Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Operative Intervention im Bereich der Wirbelsäule bei rheumatischen Affektionen

Stephanie A. Hopf, Peer Eysel, Max J. Scheyerer

Zusammenfassung:

Rheumatische Erkrankungen gehen nicht selten mit Veränderungen an der Wirbelsäule einher.
In erster Linie sind dabei die Rheumatoide Arthritis sowie die Spondylitis ankylosans zu nennen. Beide weisen unbehandelt einen progredienten Verlauf mit Gelenkdestruktionen und/oder
ausgeprägten Deformitäten auf und führen unbehandelt meist zu einer raschen Invalidität der
Patienten. Daher sollten sie im Falle von chronischen Rückenschmerzen früh als mögliche
Ursache bedacht werden, um eine gezielte Behandlung rechtzeitig zu initiieren. Im Falle eines
notwendig werdenden operativen Vorgehens ist aufgrund der Komplexität des Krankheitsbilds und zur Reduktion des perioperativen Risikos von Komplikationen eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit zwingend erforderlich. Daher sollte die Behandlung der Patienten immer
entsprechenden Zentren vorenthalten sein.

Schlüsselwörter:
Rheumatoide Arthritis, M. Bechterew, entzündlicher Rückenschmerz, Instabilität,
Spondylodese, PSO, SPO

Zitierweise:

Hopf SA, Eysel P, Scheyerer MJ: Operative Intervention im Bereich der Wirbelsäule
bei rheumatischen Affektionen. OUP 2019; 8: 284–291

DOI 10.3238/oup.2019.0284–0291

Abstract: Rheumatic diseases are often associated with changes to the spine. First and foremost, rheumatoid arthritis and ankylosing spondylitis are to be mentioned. Untreated, both have a progressive course with joint destructions and/or pronounced deformities usually lead to rapid patient disability. Therefore, in patients with chronic back pain, both diseases should be considered early as a possible cause in order to initiate targeted treatment. In the event of a necessary surgical procedure, interdisciplinary cooperation is imperative due to the complexity of the clinical picture and to reduce the perioperative risk of complications. Therefore, the treatment of patients should always be withheld from appropriate centres.

Keywords: rheumatoid arthritis, M. Bechterew, inflammatory back pain, instability, spondylodesis, PSO, SPO

Citation: Hopf SA, Eysel P, Scheyerer MJ: Surgical interventions of the rheumatic spine. OUP 2019; 8: 284–291 DOI 10.3238/oup.2019.0284–0291

Für alle Autoren: Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Köln

Einleitung

Entzündliche Systemerkrankungen manifestieren sich nicht selten am Achsenskelett. Wie an den Extremitäten ist der Verlauf der Erkrankung auch hier progredient und führt unbehandelt zu einer Gelenkdestruktion und Invalidität des Patienten. Daher müssen rheumatoide Erkrankungen zwingend in die Differenzialdiagnose von Rückenschmerzen miteinbezogen werden, um durch eine rechtzeitige adäquate Behandlung den strukturellen Veränderungen an der Wirbelsäule entgegenzuwirken.

Neben der Rheumatoiden Arthritis gehören zu den sogenannten Spondyloarthropathien eine Reihe anderer rheumatologischer Erkrankungen. Hierzu zählen die reaktive Arthritis, die juvenile Spondylarthritis, die undifferenzierte Spondylarthritis, die Psoriasisarthritis sowie die enteropathische Arthritis mit Sakroiliitis im Rahmen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen.

Unterscheiden lässt sich dabei eine prädominante axiale Form, zu der auch die Spondylitis ankylosans zu rechnen ist, und die prädominant peripheren Spondylarthritiden. Gemeinsam ist ihnen eine genetische Assoziation zu HLA-B27. Anders als bei der Rheumatoiden Arthritis sind Rheumafaktoren nicht nachzuweisen.

