Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Operative Intervention im Bereich der Wirbelsäule bei rheumatischen Affektionen

Die initiale klinische Symptomatik einer zervikalen Beteiligung der Rheumatoiden Arthritis ist eher unspezifisch. Klassischerweise klagen die Patienten zunächst über Nackenschmerzen mit einer Ausstrahlung dem Dermatom C2 entsprechend. Die Symptomatik lässt sich in der klinischen Untersuchung bei einem Teil der Patienten durch gezielten Druck auf den Dornfortsatz von C2 provozieren [12]. Auch Kopfschmerzen geben rund 60 % der Patienten mit atlantooccipitaler Instabilität und bis zu 100 % der Patienten mit basilärer Impression an. Als ursächlich wird eine lokale Kompression der Nn. occipitalis major et minor angenommen [21]. Ergänzend führt eine lokale Reizung des N. auricularis magnus zu Schmerzen im Bereich des Processus mastoideus [21]. Nicht ungewöhnlich sind auch rezidivierende Parästhesien im Bereich der oberen Extremität bei Kopfbewegungen. Ursächlich hierfür ist eine Kompression der Vertebralarterien durch vertikale Subluxation des Dens.

Im weiteren Verlauf stellt sich bei progredienter Destruktion der Gelenke eine zunehmende Bewegungseinschränkung ein [12]. Nicht selten wird über einen nach vorne fallenden Kopf sowie über Krepitationen berichtet [26]. Kothe und Nygyuen beschreiben beide ein pathologisches Lhermitte-Zeichen bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis [12, 21].

Neurologische Symptome stellen sich meist erst spät ein, sind prognostisch allerdings ungünstig. Sie korrelieren nicht zwingend mit dem Grad der Subluxation. Zu ihnen gehören Bewusstseinsstörung, Dysphagie, Schwindel, Konvulsionen, Dysarthrien, Nystagmus, periphere Parästhesien bis hin zur Hemiparese. Zeichen einer beginnenden zervikalen Myelopathie sind eine Gangunsicherheit im Dunkeln, eine Schwäche der Extremitäten sowie eine Dysästhesie der Hände. Zur Klassifizierung des klinischen Ausprägungsgrads der Rheumatoiden Arthritis hat sich die Ranawat-Klassifikation (Tab. 1) etabliert [24].

Dem hingegen ist die Spondylitis ankylosans eine typische Erkrankung des jüngeren Erwachsenen und beginnt in der Regel zwischen dem 20. bis 45. Lebensjahr.

Ähnlich wie die Rheumatoide Arthritis zeigt sie einen unspezifischen Krankheitsbeginn mit nächtlichen Rückenschmerzen mit Erwachen in der 2. Nachthälfte, Morgensteifigkeit, Besserung der Beschwerden bei Bewegung sowie durch die Einnahme von NSAR.

Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Abnahme der Beweglichkeit der Wirbelsäule, sodass das natürliche Alignement aufgehoben wird. Die Folge ist eine Abnahme der lumbalen Lordose mit konsekutiver Zunahme der Kyphose und die damit verbundene Hyperlordose der HWS, wodurch es zu einer Deviation der Blickachse der Patienten nach kaudal kommt. Nicht selten geht die Erkrankung mit einer Osteoporose oder Osteopenie einher, in deren Folge sich eine weitere Verschlechterung der Kyphose durch Wirbelkörperfrakturen manifestiert. Neurologische Kompressionssyndrome oder eine Myelopathie sind im Gegensatz zur Rheumatoiden Arthritis nicht beschrieben.

Bei extraspinalen Manifestationen ist die asymmetrische, meist nicht erosive Oligoarthritis zu nennen, wobei insbesondere die Gelenke der unteren Extremität, allen voran das Hüftgelenk betroffen sind. Auch aufzuführen sind Enthesitiden, die anteriore Uveitis, Psoriasis der Haut, Daktylitis oder Kolitiden. Wesentlich seltener stellt sich im Krankheitsverlauf eine pulmonale oder kardiale Beteiligung des Reizleitungssystems ein.

