Übersichtsarbeiten - OUP 02/2023
Osteochondrale Läsionen des TalusEin aktuelles Review
Zur Abbildung von trabekulären Mikrofrakturen, Darstellung des Knorpels sowie der angrenzenden Bandstrukturen eignet sich das MRT. Idiopathische OCD-Herde können im MRT je nach zeitlichem Intervall zu einem Trauma teilweise nur noch schwer von einer traumatischen Genese differenziert werden, wenn es um die kausale Zusammenhangsfrage geht.
Im klinischen Alltag sollte ggf. die Möglichkeit der CT-Arthrographie nicht außer acht gelassen werden, da diese im Vergleich zur MR-Arthrographie im Rahmen einer retrospektiven Studie eine höhere Reliabilität in der Erfassung von Knorpelläsionen des Talus, der Tibia und Fibula zeigte [12].
Eine prospektive Studie zur Erfassung des diagnostischen Wertes der MRT und CT verglichen mit klinischen Symptomen und der konventionellen Röntgenbildgebung mit arthroskopisch evaluierten Befunden konnte keine Unterschiede zwischen MRT und CT gegenüber der Arthroskopie zeigen. Allerdings zeigten sich signifikante Unterschiede der klinischen Symptomatik zu der konventionellen Bildgebung [13]. Eine weitere ähnlich aufgebaute retrospektive Untersuchung verglich die CT-Arthrographie und MRT mit intra-operativen Befunden [14]. Es zeigte sich, dass durch die CT-Arthrographie Knorpeldefekte verbessert identifiziert wurden.
Für den klinischen Alltag und übereinstimmend mit eigenen Erfahrungen sollte die Studie von Yasui et al. nicht unerwähnt bleiben, die Knorpelschäden mittels MRT und der arthroskopischen Befunde hinsichtlich der tatsächlichen Ausmaße verglichen haben [15]. In der Mehrzahl der Fälle wurde der Knorpelschaden im MRT deutlich größer eingeschätzt als tatsächlich arthroskopisch nachweisbar.
Zusammenfassend stellt neben der Anamnese mit klinischer Untersuchung die konventionelle Bildgebung in 2 Ebenen die Basis-Diagnostik dar. Werden chondrale oder ligamentäre okkulte Verletzungen vermutet, so sollte möglichst zeitnah ein MRT erfolgen. Können knöcherne Beteiligungen nicht ausge-schlossen werden, so sollte auch großzügig die Indikation für ein ergänzendes CT gestellt werden. Das MRT und CT sollten als sich ergänzende Techniken betrachtet werden. Die CT-Arthrographie kann als eine sinnvolle Alternative zur nativen CT gesehen werden.
Konservative und operative Therapie
Bestehen insbesondere nach einem Trauma isolierte Ödeme oder konservativ zu behandelnde ligamentäre Begleitverletzungen ohne Knorpel-Läsionen, so sollte die konservative Therapie erfolgen. Zeigen sich kleinere isolierte Ödeme bei idiopathischen OCD-Herden ohne Knorpelschäden, so kann auch eine konservative Therapie erfolgen.
Definierte und wissenschaftlich begründete Therapieansätze stehen nicht zur Verfügung. Allerdings kann bei akuter Symptomatik eine zeitlich befristete Entlastung oder Teilbelastung für 4–6 Wochen erfolgen mit einer notwendigen Thromboseprophylaxe. Die Ruhigstellung wird kontrovers betrachtet, da hierdurch funktionelle Einschränkungen resultieren können. Zusätzlich helfen nicht-steroidale Antiphlogistika.
Die konservative Behandlung sollte ein Kontroll-MRT beinhalten mit einem aussagefähigen Zeitabstand von ca. 6 Monaten.
Insbesondere bei kindlichen OCD zeigten klinische Untersuchungen, dass die Erfolgsrate der konservativen Behandlung bei ca. 42 % liegt, so dass für die Mehrheit der Kinder eine operative Intervention notwendig wurde [16].