In der heutigen Ära der Biologikatherapie sind fortgeschrittene Ausprägungen der Erkrankungen sehr selten geworden. Entsprechende Verläufe sollten rechtzeitig erkannt werden.

Um ihrer Bedeutung für den klinischen Alltag und ihrer Häufigkeit im Vergleich zu anderen rheumatologischen Erkrankungen gerecht zu werden, soll im Folgenden auf die Behandlung der Rheumatoiden Arthritis sowie der Spondylitis ankylosans im Speziellen eingegangen werden. Bei der Rheumatoiden Arthritis müssen dabei insbesondere eine Instabilität des occipitocervicalen Übergangs bedacht und behandelt werden (Abb. 1a); bei der ankylosierenden Spondylitis die in Hyperkyphose eingesteifte Wirbelsäule (Abb. 1b) sowie, nicht selten, hoch instabile Frakturen (Abb. 1c).

Klinische Symptome

Die Rheumatoide Arthritis ist eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung und manifestiert sich typischerweise durch Schmerzen und Schwellungen peripherer Gelenke. Klassischerweise zeigt sich zu Beginn eine oligoartikuläre und asymmetrische Manifestation, welche sich im Verlauf symmetrisch entwickelt.

Die Ätiologie ist weitestgehend unklar. Das Manifestationsalter liegt typischerweise zwischen dem 55. und 75. Lebensjahr, wobei das weibliche Geschlecht häufiger betroffen ist [15].

Neben dem typischen Befall der Gelenke der oberen und unteren Extremität kann nach längerem Krankheitsverlauf eine axiale Beteiligung auftreten, welche nahezu ausschließlich die HWS betrifft [20, 21]. Radiologische Zeichen einer zervikalen Beteiligung finden sich bei rund 80 % der Patienten. Durch die heutzutage mögliche Therapie mit DMARDs (disease modifying antirheumatic drugs ) lässt sich die Prävalenz der zervikalen Wirbelsäulenbeteiligung auf rund 20 % reduzieren [19, 29]. Neben dem Ansprechen der medikamentösen Therapie ist die Prävalenz der HWS-Beteiligung abhängig von dem Beobachtungszeitraum, dem jungen Erkrankungsalter, der Krankheitsdauer, einer erhöhten Entzündungsaktivität und anderen diagnostischen Kriterien [7]. Auch eine Korrelation mit der Progression und dem Ausmaß der destruierenden Veränderungen peripherer Gelenke wurde beobachtet.

Interessanterweise verhindert eine DMARDs-Therapie zwar eine
Manifestation im Bereich der HWS, jedoch schreitet die Progression bereits vorhandener zervikaler Veränderungen trotz Therapie fort [9]. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit eines rechtzeitigen Therapiebeginns.

Manifestationsort ist überwiegend die obere HWS, insbesondere die atlantoaxialen Gelenke, wobei das synovitische Pannusgewebe zu knöchernen Erosionen und Destruktion der Bandstrukturen führt (Abb. 2). In deren Folge kommt es zu einer vermehrten Gleitbewegung zwischen Atlas und Axis mit konsekutiver Instabilität (atlantoaxiale Instabilität) oder gar Subluxationen (atlantoaxiale Subluxation). Am häufigsten sind anteriore Subluxationen des Atlas sowie Erosionen oder Frakturen der Densbasis zu beobachten, seltener ist eine posteriore oder vertikale Subluxation des Atlas anzutreffen. Bei Letztgenannter kommt es zu einer vertikalen Migration des Dens axis in das Foramen magnum, was als cranial setting, basiliäre Impression oder Invagination bezeichnet wird.

