Übersichtsarbeiten - OUP 04/2016
Strahlenschutz bei C-Bogen-gestützten Wirbelsäulenprozeduren in Orthopädie und Unfallchirurgie
Uwe Schütz1,2, Meinrad Beer1, Alexander Wild3, Steffen Oehler3, Michael Kraus3
Zusammenfassung: Die Strahlenbelastung von
Patient und Personal im orthopädisch-unfallchirurgischen Operationssaal wird vor allem durch die intraoperative Durchleuchtung mittels mobiler C-Bogen-Technik verursacht. Durch Zunahme der minimalinvasiven operativen Prozeduren nimmt die Nutzung dieser Technik immer weiter zu. Es besteht daher prinzipiell die Gefahr, dass durch diese Entwicklung auch das Risiko für Patient und Personal hinsichtlich strahlungsinduzierter Früh- und Spätschäden im OP steigt. Durch die parallele Weiterentwicklung der Gerätetechnik können immer höhere Strahlendosen emittiert werden. Zwar bietet die Verbesserung der Technik auch die Möglichkeit der Dosisreduktion, z.B. durch computerassistierte Navigation und verbesserte Abschirmtechniken, doch kann diese nur genutzt werden, wenn der Anwender diesbezüglich ausreichend geschult ist. Dieser Artikel soll zum einen hinsichtlich Ursachen, Ausmaß und Risiken intraoperativer Strahlungsemission aufklären und sensibilisieren und zum anderen aufzeigen, welche positiven Verbesserungseffekte Kompetenz und gutes Verständnis als auch eine konsequente Umsetzung und Nutzung moderner Strahlenschutzmaßnahmen für das Risiko des Einzelnen im Umgang mit moderner C-Bogen-Technik in Orthopädie und Unfallchirurgie haben.
Schlüsselwörter: Strahlenschutz, C-Arm, Durchleuchtung,
Röntgen, Dosis, Dosimetrie, Effektivdosis, Dosisflächenprodukt
Zitierweise
Schütz U, Beer M, Wild A, Oehler S, Kraus M: Strahlenschutz bei C-Bogen-gestützten Wirbelsäulenprozeduren in Orthopädie und Unfallchirurgie. OUP 2016; 4: 224–237 DOI 10.3238/oup.2016.0224–237
Summary: Radiation exposure of patient and staff in the orthopedic operation theatre is mainly caused by the intraoperative fluoroscopy of mobile C-arm technology. Due to the increase of minimal invasive surgical procedures, the usage of this technology rises. Hence, there is a chance that this development raises the risk of patient and staff concerning radiation-induced early and late damages in the operation room. Parallel to the advancement of C-Arm technology increasing radiation dose can be emitted. Though the improvement of the technology also offers the possibility of dose reduction, e.g. by computer-assisted navigation and improved shielding features, however, this can only be achieved if the user is trained enough concerning these matters. On the one hand, this article aims to clarify causes, amount and risks of intraoperative radiation emission and on the other hand sensitize and indicate which positive improvement competence and good understanding, as well as a rigorous implementation and usage of modern radiation protection measures have in regard to the risk of the individual in dealing with modern C-arm technology in orthopedics and traumatology.
Keywords: Radiation, protection, C-arm, fluoroscopy, X-ray, dosis, dosimetry, effective dose, dosis area product
Citation
Schütz U, Beer M, Wild A, Oehler S, Kraus M: Radiation protection during C-arm based spine interventions in orthopedics and traumatology. OUP 2016; 4: 224–237 DOI 10.3238/oup.2016.0224–237
Einleitung
Die medizinisch begründete jährliche Strahlenbelastung des Menschen in Mitteleuropa (0,6–1,8 mSv) ist fast gleich wie die natürliche Strahlenbelastung (2–2,5 mSV) und nimmt weiter zu [1, 2]. In den letzten beiden Dekaden hat die Kollektivdosis durch med. Strahlung einen großen Zuwachs erfahren, welcher sich v.a. in der schnellen und massiven Progredienz der CT-Untersuchungen und der durchleuchtungsgestützten interventionellen und operativ minimalinvasiven Verfahren begründet [3]. Nicht nur der Patient, sondern auch das medizinische Personal sind, besonders in den Bereichen Radiologie, Kardiologie, Herz- und Gefäßchirurgie sowie Orthopädie und Unfallchirurgie (O & U), von der progredienten Strahlenexposition als Gefahrenquelle betroffen [4]. Die zunehmende Reduzierung der Visualisierung des OP-Felds in O & U bedingt, dass zur Darstellung von z.B. Implantatverankerung bzw. Frakturreposition vermehrt röntgenologische Fluoroskopie (= Durchleuchtung; DL) zum Einsatz kommt [5]. So ist die mobile intraoperative DL (MIODL) als ein unentbehrlicher Bestandteil v.a. aus der modernen Wirbelsäulenchirurgie in O & U nicht mehr wegzudenken [6]. Sie wird z.B. regelhaft zur offenen und geschlossenen Frakturreposition, internen Fixationen (ORIF), dorsalen Spondylodese bzw. Instrumentierung und zur Vertebroplastie bzw. Kyphoplastie genutzt.
Das OP-Personal, v.a. aber die Operateure, werden bei der MIODL redundant ionisierender Strahlung exponiert. Das Hauptproblem stellt dabei die Streustrahlung dar. Diese tritt stets auf, wenn ein Objekt von ionisierender Strahlung getroffen wird. Im Falle der MIODL ist dies v.a. der Patient. Nur ca. 2 % der zur Bilderstellung nutzbaren Strahlung erreichen den Röntgendetektor des C-Bogens, der Rest ist Streustrahlung, wovon 80–90 % vom Patienten absorbiert und 10–20 % in die Umgebung abgestrahlt werden und somit potenziell das OP-Personal exponieren [7].
