Übersichtsarbeiten - OUP 03/2021
Konservativ, Hüftarthroskopie, Hüftkappe, Kurzschaft, StandardschaftWelche Optionen sind bei der Coxarthrose sinnvoll?
Neben der Dysplasie, die mit dem sonographischen Hüftscreening vglw. seltener geworden ist, ist v.a. das femoroacetabuläre Impingement eine wichtige Ursache der Hüftarthrose [51, 54, 73, 81]. Dabei führen vermehrte Scher- und Druckkräfte zu Schäden der Gelenkflächen und im Weiteren zum Vollbild der Arthrose [2, 54, 73]. Neben der mechanischen Pathophysiologie zeigt sich beim Impingement auch eine intraartikuläre Entzündung mit einer hohen Expression arthrosetypischer inflammatorischer Mediatoren [37]. Letztlich sind bei einer Hüftarthrose bei einem enormen Anteil der Fälle knöcherne Impingementdeformitäten zu finden [39]. Bei den nicht so ausgeprägten Hüftarthrosen stellt sich daher oft die Frage, ob bspw. eine gelenk-erhaltende Korrektur der Impingementdeformitäten genügen kann, um die Symptome zu beseitigen. Vor dem Hintergrund einer gestiegenen Lebenserwartung und des höheren Aktivitätsniveaus im fortgeschrittenen Lebensalter kann diese Option durchaus sinnvoll sein. Wichtig ist auch die Frage, wie lange die Erfolge hiernach anhalten. Unter den gelenkerhaltenden Operationen ist neben der Korrektur eines zugrundeliegenden Hüftimpingements in einigen Fällen auch an eine periacetabuläre Osteotomie bei Vorliegen einer Hüftdysplasie zu denken. Zu beiden Verfahren erfolgte aktuell eine Meta-Analyse mit 59.430 Hüften. Bei richtiger Indikation zeigen beide ein gutes klinisches Outcome und sind daher als erfolgversprechend anzuerkennen. Daher sind diese Alternativen in vielen Fällen in die Therapieüberlegungen einzubeziehen [83]. Eine weitere Meta-Analyse befasste sich mit dem mittel- und langfristigen Outcome beider Verfahren, wobei die Notwendigkeit einer Prothesenimplantation als Endpunkt definiert wurde. Die Erfolgsquote der offen-chirurgischen oder arthroskopischen Impingementkorrektur sowie hüftnaher Osteotomien liegt demnach bei 93 % bzw. 90,5 %. Risikofaktoren für eine dennoch rasche Arthroseprogression und nachfolgend nötige Prothesenimplantation waren ein fortgeschrittenes Alter, ein erhöhter Body Mass Index sowie arthrotische Veränderungen mit Knorpeldefekten [70]. Im Unterschied zur Hüftarthroskopie wurden speziell bei den periacetabulären Osteotomien ein Patientenalter von über 25 Jahren sowie Inkongruenzen des Gelenkspaltes als weitere Riskofaktoren herausgestellt [93]. Zusammenfassend sind gelenkerhaltende Operationen eines symptomatischen femoroacetabulären Impingements und/oder einer Hüftdysplasie bei geringgradigen Arthrosen mit guten Ergebnissen verbunden und empfehlenswert. Um ein Fortschreiten der Arthrose zu verhindern, sollten entsprechende Operationen möglichst frühzeitig erfolgen.
