Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024
Konservative medikamentöse Knorpeltherapie und supportive Therapie nach KnorpelchirurgieAktueller Stand
In den Studien von Siclari et al. wurden Polyglykol- und Hyaluronsäureträgermaterialien mit P-PRP angereichert und zur Abdeckung von Femur- und Tibiadefekten, die zuvor mit Mikrofrakturierung behandelt wurden, eingesetzt. Eine Verbesserung wurde im KOOS-Score nach 12 und 24 Monaten nachgewiesen. Biopsien aus Second-Look-Arthroskopien nach 18–24 Monaten zeigten Anteile hyalinen Gelenkknorpels. Trotz einer fehlenden Kontrollgruppe belegen diese Studien die Wirksamkeit von PRP in Verbindung mit Trägermaterialien im Rahmen einzeitiger Behandlungen chondraler Läsionen [31, 32].
Die Verbindung von PRP mit MSC ist eine alternative Methode knorpelregenerativer Verfahren, bei der das PRP direkt die reparativen Eigenschaften der MSC in der Defektstelle triggern kann.
Der Grundgedanke ist die Kombination der positiven Wirkung von Thrombozyten-Wachstumsfaktoren und der synergistischen Wirkung von BMSCs. Beweise hierzu wurden mehrfach durch in-vitro- [33] und in in-vivo-Studien [34, 35], sowie in humanen in-vivo-Studien wie in der Arbeit von Saw et al. erbracht [36]. Zudem kommt dieses Verfahren ohne Zellmanipulation und mit autologen Ressourcen aus, was vielversprechende reproduzierbare und wirtschaftliche Ergebnisse verspricht, wie durch die Studie von Giannini et al. bei talaren osteochondralen Läsionen [37] gezeigt. In dieser Studie wurden BMSCs und PPRF entweder mit porcinem Kollagenpulver vermischt oder auf eine Membran aus verestertem Hyaluronsäurederivat aufgebracht, in der Defektstelle platziert und mit thrombozytenreichem Fibrin-Gel stabilisiert. Es konnte eine Verbesserung des AOFAS-Scores und ein gleichmäßiges Reparaturgewebe im MRT beobachtet werden. Second-Look-Arthroskopien nach 24 Monaten zeigten einen ähnlichen makroskopischen Befund des Gelenkknorpels. Bessere Ergebnisse wurden in kleineren Läsionen (weniger als 2 cm2) und bei Patientinnen und Patienten ohne vorherige Operation gefunden. Es wurde ein leichter Rückgang des AOFAS-Scores zwischen 24 und 48 Monaten postoperativ beobachtet [38]. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass eine Kombination von PRP und Knochenmarkkonzentrat eine interessante Alternative zu den verschiedenen Knorpelreparaturverfahren darstellen kann.
Eine Studienübersicht zum Einsatz PRP-augmentierter Matrices von Sermer et al. zeigt anhand von 14 Tier- und 6 humanen Studien mit z.T. sehr unterschiedlichen Membranen und Zellquellen an unterschiedlichen Gelenken, basierend auf makroskopischen, histologischen und biochemischen sowie klinischen Outcome-Untersuchungen, insgesamt eine den Knorpelreparaturprozess begünstigende Situation, jedoch mit eingeschränkter Vergleichbarkeit wegen der großen Unterschiede bei PRP-Herstellung und Applikation [39].
PRP in der konservativen
Therapie
In Übereinstimmung mit der aktuellen Literatur kann PRP bei frühen und mittelschweren Formen der Arthrose indiziert sein [40–44]. Neuere Erkenntnisse zeigen auch, dass die intraartikuläre Gabe von PRP, unabhängig vom Grad der Knorpelschädigung, die Symptome verbessern könnte, allerdings fehlen oft gute Subgruppenanalysen nach der Kellgren-Lawrence-Klassifikation [40, 45]. In diesem Zusammenhang wird derzeit aufgrund der unzureichenden Datenlage von der Verwendung von PRP für Kellgren-Lawrence-Läsionen ab Grad 4 abgeraten. PRP hat das Potenzial, die Kniefunktion zu verbessern, möglicherweise durch Verringerung der Entzündungsreaktion und Verlangsamung des degenerativen Umbauprozesses des Gelenkknorpels. Bessere Ergebnisse mit PRP werden im Allgemeinen bei männlichen jungen Patienten mit einem geringeren Knorpelschaden und einem niedrigen Body-Mass-Index (BMI) erzielt.