Der Krankheitsverlauf ist sehr variabel, wobei es nur bei 15–25 % der Patienten nach Jahren zu den radiologisch erkennbaren typischen Umbauvorgängen kommt. Prognostisch ungünstig sind frühe radiologisch sichtbare Veränderungen, eine ausgedehnte Osteitis in der initialen MRT der Iliosakralgelenke sowie eine Beteiligung der Hüftgelenke und der HWS zu werten. Auch das männliche Geschlecht, das Vorliegen einer peripheren Arthritis sowie Nikotinabusus gelten als Risikofaktoren für einen schlechten Verlauf.

Diagnostik

Zur Diagnostik einer atlantoaxialen Beteiligung bei Rheumatoider Arthritis ist die konventionelle Röntgenaufnahme der HWS in 2 Ebenen mit zusätzlicher Denszielaufnahme unerlässlich. Ergänzend müssen zur Beurteilung der Stabilität Funktionsaufnahmen in Flexions-/Extensionsbewegung der Halswirbelsäule durchgeführt werden [10, 30]. Aufgrund des geringen Aufwands wird von einigen Autoren gar der Einsatz der konventionellen Bildgebung im Rahmen von Screening-Untersuchungen empfohlen [6].

Das Ausmaß ossärer Destruktionen, pathologischer Veränderungen des Weichgewebes oder eine spinale Kompression und Myelopathie entziehen sich den konventionellen Röntgenaufnahmen [18]. Daher ist bei Auffälligkeiten in der klinischen Untersuchung, wie eine neu aufgetretene neurologische Symptomatik, oder bei radiologisch sichtbaren Veränderungen eine weiterführende Schnittbilddiagnostik im Sinne einer Computertomografie und Kernspintomografie unerlässlich [14, 27].

Zur Diagnostik und Beurteilung einer basilären Invagination bedarf es eines sagittalen Bilds, anhand dessen diagnostische Kriterien Anwendung finden [6]. Die Chamberlain-Linie ist definiert durch die Verbindung vom dorsalen Ende des harten Gaumens bis zur hinteren Begrenzung des Foramen magnum, die McGregor-Linie ausgehend vom harten Gaumen zum tiefsten Punkt des Occiput. Beide Linien sind Kriterien für das Vorliegen einer basilären Invagination. Das Clark-Stadium beschreibt das Vorliegen eines cranial settings . Hierfür wird der Dens axis in 3 gleich große Areale aufgeteilt. Das Ausmaß der Invagination wird durch die Distanz zwischen Verbindungslinie vom vorderen zum hinteren Atlasbogen und dem Zentrum der Densbasis nach Ranawat beschreiben. Je kleiner dieser Abstand, desto ausgeprägter ist die Invagination. Auch der von Redlund-Johnell beschriebene Abstand zwischen dem Zentrum der unteren Deckplatte C2 zur McGregor-Linie ist ein Maß für die Ausprägung der Invagination (Abb. 3).

Die Diagnose der Spondylitis ankylosans ergibt sich aus der Kombination von Laborparametern, klinischen Symptomen und einer Bildgebung der ISG-Fugen zur Darstellung einer Sakroiliitis.

Neben dem „bunten Bild“ der radiologischen Veränderungen der ISG-Fugen (perlschnurartige Knochendefekte, Gelenkspaltverschmälerungen, gelenknahe Knochenverdichtungen etc.) sind die kastenartigen Verformungen der Wirbelkörper (Kastenwirbel, Tonnenwirbel), Syndesmophyten im thorakolumbalen Übergang sowie im Verlauf spangenartige Überbauungen der Zwischenwirbelräume (Bambusstab-Wirbelsäule) typische Veränderungen bei der Spondylitis ankylosans (Abb. 4).

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