In Deutschland kommen, im Gegensatz zur Radiologie, im OP von O & U keine speziell ausgebildeten medizinisch-technischen Radiologieassistenten (MTRA) zum Einsatz, welche im Umgang mit mobilen Röntgengeräten geschult sind. Chirurgen und OP-Pflegepersonal führen normalerweise die MIODL selber durch. Grundlegende Voraussetzung für den optimalen Einsatz der MIODL hinsichtlich Bildqualität und Strahlenschutz ist jedoch, dass sich der Bediener mit dem jeweiligen C-Bogen-Typ und seinem möglichen Einsatz in den diversen operativen Situationen auskennt. Moderne DL-Einheiten können leicht Dosisraten in einer Dimension von 0,2 Gy pro Minute generieren [3]. Die meisten derzeit im Gebrauch befindlichen Geräte bieten außer dem groben Surrogatparameter „Totale Fluoroskopiezeit“ (DL-Dauer) meist keine Möglichkeit, die Patientendosis approximativ anzuzeigen. Um möglichst wenig Strahlung für eine optimale i.o. Bildgebung freizusetzen, ist eine intensive Beschäftigung mit den Grundlagen des Strahlenschutzes unerlässlich, und Kenntnisse der Emission von Strahlung durch den Einsatz der mobilen Geräte sind hierzu erforderlich. Doch gerade die Chirurgen sind trotz Weiterbildungspflicht oft schlecht bezüglich der Bedienung von MIODL-Geräten unterrichtet, was zu einer unnötig hohen Strahlungsexposition von OP-Personal und Patient führt. In einer Fallstudie wird von einer signifikanten Zunahme maligner Erkrankungen in O & U im Vergleich zu anderen Abteilungen eines Krankenhauses berichtet [8].
Bei vielen der v.a. von Nichtradiologen durchgeführten MIODL-Prozeduren können hohe Strahlendosen an Patient und medizinisches Personal abgegeben werden, sodass sofortige oder langfristig radiogene Effekte verursacht werden können. Gerade diesbezüglich haben Berichte über strahlungsbedingte Hautschädigungen seit den frühen 90er Jahren zugenommen [9]. Der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) werden immer wieder Fälle berichtet, in denen unter Nichteinhaltung dieser Voraussetzungen sehr hohe Strahlendosen an Patienten und Personal appliziert werden; in einigen interventionellen Prozeduren kommen Hauteintrittsdosen (HED) von Patienten in die Nähe von Werten, welche aus der Strahlentherapie bzw. Onkoradiologie bekannt sind [10]. Auch Strahlenschäden bei Ärzten und Hilfspersonal wurden vereinzelt beobachtet. Neben den strahlenbedingten Hautschäden ist jedoch hierbei v.a. bei jüngeren Patienten eine eventuelle Induktion zukünftiger Tumore immer als Problem vergesellschaftet, welches erst nach Jahren der Latenzzeit offenkundig wird.
In Deutschland wird der Umgang mit Strahlenquellen in der Röntgenverordnung (RöV) geregelt, und dort werden auch auf Basis der Daten spezieller Fachgremien, wie z.B. der ICRP, Grenzwerte und Richtlinien festgelegt, inwieweit eine berufliche Exposition stattfinden kann [11]. Diese wurden mehrfach novelliert und erlaubte Dosisgrenzwerte immer weiter abgesenkt. Diese gegenläufige Entwicklung von Zunahme der dosisintensiven Untersuchungsmethoden und gleichzeitig verordneter Reduzierung für beruflich strahlenexponierte Personen stellt eine hohe Herausforderung für den Strahlenschutz in der Medizin dar.
Dieser Artikel soll exponierte Mitarbeiter hinsichtlich der Wichtigkeit der Verminderung der Strahlungsexposition sensibilisieren und aufzeigen, wie das Strahlenrisiko von Personal und Patient bei der MIODL in O & U einzuschätzen ist und wie dieses unter Verwendung von Hilfsmitteln und konsequenter Umsetzung grundsätzlicher und spezifischer Handlungsanweisungen minimiert bzw. verhindert werden kann.
Biologische Wirkung
ionisierender Strahlung
Ziel der Grenzwertvorgaben von RöV und ICRP ist es, Strahlenschäden zu vermeiden, welche in sog. stochastische, also zufällige, und deterministische Effekte differenziert werden [12]. Während die Letztere ganz eindeutig strahlungsenergetische Schwellendosen in Abhängigkeit von der betroffenen Zellart aufweisen (Minimum ca. 1 Gy) und die Schwere der Erkrankung dosisabhängig ist, geht man im Strahlenschutz davon aus, dass die stochastischen Effekte keine Schwellendosen aufweisen und dass die Anzahl der betroffenen Personen mit progedienter Strahlendosis zunimmt. Bei der Einschätzung dieser Effekte ist es wichtig, zwischen der Energiedosis (Gy), der reinen durch die Strahlung auf Materie übertragene Energie und der biologisch relevanten Äquivalentdosis (Sv) für den gesamten Körper (= Effektivdosis; ED) und die einzelnen Organe (= Organdosis; OD) zu unterscheiden, welchen ein spezifischer biologischer Wichtungsfaktor zur Energiedosis hinzugerechnet wird. Die ED wird im medizinischen Röntgen methoden- und prozedurenabhängig zwischen 10 ?Sv und 20 mSv angegeben [3], dabei können bei interventionellen Prozeduren, die mit Röntgen- oder CT-Fluoroskopie unterstützt werden, fokal akute Dosen an Patienten von 0,1–30 Gy auftreten [9].
Die Schwellendosen bezüglich deterministischer Schäden sind für die meisten Organe und Gewebe relativ hoch (mehrere Gy), sodass für interventionell radiologische bzw. MIODL-Prozeduren „nur“ akute Hautreaktionen wie das Erythem und die Epilation von Bedeutung sind, welche eine kutane Dosisabsorption von ca. 2 Gy benötigen [13, 14]. Mettler et al. [9] geben in ihrem Review strahlungsbedingte Hautschäden und Augenverletzungen in Kurz- und Langzeiteffekten abhängig von der in die Hautoberfläche eindringenden Dosis (HED) an. Diese fokalen dosisabhängigen Verletzungen (Tab. 1) wurden früher häufiger, aktuell nur noch vereinzelt v.a. für fluoroskopische Verfahren, wie in der interventionellen Kardiologie, bei neuro-interventionellen Verfahren und bei TIPS-Anlagen (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) berichtet.
