Übersichtsarbeiten - OUP 09/2014
Übersicht über die Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien des Fußes
Wie in anderen Körperregionen auch, unterscheidet man prophylaktische von rekonstruktiven Eingriffen, Eingriffe erster und zweiter Ordnung sowie eine dringliche und aufschiebbare Indikation.
Dringliche Eingriffe sind der plötzliche Verlust der Statik mit unerträglichen Schmerzen oder drohende Infektion durch Exulzeration der Haut.
Eingriffe erster Ordnung sind Eingriffe, die mit einem relativ geringen Risiko und überschaubarem Aufwand den Patienten aller Voraussicht nach einen großen Nutzen bringen werden. Dabei hat sich insbesondere bei der Erstkontaktaufnahme eines Operateurs mit dem Rheumapatienten der Leitspruch von Willi Souter bewährt: „Start with a winner“, d.h. der Eingriff sollte für den Patienten wenig belastend sein und sofort als gewinnbringend empfunden werden. Dabei ist sorgfältig zu beachten, dass nicht nur aufgrund des inflammatorischen Grundleidens, sondern auch durch immunsuppressive Medikamente die Gefahr postoperativer Wundheilungsstörungen erhöht ist. Grundsätzlich ist sowieso die Infektionsrate bei Eingriffen an den Füßen höher als an den Händen. Aus diesem Grund muss unbedingt ein Rauchverbot perioperativ eingefordert werden.
Die Füße können auch postoperativ nie so ruhig gestellt werden wie die oberen Extremitäten. Im Behandlungsplan müssen immer Prioritäten gesetzt werden, die den Patienten als Ganzes mit einbeziehen. Auf die verschiedenen Pathologien des Fußes heruntergebrochen, gilt es, den Verlauf der nächsten Jahre mitzubedenken und, wenn mehrere Eingriffe erforderlich sind, diese sinnvoll zu terminieren. Grundsätzlich ist es für den Patientenkomfort hilfreich, wenn viele einzelne Eingriffe in einer Sitzung durchgeführt werden können. Allerdings erhöht sich damit das Risiko von Schwellung, venöser Stase und Wundheilungsstörungen, sodass es manchmal sicherer ist, z.B. Eingriffe am Vorfuß, erst nach einem zeitlichen Abstand zu Rückfußeingriffen durchzuführen. Es ist auch möglich, dass Beschwerden am Vorfuß durch achsenkorrigierende Eingriffe des Rückfußes bedeutend gebessert werden.
Die OP-Planung bezüglich der Indikation kann man folgenderweise untergliedern:
- 1. Dringlich
- 2. Präventiv
- 3. Rekonstruktiv
a) Weichteile
b) RAP (Resektionsarthroplastik)
c) RIAP (Resektionsinterpositionsar throplastik)
d) Achsenkorrektur
e) Prothese
f) Arthrodese
- 4. Palliativ
Präventive Eingriffe
Hier ist als Wichtigstes natürlich die Synovialektomie zu erwähnen, besonders das Befreien der Tibialis-posterior-Sehne, aber auch der Flexor-hallucis-longus-Sehne und der Peronealsehnen von hochfloridem synovialitischen Gewebe, weil hier die Gefahr von Sehnenrupturen droht. Insbesondere das Versagen der Zugkraft des Tibialis posterior leitet den medialen Kollaps des rheumatischen Fußes ein. Bei entsprechender Symptomatik kann auch eine Neurolyse des Nervus tibialis erfolgen, da er nicht selten durch den valgischen Rückfuß unter Spannung kommt.
Bei den Gelenksynovialektomien bietet sich in erster Linie das obere Sprunggelenk an, welches heutzutage arthroskopisch in allen Abschnitten gut erreicht werden kann. Eingeschränkt lässt sich auch arthroskopisch das subtalare Gelenk behandeln.
Im Gegensatz zu den Fingergrundgelenken ist die isolierte Synovialektomie der MTP-Gelenke wenig verbreitet, sollte aber im Rahmen einer Hallux-valgus-Chirurgie am Großzehengrundgelenk und bei der Weil-Osteotomie an den MTP-Gelenken II bis V unbedingt mit durchgeführt werden, um einer Progression der Gelenkdestruktion vorzubeugen. Chronische Synovialitiden können an den Sehnen am oberen Sprunggelenk zu erheblichen Verschwartungen führen, die auch eine Spätsynovialektomie rechtfertigen. Die histologischen Untersuchungen des synovialen Gewebes kann die Floridität der rheumatischen Aktivität einschätzen und so die Effizienz der Basistherapie beurteilen (Stadieneinteilung nach V. Krenn).
