Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2013

Rehabilitation bei orthopädischen Hüftproblemen

Anwendungsformen: Kurzwelle (27,12 MHz; Wellenlänge 11,062 m), Dezimeterwelle (433,92 MHz); Wellenlänge 0,69 m), Mikrowelle (2450 MHz; Wellenlänge O,122 m).

Die pulsierende Signaltherapie (PST) wird in den letzten Jahren im Falle subjektiv beeinträchtigender, degenerativ bedingter Gelenkveränderungen als schmerzfreie Alternative zu einer Gelenkoperation propagiert; die Applikation von Gleichstromimpulsen zielt angeblich auf die Selbstheilungskräfte des Körpers ab und versucht, bei Vorliegen einer Arthrose körpereigene Prozesse zur Regeneration von Knorpelzellen anzuregen. Die Effizienz dieser Methode ist bis heute nicht eindeutig belegt, weswegen die Gesetzlichen Krankenkassen eine Kostenübernahme ablehnen.

Bei der Ultraschalltherapie erfolgt eine lokale Wärmeerzeugung durch mechanische Longitudinalschwingungen; Hauptwirkungsort ist in erster Linie der Grenzflächenbereich unterschiedlicher Dichte (z.B. am Übergang von Weichteilen zum Knochengewebe, wo eine Schallreflexion erfolgt). Die Eindringtiefe der Schallwellen liegt bei etwa 3–6 cm. Ein Luftspalt zwischen Schallkopf und Oberhaut wird nicht überwunden, daher ist ein direkter Hautkontakt erforderlich. Sowohl eine statische (ruhender Schallkopf) als auch eine dynamische Applikation (bewegter Schallkopf, hier reduzierte Verbrennungsgefahr) sind möglich, ebenso wie eine Kombination mit Ankopplungsmedien (Externa wie Salben, Öle oder Gele; sog. Ultraphonophorese) aber auch diadynamischen Strömen (sog. Phonoiontophorese). Haupteffekte sind die Permeabilitäts- und damit Diffusionssteigerung des durchfluteten Gewebes mit Stoffwechselerhöhung, eine lokale Analgesie mit muskulärer Relaxation und Lösung von Gewebeverklebungen, somit insgesamt eine Verbesserung der Gewebetrophik. Hauptindikation im Rahmen der Rehabilitation sind periarthralgische Reizzustände, Sehnenansatzirritationen, Verwachsungen und Narbenbildungen.

Die Magnetfeldbehandlung (Einsatz extrem niederfrequenter, gepulster Magnetfelder niedriger Intensität) besitzt bei Hüftgelenkerkrankungen im Rahmen der Rehabilitation keine wesentliche Bedeutung. Ihre Effizienz in der Behandlung aseptischer partieller Hüftkopfnekrosen bzw. zur Förderung der Osteointegration zementfreier Alloplastiken ist wissenschaftlich nicht belegt.

In seltenen Fällen sonstiger therapierefraktärer arthritischer oder periarthropathischer Reizzustände kann als Methode der 2. Wahl eine Röntgenreizbestrahlung erfolgen, wenn die veränderte lokale Stoffwechsellage eine Erhöhung der Empfindlichkeit auf ionisierende Strahlen mit sich bringt.

Bei einer Massage-Behandlung werden tiefer gelegene Propriozeptoren von Sehnen, Bändern, Gelenkkapseln und Muskeln gereizt und damit verspannte oder verhärtete Gewebestrukturen wieder gelockert. Unterschieden werden Muskelmassagen, mechanische Massagen (Bürstungen, Stäbchenmassage, Vakuumsaugung, manuelle Lymphdrainage im Falle peripherer ödematöser Umlaufstörungen) sowie die Unterwasser(druckstrahl)massage. Die Reflexzonenmassage führt über eine Beeinflussung eines entfernt liegenden Zielorgans (Erregung, Hemmung) entlang kutisviszeraler Wege zu einer Reduktion von überwiegend weichteilbedingten Schmerzbildern. Wichtige Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Rehabilitation sind schmerzhafte Verspannungen, Verkürzungen oder Verhärtungen der gelenkumspannenden Muskulatur, Narbenbildungen, lokale postoperative Verwachsungen, Gelenkkontrakturen sowie letztendlich venöse oder lymphatische Umlaufstörungen der unteren Extremitäten in der frühen postoperativen Phase zur Unterstützung der Muskelpumpe.