Die initiale klinische Symptomatik einer zervikalen Beteiligung der Rheumatoiden Arthritis ist eher unspezifisch. Klassischerweise klagen die Patienten zunächst über Nackenschmerzen mit einer Ausstrahlung dem Dermatom C2 entsprechend. Die Symptomatik lässt sich in der klinischen Untersuchung bei einem Teil der Patienten durch gezielten Druck auf den Dornfortsatz von C2 provozieren [12]. Auch Kopfschmerzen geben rund 60 % der Patienten mit atlantooccipitaler Instabilität und bis zu 100 % der Patienten mit basilärer Impression an. Als ursächlich wird eine lokale Kompression der Nn. occipitalis major et minor angenommen [21]. Ergänzend führt eine lokale Reizung des N. auricularis magnus zu Schmerzen im Bereich des Processus mastoideus [21]. Nicht ungewöhnlich sind auch rezidivierende Parästhesien im Bereich der oberen Extremität bei Kopfbewegungen. Ursächlich hierfür ist eine Kompression der Vertebralarterien durch vertikale Subluxation des Dens.

Im weiteren Verlauf stellt sich bei progredienter Destruktion der Gelenke eine zunehmende Bewegungseinschränkung ein [12]. Nicht selten wird über einen nach vorne fallenden Kopf sowie über Krepitationen berichtet [26]. Kothe und Nygyuen beschreiben beide ein pathologisches Lhermitte-Zeichen bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis [12, 21].

Neurologische Symptome stellen sich meist erst spät ein, sind prognostisch allerdings ungünstig. Sie korrelieren nicht zwingend mit dem Grad der Subluxation. Zu ihnen gehören Bewusstseinsstörung, Dysphagie, Schwindel, Konvulsionen, Dysarthrien, Nystagmus, periphere Parästhesien bis hin zur Hemiparese. Zeichen einer beginnenden zervikalen Myelopathie sind eine Gangunsicherheit im Dunkeln, eine Schwäche der Extremitäten sowie eine Dysästhesie der Hände. Zur Klassifizierung des klinischen Ausprägungsgrads der Rheumatoiden Arthritis hat sich die Ranawat-Klassifikation (Tab. 1) etabliert [24].

Dem hingegen ist die Spondylitis ankylosans eine typische Erkrankung des jüngeren Erwachsenen und beginnt in der Regel zwischen dem 20. bis 45. Lebensjahr.

Ähnlich wie die Rheumatoide Arthritis zeigt sie einen unspezifischen Krankheitsbeginn mit nächtlichen Rückenschmerzen mit Erwachen in der 2. Nachthälfte, Morgensteifigkeit, Besserung der Beschwerden bei Bewegung sowie durch die Einnahme von NSAR.

Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Abnahme der Beweglichkeit der Wirbelsäule, sodass das natürliche Alignement aufgehoben wird. Die Folge ist eine Abnahme der lumbalen Lordose mit konsekutiver Zunahme der Kyphose und die damit verbundene Hyperlordose der HWS, wodurch es zu einer Deviation der Blickachse der Patienten nach kaudal kommt. Nicht selten geht die Erkrankung mit einer Osteoporose oder Osteopenie einher, in deren Folge sich eine weitere Verschlechterung der Kyphose durch Wirbelkörperfrakturen manifestiert. Neurologische Kompressionssyndrome oder eine Myelopathie sind im Gegensatz zur Rheumatoiden Arthritis nicht beschrieben.

Bei extraspinalen Manifestationen ist die asymmetrische, meist nicht erosive Oligoarthritis zu nennen, wobei insbesondere die Gelenke der unteren Extremität, allen voran das Hüftgelenk betroffen sind. Auch aufzuführen sind Enthesitiden, die anteriore Uveitis, Psoriasis der Haut, Daktylitis oder Kolitiden. Wesentlich seltener stellt sich im Krankheitsverlauf eine pulmonale oder kardiale Beteiligung des Reizleitungssystems ein.

Der Krankheitsverlauf ist sehr variabel, wobei es nur bei 15–25 % der Patienten nach Jahren zu den radiologisch erkennbaren typischen Umbauvorgängen kommt. Prognostisch ungünstig sind frühe radiologisch sichtbare Veränderungen, eine ausgedehnte Osteitis in der initialen MRT der Iliosakralgelenke sowie eine Beteiligung der Hüftgelenke und der HWS zu werten. Auch das männliche Geschlecht, das Vorliegen einer peripheren Arthritis sowie Nikotinabusus gelten als Risikofaktoren für einen schlechten Verlauf.

