Übersichtsarbeiten - OUP 09/2014
Übersicht über die Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien des Fußes
B. Mai1
Zusammenfassung: Es gibt eine Vielzahl von operativen Verfahren, die sich bei rheumatisch veränderten Füßen bewährt haben. Es gilt, für jeden Patienten individuell die richtigen Maßnahmen zu bestimmen ohne Anspruch auf definitive Heilung des Grundleidens. Das Therapie-Team, idealerweise in einem Rheumazentrum, sollte über spezialisierte Erfahrung verfügen.
Schlüsselwörter: Rheuma, Fußpathologien, operative Techniken
Zitierweise
Mai B. Übersicht über die Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien des Fußes.
OUP 2014; 9: 407–413 DOI 10.3238/oup.2014.0407–413
Abstract: A great variety of operative procedures are proved in rheumatic deformities of the feet. It has to be an individual decision, which method may give the best results. Treatment in highly specialized centres is recommended.
Keywords: rheumatology, foot pathologies, operative techniques
Citation
Mai B. Overview of operative procedures in rheumatic pathologies of the foot.
OUP 2014; 9: 407–413 DOI 10.3238/oup.2014.0407–413
Einleitung
Die Füße sind aufgrund ihrer statischen Belastung und komplizierten Anatomie schon bei geringeren Veränderungen ein limitierender Faktor für ein schmerzfreies Gehen. So können sich geringfügige morphologische Befunde an belasteten Regionen für den Betroffenen viel immobilisierender auswirken als z.B. eine ausgeprägt Hüft- oder Kniearthrose.
Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind die Füße, besonders die Vorfußregion, fast ebenso häufig betroffen wie die Hände. Prädilektionsstellen sind zunächst die Metatarsalgelenke (MTP), später auch die proximalen Interphalangealgelenke (PIP). Insbesondere das Talonaviculargelenk (TNG), welches als Schlüsselgelenk für die Statik des rheumatischen Fußes angesehen wird, kann seine Stabilität verlieren. Im Laufe der Zeit kann es dann zu erheblichen Achsenfehlstellungen des Rückfußes kommen, typischerweise im Sinne einer Lateralisation des Calcaneus, also eine valgische Rückfußausrichtung mit Tiefertreten des Taluskopfs. Die Zehen entwickeln sich im Laufe der Zeit im Sinne einer Lateraldeviation, manchmal mit erheblicher Torsion in der Längsachse.
Pathologisches Agens sind in erster Linie die Synovialitiden, welche sich an den Sehnenscheiden und den Gelenkinnenhäuten abspielen. Persistierend chronische Entzündungen mit hoher Aktivität führen dann zu Veränderungen oder Verlust der Sehnenfunktion mit Rupturen, aber auch an den Gelenken zu subchondralen Usuren, Knorpeldestruktion, Insuffizienzen der ligamentären Verbindungen bis hin zu grotesken Veränderungen der Gelenkanatomie.
Wie an anderen Körperregionen auch, unterscheidet man bei rheumatischen Gelenken einen „Lose Type“ und einen „Stiff Type“. Beide Verlaufsformen können auch nebeneinander auftreten. Besonders im letzten Jahrzehnt haben immer früher eingesetzte, effektive pharmakologische Maßnahmen die Morbidität und das klinische Bild so verändert, dass die rasch destruktiven Verlaufsformen früherer Jahre nicht mehr häufig beobachtet werden. Hier ist der rasche Therapiebeginn kurz nach Stellung der Diagnose eines rheumatischen Leidens mit niedrigdosiertem Cortison (5–10 mg Prednisolon/Tag), Methotrexat (MTX 10–20 mg pro Woche) und insbesondere der Einsatz von Biologika zu erwähnen. Es verbleibt aber immer noch ein erhebliches Kollektiv von Rheumapatienten mit Fußdeformitäten, entweder als Spätfolgen bei langjährigem Verlauf, bei den medikamentösen Non-Respondern oder auch bei Patienten, die aus anderen Ländern mit schlechterem Versorgungsstatus zu uns gekommen sind.
Allerdings gilt es unbedingt darauf hinzuweisen, dass auch in Deutschland die flächendeckende Versorgung mit internistischen Rheumatologen nicht gegeben ist und auch bei erhöhtem persönlichen Einsatz von Orthopäden oder orthopädischen Rheumatologen in nächster Zeit noch immer eine Versorgungslücke verbleiben wird.
Typische pathologische
Veränderungen des
rheumatischen Fußes
Hier wird als wichtigster Vertreter die Rheumatoide Arthritis herangezogen, früher auch PCP genannt. Das Bild einer Psoriasis-Arthritis, Kollagenose als auch Kristall-Arthropathie kann im Detail davon abweichen. Als Diagnostikum wird neben der Klinik und Anamnese, dem Röntgen und Ultraschall zunehmend auch das MRT eingesetzt, um früh entzündliche Prozesse zu detektieren und zu lokalisieren.
Die häufigste Deformität ist der Pes plano valgus mit dem Tiefertreten des Os naviculare und der inneren Metatarsaleköpfchen, die im Zusammenhang mit der ausgedünnten Haut und plantaren Bursitiden erhebliche Schmerzen bereiten können. Typischerweise findet sich eine Bursitis medial am Metatarsale-I-Köpfchen, aber auch oft lateral am Metatarsale V. Bursitiden können als Reaktion auf lokale Druckbelastung im Sinne eines Schuhkonfliktes ausgelöst werden, treten aber auch spontan z.B. neben der Achillessehne oder am Calcaneus auf. Rheumaknoten werden im Gegensatz zu den Händen und Ellenbogen eher selten beobachtet, können aber auch, z.B. neben der Achillessehne, zu lokalen Druckschmerzen führen. Nicht selten stellt der Pathologe eine mit Rheumaknoten durchmischte Bursitis nach Schleimbeutel-Exstirpation fest (Abb. 1).
Durch das Nachlassen der ligamentärer Strukturen kommt es zu einem erheblichen Spreizfuß mit einem intermetatarsalen Winkel von 15°–20° und Hallux valgus von 20°–70°, das Endstadium ist der „pied rond rhumatismale“. Dabei können sich die Zehen komplett übereinanderlegen (Abb. 2).
Die valgische Deformität des Rückfußes wird insbesondere durch die Ruptur der Tibialis-posterior-Sehne beschleunigt bis hin zum Kollaps der Fußwurzel, die nach medial tritt in Verbindung mit einem seitlichen Abscheren des Calcaneus. In ausgeprägten Fällen erreicht so der Malleolus medialis die plantare Ebene. Durch die Vorfuß Pronation/Abduktion werden die Kleinzehen von hinten sichtbar (more-toes sign) (Abb. 3). Infolge der Fehlstellung kommt es zu ausgeprägten Schwielenbildungen, die selbst wieder Schmerzursache sein können. Durchaus stellt auch der orthopädische Schuhmacher die Indikation zu operativen Maßnahmen, wenn es ihm nicht mehr gelingt, durch schuhtechnische Maßnahmen oder orthopädische Stiefel die Statik des Fußes zu halten. Folgen sind druckbedingte Ulcerationen, die operativ achsenkorrigierende Maßnahmen erzwingen (Abb. 4).