Einige Untersuchungen zeigten jedoch, dass bei radiologisch nachweisbaren ausgeprägten Läsionen gute Ergebnisse erzielt werden können. Die Nachbeobachtungszeiträume waren verhältnismäßig kurz. Ein weiteres Problem dabei ist, dass persistierende Beschwerden die jeweils behandelnden Kolleginnen und Kollegen zur Intervention zwangen und damit in der Praxis Patientinnen und Patienten ohne wesentliche Beschwerden konservativ behandelt werden konnten und umgekehrt bei persistierenden Beschwerden ungeachtet vom Stadium der OCL eine operative Intervention notwendig wurde.
Der Nutzen einer extrakorporalen Stoßwellenbehandlung ist aktuell noch unklar und sollte weiter untersucht werden.
Die Konsensus-Konferenz aus 2017 für akute nicht dislozierte OCL wurde wie folgt vorgeschlagen [17]:
Ruhigstellung und Sohlenkontakt für 4–6 Wochen
nicht steroidale Antiphlogistika bei Schmerzen und Schwellungszuständen
mäßige Evidenz besteht für die intra-artikuläre Injektion von Platelet-Rich-Plasma (PRP) oder konzentriertes Knochenmarksaspirat bei Beschwerdepersistenz nach 6 Wochen
Operative Therapieoptionen
Debridement, Mikrofraktur und AMIC (Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese)
Durch systematische Reviews wurde das Debridement mit Kürettage gegenüber dem Debridement und Mikrofraktur verglichen. Es zeigten sich deutlich höhere Erfolgsraten für das Debridement mit der Mikrofraktur von ca. 85 % gegenüber 78 % [1, 2, 18]. Die niedrigste Erfolgsrate wurde für singuläre Exzisionen mit 38–54 % angegeben [1, 2, 18]. Diese verfügbaren Studien haben ein sehr heterogenes Patientengut zusammengefasst, so dass die Aussagefähigkeit streng genommen eingeschränkt ist.
Die antegrade bzw. transchondrale Bohrung ist nicht komplikationslos. Es werden Knochenzysten neben Knorpeldefekten erzeugt [19]. Um knöcherne Ödeme durch Entlastungsbohrungen zu behandeln, sollte daher eher die retrograde Anbohrung erfolgen mit simultaner Kühlung [2]. Alternativ können manuell dirigierte Alen retrograd eingeschlagen werden [19]. Die Erfolgsrate lag bei ca. 80 %, wobei Einschränkungen wegen unterschiedlicher Behandlungskonzepte mit heterogenem Patientenkollektiv beachtet werden sollten [20].
Das Hauptproblem der antegraden Bohrung und auch der Mikrofraktur des Subchondralen Knochens (SCK) ist das Eindringen von Gelenkflüssigkeit, welche Enzyme beinhaltet und den eigentlichen Heilungsprozess stört. Weitere Untersuchungen konnten zeigen, dass sich die Biologie des SCK nach einem Beobachtungszeitraum von 6 Jahren mittels MRT verschlechtert mit irreversiblen Schäden und dadurch Einschränkung der knöchernen Lastaufnahme [21].
Experimentelle Studien zeigten, dass die Nutzung von dünnen Bohrern bzw. Kirschnerdrähten (1–1,2 mm) Vorteile gegenüber dickeren Bohrern (> 2 mm) bieten [22].
Bei mobilen aber vitalen osteochondralen Herden kann die Anhebung mit Anfrischung der knöchernen Oberfläche, Anbohrung und Refixation erfolgen (LDFF-Technik). Einige Autoren haben die LDFF-Technik zur Mikrofraktur (MF) verglichen und kamen zu dem Ergebnis, dass sich die subchondrale Knochenqualität nach LDFF besser erholt habe. Allerdings ist nur ein geringer Prozentsatz der OCL der LDFF-Technik zugänglich.