Neben den strahlenbedingten deterministischen Akutschäden ist jedoch die mögliche Induktion zukünftiger Tumoren (erhöhtes Krebsrisiko) immer als Problem vergesellschaftet [3]. Dabei ist die strahleninduzierte Neoplasie die schwerwiegendste Komplikation. Die bis dato jedoch einzige Möglichkeit, das Ausmaß solcher stochastischer Effekte nach Strahlenexposition quantitativ zu erfassen, besteht im Bereich mittlerer Strahlendosen (100 mSv bis ca. 5 Sv) darin, epidemiologische Vergleiche durchzuführen. Das funktioniert jedoch nicht im medizinisch interessanten Bereich niedriger Strahlendosen. Es ist daher bis heute nicht möglich, unterhalb von ca. 100 mSv für den Erwachsenen bzw. unter 10 mSv für den Fetus quantitative Angaben zum strahleninduzierten Neoplasierisiko zu machen [15]. Es gibt keinen bekannten Grenzwert, unter dem keine Tumorinduktion stattfinden kann, obwohl bei Dosen < 0,05 Gy das Risiko so gering ist, dass bisher durch sehr große epidemiologische Studien kein statistisch signifikantes neues Tumorauftreten nachgewiesen werden konnte. Das Risiko aller soliden Tumoren steigt linear mit der Strahlendosis, vom Niedrigdosisbereich (5–100 mSv) bis auf ca. 2,5 Sv. Kinder sind viel strahlensensibler als Erwachsene. Die Strahlung scheint im Hautbereich Plattenepithel- und Basalzellkarzinome, aber keine Melanome zu verursachen (Tab. 1). Die meisten Tumoren zeigen eine kontinuierliche Abnahme in der Radiosensitivität mit zunehmendem Alter (Ausnahme: Lungenkarzinom). Bei Erwachsenen liegt das Tumorrisiko für den angegebenen Bereich von Röntgen- und CT-Fluoroskopie vergleichsweise zwischen < 1 Mio und ca. 1/1000!
Bei den gängigen radiografischen Untersuchungen weist die durchschnittliche ED eine Variation um den Faktor 1000 auf (0,01–10 mSv). Verglichen mit konventionellen Röntgenaufnahmen stellen fluoroskopische und CT-Untersuchungen für die Patienten eine 10–30-fach höhere Strahlenexposition dar. Die Anwendung der ED auf einen Referenzpatienten wird daher immer noch mit einer Unsicherheit von ± 40 % bewertet [16]. Aktuelle Studien, meist modellbasiert, zeigen auf, dass dem Kliniker die Abschätzung von Nutzen und Risiko im Einzelfall kaum möglich ist und das Morbiditäts- bzw. Mortalitätsrisiko durch ionisierende Strahlung v.a. in CT und Röntgen-DL sehr stark unterschätzt wird. Weil diese Spätkomplikation meist erst Jahre nach der Anwendung eintritt (mittlere Latenzperiode 10–25 Jahre), wird deren Risiko im klinischen Alltag gerne unzulässig vernachlässigt.
Dosisrichtlinienwerte
Bis zur irgendwann hoffentlich endgültigen Antwort auf die Frage des Tumorrisikos im medizinischen Niedrigdosisbereich bleibt im Strahlenschutz nichts anderes übrig, als über eine vernünftige Annahme das Risiko im niedrigen Bereich aus dem bekannten Risikokoeffizienten im mittleren Dosisbereich abzuschätzen. Aus Hiroshima und Nagasaki errechnet sich dieser mit 10 % pro Sv. Die IRCP errechnete auf Basis ihrer Daten für locker ionisierende Strahlung (Röntgen-, Gamma- und Beta-Strahlung) einen „Dosis-Dosisleistungs-Reduktionsfaktor“ von 2 und geht daher in ihrer Publikation 60 von 1991 [17] von einem Risikokoeffizienten von 5 % pro Sv aus. Es lässt sich also für die Gesamtbevölkerung eine Wahrscheinlichkeit von rechnerisch 5 %/Sv ED ableiten, an einem strahleninduzierten Malignom zu versterben (Tab. 1).
In ihrer Publikation 103 von 2008 [18] hat die ICRP Grenzwerte für verschiedene Organe (OD) definiert und die ED durch berufliche Strahlenexposition hierbei auf 20 mSv/Jahr festgelegt (Tab. 1). Durch das Einhalten dieser Grenzwerte können aber nur deterministische Schäden verhindert werden. Aufgrund des stochastischen Tumorrisikos gibt es biologisch betrachtet keine Schwelle, unter der es unter keinen Umständen zu Strahlenschäden kommt [9, 19, 20, 21]. Je höher die absorbierte Strahlendosis ist, desto größer ist das Potenzial der Induktion einer Neoplasie [3].
Aktuell gilt nach der RöV in Deutschland für nicht beruflich exponierte Personen ein Grenzwert von 1 mSv/Jahr. Für beruflich strahlenexponierte Personen wurden in 2002, wie bereits im Anwendungsbereich der Strahlenschutzverordnung (StV), die Grenzwerte der ED von 50 mSv/Jahr auf 20 mSv/Jahr (Kategorie A) bzw. von 15 mSv/Jahr auf 6 mSv/Jahr (Kategorie B) gesenkt. Auch wurden die Grenzwerte der OD angepasst. Die Jahresdosen werden hierbei über einen 5-Jahres-Zeitraum gemittelt. Literaturbasierte Angaben über deterministische und stochastische Grenzwerte, Risikoabschätzungen und Dosisrichtlinienwerte für Patienten und med. Personal finden sich in Tabelle 1.