In einer Übersichtsarbeit bewerteten Laver et al. Studien, die PRP in der Behandlung degenerativer Knorpelschäden einsetzten [46]. Insgesamt wurden 29 Studien eingeschlossen (9 prospektive RCTs, 4 prospektive vergleichende Studien, 14 Fallserien und 2 retrospektive Vergleichsstudien). Alle RCTs berichteten über verbesserte Symptome der PRP-Studienarme beim finalen 12-Monats-Follow-up, 7 davon über signifikant bessere Ergebnisse. Im Allgemeinen scheinen alle Studien positive Ergebnisse und einen klinischen Nutzen von PRP zu zeigen, unabhängig vom Studiendesign. Interessanterweise ist ein Trend zu besseren Ergebnissen bei Patientinnen und Patienten jüngeren Alters oder frühen Arthrosestadien zu verzeichnen.
Nur 1 Studie untersuchte Patientinnen und Patienten über 12 Monate hinaus (bis 2 Jahre). Während in dieser Studie eine symptomatische Verbesserung nach 12 Monaten zu beobachten war, gab es eine signifikante Abnahme der funktionellen Werte nach 2 Jahren, wenn auch immer noch höher als zu Beginn der Studie [47, 48].
Zwanzig Studien verwendeten reines PRP (P-PRP), 7 Studien verwendeten L-PRP und 2 Studien dokumentierten nicht den PRP-Leukozytengehalt. Von den 9 RCTs berichteten 8 verbesserte Ergebnisse unter Verwendung von P-PRP und eine unter Verwendung von L-PRP.
Eine weitere Metaanalyse von Chang et al. verstärkt die Ergebnisse von Laver et al. unter dem Aspekt, dass frühe Arthrosestadien mehr von PRP-Injektionen profitieren als von Hyaluronsäure-Injektionen mit funktionell überlegenen Ergebnissen und längerer Wirkungsdauer (bis zu 1 Jahr) [49].
Zusammenfassend konnten Grundlagenforschungen unter dem Aspekt der Mikrofrakturierung bisher zeigen, dass durch den Einsatz von PRP/PRF eine Modulation der subchondralen Entzündungsreaktion mit Migration und chondrogener Differenzierung von mesenchymalen Progenitorzellen beobachtet werden konnte [50]. Wong et al. konnten hierzu mit Hinblick auf die minced-cartilage-Defektversorgung sowohl eine signifikante Zellmigration und Auswanderung von Zellen aus Knorpelfragmenten (minced-cartilage) als auch eine Steigerung der Zellviabilität und Glucosaminexpression der kultivierten Zellen aus Knorpelfragmenten beobachten [51]. Auch von Wang et al. konnten durch den Einsatz von PRP eine verbesserte Stimulation der mitotischen Aktivität sowie der Knorpelmatrixbildung von chondrogenen Progenitorzellen gegenüber mesenchymalen Stromazellen nachgewiesen werden [52]. Ergänzend hierzu konnte Jeyakumar in seiner Studie eine verstärkte Glucosamin- als auch Genexpression anaboler Marker unter dem Einfluss von PRP nachweisen [53].
Weiterhin haben PRP-augmentierte Matrices im Zusammenhang mit Knochenmarkstimulation bisher gute Daten aus Tierstudien und einigen humanen klinischen Studien (Level II und IV) zeigen können. Aktuell besteht nach Studienlage aber kein eindeutiger wissenschaftlicher, evidenzbasierter Nachweis der Ergebnisverbesserung durch Verwendung von PRP-augmentierten Matrices gegenüber Matrices ohne PRP.