Bewegungstherapeutische
Maßnahmen

Durch schonungsbedingten Wegfall der funktionellen Bewegungs- und Dehnungsreize im Gefolge schmerzhafter entzündlicher Gelenkbinnenreizzustände bzw. deren Folgeerscheinungen, auch durch längere Zeit fortbestehende postoperative Schmerzbilder kommt es nicht selten zu einer Schrumpfung der artikulären und periartikulären Weichteilstrukturen. Betroffen sind hier im Bereich der Hüfte vor allem die ventrale Gelenkkapsel, aber auch die Außenrotatoren- und Adduktorenmuskulatur sowie die 2-gelenkige ischiocrurale Muskulatur. Zum Erhalt bzw. zur Wiederherstellung eines Höchstmaßes an funktioneller Leistungsfähigkeit des betroffenen Gelenks ist deshalb in nahezu allen Fällen eine gezielte bewegungstherapeutische Behandlung erforderlich.

Bei der krankengymnastischen Einzelbehandlung werden Intensität sowie Dosierung der einzelnen Übungsteile von der aktuellen Krankheitsaktivität, aber auch vom Ausmaß der gegebenen Funktionsbeeinträchtigung des betroffenen Gelenks bestimmt; weitgehende Schmerzfreiheit sowie ausreichende Erholungspausen sollten gewährleistet sein. Eine möglichst kontinuierliche tägliche Behandlung, evtl. auch in zusätzlicher Eigenregie durch den Patienten selbst, ist erstrebenswert. Mit Ausnahme des Treppensteigens sowie des Arbeitens gegen erheblichen mechanischen Widerstand wird eine Leistungsanforderung von 25 Watt/min. im Allgemeinen nicht überschritten.

Primäre Ziele einer krankengymnastischen Behandlung im Rahmen der Rehabilitation:

  • Schmerzlinderung durch Entlastung des Gelenkes (z.B. Traktionen; funktionsgerechte, kontrakturvorbeugende Lagerung; Schlingentischanwendung),
  • Detonisierung hypertoner periartikulärer Muskelgruppen durch vorsichtige Lockerungs- und Dehnungsübungen,
  • vorsichtige, schrittweise gesteigerte manuelle Dehnung einer geschrumpften und damit kontrakten Gelenkkapsel, evtl. mit zusätzlicher Wärmeapplikation, Quermassage, postisometrischer Relaxation,
  • Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit durch möglichst schmerzfreies passives Durchbewegen, aber auch durch widerlagernde Mobilisation im Rahmen der funktionellen Bewegungslehre (FBL), durch rhythmische Bewegungsübungen u.a.,
  • Kräftigung der gelenkumspannenden und -stabilisierenden Muskulatur und Korrektur von Fehlstellungen, z.B. durch gezielte aktive Spannungsübungen, PNF-Pattern, Einsatz von Therabändern u.a.,
  • Prävention eines muskulären Defizits durch gezielte aktive Übungen
  • Verbesserung der Knorpelernährung, z.B. durch intermittierende manuelle Traktionen, sachtes Trampolinspringen, Spazierengehen u.a.m.,
  • Verbesserung motorischer Funktionen wie Kraft, Ökonomie, Ausdauer, Koordination (Propriozeption) und Geschicklichkeit, z.B. durch Übungen auf labilem Untergrund wie einem Pezziball, Schaukelbrett, Trampolin o.ä.; Einsatz des Posturomeds,
  • Erlernen von Ersatzfunktionen (kompensatorische Bewegungsmuster),
  • Verbesserung des Gangbilds durch Korrektur von Ausgleichsbewegungen, Ganganalyse, evtl. auch durch Einsatz adäquater Gehhilfen.

Durch Übungen auf einer labilen Unterstützungsfläche (u.a. Schaukelbrett, Trampolin, Pezziball) werden auf die noch vorhandenen Mechanorezeptoren neue Reize gesetzt mit einer nachfolgenden Neuaktivierung propriozeptiver Afferenzmuster. Bei Einsatz der o.a. Geräte gibt es eine Vielzahl verschiedener Übungsangebote, die durch die Kreativität des Therapeuten variiert und ausgebaut werden können. In jedem Fall sollte hier eine Belastbarkeit des betroffenen Beins mit zumindest dem halben Körpergewicht erlaubt sein. Wird bei den nachfolgenden Übungen allerdings nur ein Bein belastet, ist von einer Vollbelastungssituation auszugehen.

In vielen Fällen besteht bei Patienten postoperativ nach künstlichem Hüftgelenksersatz eine eingeschränkte Extension (Aufhebung der physiologischen Überstreckung), die sich meist durch die langdauernde präoperative Schonhaltung erklären lässt. Diese Beugekontraktur bringt dann oft ein schlechtes Gangbild mit sich, weswegen Hüftpatienten aufgrund der kompensatorischen hyperlordotischen Einstellung der Lendenwirbelsäule nicht selten auch über gleichzeitig bestehende Rückenschmerzen klagen. Typischerweise wird beim Gehen in der Hauptbelastungsphase die fehlende Extension auch durch eine Beckenrotation des Standbeins im Uhrzeigersinn ausgeglichen.

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