Übersichtsarbeiten - OUP 03/2021

Konservativ, Hüftarthroskopie, Hüftkappe, Kurzschaft, Standardschaft
Welche Optionen sind bei der Coxarthrose sinnvoll?

Grundlage für die Therapieplanung ist ein Beckenübersichtsröntgen im Stand. Im klinischen Alltag hat sich das Grading nach Kellgren und Lawrence durchgesetzt (Tab. 1). Zur Beurteilung eines Impingements oder einer Dysplasie ist es sinnvoll, weitere Röntgenbefunde heranzuziehen. Die im a.p.-Bild gelegentlich zu sehende Pistolengriff-Formation ist ein Maximalbefund des Cam Impingement, bei dem neben dem Offsetverlust eine Überhöhung der Knochenkontur zu sehen ist. Oft ist im a.p.-Röntgen nur ein Offsetverlust (Abb. 3a), aber kein prominentes Cam zu sehen. Die axialen Röntgenaufnahmen (Abb. 3c) sind besser geeignet, den Offsetverlust zu erkennen. Der Alpha-Winkel nach Nötzli quanti?ziert die Taillierungsstörung am Schenkelhals-Kopf-Übergang (Abb. 3d, e) [69]. Hierbei wird eine Linie vom Hüftkopfzentrum zu dem Punkt gezogen, an dem der Schenkelhals-Kopf-Übergang an den Kreiszirkel des Femurkopfs angrenzt oder ihn hier überschreitet. Die zweite Linie entspricht der Schenkelhalsachse, die vom Hüftkopfzentrum zur Mitte des Schenkelhalses zieht. Der Schwellenwert liegt in der orthopädischen Literatur meist bei 50° und in der radiologischen Literatur eher bei 55° [85]. Aufgrund der hohen Prävalenz von Werten um 45° empfehlen wir, erst bei Werten ab 55° von einem signifikanten Offsetverlust zu sprechen. Das Pincer-Impingement ist Folge einer knöchernen Formstörung der Pfanne, bei der umschriebene, segmentale oder aber auch weitläufige Prominenzen die Kontur der Gelenkpfanne stören. Hierbei findet sich eine Geschlechterverteilung, wonach die Männer mehr zur Cam-Deformität, die Frauen mehr zu den Pincervarianten mit einem erhöhten Zentrum-Erker-Winkel (engl. center edge angle, CE-Winkel) neigen [76]. Der CE-Winkel wird zwischen der Senkrechten des Rotationszentrums und der Verbindungslinie zwischen Rotationszentrum und lateraler Erkerkante gemessen (Abb. 3a, 4a). Der normale CE-Winkel wurde zwischen 26° und 40° angegeben, Werte < 20° sind für eine Dysplasie typisch, Werte ? 40° charakterisieren einen Pincer (Abb. 3a, 4a) [33, 77]. Liegt bei symptomatischen Hüften hingegen ein Erkerdefizit und eine initiale oder keine Arthrose vor, kann eine Beckenosteotomie in Betracht gezogen werden. Außerhalb dieser Grenzen können weitere radiologische Kriterien wie bspw. ein erweiterter Schenkelhalswinkel oder eine Dezentrierung des Gelenkes für die Indikationsstellung einbezogen werden. Neben der Beurteilung der lateralen Überdachungsstörung ist auch die Pfanneneingangsebene nach vorne, die Anteversion, sowohl bei den Dysplasiehüften als auch beim femoroacetabulären Impingement zu beachten. Im Normalfall ist die Pfanne ein wenig antevertiert. Deshalb projiziert sich der vordere Pfannenrand oberhalb des hinteren, wobei hier auch bei asymptomatischen Patienten eine erhebliche Varianz besteht [4]. Besteht eine zu weit ausladende anteriore und/oder anterolaterale Überdachung, stellt sich der vordere Pfannenrand im lateralen Abschnitt im a.p.-Röntgen kaudal des hinteren dar. Daher können sich die Erkerkonturen ein wenig weiter medial überkreuzen. Dieses crossing-Zeichen ist pathognomonisch für ein segmentales Pincer bspw. bei einem anterolateralen Überhang. Bei einem klinischen Korrelat sind solche Befunde für die Behandlung von Relevanz [77].

