Übersichtsarbeiten - OUP 11/2014
Schontechniken für Gelenke und Wirbelsäule beim alpinen Skifahren
Es stellt sich daher die Frage, wie weit die gelenkschonende Komponente des Ski-Carvens für Menschen, die aufgrund von Einschränkungen ihrer Gelenke oder der Wirbelsäule eine Sprung- oder Sprintbelastung nicht mehr tolerieren, zur Ausübung des schönen Schneesports genutzt werden kann.
Die geeignete Ausrüstung zum Carven
Die kurzen und stark taillierten Ski bieten schon bei geringem Aufkantwinkel und geringem Fleximpuls (Biegekraft) einen autokinetischen (selbst steuernden) Kantenanschnitt und Kurvendurchzug. Die Skilänge sollte Schulterhöhe (oder darunter) betragen, der Radius unter 16 m liegen, die Schaufel ausgeprägt breit sein. Der Flex (Biegesteifigkeit) sollte in der Tendenz eher weich sein. Der Pflege der Ski kommt höchste Bedeutung zu: Die Führung des Ski funktioniert nur, wenn der Ski – und vor allem die Kante – im optimalen Zustand ist. Insbesondere bei harten Schneearten und Kunstschnee verliert der Ski rasch an fahrerischen Qualitäten. Eine regelmäßiger Ski- und Kantenservice ist daher notwendig.
Die Skischuhe sollten darauf ausgerichtet sein, mit einem aktiven Schaft Dauerfixierungen des Sprunggelenks zu vermeiden und eine beidbeinige Belastung beim Skifahren zu ermöglichen, also auch eine Innenskibelastung zuzulassen. Die Schaftvorlage sollte eher gering sein (5° oder weniger), die Schaftbeweglichkeit gut (ohne großen Widerstand), der Flexweg weit (wenigstens bis 30° Grad). Eine Einstellungsmöglichkeit auf Gehen/Walk sollte gegeben sein. Der Außenrand sollte hoch sein, wenigstens so wie der Innenrand. Im Vorderfußbereich sollte Spielraum für Pro- und Supination möglich sein. Durch schlecht sitzende und meist zu harte Skischuhe entstehen Druck-, Blasen- und Scheuerstellen an den Füßen, besonders im Fersen- und Knöchelbereich sowie am Schienbein. Ein guter Skischuhsitz ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein erfolgreiches und genussvolles Skifahren in Schontechnik. Die Zehen müssen im geschlossenen Schuh annähernd frei bewegt werden können. Der Skischuh darf aber nicht zu groß sein, damit der Fuß in der Vorlage nicht im Schuh rutschen kann. Dadurch wären Blasenbildungen an der Ferse oder am Schienbein möglich. Spezielle Einlagen mit stützenden oder bettenden Bereichen sind bei Fußfehlformen anzuraten.
Die Grundtechniken
der „Schontechnik“
Grundsätzlich sollten Knickungen und Verdrehungen des Körpers, wie sie bei klassischen Techniken und sportlichem Skifahren sinnvoll waren, möglichst vermieden werden, weil dadurch Gelenke und Wirbelsäule erheblichen Belastungen unterworfen werden. Ebenso sollten steile, eisige oder stark sulzige Pisten nach Möglichkeit vermieden werden.
Grundtechnik bei moderater Hangneigung
Eine hüftbreite Skiführung und eine mittlere Körperposition mit leichter Vorlage sind grundlegend. Die Körperquerachse sollte eine neutrale Position mit frontaler Ausrichtung einhalten. Die Schwungauslösung (-einleitung) kann durch verschiedene Maßnahmen erleichtert werden (durch Vor-Seit-Kippen, Schrittstellung der Ski, Kantendruck des Fußes, Pedalieren usw.). Im Schwung sollten der Außenski und auch etwas der Innenski belastet werden, wobei der Außenski führend bleibt.
Das seitliche Kippen des Oberkörpers kann eher aktiv (Strecken des zukünftigen kurvenäußeren Beins) oder passiv (Beugen des zukünftigen kurveninneren Beins) erfolgen. Ein Abknicken der unteren Lendenwirbelsäule (sog. Hüftknick) soll nur moderat durchgeführt werden. Die Aufkantung der Ski kann durch eine Ganzkörper-Seitneigung erfolgen. Mit etwas mehr oder weniger Aufkanten der Ski und Neigung des Körpers kann die Schwungweite gut reguliert werden. Ein nur geringes Vorausdrehen des Oberkörpers (Antizipation) ist erlaubt. Je schwieriger die Schwungauslösung durch die Situation (steile Piste, Sulzschnee etc.), desto hilfreicher ist eine leichte Antizipation, vorausgesetzt, es sind keine Wirbelsäulenschäden vorhanden. Eine „federnde“ Körperhaltung beim Skifahren (mäßig gebeugte Knie- und Hüftgelenke) hilft, Bodenunebenheiten auszugleichen.
Grundtechnik bei
steilerem Gelände
Bei steilerem Gelände sollten 3 skitechnische Elemente beachtet werden: Die Bewegung des Körpers soll nach vorn, zum Tal hin gerichtet sein. Der Oberkörper darf intensiver als auf flachem Gelände zur Schwungeinleitung der Bewegung vorausdrehen (Vorsicht bei Wirbelsäulenschäden!). Die aktive Vorlage ist notwendig zur Skiführung: Die Hände gehören nach vorne (beispielsweise auch in diagonaler Position), mindestens vor die Hüfte. Das ergibt eine gute Balance und sichert einen energischen Schwungwechsel. Wenn der Oberkörper vorausdreht, dann darf kein Arm hinter dem Körper verbleiben.
Diese 3 skitechnischen Elemente verbessern jedes Schoncarven, in steilerem Gelände sind sie unabdingbar:
- 1. Bewegung des Körpers nach vorne,
- 2. Oberkörper dreht etwas zur Schwungeinleitung der Bewegung voraus,
- 3. Hände nach vorn.
Grundtechnik bei eisiger Piste
Wenn es eisig wird, kommt es fast immer zum Rutschen. In alten Skitechniken mit Rotation oder Fersenschub dreht in der Regel der Ski hinten weg, bricht aus und stellt sich mehr oder weniger gegen die Fahrtrichtung an. Carvern gelingt es, die Ski in Fahrtrichtung zu halten, indem sie den Belastungsdruck nicht ändern, die Körperspannung nicht erhöhen und einfach die Rutschphase abwarten, die durch die Taillierung des Ski relativ kurz ausfällt. Die Ski rutschen so vergleichsweise auf der Tangente an einem sich erweiterndem Kreis nach außen. So kommt es auch zu keiner schwankenden Mehraufwendung an Kraft.
Allgemeine Richtlinien für gelenkschonendes Skifahren
Unabhängig von der körperlichen Einschränkung können Hinweise zum gelenkschonenden Skifahren gegeben werden:
Geeignete Taktik
Schwierigen Tiefschnee, vereiste Pisten, Buckelpisten, Sprünge, Skifahren bei schlechter Sicht, überfüllte Pisten vermeiden,
sehr hohe Geschwindigkeiten vermeiden,
keine Sprünge, möglichst keine Stürze,
keinen hohen Belastungsdruck auf einem einzelnen Bein aufbauen,
extreme Steilhänge meiden,
werden die Bedingungen zu schlecht, sollte das Skifahren unterlassen werden,
regelmäßige Erholungspausen.
Geeignete Fahrtechnik
Grundtechnik des Carvens mit beidbeiniger Belastung (Betonung des Außenski), breiterer Skiführung, mittlerer Position/leichter Vorlage auf dem Ski,