Dosisermittlung
Ein großes Problem bei der exakten Bestimmung der Strahlung im OP stellen die Messverfahren dar. Generell gibt es mehrere Möglichkeiten, die Strahlungsexposition zu messen: Ionisationskammern (Stabdosimeter), Photoemulsion (Filmdosimeter), Szintillationszähler (Gamma-Kamera), Lumineszenz-Detektoren: Thermolumineszenz (TLD), Photolumineszenz (PLD). Bei den meisten v.a. älteren Dosisevaluationsstudien wurden TLD-Hautdosimeter verwendet, welche die Bestimmung der HED im direkt strahlenexponierten Hautbereich zulässt. Unter Erhitzung geben diese die absorbierte Strahlung als Licht wieder frei und machen diese somit messbar. Die Ermittlung der HED im Hautbereich der maximalen Dosisapplikation von Patient und Operateur (Hände) ist bei MIODL-Prozeduren weiterhin von Wichtigkeit bezüglich des Strahlenschutzes im OP, um deterministische Strahlungsfrühschäden der Körperoberfläche vermeiden zu können [23]. Aber eine genaue Evaluation der maximalen HED kann schwierig sein. Sie hängt für das bestrahlte Areal vom Fokus-Haut-Abstand, Röhrenspannung (kV), Röhrenstrom (mA) und akkumulierter DL-Zeit ab. Diese Parameter können sich jedoch während einer Prozedur verändern.
So wäre natürlich eine automatische Methode wie das HED-Mapping, bei dem durch Messung von Veränderungen in Röhrenspannung und Röhrenstrom, Expositionszeit, Strahlungsareal und Strahlenpositionierung eine sofortige HED-Map auf einem simulierten Patientenmodell generiert und aufgezeigt wird, wünschenswert [24]. Doch solche technischen Möglichkeiten sind für gewöhnlich aufgrund der hohen Kosten und/oder mangelndem Interesse nicht erhältlich [25]. Die Entwicklung normierter Hautdosis-Messungen (in Gy pro Minute) für spezifische DL-Systeme, Focus-Haut-Distanz, Patientenvolumen (z.B. gering, mittel, groß) unter Zuhilfenahme eines Medizinphysikers ist wünschenswert. So kann z.B. die Hautdosis anhand der akkumulierten Expositionszeit für jede Projektion unter Nutzung der Methode von Perisinakis et al [26] für Vertebroplastie und Kyphopolastie gut geschätzt werden.
Für die Abschätzung des stochastischen Risikos hinsichtlich neoplastischer Spätschäden sind für den Kliniker jedoch 5 andere Dosisgrößen relevant. Diese sind für die MIODL die ED und das Dosisflächenprodukt (DFP). Die für das CT relevanten Dosisgrößen (CT-Dosisindex (CTDI) [mGy]: Dosis pro Schicht, Volumen CTDIvol [mGy]: Mittlere Dosis im CT-Scanvolumen = CTDI + Pitch, Dosis-Längen-Produkt (DLP) [mGy cm] = Patientenexposition) sollen hier nicht weiter ausgeführt werden, auch wenn diese beim direkten Dosisvergleich CT-navigierter Operationen mit MIODL-basierten Prozeduren eine relevante Rolle spielen. Die typische ED und Gonadendosen der Patienten während einer fluorokopischen Prozedur werden anhand von DFP-Metern und mittels anthropometrischen Phantomen evaluierter normalisierter Konversionstabellen geschätzt [14]. Das DFP ist grob gesagt unabhängig von der Focus-Patienten-Distanz, korreliert mit der Feldgröße und hängt von der angewandten DL-Technik ab. Das Risiko für stochastische Effekte (Spätschäden) wie Tumorinduktion und adverse heriditäre Effekte kann damit prinzipiell bestimmt werden. So errechneten Perisinakis et al. [26] eine radiogene Tumorinduktionsrate durch eine konventionell MIODL-gestützte Pedikelschraubeneinbringung an der LWS von 110 pro Million Prozeduren bzw. 0,01 %/Schraube (Tab. 1). Doch auch die Evaluierung partieller Körperdosen von DFP-Messungen müssen als sehr grober Ansatz betrachtet werden, der die wahre Dosis aufgrund der variierenden Arbeitsbedingungen substanziell unter- oder überschätzen kann (z.B. MIODL-Gerätschaft/-Typ, Strahlenschutzmessungen, Art der Intervention/operativen Prozedur, Erfahrung des Operateurs etc.).
Die Frage, ob eine Korrelation zwischen Patientendosis (DFP) und der Strahlenexposition des medizinischen Personals besteht, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Einige Studien identifizieren eine Beziehung zwischen beiden Dosisquantitäten [27, 28, 29], wohingegen andere Autoren einen Zusammenhang als unsicher oder schwierig herzustellen bewerten [30, 31]. Die Messung der wahren Dosen sollte favorisiert werden und gibt einen realistischeren Einblick in den notwendigen Strahlenschutz. Als der geeignetste dosimetrische Parameter für die Quantifizierung des stochastischen Strahlenrisikos (Risiko ionisierender Strahlung für den Gesamtorganismus) wird daher derzeit allgemein die ED angesehen, da sie die Radiosensitivität aller Organe in die Dosisberechnung mit einbezieht. Die ED kann jedoch selber nicht direkt gemessen werden, sondern errechnet sich aus der Summe der gemessenen Organdosen multipliziert mit den jeweiligen organspezifischen Wichtungsfaktoren [32]: ED = ?T wT *OD. Die OD ist definiert als die totale Energie, die einem Gewebe oder Organ zugeführt wird, dividiert durch die Masse des Gewebes: OD =
ET/mT. Die ED kann mit Hilfe anthropomorpher Phantome, über am Patienten befestigte TLD, oder bei der CT aus dem DLP ermittelt werden, das mit Konversionsfaktoren für einzelne Körperregionen multipliziert wird. Eine patientenindividuelle Abschätzung der Strahlenexpositionsrisikos ist aufgrund zeit- und rechenintensiver Simulationen und den großen Unsicherheiten in den Berechnungen im klinischen Alltag jedoch nicht praktikabel.
