Übersichtsarbeiten - OUP 03/2021
Konservativ, Hüftarthroskopie, Hüftkappe, Kurzschaft, StandardschaftWelche Optionen sind bei der Coxarthrose sinnvoll?
Bei geringgradigen degenerativen Gelenkschäden ist der Nutzen der knöchernen Impingementkorrektur erwiesen. Studien, Registerdaten und systematische Reviews zeigen signifikante Verbesserungen für die Hüftfunktion, für die Lebensqualität und Schmerzwahrnehmung sowie auch hohe Return-to-Sports-Raten [7, 38, 59, 65, 83]. Das operative Vorgehen ist hierbei einem konservativen überlegen [38]. Zudem zeigt das arthroskopische gegenüber dem offen-chirurgischen Vorgehen ein etwas besseres klinisches Outcome und niedrigere Komplikationsraten [11, 38, 65]. Eine Matched-Pair-Analyse zum Outcome arthroskopischer Impingementkorrekturen bei einer milden Arthrose im Vergleich zu entsprechenden Patienten ohne Nachweis einer Arthrose zeigte in beiden Gruppen sehr gute Ergebnisse. Interessant ist, dass sich auch nach 5 Jahren kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen fand. Somit sind bei Patienten mit einer niedriggradigen Arthrose zumindest in den ersten 5 Jahren ebenso gute Ergebnisse zu erwarten [22].
Ebenso gibt es Patienten, die bei mittel- und höhergradigen Arthrosen eine vorherrschende Impingementsymptomatik aufweisen. Vor allem bei einer hohen körperlichen Aktivität und einem eher geringen bis mittleren biologischen Alter sollte auch hier die Hüftarthroskopie abgewogen werden. Entsprechend der Studienlage zeigen arthroskopische Impingementkorrekturen bei erst- bis drittgradigen Arthrosen in Nachnutersuchungszeiträumen von 2?5 Jahren gute Outcome-Ergebnisse. Die Raten für im Verlauf dennoch nötigen Prothesenimplantationen liegen zwischen 8 und 20 % [40, 71, 72, 80]. Sansone et al. zeigten die Ergebnisse der Hüftarthroskopie bei mittelgradigen Arthrosen, wobei 60 % einen Arthrosegrad 1 und die restlichen den Grad 2 nach Tönnis aufwiesen; ein Viertel zeigte sogar eine auf weniger als 2 mm geminderte Gelenkspaltweite. Nach 2 Jahren war bei 7 % der Patienten eine Prothese nötig, die anderen zeigten bezüglich Schmerzen, Hüftfunktion, Patientenzufriedenheit, Lebensqualität und der allgemeinen körperlichen Aktivität signifikante Verbesserungen [80]. Haviv et al. untersuchten 564 Patienten, von denen 25 % einen Arthrosegrad 1 nach Tönnis, 55 % einen Grad 2 und 20 % sogar den Maximalbefund einer drittgradigen Arthrose aufwiesen. Bei 16 % der Patienten war 3,2 Jahre nach der Arthroskopie eine Endoprothese nötig [40]. Phillipon et al. beschrieben Patienten mit einem Mindestalter von 50 und einem Durchschnittsalter von 57 Jahren (50–78 Jahre). Zwei Drittel der Patienten hatten eine Arthrose Grad 1 bis 3 nach Tönnis. Nach 4,5 Jahren war in 20 % der Fälle eine Endoprothese erforderlich [72]. Entgegen dieser Studien mit Nachtuntersuchungszeiträumen von bis zu 5 Jahren sehen die Langzeitergebnisse schlechter aus. So zeigen 2 Studien, dass nach ca. 10 Jahren in 37 % bzw. 27 % der Fälle eine Prothese nötig wurde. Risikofaktoren waren fortgeschrittene Knorpelschäden (Outerbridge Grad 3 und 4). [15, 66]. Möglicherweise unterstreichen diese Daten den Wert unserer Bemühungen um knorpelregenerative Verfahren. Die wenigen Daten hierzu zeigen vglw. gute Ergebnisse, umfassen aber nur kurze Follow-up Zeiten [12, 50]. Zusammenfassend zeigt sich, dass eine Hüftarthroskopie, je nach der individuellen Situation, auch bei niedrig- und mittelgradigen Arthrosestadien äußerst erfolgreich sein kann. Auch sprechen die Daten für den Wert einer frühzeitigen Erkennung eines symptomatischen Hüftimpingements. Bei der Beratung, ob und über welchen Zeitraum eine Hüftarthroskopie bei vorhandenen arthrotischen Gelenkschäden sinnvoll ist, sind neben einer zielgerichteten Röntgenbefundung auch die anamnestischen und klinischen Untersuchungsbefunde entscheidend.