Korrektur eines
Hüftimpingements

Eine offene chirurgische oder arthroskopische Korrektur der knöchernen Impingementdeformität stellt ein anschlagfreies Bewegungsspiel wieder her [91]. Auch bei mäßigen arthrotischen Gelenkveränderungen ist dies bzgl. der Beschwerden und der Gelenkfunktion ein dankbares Verfahren, zudem kann die Progression der Arthrose aufgehalten werden [28, 38, 70, 83]. Bei höhergradigen, auf den Knochen reichenden Knorpelschäden, zeigt sich im Röntgen im Stand eine Verschmälerung der Gelenkspaltweite. Es stellt sich die Frage, bis zu welcher Ausprägung die Arthroskopie sinnvoll ist. Die Studienlage zeigt, dass der Cut-Off-Wert für die Gelenkspaltweite, bei dem die Erfolgschancen einer Hüftarthroskopie sinken, bei 2 mm liegt (Abb. 1) [23, 72]. Beim isolierten Pincer sind solche Schäden oft deutlich später zu finden als beim Cam oder dem kombinierten Impingement [10, 17, 38]. Die Gelenklippe weist hingegen recht früh degenerative Schäden, Verkalkungen, Ossifikationen etc. auf [10]. Somit findet man beim Pincer häufig im Röntgen und arthroskopisch erhebliche Labrumveränderungen bis hin zu ausgedehnten Verknöcherungen, bei allerdings noch erstaunlich gesunden knorpeligen Gelenkflächen. Später kann es beim Pincer oder dem kombinierten Impingement zu sogenannten Contre-Coup-Schäden, welche aufgrund der Hebelwirkung und einer vermehrten posterioren Translation des Hüftkopfes, postero-inferior entstehen, kommen (Abb. 3) [54]. Auch solche Befunde sind mit einer reduzierten Prognose zu sehen [10]. Um hierzu die Befunde besser zu detektieren, ist das Faux-Profil-Röntgen im Stehen hilfreich. Dies projiziert nicht nur die vordere Überdachung, bspw. bei einer Dysplasie oder einem subspinalen Impingement heraus, v.a. erlaubt dies häufig die Detektion fortgeschrittener Schäden am Gelenkknorpel. Hierbei dringt der Hüftkopf in die zerstörte Knorpelschicht ein und stellt sich dezentriert dar. Eine Dezentrierung nach inferior ist insbesondere bei einem Pincer mit einem Contre-Coup-Mechanismus nachweisbar (Abb. 3b). Ebenso ist eine anterolaterale Verschmälerung des Gelenkspaltes beim Cam-Impingement in den Faux-Profil-Aufnahmen vglw. gut nachweisbar [52]. Daher ist das Faux-Profil-Röntgen im Stehen in vielen Fällen wertvoll, um das Gelenk besser beurteilen zu können. Eine CT- oder MRT-Untersuchung kann zur Beurteilung von subchondralen Zysten und Knochenödemzonen hilfreich sein. Der eigenen Erfahrung nach sind solche Befunde v.a. ungünstig für die Prognose, wenn sie mehr in den zentralen, lasttragenden Zonen liegen. Zudem empfiehlt sich für eine zuverlässige Abwägung das Heranziehen weiterer Befunde, wobei neben dem Allgemeinzustand das biologische Alter, der Patientenanspruch und insbesondere die Schmerzanamnese wichtig ist. Bereiten Rotations- oder Flexionsbewegungen wie das Aufstehen aus dem Sitzen, das Aufsteigen auf ein Fahrrad oder Ausfallschritte Beschwerden, so spricht dies für eine Impingementkorrektur [17]. Weitere mögliche Befunde sind Steifheitsgefühle, ein Gefühl des Verhakens oder ein schmerzhaftes Schnappen [87]. Bewegungsabhängige Schmerzen, die einen eher ziehenden Charakter haben und bspw. im Bereich der lateralen Leiste, an der Flanke und am lateralen Oberschenkel lokalisiert sind, passen eher zu einer vordergründigen Impingementsymptomatik [17]. Treten die Schmerzen hingegen nach langen Gehstrecken belastungsabhängig auf und haben sie eher einen permanenten, weit in der Tiefe liegenden Charakter, so ist dies eher für eine Arthrosesymptomatik typisch. Neben dem Gehstreckenschmerz ist auch der Ruheschmerz eher der Arthrose zuzuordnen [62]. Bei der klinischen Untersuchung sind die Bewegungsumfänge hilfreich zur Differenzierung von Impingementbeschwerden. Ist bspw. die Innenrotation eingeschränkt und die Außenrotation vermehrt möglich, so kann dies auf ein Impingement oder aber eine vermehrte Retroversion des Schenkelhalses hinweisen. Findet sich hingegen eine multidirektionale Einschränkung der Bewegungsmaße, so ist dies eher für eine Arthrose pathognomonisch [62]. Der vordere Impingementtest erfolgt in 90 Grad Beugung. Aus dieser Position wird eine Adduktions- und Innenrotationsbewegung durchgeführt. Ebenso kann dieses Manöver auf periphere Labrum- und/oder Knorpelschäden bspw. nach einer Sportverletzung hinweisen [62]. Bei einer positiven Testung kann es helfen, den Patienten auf die Schmerzstelle zeigen zu lassen. Beim Posterior Rim-Test wird das in der Hüfte hyperextendierte Bein von der Untersuchungsliege abduziert und die Hüfte bei leicht gebeugten Knie außenrotiert. Dorsale und laterale Schmerzen sind typisch für ein posteriores Impingement und/oder periphere Labrum-/Knorpelschäden [63].

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