C-Bogen-Technik
Auch die rapide Weiterentwicklung der MIODL-Technologie macht einen Literaturvergleich hinsichtlich Strahlungsemission und Strahlungsrisiko bei der C-Bogen-Technologie immer schwieriger. Die klassische MIODL gliedert sich auf in Monitoreinheit und C-Bogen-Stativ mit DL-Gerät (Schaltgerät), Verlängerungsarm (Säule mit Querarm für Horizontalbewegungen) und C-Bogen, welcher Röntgenquelle (Röntgengenerator, -strahler, -röhre) und Röntgendetektor (analog: Bildverstärker, seit 2006 auch digital: Flat-Panel-Technik) fest miteinander verbindet. Seit der Einführung des ersten C-Bogens 1955 hat sich die Technologie rapide weiterentwickelt. Die klassischen C-Bogen-basierten MIODL-Geräte sind in der letzten Dekade leichter und leichtgängiger geworden. Sie sind i.d.R. so gebaut, dass man sie von sämtlichen Seiten aus bedienen kann. Durch die C-förmige Verbindung der beiden Elemente kann das Gerät horizontal, vertikal sowie um die Schwenkachsen bewegt werden und aus nahezu jedem Winkel Röntgenbilder des Patienten erstellen. Die DL kann als automatische Dosisleistungsregelung oder als halbautomatischer Betrieb durchgeführt werden. Bei der ersten Methode werden die DL-Daten vom Gerät eingeregelt, bei der zweiten wird der gewünschte mA-Wert eingegeben, der kV-Wert wird vom Gerät selbstständig geregelt. Im Allgemeinen sind sie mit 2 Monitoren ausgestattet. Der linke „Live-Monitor“ zeigt immer das aktuelle DL-Bild, der 2. „Referenzbildmonitor“ dient zur Wiedergabe von Bildern, die als Referenz gespeichert wurden. Der Digitalbildspeicher liefert einerseits am Monitor ein Bild zur sofortigen Betrachtung und verkürzt andererseits durch das Halten des letzten DL-Bilds (LIH-Funktion, „last image hold“) die DL-Zeiten.
Die progrediente Dynamik der Nutzung der MIODL hält auch die Fragen zum potenziellen Risiko für Patient und OP-Personal aktuell und spiegelt sich auch in der permanenten Verbesserung und Weiterentwicklung der MIODL-Technik hinsichtlich Bildqualität, Bedienbarkeit, Reduzierung der Strahlenbelastung und technische Raffinesse wieder. In der letzten Dekade haben sich zunehmend 3D-basierte C-Bogen-Anwendungen (3D-MIODL) etabliert.
3D-MIODL
Eine sinnvolle und technische Verbesserung bietet die (isozentrische) 3D-C-Bogen-Technik, da sie eine direkte Einschätzung der räumlichen Gegebenheiten des ossären Operationsfeldes zulässt [33]. Die Basiseinstellungen zur Erlangung 3-dimensionaler Schnittbilder sind mit denen in der einfachen (2D-)-Röntgendarstellung identisch. Mit der Einführung der sog. C-Bogen-CT („C-arm-CT“, Synonyme: Flachdetektor-CT (FD-CT) und „Cone-beam-CT“) im Jahr 2004 wurde der Grundstein für ein völlig neues Konzept der interventionellen Bildgebung gelegt. (Von den Herstellern wurden verschiedene Produktbezeichnungen wie XperCT (Philips), InnovaCT (GE), Low Contrast Imaging (LCI, Toshiba), syngoDynaCT (Siemens) eingeführt.) Durch einen speziellen C-Arm, der eine kreisförmige oder elliptische Orbitalbewegung des C-Bogens um den Patienten zulässt, lässt sich ein CT-ähnlicher Volumendatensatz aus bis zu 100 Einzelaufnahmen generieren, aus dem anschließend mit dem CT vergleichbare Schnittbilder direkt intraoperativ rekonstruiert und in allen Ebenen betrachtet werden können. Mit der C-Bogen-CT können erstmals alle Schritte einer Intervention von der Therapieplanung über die Therapiedurchführung bis zur unmittelbaren Therapiekontrolle direkt mit einer Interventionseinheit vollzogen werden.
CAS-3D-MIODL
Diese Technik eröffnete den Weg zur Computernavigation. Computer-assistierte chirurgische (CAS) Technologien können neben der Verbesserung der operativen Präzision auch helfen, die Strahlungsemission bei Wirbelsäulenoperationen zu reduzieren [34, 35]. So konnte in diversen Arbeiten eine signifikante ED-Reduktion bei 3D-MIODL-basierten Wirbelsäulenfusionsoperation am lumbosakralen Übergang durch die navigierte Platzierung von Pedikelschrauben an der LWS bzw. von sakroiliakalen Schrauben nachgewiesen werden [34, 36, 37, 38]. Kraus et al. [39] evaluierten anhand von TDL-Messungen am Phantom für die nichtnavigierte konventionelle mit 2D-MIODL durchgeführte Wirbelsäulenfusion und SIG-Verschraubung eine mehr als 12-fach bzw. annähernd 5-fach höhere ED als die CAS-3D-MIODL-navigierte Operation (Tab. 2). Betrachtet man intraartikuläre Schraubenlagen, so ist die 3D-MIODL v.a. im schnellen Scan der CT sogar überlegen, da die verminderte Röntgenstrahlung in diesem Modus zu einer geringeren Artefaktbildung durch das Implantat führt [33]. Andere Publikationen berichten auch von signifikanten Dosisreduktionen unter Verwendung von 3D-basierter MIODL CAS auch für das OP-Personal [40, 41]. Im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie wird heutzutage für navigierte Prozeduren die 3D-MIODL CAS viel häufiger eingesetzt als die CT-gesteuerte Wirbelsäulenoperation [42], da hier die Strahlenbelastung für den Patienten um das 5–10-fache geringer ist (Tab. 2).
4D-MIODL
In der Literatur wird auch von sog. 4D-röntgenbasierten Bildwandlersystemen berichtet, wobei hier die 4. Dimension die in die Intervention integrierte Zeitachse ist. Eine zusätzliche Reduktion der Strahlenemission im Vergleich zu biplanaren und 3D-Systemen konnte aber nicht aufgezeigt werden [43].