Der Oberflächenersatz bei Arthrose
Der Oberflächenersatz (Abb. 1) beruht auf einer metallischen Gleitpaarung, die nur funktioniert, wenn einige Spielregeln eingehalten werden. Eine korrekte Implantationstechnik und die Beachtung einiger Kontraindikationen sind wesentlich, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Aufgrund des Kopferhaltes bedarf es eines dorsalen Zuganges, für den neuere Studien, u.a. aufgrund der Verbreitung größerer Kopfkomponenten, immerhin signifikant niedrigere Gesamt-Komplikationsraten als bei bspw. für den anterioren oder anterolateren Zugang beschreiben [1, 14]. Die Metall-Gleitpaarungen bestehen aus harten Legierungen und weisen einen äußerst geringen Abrieb von < 0,01 mm/Jahr auf. Dies ist ca. zwanzigmal weniger als bspw. der lineare Abrieb von Keramik/UHMW-Polyehylen-Geitpaarungen [48]. Dennoch sind die Metallabriebe nicht unkritisch. In einigen Fällen werden durch lokale Metallansammlungen Weichteilreaktionen, sog. adverse local tissue reaction (ALTR) und Pseudotumoren beschrieben. Die Ansammlung dieser Metalle in den periprothetischen Geweben können einen Knochenverlust und Implantatlockerungen nach sich ziehen [31, 64]. Auch im Blut und im Urin steigen die Metallionenwerte in den ersten 6 Monaten für Chrom und Kobalt an, um nach einer Einlaufphase wieder auf ein niedrigeres Niveau abzufallen. Dennoch bleiben die Werte im Weiteren in einem erhöhten Bereich [19, 89]. Weil die Metallionen über die Nieren ausgeschieden werden, sollte diese Gleitpaarung bei Nierenerkrankungen nicht eingesetzt werden. Ebenso ist eine Metall-Allergie oder Sensibilität, bspw. gegen Chrom, Kobalt, Nickel, Molybdän etc. eine Kontraindikation.
Beim Oberflächenersatz gab es einige nachgeahmte Prothesenmodelle, die Designunterschiede und eine reduzierte Qualität der Metallgleitpaarung aufwiesen. Dies führte zu vermehrten Metallabrieben und hohen Versagerquoten, die in den Medien leider auf alle Oberflächenersatzprothesen übertragen wurden. Sinnvollerweise wurden diese Implantate vom Markt genommen, so dass der gelittene Ruf allmählich wieder besser wird. Bestätigt wird dies durch einen umfassenden Reviewartikel, der deutlich niedrigere Revisionsraten zeigt, sofern die mittlerweile aus dem Markt genommen Oberflächenersatzmodelle aus den Register- und Studiendaten rausgerechnet werden [61]. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass die erhöhten Metall-ionenwerte bei Fehlimplantationen oder Fehlindikationen zunehmen [41, 57]. Nachdem auch diesbezüglich eine Lernkurve zu verzeichnen ist, wundert es nicht, dass die Häufigkeiten für lokale Metallabriebe und systemisch erhöhte Metallionenkonzentrationen in der Literatur stark variieren [41, 88]. Studien zu den verbliebenen, erfolgreichen Oberflächenersatzendoprothesen zeigen, dass sich bei richtiger Indikationsstellung, der Einhaltung der Implantationskriterien wie bspw. der Verwendung von Femurkomponenten mit einem Mindestdurchmesser von 48 mm zwar erhöhte, aber außerhalb des toxischen Bereiches befindliche Metallionenwerte finden [19, 34, 41, 88, 89]. In einem aktuellen Review werden 11.832 Oberflächenersatzendoprothesen beschrieben. Weichteilreaktionen auf lokale Metallabriebe fanden sich in weniger als 0,1 % der Fälle. Dennoch sind diese Weichteilreaktionen auf Metallabriebe je nach Studie der häufigste bzw. zweithäufigste Grund für Revisionsoperationen [64, 88]. Somit ist die Problematik der Metall-Metall-Gleitpaarung bei den Oberflächenersatzendoprothesen zwar seltener, aber weiterhin vorhanden. Aus diesem Grund muss der Patient auf das Thema Metallabriebe sowie alternative Implantate sorgfältig aufgeklärt werden.