Ist eine Coxarthrose klinisch und bildgebend weit fortgeschritten, so wird sinnvollerweise die Indikation für eine Endoprothese gestellt. Zu den Standzeiten dieser Implantate gibt es umfassende Langzeituntersuchungen. Eine Auswertung von 63.158 Hüftendoprothesen zeigte ein 10- und 20-Jahres Überleben von 95,6 % und 85,0 % [9]. Dies entspricht ungefähr den Daten des schwedischen Endoprothesenregisters, wonach die Überlebensrate nach 22 Jahren bei 88,9 % liegt [46]. Der Begriff “Standard-Totalendoprothese“ wird für schaftgeführte Implantate, die weit in der Diaphyse des Femurknochens verankert werden, verwendet. Die “Oberflächenersatzprothesen“ ersetzen nur die geschädigten Gelenkflächen (Abb. 1). Der Hüftkopf wird mit einer Kappe mit einer dünnen Zementschicht überkront, die Pfanne wird in press-fit Technik eingebracht. Weil die Gelenkgeometrie einschließlich der Schenkelshalsantetorsion erhalten bleibt [6], ist die Muskelfunktion vglw. ungestört. Zudem besteht eine hohe Luxationssicherheit. Aufgrund dieser Vorteile zeigen einige Studien tendenziell eine etwas bessere Wiederaufnahme von Sport als bspw. Standard-Hüftendoprothesen [26, 29, 79]. Eindrucksvoll ist eine Arbeit zu 48 Ironman-Triathleten, die eine Return-to-Sports-Rate von 94 % erzielten; 58 % nahmen sogar weiterhin an den kompetitiven Ironman-Wettkämpfen teil. Trotz der Extrembelastung betrug die Implantat-Überlebensrate in dem beschriebenen Nachuntersuchungszeitraum von 4,7 Jahren 100 % [29]. Bei jungen Männern liegen die Langzeit-Überlebensraten für den Oberflächenersatz deutlich höher als bei den Standard-Totalendoprothesen. Auch bei Kurzschäften sind die Überlebensraten deutlich besser, wobei ähnliche Standzeiten wie beim Oberflächenersatz zu vermuten sind. So zeigt eine aktuelle Auswertung bei 11.382 Patienten mit einem Oberflächenersatz nach 10 und 21 Jahren eine Überlebensrate von 99 % bzw. 92,5 % [88]. Hingegen zeigt das schwedische Prothesenregister in einer entsprechend jungen Patientengruppe für konventionelle Schaftprothesen nach 24 Jahren Überlebensraten von 52?57 % [46]. Anhand dieser Daten ist es verständlich, warum diese Implantate bei jungen, sportlich aktiven Patienten häufig eingesetzt werden [3].
Die Kurzschaft-Endoprothesen zeigen ähnliche Vorteile und werden seit ca. 15 Jahren zunehmend implantiert (Abb. 2). Unter den Kurzschäften finden sich neben der verkürzten Schaftkomponente erhebliche Unterschiede. Eine sinnvolle Einteilung klassifiziert in Prothesen, die den Schenkelhals erhalten, teilweise erhalten oder resezieren [45]. Insbesondere die letzten beiden verankern sich im Gegensatz zu den Standard-Schäften nicht diaphysär, sondern weiter proximal. Daher leitet der Kurzschaft die einwirkenden Kräfte weiter proximal in den Femur und damit physiologischer ein [95]. Die vglw. unphysiologische Kraftübertragung der Standardschäfte auf die Diaphyse geht mit einem erheblichen proximalen Knochenabbau, aber auch mit Schaftschmerzen in bis zu 15 % der Fälle einher. Diese Häufigkeiten werden entsprechend aktueller Daten mit Kurzschäften auf 0,4 % bzw. 3,3 % reduziert [8, 47]. Der bei den Kurzschäften um ein Vielfaches verminderte Verlust an Knochensubstanz im proximalen Femur [43, 45, 90] wirkt sich nicht nur auf das klinische Outcome, sondern voraussichtlich auch auf die Standzeit positiv aus [45, 58, 90]. Somit zeigen erste Langzeituntersuchungen mit einzelnen Kurzschaftimplantaten sehr gute Überlebensraten, die voraussichtlich im Bereich der wenigen, auf dem Markt verbliebenen Kappenmodellen liegen. Allerdings ist die Studienlage hierzu noch ein wenig dünn [56, 90, 92]. Letztlich ist davon auszugehen, dass die beschriebenen Implantate vom Oberflächenersatz über den Kurzschaft bis hin zum Standardschaft gute Langzeitergebnisse aufweisen. Die Entscheidung für die Wahl der endoprothetischen Versorgung ist somit nicht einfach und es ist sinnvoll, weitere Aspekte in Betracht zu ziehen.