MIODL-Dosiswerte
Bei Einhaltung grundlegender Strahlenschutzmaßnahmen (Bleischürze, Abstandgesetze, Beschränkung der DL-Zeit) sind bei einfacheren Prozeduren, bei z.B. der DL- und Low-dose-CT-gesteuerten Injektionstherapie an der Wirbelsäule keine relevanten Dosisbelastungen des Personals zu erwarten [56] (Tab. 2). Es gibt in der DL am Bewegungsapparat aber Prozeduren, welche komplex sind und dadurch einer erhöhten Sensibilität für den Strahlenschutz bedürfen:
Um die Problematik des Strahlungsrisikos bei MIODL-Prozeduren zu verstehen, kann die Dosisbetrachtung der Vertebroplastie und Kyphoplastie beispielhaft herangezogen werden. Ohne Strahlenschutz können z.B. im Bereich der Vertebroplastien HED bei Patienten auftreten, welche in Extremfällen im Bereich der deterministischen Effektgrenzen liegen [51, 52]. Obwohl die mittlere ED und HED (8,5–12,7 mSV bzw. 173–233 mGy) bezogen auf eine durchschnittliche DL-Zeit von 10,1 Minuten relativ gering ist, darf dabei nicht übersehen werden, dass diese Ergebnisse von Perisinakis et al [26] mit erfahrenen Operateuren mit gutem medizinisch-physikalischer Unterstützung erzielt wurden. Andere Autoren berichten von DL-Zeiten von 10–60 Minuten für gleiche Prozeduren [58]. Das sind Zeiten, welche an der oberen Grenze in einem hohen Patientenrisiko für deterministische und stochastische Strahlungseffekte enden können. In einigen Fällen wurden hier HED von über 60 Gy gemessen [3]. Harstall et al. [49] haben in Ihrer prospektiven Fallkontrollstudie für die MIODL-gestützte perkutane Vertebroplastie eine signifikante Strahlenexposition für den Operateur evaluiert: 8 % der Schwellendosis (150 mSv) für die Induktion eines Katarakts und 10 % des jährlichen maximalen HED-Dosislimits (ICRP: 500 mSv) werden erreicht; das Einjahresrisiko für die Induktion eines fatalen Schilddrüsenkarzinoms liegt bei 0,0025 % und für irgendeine Tumorinduktion 0,025 %. Fitousi et al. [52] errechneten hingegen für den Patienten ein Neoplasierisiko bei von 0,17 % pro Vertebroplastie.
In der Literatur sind weit über 100 Fälle der Hautverstrahlung und Gewebeverletzung, hierunter eine großer Anteil von Gewebeuntergängen (Dermatonekrosen), durch klassische MIODL-Prozeduren dokumentiert [9]. Die wirkliche Zahl der radiogenen Verletzungen ist zweifelsfrei viel höher. In vielen dieser Fälle waren die ausführenden Ärzte in den Themen Strahlungsfolgen und Strahlenschutz sowie der Einschätzung von Strahlenverletzungen kaum ausgebildet. Fast alle dieser Fälle schweren Strahlenschäden wären vermeidbar gewesen.
Mehrere Studien zur Evaluation der Strahlungsemission während der Implantation von Pedikelschrauben [54, 55, 59] zeigen ebenfalls eine potenzielle Gesundheitsgefahr für Patienten und Operateure durch die ionisierende Strahlung auch bei Fusionsoperationen. Ein Literaturvergleich bezüglich der mittels Phantom ermittelter ED bei verschiedenen konventionellen und 3D-navigierten MIODL-assistierten Wirbelsäulenprozeduren findet sich in Tabelle 2.
Es stellen sich die unmittelbaren Fragen: Weiß die Mehrheit der Operateure, die MIODL-gestützte Operationen im Bereich der Wirbelsäule durchführen, wirklich, wie ein entsprechendes C-Bogen-Equipment optimal eingesetzt wird, um die Strahlendosis so gering wie möglich zu halten? Sind sich diese Anwender bei ihrem tagtäglichen Tun der wirkenden ED, OD und HED auf den Patienten bewusst, sowie auch bezüglich der Dosen, denen sie selbst durch Streustrahlung und gezielte Positionierung der Finger und/oder Hände im Strahlengang ausgesetzt sind. [14]? Nach unserer Empirie klafft eine überraschend große Lücke im formellen Training bezüglich der Physik der DL und der Strahlensicherheit bei Nichtradiologen, die oft operative Prozeduren mit langen DL-Zeiten durchführen und damit aufgrund der Hochdosisfluoroskopie nicht nur Patienten, sondern auch das OP-Personal einem erhöhtem Risiko aussetzen.
Dabei können diese Strahlenschäden mit optimierten Strahlenschutzmaßnahmen und OP-Techniken verhindert werden. Kruger und Faciszewski [51] geben optimale Techniken der perkutanen Vertebroplastie unter konventioneller DL an, welche eine Dosisreduktion von 43–86 % bewirken können. Mit üblichen Schutzmaßnahmen (Röntgenschürze) kann ein Chirurg ca. 150 Vertebroplastien unter MIODL durchführen, ohne die jährliche Dosisgrenzwerte zu überschreiten (für das Auge wären es 230 und bezüglich der ED-Grenzwerte 909), mit speziellen Schutzmaßnahmen für die Hand kann diese Zahlen jedoch um 75 % gesteigert werden [52]. Auch in anderen Bereichen der MIODL in O & U findet man relevante Gründe den Strahlenschutz im OP mehr als sehr ernst zu nehmen (Tab. 2). Müller et al. evaluierten bei TDL-Messungen von 41 intramedullären MIODL-gestützten Nagelungen zur Stabilisierung von Tibiafrakturen (mittlere DL-Zeit 4,6 min) eine Personendosis von 1,27 mSv beim Operateur und von 1,19 mSv beim 1. Assistenten [60].
Die Vielzahl der Literaturangaben führt im Vergleich zu keinem einheitlichen Bild und bleibt unbefriedigend (Tab. 2), da die Ermittlung effektiver Dosisbelastungen von Patienten und Personal durch die klassische MIODL schwierig ist, da die DL-Zeit bzw. ED und HED von sehr vielen Einflussfaktoren abhängt [1, 61, 62], u.a. von Prozedurenschwierigkeit, OP-Technik, C-Arm-Technik und -Positionierung [54], Kompetenz des OP-Personals [63], Patientenvolumen [64, 65] (positive Korrelation durch Erhöhung der Expositionsfaktoren kV und mA für Patient und OP-Personal), Messtechnik und Lagerungstechnik. Dennoch geben die ermittelbaren Daten einen Trend an, aus dem substanzielle Empfehlungen zum Strahlenschutz bei MIODL bei Wirbelsäuleninterventionen abgeleitet werden können.
