Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2013

Rehabilitation bei orthopädischen Hüftproblemen

Die Thermotherapie bewirkt über eine Vasodilatation der kapillären Endstrombahn eine lokale Temperaturerhöhung und damit eine Steigerung der Durchblutung und des Stoffwechsels; der Tonus der Muskulatur wird leicht herabgesetzt, die Dehnbarkeit der kollagenen Gewebe verbessert (sog. Bewegungsstarter). Zu unterscheiden sind Ganzkörperanwendungen wie Vollbäder oder Dampfduschen von Maßnahmen mit umschriebenem Einsatz trockener oder feuchter Wärme und letztendlich Teilbäder. Hauptindikation im Rahmen der Rehabilitation sind vor allem chronisch entzündliche Gelenkprozesse [15].

Im Gegensatz hierzu wird die Kälte- oder Kryotherapie zum lokalen Wärmeentzug eingesetzt. Über eine initiale Vasokonstriktion kommt es zur Herabsetzung der Durchblutung mit Ödemhemmung, Verlangsamung der Stoffwechselvorgänge (Abnahme der Aktivität enzymatischer Gelenkbinnenprozesse), aber auch zu einer Muskeldetonisierung (Auflösung spastischer Muster) und einer ausgeprägten Analgesie über die Herabsetzung der nervalen Aktivität. Typische Anwendungsformen sind Eis- oder spezielle anmodellierbare Gelpackungen, Kältesprays, Eiskompressen, Eismassagen, Blitzgüsse, Kaltluft sowie kalte Peloidpackungen und Retterspitzwickel. Wichtige Indikationen sind akute Gelenkbinnenreizustände (frisch posttraumatisch, entzündlich, Gicht), aktivierte Arthrosen, aber auch als einleitende Maßnahme vor Durchführung krankengymnastischer Übungen.

Bei der Gesamtkörperkältetherapie wird der Patient in einer speziellen Kältekammer im Badeanzug unter Schutz der Akren eine halbe bis 3 Minuten einer Temperatur um etwa –110 °C ausgesetzt. Haupteffekte sind eine Schmerzlinderung, die Verbesserung der Gelenkfunktionen sowie eine allgemeine Leistungssteigerung. Wichtige Indikationen im Rahmen der Rehabilitation sind chronisch entzündliche Gelenkerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis), weichteilrheumatische Krankheitsbilder, Kollagenosen, auch Autoimmunerkrankungen.

Die Anwendung von Wärme oder Kälte mit Wasser als Temperaturträger wird als Hydrotherapie bezeichnet, wobei evtl. zusätzliche mechanische Maßnahmen (Reibungen, Bürstungen, Güsse), aber auch natürliche bzw. externe Zusatzstoffe wie Salze, Öle, Pflanzenextrakte u.a.m. eingesetzt werden können.

Bei der Balneotherapie bedeutsam ist der muskelentspannende Effekt des warmen Wassers (34–36 °C) zur Linderung von Gelenkschmerzen, v.a. aber die Erleichterung der Durchführung aktiver Bewegungen durch den Wasserauftrieb sowie die Ausnutzung des Wasserwiderstands. Die axiale Belastung der unteren Extremität beträgt im flüssigen Medium nur etwa ein Zehntel des Körpergewichts (wichtig in der frühen postoperativen Entlastungsphase!). Neben den physikalischen Effekten des Mediums Wasser ist für die Rehabilitation vor allem die gleichzeitige Durchführung einer krankengymnastischen Mobilisationsbehandlung von grundlegender Bedeutung.

Im Rahmen der Elektrotherapie ist der menschliche Körper Teil des Stromkreises: insgesamt oder aber nur ein bestimmtes Körperareal. Des Weiteren werden auch elektromagnetische Felder und Schwingungen zur lokalen Behandlung eingesetzt. Grundsätzlich gilt: Je akuter der Prozess, desto kürzer die Behandlung; je chronischer der Verlauf, desto länger kann behandelt werden.