Diagnostik

Zur Diagnostik einer atlantoaxialen Beteiligung bei Rheumatoider Arthritis ist die konventionelle Röntgenaufnahme der HWS in 2 Ebenen mit zusätzlicher Denszielaufnahme unerlässlich. Ergänzend müssen zur Beurteilung der Stabilität Funktionsaufnahmen in Flexions-/Extensionsbewegung der Halswirbelsäule durchgeführt werden [10, 30]. Aufgrund des geringen Aufwands wird von einigen Autoren gar der Einsatz der konventionellen Bildgebung im Rahmen von Screening-Untersuchungen empfohlen [6].

Das Ausmaß ossärer Destruktionen, pathologischer Veränderungen des Weichgewebes oder eine spinale Kompression und Myelopathie entziehen sich den konventionellen Röntgenaufnahmen [18]. Daher ist bei Auffälligkeiten in der klinischen Untersuchung, wie eine neu aufgetretene neurologische Symptomatik, oder bei radiologisch sichtbaren Veränderungen eine weiterführende Schnittbilddiagnostik im Sinne einer Computertomografie und Kernspintomografie unerlässlich [14, 27].

Zur Diagnostik und Beurteilung einer basilären Invagination bedarf es eines sagittalen Bilds, anhand dessen diagnostische Kriterien Anwendung finden [6]. Die Chamberlain-Linie ist definiert durch die Verbindung vom dorsalen Ende des harten Gaumens bis zur hinteren Begrenzung des Foramen magnum, die McGregor-Linie ausgehend vom harten Gaumen zum tiefsten Punkt des Occiput. Beide Linien sind Kriterien für das Vorliegen einer basilären Invagination. Das Clark-Stadium beschreibt das Vorliegen eines cranial settings . Hierfür wird der Dens axis in 3 gleich große Areale aufgeteilt. Das Ausmaß der Invagination wird durch die Distanz zwischen Verbindungslinie vom vorderen zum hinteren Atlasbogen und dem Zentrum der Densbasis nach Ranawat beschreiben. Je kleiner dieser Abstand, desto ausgeprägter ist die Invagination. Auch der von Redlund-Johnell beschriebene Abstand zwischen dem Zentrum der unteren Deckplatte C2 zur McGregor-Linie ist ein Maß für die Ausprägung der Invagination (Abb. 3).

Die Diagnose der Spondylitis ankylosans ergibt sich aus der Kombination von Laborparametern, klinischen Symptomen und einer Bildgebung der ISG-Fugen zur Darstellung einer Sakroiliitis.

Neben dem „bunten Bild“ der radiologischen Veränderungen der ISG-Fugen (perlschnurartige Knochendefekte, Gelenkspaltverschmälerungen, gelenknahe Knochenverdichtungen etc.) sind die kastenartigen Verformungen der Wirbelkörper (Kastenwirbel, Tonnenwirbel), Syndesmophyten im thorakolumbalen Übergang sowie im Verlauf spangenartige Überbauungen der Zwischenwirbelräume (Bambusstab-Wirbelsäule) typische Veränderungen bei der Spondylitis ankylosans (Abb. 4).

Ergänzend empfiehlt sich eine MRT-Bildgebung zum Ausschluss der Kompression neuraler Strukturen, insbesondere aber auch um die M. Bechterew-typischen Verklebungen, durale Ektasien, ein tethered cord oder eine Arnold-Chiari-Malformation auszuschließen.

