Übersichtsarbeiten - OUP 09/2014
Übersicht über die Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien des Fußes
Die Krallenzehen-Flexionskontraktur in den PIP-Gelenken kann durch die bewährte Resektionsarthroplastik nach Hohmann korrigiert werden, wobei peinlich genau darauf zu achten ist, dass die beiden Ansätze des längs gespaltenen medianen Sehnenzügels nicht kompromittiert werden, sonst erfährt der Zeh eine Deviation von der Längsachse. Propagiert wird auch die PIP „Peg-in-hole“-Arthrodese, um einem Krallenrezidiv vorzubeugen, alternativ auch die Verwendung eines modernen PIP-Arthrodesenimplantats. Die Arthrodese des PIP-Gelenks ist aber nur ratsam bei völlig freier Plantarflexion in dem MTP-Gelenk.
Bei der typischen Hammerzehe, d.h. der Flexionskontraktur im Endgelenk mit Clavus an der Zehenspitze, ist nach Anfrischung die Arthrodese zwischen der Mittel- und Endphalanx sinnvoll. Hier reicht manchmal die selbstbohrende Schraube, wie man sie von der Weil-Osteotomie kennt. Alternativ kann eine 2-mm-Minischraube im Kompressionsschraubenprinzip verwendet werden.
Auch sehr gut bewährt hat sich bei Achsenfehlern und Schmerzen die Arthrodese in dem Großzehenendgelenk unter Verwendung einer KFI-Spongiosaschraube. Allerdings ist dieses Verfahren nur eingeschränkt möglich bei einem rigiden Großzehengrundgelenk.
Die Arthrodese des MTP-I-Gelenks ist durchaus ein anerkanntes Verfahren zur Behandlung des Spreizfußes und der Großzehengrundgelenkarthrose. Durch die Arthrodese in einem vom Patienten mitzuentscheidenden Winkel kommt es oft zur Spontankorrektur des Spreizfußes als auch zur Verbesserung des Kleinzehen-Alignments. Bewährt hat sich die Einstellung mit Restvalgus von 10° und einer Dorsalextension von etwa 20° zur plantaren Ebene. Zwei gekreuzte Schrauben sind weichteilschonender als eine Platte. Eine resultierende Verkürzung des 1. Strahls ist günstig, besonders in Kombination mit MTP-II bis MTP-V-Resektionsathroplastiken (Abb. 9).
Erwähnt werden sollte noch die interphalangeale Korrektur des Hallux valgus im Grundglied nach Akin. Hier muss auf die häufig anzutreffende Osteoporose hingewiesen werden. Als Osteosynthesematerial kommt ein 2mal transossär geführter, langsam resorbierbarer Faden in Frage oder die Ministapler aus Titan. Recht großzügig kann bei Korrekturen im Bereich des ersten Strahls dieser mit einem Kirschnerdraht temporär für etwa 4 Wochen ruhiggestellt werden, um die Knochen- und Wundheilung zu begünstigen.
Fazit
Zusammengefasst können selbst geringe Pathologien des Fußes dem Rheumapatienten erhebliche Beschwerden bereiten und die Mobilität stark beeinträchtigen. Die operativen Verfahren müssen dem rheumatischen Grundleiden angepasst werden, insbesondere ist hier die oft erhöhte allgemeine Morbidität des Patienten zu beachten, aber auch die nicht selten gegebene Unmöglichkeit, eine untere Extremität mit Gehstützen zu entlasten, bedingt durch Pathologien an Schulter, Ellenbogen oder Händen. Der langjährig erkrankte Rheumapatient erwartet oft nur eine Linderung seiner Beschwerden, nicht eine umfassende postoperative Heilung. Auch der erfahrene Rheumachirurg entwickelt ein Bewusstsein für das in der älteren Rheumaliteratur beschriebene „limited goal“. Im Zentrum des operativen Wirkens steht immer das sorgfältige Erarbeiten einer erfolgversprechenden Indikation, wobei durchaus auch nicht selten der Entschluss gefasst wird, keine Operation durchzuführen oder zunächst einige Monate abzuwarten. Die Erwartungen und Erfahrung der Patienten müssen gewürdigt werden. Die Aufklärung muss empathisch erfolgen mit Hinweisen auf mögliche Komplikationen. Der Operateur sollte profunde Erfahrungen im Umgang mit Rheumapatienten besitzen. Am besten dürfte internistische und chirurgische Fachkompetenz in einem Rheumazentrum gegeben sein.
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.
Korrespondenzadresse
Dr. Burkhard Mai
Orthopädische Rheumatologie
Vitos Orthopädische Klinik Kassel gGmbH
Wilhelmshöher Allee 345, 34131 Kassel
burkhard.mai@vitos-okk.de
Weiterführende Literatur
1. Caracchiolo A III. Der Vorfuß bei Patienten mit rheumatoider Arthritis in: Rheumaorthopädie C.J. Wirth et al. Heidelberg: Springer Verlag, 1996
2. Van Ende R. Pauly S, Pauly T. Besonderheiten des rheumatischen Fußes. Fuß- & Sprunggelenk 2012; 10: 235–241
3. Helal B, Rowley D, Cracchiolo A III, Myerson MS. Surgery of Disorders of the Foot and Ankle. London: M Dunitz Pub, 1996
4. Rehart S. et al: Der rheumatische Charcot. Orthopädische Nachrichten 2010; 11: 9
5. Tillmann K. Der rheumatische Fuß und seine Behandlung. Stuttgart: Enke Verlag, 1977
6. Tillmann K.: Die chirurgische Behandlung des rheumatischen Sprunggelenks und Fußes Rheumatologie in Europa 1999; 28: 64–67
7. Thabe H. Praktische Rheumaorthopädie, Londond: Chapman & Hall, 1997
8. Assoziation für Orthopädische Rheumatologie (Hrsg.). Rheumaorthopädie, Darmstadt: Steinkopff Verlag, 2005
9. Fuhrmann RA. Die Behandlung der rheumatischen Fußdeformität. Der Orthopäde 2002; 31: 1187–1197
10. Gschwend N.: Die operative Behandlung der chronischen Polyarthritis. Stuttgart: Thieme Verlag, 1977
11. Jerosch J, Fayaz H, Senyurt H. Sprunggelenkarthrodese und Sprunggelenkprothetik – ein Vergleich. Der Orthopäde 2006: 35: 495–505
12. Kates A. Arthroplasty of the Forefoot. The Journal of Bone and Joint Surgery 1967; 49B: 552–557
13. Mai S, Mai B. Rheumaorthopädische Operationen am Fuß. Orthopädie & Rheuma 2008; 8: 36–42
14. Roberts VI. Allen AE. The Outcome of Stainsby Procedure in Treating the Rheumatoid Forefoot, The Journal of Bone and Joint Surgery Br. 2012; 94-B no. SUPP XLIII22
15. Schmidt K, Miehlke RK. Rheumatologie. Stuttgart: Thieme Verlag, 2003
16. Sell S. Rehart S et al. Operationsatlas Orthopädische Rheumatologie, Stuttgart: Thieme Verlag, 2013
17. Beischer AD, Brodsky JW, Pollo FE, Peereboom J. Functional outcome and gait analysis after triple or double arthrodesis. Foot Ankle Int 1999; 20: 545–553