Übersichtsarbeiten - OUP 11/2014

Traumarehabilitation der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Besondere Heilverfahren in den BG-UnfallklinikenSpecial rehabilitation measures in the BG-trauma centers

S. Simmel1, R. Beickert1, V. Bühren1

Zusammenfassung: Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat vom Gesetzgeber den Auftrag, „mit allen geeigneten Mitteln“ den durch Arbeits- und Wegeunfälle verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zumindest zu verbessern. Von der DGUV wurden hierfür in den letzten Jahrzehnten besondere Verfahren entwickelt, z.B. die Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung (BGSW) oder die Erweiterte Ambulante Physiotherapie (EAP). Im Jahr 2012 wurden diese Komplexbehandlungen um die Arbeitsplatz-Bezogene Muskuloskelettale Rehabilitation (ABMR) ergänzt. Bei komplexen Verletzungen und verzögerten Heilverläufen stoßen diese Verfahren jedoch an ihre Grenzen. Deshalb haben die BG-Unfallkliniken eigene, auf die Bedürfnisse von Unfallverletzten zugeschnittene Rehabilitationsverfahren entwickelt.

Neben der komplexen stationären Rehabilitation (KSR) stellen integrierte besondere Reha-Verfahren, z.B. die Neuro-Rehabilitation bei schwer Schädel-Hirnverletzten oder die Rehabilitation nach Querschnittverletzung und weitere spezielle Reha-Verfahren, wie die Tätigkeitsorientierte Rehabilitation (TOR) und die Schmerzrehabilitation, sicher, dass der gesetzliche Auftrag umgesetzt wird.

Schlüsselwörter: Traumarehabilitation, DGUV, BGSW, EAP, ABMR, KSR, TOR

Zitierweise

Simmel S, Beickert R, Bühren V: Traumarehabilitation der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Besondere Heilverfahren in den BG-Unfallkliniken.
OUP 2014; 11: 524–529 DOI 10.3238/oup.2014.0524–0529

Summary: The German Social Accident Insurance (DGUV) has to eliminate or at least to improve by law to „all appropriate means“ accident consequences caused by occupational and commuting accidents. The DGUV developed in recent decades special procedures, such as the „Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung“ (BGSW) or the „Erweiterte Ambulante Physiotherapie“ (EAP). In 2012, the „Arbeitsplatz-Bezogene Muskuloskelettale Rehabilitation“ (ABMR) has been added to this complex treatments. But in complex injuries and delayed healing these methods are reaching their limits. Therefore, the BG-trauma centers have developed their own rehabilitation measures, tailored to the needs of accident victims.

Besides, the „Komplexe stationäre Rehabilitation“ (KSR)
ensures integrated special rehabilitation measures such as neuro-rehabilitation in severely traumatic brain injured
patients or rehabilitation after spinal cord injury, and other special rehabilitation measures such as „Tätigkeitsorientierte Rehabilitation“ (TOR) and the Pain Rehabilitation ensure, that the legal order is implemented.

Keywords: Trauma rehabilitation, DGUV, BGSW, EAP, ABMR, KSR, TOR

Citation

Simmel S, Beickert R, Bühren V: Trauma rehabilitation of the German Social Accident Insurance. Special rehabilitation measures in the BG-trauma centers.
OUP 2014; 11: 524–529 DOI 10.3238/oup.2014.0524–0529

Hintergrund

Die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) hat die Aufgabe, durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation mit allen geeigneten Mitteln den durch einen Arbeits- oder Wegeunfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern. Sie ist für den Patienten von der medizinischen Versorgung bis zur beruflichen Reintegration zuständig. Insbesondere dies ist der große Vorteil des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens: Nur ein Versicherungsträger übernimmt die Kosten der kompletten Behandlung und Rehabilitation. Die gesetzliche Grundlage ist das Sozialgesetzbuch VII. Es gilt der Grundsatz: „Rehabilitation vor Rente“. Um diesen Auftrag umsetzen zu können, sieht der § 34 SGB VII vor, dass die Unfallversicherungsträger „nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens besondere Verfahren für die Heilbehandlung vorsehen“ können.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat aus diesem Grund differenzierte Heilverfahren entwickelt. Neben dem ambulanten und stationären Durchgangsarztverfahren, dem Verletzungsartenverfahren (VAV) und Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) werden auch Verfahren der Übungsbehandlung beschrieben (EAP, BGSW, ABMR). Neben diesen „offiziellen“ Verfahren der Übungsbehandlung wurden im Laufe der letzten Jahre besondere Rehabilitationsmaßnahmen vom Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (KUV) entwickelt. Der KUV besteht aus 9 berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken (BGU), 2 Kliniken für Berufskrankheiten und 2 Unfallbehandlungsstellen. Mitglieder des KUV sind die Rechtsträger dieser Kliniken, 19 Unfallkassen und die gewerblichen Berufsgenossenschaften in Deutschland.

Die Rehabilitationsverfahren der DGUV und das spezielle Angebot der BG-Unfallkliniken werden im Folgenden dargestellt.

Heilverfahren nach
schweren Unfällen

Die medizinische Rehabilitation Schwerverletzter gliedert sich in 3 Phasen [1]:

  • 1. Frührehabilitation während der akutmedizinischen Behandlungsphase,
  • 2. Postakutrehabilitation z.B. Komplexe stationäre Rehabilitation (KSR), berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (BGSW) etc.,
  • 3. Weiterführende Rehabilitation und Nachsorge z.B. erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP), multimodale Schmerztherapie, Rehabilitation nach Psychotrauma, tätigkeitsorientierte Rehabilitation (TOR) etc.

Die Indikation für eine Rehabilitation besteht immer dann, wenn eine entsprechende Schwere der Verletzung vorliegt und langfristige Beeinträchtigungen der Aktivität und Teilhabe drohen. Schon während der Akutbehandlung im Traumazentrum wird deshalb im Rahmen der Frührehabilitation rehabilitationsmedizinische Diagnostik und Therapie so früh als möglich eingesetzt. Konsequenterweise wurde mit der Neustrukturierung der stationären Heilverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung zum 01.01.2013 geregelt, dass Unfallverletzte mit schwersten Verletzungen eine sofortige besondere unfallmedizinische Behandlung in speziellen SAV-Krankenhäusern erhalten. Die Zuweisung richtet sich dabei nach dem Verletzungsartenverzeichnis, in dem geregelt ist, welche Fälle dem Schwerstverletzungsartenverfahren zuzuordnen sind. Die SAV-Kliniken müssen im Hinblick auf die Schwere der Verletzungen spezielle personelle, apparative und räumliche Anforderungen erfüllen und zur Übernahme bestimmter Pflichten bereit sein.

Im Hinblick auf die Schwere und die hohe Rehabilitationsrelevanz der SAV-Verletzungen werden nun eine bereits in der Akutphase einsetzende Frührehabilitation sowie eine enge Kooperation mit dem verantwortlichen Unfallversicherungsträger bei der Steuerung des Rehabilitationsprozesses gefordert [2]. Die SAV-Klinik muss sofort einsetzende und bereits die Akutphase begleitende Maßnahmen der Physiotherapie, der physikalischen Therapie und der Ergotherapie gewährleisten. Dies setzt den Einsatz von Akut-Rehabilitationsteams unter fachärztlicher Leitung voraus. Der Durchgangsarzt ist neben der Planung, Veranlassung und Überwachung der therapeutischen Maßnahmen auch verantwortlich für die idealerweise nahtlos anschließenden Behandlungen (insbesondere Physio- und Ergotherapie, EAP und BGSW, KSR).

Die Handlungsanleitungen der DGUV

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