Die vormals zur Diagnosefindung zur Anwendung gekommenen New-York-Kriterien forderten den radiologischen Nachweis einer Sakroiliitis. Da sich radiologische Veränderungen hier meist aber sehr spät manifestieren, waren die Kriterien zur Frühdiagnostik der axialen Spondylitis ungeeignet. Nicht selten resultierte eine Diagnoseverzögerung von 5–10 Jahren. Die neu geltenden ASAS-Klassifikationskriterien berücksichtigen nun auch jene Patienten, bei denen noch keine radiologischen Veränderungen im konventionellen Röntgen sichtbar sind, was eine Anwendung bereits im Frühstadium der Erkrankung möglich macht (Abb. 5). Dennoch liegt die Sensitivität und Spezifität bei nur etwa 80 %.

Therapien

Die Behandlung der Rheumatoiden Arthritis als auch der Spondylitis ankylosans – mit Ausnahme des Vorliegens einer Fraktur – erfolgt primär konservativ und beinhaltet neben nicht medikamentösen Maßnahmen, wie Krankengymnastik und Ergotherapie, eine multimodale medikamentöse Therapie.

Auch wenn nicht abschließend bewiesen, hat der frühe medikamentöse Therapiebeginn mit DMARDs bei beiden Erkrankungen einen positiven Einfluss auf den Verlauf. Beispielsweise reduziert sich das Risiko einer zervikalen Beteiligung im Rahmen der Rheumatoiden Arthritis [8, 13].

Aber auch die symptomatische, antiphlogistisch-analgetische Therapie trägt durch Schmerzlinderung und Entzündungshemmung zu einer Verbesserung der Lebensqualität bei.

Bei therapierefraktären Schmerzzuständen, radiologisch gesicherter Instabilität, Frakturen und damit assoziierten neurologischen Defiziten spielt die konservative Therapie lediglich in der Symptombehandlung eine Rolle; zur Vermeidung weiterer Komplikationen bedarf es einer operativen Intervention. Aufgrund des komplexen Patientenkollektivs sollte die operative Behandlung in spezialisierten Zentren erfolgen, in denen neben der entsprechenden Expertise eine enge Kooperation mit Rheumatologen besteht.

Operative Therapie der Rheumatoiden Arthritis

Neben den zuvor geschilderten Indikationen hinsichtlich eines operativen Vorgehens bei axialer Manifestation der Rheumatoiden Arthritis wird von einigen Autoren schon im Frühstadium der Erkrankung eine Intervention empfohlen, nachdem dadurch ein positiver Effekt auf den Krankheitsverlauf nachgewiesen werden konnte [3].

Bei der isolierten atlantoaxialen Instabilität ohne basiliäre Invagination ist die C1/C2-Fusion weiterhin Mittel der Wahl. Bewährt hat sich hierfür die Technik nach Harms, bei welcher polyaxiale Schrauben in die Massa lateralis von C1 sowie im Verlauf der Pars interarticularis in C2 platziert werden (Abb. 6a) [5]. Zu beachten ist bei dieser Technik das erhöhte Blutungsrisiko aus dem venösen Plexus als auch die Gefahr einer Verletzung der A. vertebralis. Hier hat die transartikuläre Fusion nach Magerl ihre Vorteile. Dabei wird das atlantoaxiale Facettengelenk über 2 von dorsal eingebrachten Schrauben fusioniert. Ein additiv eingebrachter Knochenspan zwischen dem hinteren Atlasbogen und dem Dornfortsatz von C2 dient neben der Fusion der biomechanisch wichtigen 3-Punkte-Fixierung. Ziel ist die Vermeidung einer übermäßigen zervikalen Lordose [4]. Alternativ zum Beckenkammspan besteht die Möglichkeit, eine Atlasklammer additiv zur transartikulären Verschraubung mit additiver Spongiosaanlagerung zu implantieren (Abb. 6b).

Von einer alleinigen Stabilisierung ohne Spongiosa oder Knochenersatzmaterial wird dringend abgeraten [12].