Strahlenschutz
Beim Strahlenschutz können bauliche von apparativen und personell-operationellen Maßnahmen unterschieden werden. Bei Anwendung klassischer C-Bögen im OP finden sich im Vergleich zu den fixen DL-Anlagen radiologischer Einheiten hinsichtlich des Strahlenschutzes schwierigere Bedingungen: Wenig geräteeigene Abschirmungen, kein räumlich begrenzter Kontrollbereich, keine baulichen Schutzmaßnahmen für das OP-Personal, geringer Abstand zwischen Untersucher und Patient, oft Obertischanordnung der Strahlenquelle und oft lange DL-Zeiten. Daher müssen hier im Besonderen die personell-operationellen Maßnahmen als Schwerpunkt zur Prophylaxe von Strahlenschäden optimiert werden. Diese sind vielfach publiziert [3], teils in der StSV ausgewiesen und können mittels der 4A-Regel (Aufenthaltszeit, Aktivität, Abstand, Abschirmung = Ausbildung) zum Großteil zusammengefasst werden.
Aufenthaltszeit
Die Strahlendosis erhöht sich linear mit der Aufenthaltszeit. Bei aller Komplexität diverser Operationsverfahren darf daher der zentrale Grundsatz jeder röntgenologischen Bildgebung „so wenig Strahlung wie möglich und so viel wie nötig“ (ALARA-Prinzip: „As Low As Reasonably Achievable“) auch bei der MIODL nicht vernachlässigt werden, um die DL-Zeit so kurz wie irgend möglich zu halten. Es gilt also, immer nur so viel an Strahlung einzusetzen, wie zur Erreichung des operativen Ziels unbedingt erforderlich ist [66]. Die Umsetzung des ALARA-Prinzips hängt stark von Arbeitsabläufen und -technik im OP ab. Daher beginnt der praktische Strahlenschutz schon in der Arbeitsvorbereitung zur OP. Bevor man das MIODL-Gerät in den OP-Saal fährt, sollte sich der Bediener (sei es nun OP-Pfleger, Assistenzarzt oder der Operateur selbst) mit Art und Methode der Operation bzw. der Situation vertraut gemacht und folgende Fragen geklärt haben: Wie muss der Patient für die Operation gelagert werden? Wo steht die Anästhesie? Von welcher Seite wird operiert? Lagerung des Patienten mit Strahlenschutz? Entspricht die Monitorwiedergabe der Lagerungsposition des Patienten? Wie kommt man am besten mit dem C-Bogen zum Patienten? Optimale OP-Feld-Einstellung für den Operateur? Wo steht der Bildmonitor, damit Operateur und Durchleuchter diesen gut sehen können? Operateur und Durchleuchter sollen einen freien Blick zum Monitor haben. Es ist zu empfehlen, dass die Lagerung des Patienten und die Platzierung des C-Bogens mit Monitor in einer Hand liegen und außerdem vor dem sterilen Abdecken die erforderlichen DL-Positionen probeweise eingestellt wurden. Hierbei merkt man auch, ob Lagerung und DL zueinander passen.
An technischen Möglichkeiten zur DL-Zeit-Reduktion sollte bei der MIODL möglichst die gepulste DL (Intervall-Impuls-DL) und die LIH-Technik benutzt werden. Beim gepulsten Betrieb werden Bildserien mit Röntgenstrahlen von bis zu 6 Bildern/s gefertigt. Die Pulsdauer variiert zwischen 200 ms bis über 600 ms, das sind bei 6 Bildern/s = 170 ms/Bild. Die Vorteile der Methode sind, dass die kurzen Einzelpulse eine hohe Dosis aufweisen können und die Röhrenbelastung geringer ist als bei einer kontinuierlichen Strahlung. Dabei ist der Anteil des Bildrauschens gering; gleiches gilt für die Strahlenbelastung. Somit entstehen schärfere und kontrastreichere Bilder als bei der normalen DL-Technik. Die möglichst häufige Verwendung der LIH-Funktion (Bildspeicher) und ein begrenzter Einsatz von Loops, Cine- oder Zielaufnahmen hilft weiter, die DL-Zeit gering zu halten. Für den Cine-Modus kann z.B. die Dosis zwischen 0,4 Gy/min (15 Bilder/sec) bis 1 Gy/min (60 Bilder/sec) variieren.
Aktivität
Natürlich wird ein technisch versierter und erfahrener Operateur auch die DL-Zeit geringer halten als ein weniger erfahrener Operateur. Letzterer sollte jedoch immer gewahr sein, möglichst wenig Kontroll-DL zu machen. Wenn der BV nicht nah beim Patienten positioniert wird, sollte bei längeren MIODL-Prozeduren zur Vermeidung einer übermäßigen fokalen Hautbelastung, wenn möglich, der Strahlengangwinkel immer mal wieder geändert werden. Das Ziel einer rationellen DL lässt sich erreichen, indem Höhe und horizontale Tiefe des C-Bogens derart eingestellt und belassen werden, dass die p.-a. bzw. a.-p. und die seitliche Einstellung lediglich durch Schwenken des C-Bogens um 90° erreicht werden kann. Durch die Verminderung zahlreicher Orientierungs-DL wird die Strahlenbelastung erheblich vermindert. Hier kann insbesondere auch die Anwendung einer Laser-Zielvorrichtung hilfreich sein, um die gewünschten DL-Punkte ohne Strahlenemission auffinden zu können.
Abstand
In diversen Studien konnte gezeigt werden, dass neben einer Minimierung der DL-Zeit vor allen Dingen ein großer Abstand zur Strahlenquelle den effektivsten Schutz darstellt, da ein weiter entscheidender Punkt des Strahlenschutzes die Einhaltung des quadratischen Abstandsgesetzes ist: Die Dosis reduziert sich quadratisch mit dem Abstand von der Strahlenquelle. Die Relevanz dieser Regel lässt sich durch die relative Dosisleistung anschaulich aufzeigen. Setzt man bei einem Abstand von 0,5 m diese mit 100 % an, so ergibt sich abstandsabhängig folgende Gesetzmäßigkeit:
1 m: 25 %,
2 m: 6,3%,
4 m: 1,6%.
