Originalarbeiten - OUP 06/2021

Mittelfristige Ergebnisse nach Korrektur von MPFL-Insuffizienz und Trochleadysplasie

Anschließend erfolgt die vertiefende Knochenabtragung, wobei der osteochondrale Lappen zur Einsicht wiederum ein wenig angehoben wird. Insbesondere in Fällen mit einem grenzwertigen oder auch geringfügig erweiterten TT-TG (15?20 mm), erfolgt die proximale Vertiefung tendenziell eher nach lateral hin, um die Gleitrinne zu lateralisieren.

Mit einem Pfriem oder einem feinen Bohrer erfolgt dann die Etablierung der Passagelöcher für das Vicrylband, mit welchem später der osteochondrale Lappen in das neue Bett der Trochlea eingepasst wird (Abb. 5). Für die distale Passage durch den Knorpel ist es wichtig, ausreichend weit distal und mittig einzugehen. Mit Hilfe einer großen Ösennadel erfolgt die Passage beider Bandenden transossär nach lateral. Alternativ kann auch ein Ösendraht verwendet werden. Mit Hilfe des ohne Verwerfungen ausgerichteten Vicryl-Bandes erfolgt das Einpressen des flexiblen osteochondralen Lappens in die vertiefte Trochlea; das Band wird im Bereich des lateralen Femurkondylus über einer ausreichend breiten Knochenbrücke verknotet.

Für die MPFL-Plastik erfolgt zunächst die Darstellung der supermedialen Patellakante. Hier wird ein 2?3 cm langer, V-förmiger Knochenkanal gebohrt. Hierbei wird einmal vom superomedialen Pol und einmal von der Mitte der medialen Facette möglichst vertikal und V-förmig aufeinander zugebohrt (Abb. 7). Nach Einzug der Gracilissehne (Abb. 8) wird die Passage zwischen den beiden Kapselblättern zum femoralen Insertionspunkt präpariert.

Der femorale Insertionspunkt wird unter seitlicher Bildwandlerkontrolle unter deckungsgleich eingestellten posterioren Kondylen mit einem K-Draht markiert. Nach Einbringen des K-Drahtes wird dieser mit einem kanülierten, 7–8 mm dicken Bohrer ca. 3 cm weit überbohrt, so dass ein blind endender Knochenkanal entsteht. Hierbei sollte der Bohrer leicht von medial nach lateral ansteigend geführt werden, sodass die im Folgenden eingebrachten divergierenden Ösendrähte an der dorsalen Notch des Femur vorbeigeleitet werden. Auch gewährt die ausreichend Abstand zum N. peroneus. Die Passage der beiden Ösendrähte erfolgt ausreichend divergierend, sodass lateral eine große Knochenbrücke entsteht (Abb. 9). Nachdem die femorale Insertion distal der Epiphysenfuge liegt [42], muss bei noch offenen Wachstumsfugen von disem einfachen Konzept abgewichen werden. Die beiden freien Enden des Gracilistransplantats werden zum anatomischen medialen femoralen Insertionspunkt geführt und jeweils in die Fadenösen eingeführt (Abb. 10).

Durch Zug am lateralen Ende der Durchzugsdrähte werden die beiden Transplantatenden in den blinden Bohrkanal eingeführt und im Weiteren die Armierungen durch den lateralen Femurkortex in das Blindloch eingezogen. Hierbei ist darauf zu achten, dass beide Sehnenenden gut in das Blindloch hineingleiten. Auf der lateralen Seite wird einer der perkutan ausgeleiteten Fadenpaare subfazial in das kutane Austrittsloch des anderen Fadenpaares geleitet. Im letzten Schritt werden die Fadenpaare auf dem lateralen Kondylus zusammengeführt und in der 30°-Flexionsstellung nach Anlagen eines halben Schlages oder eines arthroskopischen Gleitknotens mit einem Nadelhalter zunächst temporär fixiert. Hiermit kann das Gleiten der Patella in Funktion, der Quadrantentest und die Transplantatspannung in unterschiedlichen Beugegraden beurteilt und ggf. eingestellt werden (Abb. 11).

Abschließend erfolgt die dauerhafte Verknüpfung mit zusätzlichen gegenläufigen halben Schlägen. Oft verwenden wir vor und nach der Testung auch einen arthroskopischen Knotenschieber um die Knoten bspw. in der Tiefe umittelbar auf dem Periost zu plazieren. Hierdurch gelingt unserer Erfahrung nach eine gut reproduzierbare, individuelle und einfache Alignement-Anpassung mit der Möglichkeit, eine Überspannung mit vorderen Knieschmerzen oder gar Beugedefiziten zu vermeiden.

Ergebnisse

82 % Prozent der Patienten zeigten postoperativ eine nahezu vollständige Streckung von 0?10°, 12 % ein Streckdefizit von 11?20° und 4 % von 21?35°. Drei Patienten wurden einige Monate nach der Operation aufgrund eines höhergradigen Beugedefizits unter Narkose mobilisiert. In den gleichzeitig durchgeführten Arthroskopien war der Knorpel im Bereich der durchgeführten Trochleaplastik stets fest und schadlos. Keiner der Patienten wies zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung ein Streckdefizit von mehr als 5° auf.

Bei keinem Kniegelenk zeigte sich bei 30° oder 60° ein positiver Patella Apprehensiontest, obwohl dieser vor der Operation bei allen Patienten positiv gewesen ist. Das Ergebnis deckt sich mit der postoperativen Subluxations- und Luxationsrate von 0 %.

In der klinischen Untersuchung zeigte sich bei 87 % keinerlei Druckschmerz am betroffenen Gelenk. Dieser wurde sowohl am femoralen MPFL-Ansatz, als auch bei Druck auf die Patella und dem Hoffaschen Fettkörper verneint. 13 % Prozent gaben einen leichten Druckschmerz an, den sie beim Abtasten des femoralen MPFL-Ansatzes verspürten.

Der Kujala Score stieg von präoperativ 62 Punkten (Range 31?85) auf einen postoperativen Wert von 92 Punkten (Range 59?100) (p < 0,0001).

Der durchschnittliche präoperative Aktivitätsgrad im Tegner Activity Skale (TAS) von 5,4 konnte postoperativ, nur nicht signifikant, auf einen Wert von 5,8 gesteigert werden (p-Wert von 0,233).

Im Lysholm Score findet sich ein signifikanter Anstieg der präoperativen Punktzahl (62 Punkte) auf postoperative Punktzahlen (94 Punkte).

Die Erhebung der prä- und postoperativen funktionellen Fähigkeiten und der Belastbarkeit des Kniegelenkes erfolgte mittels IKDC Score. In der präoperativen Auswertung betrug der Mittelwert des Gesamtergebnisses 56 Punkte (Range 36?81), während postoperativ ein durchschnittlicher Wert von 85 Punkten (Range 45?100) erreicht werden konnte. Dieser Anstieg im IKDC Score ist statistisch signifikant (p < 0,05).

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