Vorteile der Magerl- im Vergleich zur Harms-Technik liegen in einem deutlich reduzierten Blutverlust sowie einer geringeren Operationszeit. Das klinische Ergebnis ist nach beiden Verfahren hervorragend und unterscheidet sich nicht.

Bei zusätzlicher vertikaler Instabilität oder fortgeschrittenen Destruktionen im occipitocervicalen Übergang reicht die alleinige C1/C2-Fusion nicht aus und die Fusion muss auf das Occiput erweitert werden (Abb. 7). Da die Einschränkungen der Beweglichkeit für den Patienten gravierend sind, sollte die Indikation hierfür allerdings sehr streng gestellt werden.

Um der Vollständigkeit Rechnung zu tragen sei erwähnt, dass in extrem seltenen Fällen bei ausgeprägter ventraler Hirnstammkompression durch den Dens axis eine Densresektion notwendig werden kann. Typischerweise erfolgt dies transoral, ist allerdings mit erheblichen Risiken vergesellschaftet. Alternativ kann die Resektion endoskopisch über einen transnasalen Zugang durchgeführt werden, wie von Gempt et al. beschrieben [6].

Wesentlich seltener als eine zervikale Manifestation sind lumbale Affektionen im Rahmen der Rheumatoiden Arthritis. Hauptprobleme sind dabei die durch entzündliche Veränderungen bedingten Spinalkanalstenosen sowie die sekundäre Spondylolisthesis als Folge der spinalen Instabilität.

Bei der reinen lumbalen Stenose mit dem klassischen Beschwerdebild der Claudicatio spinales ist die mikrochirurgische Dekompression des entsprechenden Segments das Mittel der Wahl. Hierdurch kann im ersten postoperativen Jahr bei 90 % der Patienten mit Rheumatoider Arthritis die Gehstrecke verlängert und die präoperative Schmerzsymptomatik deutlich reduziert werden [23]. Das Alter, die Anzahl der dekomprimierten Höhen und die Komorbiditäten haben dabei keinen Einfluss auf das operative Ergebnis [23]. Bei zusätzlicher Instabilität bedarf es neben der Dekompression der additiven Instrumentierung und Fusion.

Ein weiteres Problem des Patientenkollektivs ergibt sich aus der meist langjährigen Kortisoneinnahme und den daraus resultierenden osteoporotischen Frakturen – überwiegend A1-
Frakturen in der Klassifikation nach Magerl. Dabei ist auch für rheumatologische Patienten der Nutzen der perkutanen Kyphoplastie zur Schmerzreduktion mit konsekutiver Verbesserung der Lebensqualität klar belegt [17].

Hinsichtlich der Komplikationsrate erscheinen Patienten mit Rheumatoider Arthritis und spinaler Beteiligung ein erhöhtes perioperatives Risiko zu haben. Ursächlich hierfür ist sicherlich neben den meist komplexen Pathologien auch die mit der Grunderkrankung einhergehenden Diagnosen wie Osteopenie, Osteoporose und schlechte Immunkompetenz. So liegen die Komplikationsraten gemäß einer Studie von Marques et al. bei rund 23 %, wobei vor allem eine Lazeration der A. vertebralis, eine Schraubenfehllage als auch die fehlende Fusion aufzuführen sind. Letztgenanntes lässt sich erwiesenermaßen durch die Verwendung rigider Techniken (Magerl bzw. Harms) minimeren.

Operative Therapie der Spondylitis ankylosans

Das grundlegende Problem der Spondylitis ankylosans ergibt sich aus den assoziierten ossären Umbauvorgängen, welche im Verlauf der Krankheit zu einem Haltungsverfall und einer Fehlstatik führen. Die Folge ist eine Einschränkung der Mobilität sowie eine erhöhte Sturzgefährdung. Dadurch, aber auch bedingt durch die fehlende Pufferfunktion zwischen den einzelnen Wirbelsäulensegmenten, ist das Risiko von Frakturen deutlich erhöht. Erschwerend kommt die oft noch vorliegende osteopene bzw. osteoporotische Knochenstruktur dazu. Insbesondere der Anteil an instabilen Flexions-/Distraktionsfrakturen ist mit über 65 % sehr hoch [1]. Hauptmanifestationsort ist mit bis zu 80 % die Halswirbelsäule, gefolgt von thorakalen Frakturen [16].