Bei den niederfrequenten Strömen (bis zu 1000 Hz) liegen die applizierten Stromstärken deutlich unter der subjektiven Toleranzgrenze von 1 mA/cm2 Hautoberfläche; verwendet werden meist Metallelektroden (Zinkbleche) mit feuchten Schwämmen. Anwendungsformen sind die stabile Quergalvanisation zur Schmerzlinderung im Bereich von Triggerpunkten (bei akuten Prozessen 3–5 min, bei chronischem Verlauf 5–30 min), das Zellenbad (Extremitäten-Teilbad mit stabiler galvanischer Stromapplikation) zum Einsatz bei degenerativen Arthritiden (Behandlungsdauer 10–15 min.) sowie das Stangerbad (Ganzkörperbad mit stabilen galvanischen Strömen) im Falle multiartikulärer Prozesse (Behandlungsdauer 10–30 min.).

Bei der Iontophorese (Stromstärke 0,5–1 mA/cm2 Elektrodenfläche) erfolgt ein transkutan gerichteter Ionentransport im Zuge eines galvanischen Stromdurchflusses zwischen großflächigen Plattenelektroden (unter der Anode resultieren eine Schmerzlinderung und muskuläre Detonisierung, unter der Kathode eine besonders starke Hyperämisierung; Behandlungsdauer 5–30 min.). Hauptindikation sind periarthropathische Reizzustände, wobei die im Stromfeld wandernden negativ geladene Medikamente (z.B. Salizylsäure 3 %, Nikotinsäure 3 %, Hirudin u.a.) unter der Kathode, positiv geladene Substanzen (z.B. Histamin 3 : 100.000, Lokalanästhetika 2–5 %, Vitamin B, Acetylcholin u.a.) unter die Anode gebracht werden müssen.

Die ebenfalls niederfrequenten diadynamischen Bernardschen Impulsströme (50–100 Hz; Impulsdauer 10 msec) sind in modulierbarer Form von einem in seiner Intensität frei einstellbaren Gleichstrom (2 mA) überlagert. Aufgrund ihrer guten analgetischen und hyperämisierenden Wirkung mit Begünstigung der Resorptionsförderung werden sie in erster Linie bei akuten traumatischen exsudativen arthritischen Reizzuständen eingesetzt.

Das TENS-Verfahren (transkutane elektrische Nervenstimulation) dient der rein symptomatischen lokalen Schmerzbekämpfung durch Reizung peripherer Nervenendigungen mit sekundärer Blockade der Schmerzweiterleitung im Bereich der Hinterhornneurone durch rechteckförmige Impulsströme (batteriebetriebenes Taschengerät; Amplitude 10–85 mA; Frequenz 40–120 Hz; Behandlungsdauer 20–30 min). Eine wichtige Indikation sind schmerzhafte Mobilisationen bei Kontrakturen.

Mittelfrequente Ströme (1.000–300.000 Hz) führen zu einer asynchronen Antwort der erregbaren Zellen; aufgrund des niedrigen kapazitiven Gewebewiderstands wird nur eine geringe Stromspannung benötigt (hohe Stromdichte ohne sensible Hautbelastung möglich). Bei der meist üblichen Nemectrodyn -Anwendung erfolgt eine Wechselstrombehandlung mit Interferenz von 2 frequenz- und phasenverschobenen Stromkreisen mit konsekutiver Reizerhöhung in deren Überlappungsgebiet (Interferenz-Frequenz 100–200 Hz; tägliche Anwendungsdauer bei akuter Symptomatik 5–10 min., im Falle chronischer Prozesse 12–15 min.). Hauptindikationen sind muskuläre Dysfunktionen und Gelenkbinnenirritationen.

Hochfrequente Ströme (über 300.000 Hz) zeitigen aufgrund ihrer nur kurzen Impulsdauer lediglich einen chemischen Reiz mit ausschließlicher Wärmewirkung durch elektromagnetische Wellen (sog. Diathermie). Ein unmittelbarer Hautkontakt der Elektroden ist nicht erforderlich, im Gegensatz zu anderen Formen der Wärmeapplikation kommt es hier zu einer nur geringen Kreislaufbelastung. Wichtige Effekte sind die lokale Hyperämisierung und Stoffwechselsteigerung, eine gute Analgesie, die muskuläre Detonisierung sowie die Viskositätserhöhung der Synovialflüssigkeit.

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