Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2014
Langzeitbeobachtung Knieendoprothetik Genesis II im honorarbelegärztlichen Modell
Die Zeit zwischen Operation und Nachuntersuchungsdatum lag im Mittelwert und Median bei 8 Jahren (7–11 Jahren) mit einer Standardabweichung von 1,23, einem unteren Quartil von 7 und einem oberen Quartil von 9, sowie einem Quartilabstand von 2 Jahren.
Die Nachuntersuchungen fanden zwischen dem 21.05.2010 und dem 11.03.2011 in der Orthopädischen Klinikpraxis am SCIVAS Krankenhaus in Rüdesheim am Rhein statt.
Klinische Untersuchungsergebnisse
Knee Society Score Teil 1
86 Fälle erreichten eine Beugefunktion von 90° oder mehr, wobei die beiden stärksten Gruppen zwischen 96° und 100° (27 Fälle, 27,3 %) und zwischen 106° und 110° (24 Fälle, 24,2 %) lagen. Die gemessenen Achsabweichungen streuten zwischen 0° und 5°.
In 57 Fällen (57,6 %) lagen keinerlei Schmerzen vor und in zusätzlichen 22 Fällen (22,2 %) nur milde Beschwerden. Lediglich in einem Fall wurde ein starker Schmerz angegeben (Abb. 3).
Der KSS des ersten Teils lag im Durchschnitt bei 74,5 Punkten und streute zwischen 22 und 97 Punkten. In der Abstufung des KSS wird ein Mittelwert von 74,5 Punkten einem guten Ergebnis zugeordnet. Dabei gilt ein Ergebnis zwischen 80 und 100 Punkten als exzellent, ein Ergebnis zwischen 70 und 79 Punkten als gut, ein Ergebnis von 60 bis 69 Punkten als mäßig und ein Ergebnis unter 60 als schlecht. Die Standardabweichung lag bei 14,2, der Median bei 78, das untere Quartil bei 68 und das obere Quartil bei 84. Der Quartilabstand lag bei 16 Punkten.
Knee Society Score Teil 2
In 27 der Fälle (28, 7%) ergaben sich keinerlei Einschränkungen der Gehfähigkeit zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung. In 11,7 % der (11 Fälle) war die Gehfähigkeit auf die häusliche Umgebung begrenzt. Die übrigen Fälle streuten in ihrer Gehstrecke zwischen weniger als 5 und über 10 Häuserblocks. Das Treppensteigen war sowohl treppauf wie auch treppab in 63,6 % der Fälle (63) durchführbar, unter Verwendung eines Geländers. Ein völlig freies Treppensteigen ohne die Verwendung des Geländers war in 18 Fällen (18,2 %) gegeben.
In 54 der Fälle (55,1 %) war die Verwendung einer Gehhilfe nicht erforderlich. In 25 der Fälle (25,5 %) wurde ein Gehstock verwendet. Lediglich in 3 (3,1 %) wurden 2 Unterarmgehstöcke benötigt.
Das Kollektiv erreichte im Funktionsteil des KSS (Teil 2) einen durchschnittlichen Score von 61 bei einer Standardabweichung von 26,8, einem Median von 65, einem unteren Quartil von 50, einem oberen Quartil von 80 und einem Quartilabstand von 30
Scorepunkten. Der Minimalwert betrug 0, der Maximalwert 100 Punkte.
Evaluierung der Sicherheit
In 9 Fällen kam es zu perioperativen Komplikationen. Bei Fall Nr. 1 kam es zu einem Harnwegsinfekt und zu einer begleitenden Pneumonie. Ein weiterer Harnwegsinfekt wurde bei Fall Nr. 5 festgestellt. Fall Nr. 18 war durch
einen postoperativen HB-Wertabfall auf 7,3 mmol/l gekennzeichnet ohne die Notwendigkeit einer Fremdbluttransfusion. Es kam in diesem Fall auch zu einer geringgradigen postoperativen Wundsekretion. Eine Wundrevision war nicht erforderlich.
Bei Fall Nr. 19 ergab sich als Besonderheit, dass sich eine Drainage postoperativ zunächst nicht entfernen ließ. Eine Revisionsoperation war nicht erforderlich. Fall Nr. 38 mit OP-Datum 17.07.2003 war durch 2 postoperative Stürze, einmal am 19.07.2003 und am 05.08.2003 gekennzeichnet. Es kam nachfolgend zu einer Wunddehiszenz, welche im Sinne einer Sekundärnaht nachoperationspflichtig wurde.
Fall Nr. 54 war bei multipler Medikamentenunverträglichkeit postoperativ durch das Auftreten eines Quincke-Ödems gekennzeichnet. Bei Fall Nr. 61 wurde im Bereich des proximalen Wundpols eine kleine Wundheilungsstörung beobachtet, die ohne Revisionsoperation zur Ausheilung gebracht werden konnte. Fall Nr. 72 war durch die Komplikation eines rechtsseitigen glutealen Dekubitus gekennzeichnet. Auch bei Fall Nr. 77 kam es postoperativ zu einem Sturz mit anschließender Wunddehiszenz, die jedoch ohne Revisionsoperation zur Ausheilung gebracht werden konnte.
Eine Patientin, Jahrgang 1933 repräsentierte den einzigen Fall einer Endoprothesenrevision mit Ausbau und Reimplantation am 28.04.2009 (Endpunkt). Der Endoprotheseneinbau fand am 13.02.2001 statt, sodass die Standzeit dieser Endoprothese 8 Jahre und 2 Monate betrug. Ursache dieser Revisionsoperation war keine septische Komplikation und auch keine aseptische Lockerung einer Endoprothesenkomponente, sondern sie wurde erforderlich wegen zunehmender ligamentärer Instabilität und Achsabweichung. Es erfolgte der Wechsel von der Genesis II-Oberflächenersatzprothese auf eine achsgeführte Knieprothese.
Radiologische Ergebnisse
In weit der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wurde präoperativ eine drittgradige, eine dritt- bis viertgradige oder eine viertgradige Gonarthrose konventionell röntgenologisch präoperativ diagnostiziert. Lediglich in 7 Fällen (7,1 %) war die präoperative Gonarthrose zweitgradig oder zweit- bis drittgradig.
Von den 99 in die Studie eingeschlossenen Fällen lagen bei 69 zum Zeitpunkt der routinemäßigen Nachuntersuchung aktuelle Röntgenaufnahmen vor In 30 Fällen lagen keine aktuellen Röntgenaufnahmen vor, da diese Patienten nur über einen Hausbesuch untersucht und erfasst werden konnten. Die Röntgenkontrolle erfolgte im Stehen unter Belastung in 2 Ebenen (Abb. 4).
In keinem der röntgenologisch nachuntersuchten Fälle wurden Hinweise für eine Osteolyse des Knochens oder eine Lockerung oder Migration des Implantats gefunden. In 14 Fällen (20 %) wurde entweder femoral oder tibialseitig oder beidseits eine leichte knöcherne Hypotrophie ohne Krankheitswert festgestellt. Eine Hypertrophie wurde lediglich in 2 Fällen (2,9 %) befundet, ebenfalls ohne Krankheitswert.