Palliative Indikationen
Hierunter versteht man kleine Eingriffe, die Schmerzen und Beschwerden rasch verbessern ohne Anspruch auf anatomische Rekonstruktionen. Beispielhaft die Amputation von dislozierten Zehen, Glättung prominenter Knochenkanten, subcutane Tenotomien, Helal-Osteotomien und die mediale MT-I-Köpfchenreduktion nach Scheede. Idealerweise soll der Patient nach dem Eingriff sofort wieder voll belasten dürfen.
Rekonstruktive Versorgung des oberen Sprunggelenks
Hier stellt sich oft differentialtherapeutisch die Frage einer Arthrodese oder einer endoprothetischen Versorgung. Die modernen zementfreien Dreikomponenten-OSG-Prothesen haben sich insbesondere bei Rheumapatienten recht gut bewährt, erlauben sie doch noch eine wertvolle Restbeweglichkeit in Zusammenhang mit anderen eingesteiften Gelenken. Gute Indikationen sind annähernd anatomische Verhältnisse im Bereich der Sprunggelenkgabel ohne zu große Achsenfehler, eine präoperativ erhaltende Beweglichkeit des Gelenks und belastbare Knochenverhältnisse des Talus. Zum Ausschluss einer Talusnekrose ist die präoperative Durchführung eines MRT sinnvoll. Die OSG-Prothese kann auch rascher belastet werden als eine Arthrodese. Problematisch ist immer die Wundheilung des ventralen Zugangs. Nur aus diesem Grund empfiehlt sich konsequente Ruhigstellung des OSG in Neutralstellung bzw. leichter Dorsalextension mit einem Gips oder einer Orthese über 2–4 Wochen.
Für die Arthrodese spricht die langjährige Erfahrung, die man mit diesem Verfahren hat. Viele Patienten haben mit einer Mittelfußrolle ein absolut akzeptables und durchaus auch unauffälliges Gangbild. Wenn die Arthrodese durchbaut ist, hat man eine definitive Lösung, die über Jahrzehnte anhält, allerdings mit dem Risiko der Entwicklung von Anschlussarthrosen. Die reine Arthrodese des OSGs wird vorteilshaft arthroskopisch mit einer Schraubenosteosynthese durchgeführt, vorausgesetzt man muss keine größeren Achsenfehler korrigieren. Diese erfordern eine Arthrotomie mit entsprechend großer Exploration der artikulierenden Knochenpartner.
Das Subtalargelenk
Ein zunehmend valgisch lateralisierter Calcaneus gefährdet die ganze Fußstatik, sodass hier auch frühzeitig eingegriffen werden sollte. Im frühen Stadium bis etwa 15° Achsenfehlstellung könnte eine Calcaneus-Verschiebeosteotomie erwogen werden. Als Osteosynthesenmaterial kommen kanülierte Schrauben oder auch eine von lateral eingebrachte Stufenplatte in Frage.
Wenn die Schmerzen von einer subtalaren Arthrose herrühren, ist die reponierende subtalare Arthrodese mit kanülierten Schrauben das Verfahren der Wahl. Besteht gleichzeitig eine postarthritische Arthrose beider Gelenke mit Achsenfehler, ist die reponierende Arthrodese des oberen und unteren Sprunggelenks mit einem intramedullären Marknagel als Kraftträger das Verfahren der Wahl (Abb. 5). Bei starken Achsenfehlern empfiehlt sich der laterale Zugang mit Entfernung des Malleolus lateralis, der auch als Knochendonator für verbleibende Defekte genutzt werden kann. Bei gravierenden Fehlstellungen muss manchmal auch durch einen zweiten Zugang der Malleolus medialis osteotomiert oder entfernt werden. Seine Spongiosaqualität ist besser als die der distalen Fibula und kann sehr gut als Donator für laterale Defekte bei varisierenden Korrekturen herhalten. Bei größeren Substanzverlusten insbesondere des Talus oder nach OSG-Prothesenausbau können die mit einem Verriegelungsnagel aufgefädelten Trabecular Metal Spacer aus Tantalum die Beinlänge erhalten (Abb. 6).