Für den Heilungsverlauf problematisch wirken sich die durch die Verknöcherung bedingten langen Hebelarme beidseits des Frakturspalts aus. Die konservative Therapie ist nicht zuletzt deswegen in den meisten Fällen nicht zielführend und mit einer hohen Komplikationsrate vergesellschaftet (Abb. 8).

Neben der Versorgung instabiler Frakturen stellt auch eine fortgeschrittene sagittale Dysbalance eine Operationsindikation dar. Neben der Horizontalisierung der Blickachse muss die Wiederherstellung der sagittalen Balance dabei als Ziel definiert werden [6].

Als weitere Indikation gilt die sogenannte Anderson-Läsion, welche 1937 erstmalig beschrieben wurde. Sie findet sich bei bis zu 10 % der Patienten mit Spondylitis ankylosans und manifestiert sich als destruktive diskovertebrale Läsion. Ohne Behandlung mündet sie meist in einer hoch instabilen Situation. Die Ätiologie ist abschließend nicht geklärt. Diskutiert werden inflammatorische Prozesse sowie Pseudoarthrosen im Rahmen von Ermüdungsfrakturen oder nach tatsächlichem Traumata.

Entscheidend für die Wahl des operativen Vorgehens ist die Frage nach der Notwendigkeit einer Korrektur des sagittalen Profils.

Die Frakturversorgung ohne angestrebte Korrektur der Deformität kann meist perkutan durchgeführt werden, wobei die Instrumentierung mindestens 3 Segmente auf jeder Seite der Fraktur miteinschließen sollte. Eine additive ventrale Gegenstabilisierung ist in den meisten Fällen hier nicht notwendig. Auch zervikale Frakturen sollten von dorsal instrumentiert und fusioniert werden, da die alleinige ventrale Spondylodese mittels Platte nicht die notwendige Stabilität erreicht.

Zur Wiederherstellung des sagittalen Profils bedarf es einer langstreckigen Aufrichtungsspondylodese und Osteotomie. Dabei stehen in Abhängigkeit vom Ausprägungsgrad der Deformität verschiedene Techniken zur Verfügung (Abb. 9).

Bei der Smith-Peterson-Osteotomie (SPO) erfolgt nach Darstellung der Laminae die Entfernung eines V-förmigen Resektionskeils aus der Lamina und dem Dornfortsatz (Abb. 9a). Durch die dorsale Kompression wird der Osteotomiespalt nachgehend über ein Schrauben-Stab-System geschlossen und so die Relordosierung erreicht. Dabei können segmentale Korrekturen von 8–12° erzielt werden, bei additiver ventraler Osteotomie sogar bis 25° [1].

Bei der Pedikelsubstraktionsosteotomie (PSO) erfolgt nach Laminektomie des Zielwirbels sowie partieller Dekompression der Nachbarlaminae die Resektion der Pedikel beidseitig bis zur Hinterkante (Abb. 9b). Anschließend wird ein nach ventral zulaufender Keil mitsamt der darüber liegenden Hinterkante aus dem Wirbelkörper entfernt. Durch dorsale Kompression kommt es zum Verschluss der Osteotomie und zur segmentalen Korrektur. Dabei können Korrekturraten zwischen 25–35°, selten auch über 40° erreicht werden [11]. Durch eine 2. Osteotomie lässt sich die Korrekturrate auf bis zu 70° steigern [22].

Aufgrund des langen Hebelarms durch die Verknöcherungen ist eine langstreckige Instrumentierung u.a. bis iliakal – zumindest passager – zu empfehlen.

