Originalarbeiten - OUP 06/2021

Mittelfristige Ergebnisse nach Korrektur von MPFL-Insuffizienz und Trochleadysplasie

Es sind unterschiedliche Zugangstechniken beschrieben. Autoren, welche die Trochleaplastik nach Bereiter verwenden, nehmen einen lateralen parapatellaren Zugang [7, 26, 40, 43, 55, 65, 72]. Bei der Methode nach Dejour wird hingegen ein modifizierter medialer Vastuszugang genutzt. Hierbei werden Fasern des M.vastus medialis auf ca. 4 cm in den Muskelbauch durchtrennt [15]. Wir verwenden hingegen einen kurzen medial-parapatellaren Zugang. Dieser lässt neben einer Trochleadarstellung auch eine gute Freilegung der medialen Patellakante zu. Hierüber können wir einen V-förmigen patellaren Bohrkanal für das MPFL anlegen. Zudem bietet diese Methode einen optimalen Zugang zur medialen Kapsel, in welcher der Tunnel zur femoralen MPFL-Graft-Insertion zwischen beiden Kapselblättern präpariert wird. Eine ausgedehnte Hautmobilisation oder ein zusätzlicher Hautschnitt zur Darstellung der medialen Patellakante ist somit nicht nötig, um das MPFL zu platzieren. Auch für die Technik der MPFL Rekonstruktion mittels Quadrizepssehne [20] ist dieser Zugang sehr gut geeignet. Wir selber haben damit Erfahrungen sammeln können, insbesondere bei MPFL-Rekonstruktionen nach Knieendoprothesen.

Trochleaplastik

MPFL-Rekonstruktion in
Kombination mit Trochleaplastik

Nach isolierter MPFL-Plastik trotz zugrundeliegender Trochleadysplasie zeigten Wagner et al. [73] ein vergleichsweise schlechtes klinisches Ergebnis. Somit sollte eine höhergradige Trochleadysplasie bei entsprechenden klinischen Befunden neben der MPFL-Plastik auch adressiert werden. Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Trochleadysplasie der entscheidende Faktor für eine laterale Patelladislokation dargestellt [22]. Gleichzeitig findet sich eine deutliche Korrelation zwischen Trochleadysplasie und der Entstehung von Knorpeldefekten bis hin zur patellofemoralen Arthrose [54]. Die für die schwere Trochleadysplasie zu findende anterolaterale Überhöhung des Gleitlagers reduziert die patellofemorale Kontaktfläche, erhöht den Anpressdruck und die Lateralisation der Kniescheibe [66]. Aus diesem Grund ist ein vertiefendes Remodelling der Trochlea die sinnvolle Rationale bei der symptomatischen Trochleadysplasie.

Ergebnisse der Trochleaplastik

Es gibt eine Vielzahl von Studien, die den positiven Effekt der Trochleaplastik bei der Behandlung der Patellainstabilität aufgrund der Dysplasie hervorheben [4, 38, 39]. Viele Studien nach Trochleaplastik [9, 25, 26, 43, 65, 72] zeigten sich hinsichtlich der Kniefunktion, der Stabilisierung, der Komplikationen und auch hinsichtlich der Patientenzufriedenheit überzeugende Ergebnisse.

Fucentese et al. [26] sowie Zaffagnini et al. [72] zeigen, dass bei höheren Graden (Dejour-Typen C und D) die Trochleaplastik in Kombination mit der MPFL-Plastik einer isolierten MPFL-Plastik hinsichtlich der Reluxationsrate und Rückkehr zum Sport überlegen ist. Andere Autoren heben bei der Typ C Dysplasie tendentiell schlechtere Ergebnisse bei der Typ C Dysplasie als bei den Typen B und D beschrieben [26, 34].

Der Kujala Score zeigt bei der Bereiter-Methode sowohl im Vergleich zur Lyon-Methode nach Dejour [15, 18, 46] als auch im Vergleich zur Recession Wedge-Technik die besten Ergebnisse (Tab. 2).

In den letzten Jahren zeigten viele Studien die Bedeutung der Trochlea bei der Behandlung der Patellaluxation auf [7, 15, 39, 40, 46, 52, 57, 58, 70]. Obwohl diese Ergebnisse sehr vielversprechend sind und eine sehr geringe Re-Luxationsrate aufweisen als andere stabilisierende Verfahren [4, 38], zeigten nur wenige Studien das postoperative Alignement durch Schnittbildverfahren auf. Mittels CT konnten Schöttle und Mitarbeiter [55] und Fucentese et al. [25] demonstrieren, dass die Trochleaplastik zu einer Normalisierung der Trochleamorphologie führt, zu einem verbesserten Patella-Tilt und zu einer reduzierten Patellaluxation. Banke et al. [7] zeigten bei 18 Knien nach Trochleaplastik und MPFL-Rekonstruktion beim 2-jährigen Follow-up mittels MRT eine Reduktion des lateralen Patella-Shifts von 4,7 mm präoperativ zu 0,5 mm postoperativ und eine Reduktion des Patella-Tilts von 24,2° auf 15,8° postoperativ.

Balcarek und Zimmermann [5] untersuchten 20 Patienten im Alter von 16?39 Jahren, bei denen eine Trochleaplastik in Kombination mit einer MPFL-Rekonstruktion durchgeführt wurde. Prä- und postoperative MRT-Untersuchungen wurden mit einer alters- und geschlechtsgematchten Kontrollgruppe von 20 Patienten verglichen. Aufgrund ihrer Ergebnisse schlussfolgerten die Autoren, dass die Trochleaplastik mit MPFL-Rekonstruktion die patellotrochleare Kongruenz normalisieren kann und ebenso die patellofemoralen Parameter in die Norm korrigieren kann.

Wir sehen bei einer Trochleaplastik die MPFL-Plastik zur Anpassung des Weichteilalignements als notwendig. Zudem rupturiert das MPFL bereits nach der Erstluxation in > 90 % der Fälle [44], sodass das MPFL auch vor diesem Hintergrund adressiert werden sollte. Gerade in den Fällen, in denen in der transversalen MRT ein deutlicher Patella Tilt sichtbar ist, ist von einer ausgeprägten Insuffizienz des medialen Bandapparates auszugehen. Sowohl der intraoperative Eindruck, als auch CT Daten [25] zeigen, dass die Patella während einer Trochleaplastik in einer veränderten mechanischen Position nach dorsal und medial verlagert ist. Die Konsequenz ist, dass bei einer Trochleaplastik eine MPFL-Plastik nicht nur wegen der Ruptur, sondern auch im Sinne einer medialen Weichteilbalancierung bzw. Alignementanpassung notwendig wird.

Die Fallserien, bei denen neben der Bereiter-Methode routinemäßig in gleicher Sitzung eine MPFL-Plastik erfolgte, zeigten mit 95 bzw. 96 Punkten die bislang besten Ergebnisse im postoperativen Kujala Score (Tab. 1). In diesen Fallserien zeigte sich keine erneute Luxation [9, 42]. Nur einer von 23 Patienten zeigte Instabilitätssymptome im Sinne eines weiterhin positiven Apprehensiontests [43] und 2 von 29 Patienten zeigten erneute Subluxationen mit einem erneut zu beobachtenden J-Sign [9]. Unsere eigenen Erfahrungen mit der Kombination aus der Bereiter-Methode und unserer Technik der implantatfreien MPFL-Plastik zeigen ähnlich gute Ergebnisse im Kujala Score (keine Luxationsrezidive und eine entsprechend hohe Patientenzufriedenheit) [67, 68].

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