Übersichtsarbeiten - OUP 11/2014

Schontechniken für Gelenke und Wirbelsäule beim alpinen Skifahren

Bei den Knieendoprothesen („Knie-TEP“) ist die Lockerungsrate bei jüngeren Menschen deutlich höher als bei Patienten über 65 Jahre, wenngleich auch diese Unterschiede nicht so groß sind wie bei den Hüftendoprothesen [35].

Implantationen, die nicht achsgerecht (also im Valgus oder Varus) ausgeführt wurden, wirken sich stärker auf eine frühere Lockerungsrate oder Verschleißrate des Materials aus [36]. Bei der Implantation einer Knie-TEP wird meistens das vordere Kreuzband reseziert. Damit ist eine verstärkte Instabilität vorhanden. Nach einer Verletzung des Seitenbands, nach operativer Revision einer Valgusfehlstellung oder auch bei zunehmender Schwächung des medialen Bandapparats nach Implantation einer Knieendoprothese können Bandinsuffizienzen in Erscheinung treten [37].

Übergewicht führt nicht unbedingt zu einer früheren Lockerung einer Knie-TEP, aber zu doppelt so vielen patellofemoralen Symptomen [38]. Die Führung der Patella stellt das Hauptproblem der Knieendoprothetik dar. Auch hier sind die Achs- und Rotationsverhältnisse des Kniegelenks, die Zugrichtung des M. quadriceps und sogar die Länge des Ligamentum patellae für korrekte Gleitwege – oder aber für Verkippungen oder Lateralisierung der Kniescheibe – verantwortlich [39]. Etwa 30–40 % aller Komplikationen betreffen das Patellagleitlager [36]. Beim Skifahren lassen sich (leichte) Rotationsbewegungen und Varus-/Valgusstellungen des Kniegelenks nicht vermeiden. Damit treten nicht nur auf die Patella, sondern auch auf das Kunststoff-Inlay, das bei einer Knie-TEP weicher ist als das Kunststoff-Inlay einer Hüftendoprothese, Scher- und Rotationskräfte auf. Beim Skifahren können nicht nur diese Belastungen, sondern auch ein Sturz auf das Kniegelenk zu schweren Komplikationen führen. Ein Abbruch der Kanten des Inlays und eine Subluxation der Prothese sind möglich.

Daher wird das Skifahren für Patienten mit einer Knie-TEP nicht empfohlen.

Dennoch wird über Menschen mit einer Knie-TEP berichtet, die das Skifahren seit vielen Jahren problemlos ausüben. „Die Studie zeigt eindrücklich, dass insgesamt 16 % der Patienten, und hierunter ein Anteil von 38 % älter als 70 Jahre, nach endoprothetischem Kniegelenksersatz außergewöhnliche sportliche Belastungen uneingeschränkt ausüben“ [40].

Hüftschonende Skitechnik

Beim Carven tritt eine Belastung auf, die nur wenig über der Belastung im Stehen – und meist sogar unter der beim Gehen – liegt (Abb. 2 und 7). Selbst beim sportlichen Fahren wurden Werte nur bis zum 3-fachen KG gemessen. Im Vergleich mit dem Gehen und Laufen ist somit selbst das sportliche Carven eine gelenkschonende Sportart. Bei harten, eisigen Pistenbedingungen sind allerdings kurzzeitige Impulse („Schläge“) auf die Beine möglich: Gemessen wurden sehr kurze Kraftspitzen bis etwa zum 17-fachen KG [27], die aber wahrscheinlich schon in den Füßen bzw. Sprunggelenken kompensiert werden.

Bei Arthrose der Hüfte kann die Belastung beim Gehen oder Laufen zu Schmerzen führen. Vor allem bei Sprüngen, schnellen Stoppbewegungen oder Richtungswechseln können Belastungen vom mehr als 7-fachen KG auf die Hüftgelenke auftreten. Das Stehen dagegen reduziert die Belastung auf die Hüfte, hier wirkt nur die Hälfte des KG auf das Gelenk.

Es ist daher sinnvoll, wenn beim Skifahren beide Beine möglichst gleich belastet werden. Ob eine moderate Abknickung der Hüfte beim Skifahren angewendet werden sollte, hängt von den Beschwerden ab. Auf jeden Fall kann ein alleiniges Kippen des Oberkörpers das Carven ermöglichen, ohne dass die Hüftbelastung deutlich ansteigt. Der Schneepflug sollte vermieden werden, weil dazu eine starke Anspannung der kleinen Hüftmuskeln erforderlich ist (Abb. 8).

Skifahren mit
einer Hüftendoprothese

Während einige Operateure das Skifahren nach Implantation einer Hüftendoprothese (Hüft-TEP) zumindest als nicht „besonders geeignete“ Sportart beschrieben, zeigte sich, dass viele Patienten auf diesen Sport nicht verzichten wollten [41]. Skifahren ist allerdings wegen der Sturzgefahr und der möglichen Rotationskräfte bei Verdrehungen nicht unbedingt gefahrlos. Dennoch überwiegen auch hier die vielen positiven Auswirkungen auf Körper und Seele gegenüber dem Risiko der früheren Prothesenlockerung.

Menschen, denen eine Hüft-TEP implantiert worden ist, dürfen – sobald die Hüfte nach etwa 6 Monaten fest eingewachsen ist – wieder Sport treiben und Ski fahren. Die Kunststoff-Inlays der Hüft-TEP sind härter und abriebfester als die der Knie-TEP. Vermieden werden sollten aber extreme Gelenkpositionen (Spagat, extreme Hüftrotation etc.), um eine Luxation der Hüft-TEP zu verhindern, die auch noch nach Jahren auftreten kann. Ein seitlicher Sturz auf den Trochanter major ist gefährlich, da durch die direkte Krafteinwirkung der Femur bzw. die Hüft-TEP brechen können. Ein Hüftprotektor oder eine Protektorenhose zum Schutz der Hüfte sind daher notwendig.

Hüftschonende Technikelemente

(Siehe auch Abb. 6 Mitte)

Beine schulterbreit,

beide Ski belasten,

moderater Hüftknick wird zugelassen,

Sprunggelenke und Knie gebeugt, um Stöße abzufedern,

leichte bis mäßige Vorlage erlaubt,

Armhaltung: Hände mäßig nach vorn, durchaus auch in diagonaler Führung,

extremen Kurvendruck vermeiden,

eisige Pisten vermeiden (seitliche Sturzgefahr).

Rückenschonende Skitechnik

Bei Schülern (15–19 Jahre) eines norwegischen Ski-Internats wurden signifikant mehr Knie- und Rückenschmerzen gefunden: 67 % von Ihnen klagten über Beschwerden in der unteren Lendenwirbelsäule während des Schulaufenthalts, während nur 36 % von ihnen vor Eintritt in das Internat Rückenbeschwerden gehabt hatten. Beim alpinen Skifahren führten bei ihnen die Vor- und Rückneigung und die Rotation der Wirbelsäule zu Rückenschmerzen bzw. Rückenschäden (skoliotische Fehlhaltung, Bandscheibenhernie, Mikrotrauma der Apophyse). Diese Beschwerden konnten vor allem bei holpriger Piste bzw. in der Buckelpiste festgestellt werden [42].

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