Im Vergleich zu anderen Wirbelsäuleneingriffen besteht ein deutlich höheres Komplikationsrisiko. Dieses liegt im Rahmen elektiver Korrektureingriffe bei Patienten mit Spondylitis ankylosans um die 20 % und steigt in der Frakturversorgung auf bis zu 50 % [2, 28]. Komplikationen sind ein hoher Blutverlust, eine korrekturbedingte Einengung des Spinalkanals und der Neuroforamina sowie ein erhöhtes Risiko von Schraubenlockerungen und -ausrissen bei osteopener bzw. osteoporotischer Knochenstruktur. Das Risiko von Wundheilungsstörungen ist bei reduzierter Immunantwort und nicht zuletzt als Folge der medikamentösen Therapie ebenfalls deutlich erhöht.

Zusammenfassend ist bei diesem speziellen Patientenkollektiv eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den behandelnden Rheumatologen essenziell, um das Risiko von Komplikationen zu reduzieren und den klinischen Verlauf positiv zu gestalten. Aufgrund der patientenspezifischen Besonderheiten und der meist komplexen chirurgischen Eingriffe sollte daher die Behandlung speziellen Einrichtungen mit entsprechender Infrastruktur und Expertise vorenthalten sein.

Fazit für die Praxis

Patienten mit Rheumatoider Arthritis und Spondylitis ankylosans (M. Bechterew) weisen häufig spinale Affektionen auf.

Screening-Untersuchung der Rheumatoiden Arthritis ist das konventionelle Röntgenbild der HWS sowie beim M. Bechterew das Röntgenbild des Iliosakralgelenks. Im Verlauf zeigt sich beim M. Bechterew auf Grund der Ossifikation des vorderen Längsbands die „Bambusstab-Wirbelsäule“.

Patienten mit Rheumatoider Arthritis und Affektion der Halswirbelsäule sollten zum Ausschluss spinaler Instabilitäten engmaschig radiologisch kontrolliert werden.

Pathologische Ergebnisse der neurologischen Untersuchung (Ranawat-Score) sollten zu einer schnellen MRT-/CT-Diagnostik führen.

Bei der MRT-Untersuchung ist im Rahmen der Rheumatoiden Arthritis auf ein entzündliches Pannusgewebe sowie eine spinale Stenose zu achten. Beim M. Bechterew müssen Bechterew-typischen duralen Verklebungen, durale
Ektasien, ein tethered cord oder eine Arnold-Chiari-Malformation ausgeschlossen werden.

Eine CT-Untersuchung ist zur Darstellung der ossären Destruktion sowie Frakturdiagnostik unerlässlich.

Bei der rheumatischen Affektion der Halswirbelsäule durch die Rheumatoide Arthritis sollte eine frühzeitige operative Versorgung erfolgen, um einen weiteren Progress zu vermeiden.

Ziel der chirurgischen Therapie des M. Bechterew ist die Wiederherstellung des sagittalen Profils, die Aufrichtung der Blickachse sowie die damit verbundene Verbesserung der Lebensqualität. Dies erfolgt über eine dorsale Korrekturspondylodese mit Osteotomien der Wirbelkörper.

Patienten mit M. Bechterew können durch Bagatelltraumata Hyperextensionsverletzungen an der Wirbelsäule erleiden. Bei neurologischen Defiziten sollte eine umgehende operative Versorgung mittels langstreckiger, dorsaler Spondylodese erfolgen.

Patienten mit Rheumatoider Arthritis und M. Bechterew haben ein hohes perioperatives Risiko für Komplikationen. Operationen sollten daher in engmaschiger Zusammenarbeit mit den behandelnden Rheumatologen geplant werden.

Interessenskonflikt:

Keine angegeben.

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Korrespondenzadresse

Dr. med. Stephanie Hopf

Klinik für Orthopädie und

Unfallchirurgie

Universitätsklinikum Köln (AöR)

Kerpener Straße 62

50937 Köln

Stephanie.hopf@uk-koeln.de

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