Übersichtsarbeiten - OUP 06/2018
Vergleich des humeralen Offsets von drei verschiedenen inversen Schulterprothesen-Designs
Auch Chalmers et al. [5] sahen als Risikofaktor einen Subscapularis-Defekt und eine Revisionsoperation an.
Die Rolle der glenoidalen
Inklination
Randelli et al. [26] untersuchten die glenoidale Inklination hinsichtlich der Frage der Stabilität von inversen Prothesen. Sie fanden einen inferioren glenoidalen Tilt von 10,2° bei ihren stabilen Prothesen. Instabile inverse Prothesen hingegen haben einen negativen Tilt von 6,9° (superiorer Tilt) aufgewiesen. Ein superiorer Tilt ist somit unbedingt zu meiden (Abb. 9).
Ein inferiorer glenoidaler Tilt hilft, auch bei ansonsten schwierigen Situationen die Stabilität zu erhalten (Abb. 10).
Erfahrung des Operateurs
Walch et al. [31] untersuchten die Erfahrung des Operateurs bezüglich der inversen Prothetik. Die Autoren verglichen hier 240 konsekutive inverse Prothesen, die von identischen Operateuren zwischen Mai 1995 und Juni 2003 sowie im Zeitraum zwischen Juli 2003 und März 2007 implantiert wurden. Die postoperative Komplikationsrate fiel von 19 % auf 10,8 %. Bei Instabilitäten zeigte sich eine Reduktion von 7 % auf 3,2 % und bei Infekten von 4 % auf 0,9 %.
Therapie der instabilen
inversen Schulterprothese
Allgemein wird empfohlen, nach einer Dislokation mit geschlossener Revision zunächst eine Immobilisation in einer Schlinge mit Vermeidung von Extension, Adduktion und Innenrotation durchzuführen [6]. Besser ist die Versorgung der Patienten mit einer Abduktionsschiene für 6 Wochen.
Kam die Luxation in Zusammenhang mit einem signifikanten Trauma zustande oder ist die Reposition nicht zu halten, müssen die Prothesenpositionierung sowie die Weichteilspannung und auch die Operationstechnik überprüft werden. Die gesamten Weichteile am inferioren Glenoid (180°) müssen entfernt werden, um eine neuerliche Luxation zu vermeiden. Das inferiore Weichteil-Impingement ist am häufigsten die Ursache für eine Instabilität. Die Entfernung in diesem Bereich kann schwierig sein, ganz besonders im Rahmen der Revisionsoperation mit Narben und heterotrophen Knochenanteilen; dennoch ist es wichtig, gerade hier das gesamte Gewebe (Weichteile und Knochen) sorgfältig zu entfernen.
Nach einer Luxation sollten mögliche Ursachen, die beeinflussbar sind, evaluiert werden. Hierzu zählen Armlänge, Weichteilspannung, Version der glenoidalen Komponente, Torsion der humeralen Komponente und das laterale glenohumerale Offset. Nach einer operativen Reposition wird ein Abduktionskissen für 6 Wochen zur Reduktion der Redislokation empfohlen [5].
Teusink et al. [28] analysierten ihre Fälle mit akuter Dislokation bei inversen Prothesen. Zwischen Mai 2002 und September 2011 identifizierten sie in einer retrospektiven Untersuchung einzelne Patienten mit einer Instabilität nach inverser Prothese. Fast 50 % (10 von 21) hatten bereits vorhergehende Operationen; 80 % (8 von 10) waren bereits zuvor mit einer Endoprothese versorgt.
Die durchschnittliche Zeit bis zur ersten Luxation betrug 200 Tage. 62 % (13 von 21) waren Frühdislokationen innerhalb der ersten 90 Tage. Nach einer durchschnittlichen Nachuntersuchungszeit von 28 Monaten waren 62 % der Prothesen (13 von 21) stabil, 29 % (6 von 21) brauchten eine weitere Operation, und 9 % (2 von 21) verblieben instabil.
Die Autoren schlussfolgerten, dass bei einer ersten Luxation bei inverser Prothese eine geschlossene Reposition in etwas mehr als 50 % der Fälle mit einer anschließenden Immobilisationsphase erfolgreich sein kann.
Hernandez und Mitarbeiter [19] berichteten über eine Serie von Patienten, die nach instabiler Schulterprothese eine inverse Prothese erhielten. Zwischen Januar 2004 und Juli 2017 wurden von den Autoren 82 Revisionen bei instabilen Schulterprothesen durchgeführt. Hiervon waren 62 totale Schulterprothesen, 13 Hemiprothesen und 7 inverse Endoprothesen. Die luxationsfreie Überlebensrate betrug nach 2 Jahren 87 % und nach 5 Jahren 79 %. 10 der 65 Patienten (15 %) hatten eine Luxationsepisode nach der Revisionsoperation. Eine persistierende Instabilität lag insbesondere bei Patienten vor mit hohem BMI (> 35 kg pro m2) und bei vorheriger Hemiprothese.
Die Autoren schlussfolgerten, dass eine inverse Prothese eine gute Indikation darstellt bei Protheseninstabilitäten. Etwa einer von 7 Patienten wird voraussichtlich eine neue Instabilität erleiden. Bei Patienten mit persistierenden Instabilitäten empfehlen die Autoren eine große Glenosphäre und eine Erhöhung des lateralen Offsets.
Für den Fall, dass nach adäquater Diagnostik keine Ursache für die Instabilität gefunden werden kann, kann in Einzelfällen mithilfe eines Anbindungsschlauchs eine Stabilität erreicht werden [24] (Abb. 11).
Klinische Relevanz
Die Instabilität einer inversen Schulterprothese stellt eine klinisch-relevante Komplikation dar. Auf Grundlage der Literatur kann diese Komplikation bei 3 % bis mehr als 10 % der Fälle auftreten. Ein Risikofaktor ist insbesondere die fehlende Weichteilspannung. Diese kann u.a. verursacht sein durch eine Verkürzung des Humerus zum Zeitpunkt der Prothesenimplantation der humeralen Komponente. Sie kann jedoch auch bedingt sein durch ein reduziertes glenoidales oder humerales Offset.
Weitere Ursachen können die problematische Einstellung des Glenoids hinsichtlich Ante- und Retroversion bzw. kranialer und kaudaler Inklination sein. Ebenso kann eine problematische humerale Ante- oder Retrotorsion zur Instabilität führen. Auch Lähmungen des N. axillaris oder Frakturen im Bereich des Acromions können zu Instabilitäten bei inversen Prothesen führen.
Bei einer Instabilität gilt es zunächst, die oben dargestellten Faktoren zu reevaluieren; eventuell mit Rotations-CTs und Arm-Ganzaufnahmen im Vergleich zur Gegenseite zur Längenmessung des Humerus. Finden sich hier Auffälligkeiten, sollte keine geschlossene Reposition, sondern eine operative Revision erfolgen.