patient Blood Management (PBM)

Das PBM ist ein umfassendes Konzept zur Optimierung des Blutmanagements vor, während und nach der Operation. Es zielt darauf ab, die Notwendigkeit von Bluttransfusionen zu minimieren und die postoperative Erholung zu verbessern. Die wichtigsten Komponenten des PBM in der präoperativen Phase sind:

1. Anämie-Management

Präoperative Anämie ist ein häufiger Risikofaktor für postoperative Komplikationen [7]. Die häufigste Ursache der präoperativen Anämie ist Eisenmangel [7, 8]. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Anämie durch die Gabe von Eisenpräparaten und Erythropoetin kann die Hämoglobinwerte verbessern und die Notwendigkeit von Bluttransfusionen reduzieren [9, 10, 49]. Die Substitution von Vitamin B12 ist bei veganer Ernährung und nach bariatischer Chirurgie essentiell [11, 12]. Ein präoperativer Hämoglobinmindestwert von 12,5 g/l für Frauen und 13,5 g/l für Männer ist anzustreben, da in vielen Studien diese Werte als cut-off für den postoperativen Transfusionsbedarf ermittelt werden konnten [13–15].

2. Optimierung der Blutgerinnung

Die präoperative Bewertung und Normalisierung der Blutgerinnung ist entscheidend, um das Risiko von Blutungen während der Operation zu minimieren. Dies kann durch die Wahl des richtigen Operationszeitpunkts, die Anpassung von Medikamenten, die die Blutgerinnung beeinflussen und durch die Verwendung von Gerinnungsfaktoren erreicht werden [16]. Patientinnen und Patienten unter Cumarin-Therapie erhalten ein zeitgerechtes Bridging, während Patientinnen und Patienten unter DOAK-Therapie im Rahmen der Fast-Track-Knieendoprothetik entsprechend den Empfehlungen der PAUSE-Studie bei einer Kreatinin Clearance von > 50 ml/min das jeweilige Präparat 48 Stunden präoperativ und bei einer beeinträchtigten Kreatinin Clearance < 50 ml/min das Präparat 4 Tage vor dem Eingriff absetzen sollen [16, 17]. Koronarpatientinnen und -patienten mit kürzlich implantierten Metallstents sollten elektiv nicht vor Ablauf von 6 Wochen operiert werden. Die Verwendung eines Medikament freisetzenden Stents verlängert die Frist auf 6 Monate [18–20].

3. Blutsparende Techniken

Die Anwendung von chirurgischen blutsparenden Techniken mit sorgfältiger Blutstillung ist essentiell. Migliorini et al. fanden in ihrer Metaanalyse für die Nutzung eines Tourniquets widersprüchliche Ergebnisse. Ein länger angelegtes Tourniquet war mit einer kürzeren Operationsdauer, einem geringeren intraoperativen Blutverlust und einem geringeren Transfusionsbedarf assoziiert, während die mittlere durchschnittliche Zeit des Krankenhausaufenthalts mit dem Nichtgebrauch des Tourniquets korrelierte [21].

Bestimmung des HbA1c

Die Bestimmung des HbA1c-Wertes ist ein wichtiger Bestandteil der präoperativen Vorbereitung, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus. Viens et al. zeigten für Personen mit Diabetes Typ I sowohl eine längere Krankenhausaufenthaltsdauer als auch eine erhöhte Infektionsrate [22]. Für Personen mit Diabetes Typ II zeigten Jorgensen zwar mit 11,3 % gegenüber 8,1 % bei Personen ohne Diabetes einen stationären Krankenhausaufenthalt von mehr als 4 Tagen auf, die Einbeziehung von Kofaktoren zeigte jedoch keine kausale Beziehung zwischen Verweildauer und Diabetes Typ II [23]. Ein gut kontrollierter Blutzuckerspiegel ist entscheidend für die Wundheilung und die Vermeidung von postoperativen Komplikationen. Ein HbA1c-Wert von unter 7 % wird allgemein als Zielwert angesehen, um das Risiko von Infektionen und anderen Komplikationen zu minimieren [5].

MRSA-Abstrich

Der präoperative MRSA-Abstrich dient der Identifikation von Patientinnen und Patienten, die mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) kolonisiert sind. Eine MRSA-Kolonisation erhöht das Risiko für postoperative Infektionen erheblich. Bei positivem Befund wird eine Dekolonisationstherapie durchgeführt, um das Infektionsrisiko zu senken [24].

Präoperative Schulungen

Präoperative Schulungen sind ein weiterer wichtiger Bestandteil der Fast-Track-Konzepte. Sie zielen darauf ab, die Patientin/den Patienten umfassend über den bevorstehenden Eingriff, die postoperative Phase und die Rehabilitation zu informieren. Hansen und MacDonald zeigten, dass dieses Konzept einen wesentlichen Beitrag zur Verkürzung der stationären Verweildauer darstellt [25, 26]. Im Rahmen der Aufklärung sollte auf die Erhöhung des Komplikationsrisikos durch Tabakkonsum hingewiesen werden und die Empfehlung einer präoperativen Nikotinkarenz ausgesprochen werden [27]. Die wichtigsten Elemente der präoperativen Schulungen sind:

1. Patientenaufklärung

Eine umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten über den Ablauf der Operation, die zu erwartenden Ergebnisse und mögliche Komplikationen ist entscheidend. Dies kann durch Informationsbroschüren, Videos oder persönliche Gespräche mit dem medizinischen Team erfolgen.

2. Schulung zur Schmerzbewältigung

Die Patientinnen und Patienten werden über die verschiedenen Methoden der Schmerzbewältigung informiert, einschließlich der Verwendung von Schmerzmitteln, physikalischer Therapie und Entspannungstechniken. Dies hilft, die Angst vor postoperativen Schmerzen zu reduzieren und die Schmerzbewältigung zu verbessern.

3. Rehabilitationsplanung

Die Planung der postoperativen Rehabilitation beginnt bereits in der präoperativen Phase. Die Patientinnen und Patienten werden über die Bedeutung der Frühmobilisation und die verschiedenen Übungen informiert, die sie nach der Operation durchführen müssen. Dies fördert eine schnellere Genesung und eine bessere funktionelle Erholung.

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