Wenn Röntgen erforderlich ist, sollte daher ein größtmöglicher Abstand zur Quelle bestehen. Bezogen auf den Strahlenschutz des OP-Personals wird dabei bei der MIODL auch der Patient als (Streu-) Strahlenquelle definiert: Je weiter weg der Patient, desto geringer die Streustrahlendosis für das OP-Team. Das OP-Team muss immer darauf hingewiesen werden, wann der C-Bogen Röntgenstrahlen abgibt, um im Rahmen des OP-Ablaufs alle Möglichkeiten der Vergrößerung des Abstands zur Strahlenquelle, als auch geeignete Strahlenschutzmaßnahmen rechtzeitig nutzen zu können.
Abschirmung
(Strahlenschutzmaterial)
Bereits 1983 bestimmte der orthopädische Chirurg Barry mittels TLD-Messung seine eigene Personendosis mit 2,27 mSv/Jahr und zeigte, dass die höchsten Messwerte in der Kopf- und Nackenregion zustande kamen, was zeigt, dass der Oberkörper in bestimmten Situationen besonders exponiert ist und hier persönliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden sollten [68]. Eine gute persönliche Schutzausrüstung (PSA) die den Rumpf schützt ist daher obligatorisch und für sie gilt europaweit die Richtlinie 89/686/EWG. Die PSA sollte halbjährlich auf Intaktheit sichtgeprüft und jährlich unter DL qualitätsgeprüft werden. Auf passende Größen, ausreichende Zahl, ordnungsgemäße Aufbewahrung an entsprechenden Halterungen ist zu achten.
Immer häufiger werden Bleischürzen durch leichtere bleireduzierte oder sogar bleifreie Schutzkleidung ersetzt. Diese wird in Deutschland durch die DIN 6857–1 und DIN EN 61331–1 geregelt. Minimalvorgaben zum Bleigleichwert (PbGw) für die PSA gemäß RöV:
Mantelschürze im OP-Bereich: Vorderseite ? 0,25 mm PbGw (Schwächung bei 75 kV 97 %/Reduktionsfaktor 10–200), Rückseite Pb-frei
Mantelschürze Personal (von Halsansatz bis infrapatellar reichend): Vorderseite ? 0,35 mm PbGw (Schwächung bei 75 kV 98,5 %), Rückseite ? 0,25 mm
Schürze Patient: ? 0,5 mm PbGw (Schwächung bei 75 kV 99,7 %)
Gonadenschutz Patient: Testes ? 1 mm PbGw, Ovarien, ? 1 mm PbGw
Thyroidschutz: ? 0,25 mm PbGw (Reduktionsfaktor ca. 20)
Augenschutz, nicht obligat: Bleiglasbrille mit Seitenschutz (Reduktionsfaktor 5–10)
Auch wenn die RöV bezüglich des PbGw im OP geringere Werte vorgibt, wird bei der Schutzkleidung zur Abschirmung außerhalb des Strahlenfelds empfohlen, eine PSA mit einem PbGw von 0,5 mm im vorderen bzw. strahlenquellen-zugewandten Bereich zu tragen, da bei modernen 3D-MIODL-Prozeduren oft gleiche Ortsdosisleistungen auftreten können wie in der Röntgendiagnostik (Tab. 2). Am wichtigsten ist jedoch, dass die PSA intakt ist und korrekt getragen wird (Abb. 1). Noch zu wenig verwendet werden Schutzbrillen zur Vermeidung von Augenschäden; hierzu fehlen allerdings auch noch richtungsweisende Studien.
Will man den Strahlenschutz des Patienten in den Mittelpunkt stellen, so ist eine Detektor-nahe und Strahlenquellen-ferne Patientenlagerung im C-Bogen zu bevorzugen (Röhren-Patienten-Distanz so groß wie möglich). Dies gewährleistet auch eine bessere Bildqualität: größer, schärfer, kontrastreicher (Luftdistanz zwischen Patient und Bildverstärker so gering wie möglich). Daher wurde auch lange Zeit die Übertischposition der Strahlenquelle im OP als die bessere angesehen [67], zumal dadurch auch die Arbeitshöhe der Operateure gewährleistet blieb. Bei einer Positionierung der Quelle unterhalb des Patienten, im Gegensatz zur Obertischposition, haben mehrere Autoren gemessen, dass zwar eine schlechtere Arbeitshöhe resultiert, da der Bildempfänger raumfordernder ist als die Röntgenröhre, es dabei jedoch beim Operateur zu einer deutlich geringeren Exposition im Bereich des Oberkörpers, des Kopfs, der Augen und der Schilddrüse kommt [7, 54, 69]. Moderne neue Flachdetektorbildwandler können deutlich platzsparender sein und somit das Problem der Arbeitshöhe bei Untertischposition lösen. Doch nicht nur die a.p.-Orientierung des C-Bogens spielt eine entscheidende Rolle, sondern auch die Positionierung im lateralen Strahlengang. Rampersaud et al. [70] evaluierten, dass die Dosis am Torso des Chirurgen bei Wirbelsäulenoperationen bei seitlicher Einstellung des C-Bogens, insbesondere auf der Seite der Röntgenquelle, sehr hoch sein kann. Auf der Seite des Detektors, also in Strahlungsrichtung ist die Dosis hingegen um ein Vielfaches geringer (53,3 vs. 0,022 mSv/min). Auch die Handdosis konnte durch diese Positionierung deutlich reduziert werden. Die Thyroiddosis war auf der Seite des Detektors 3–4-fach geringer als auf der Gegenseite [59].
Aufgrund der geringeren Exposition gegenüber durch den Patienten verursachten Streustrahlung sollte daher bei der MIOLD-gestützten Wirbelsäulen-OP in O & U i.d.R. im a.p.-Strahlengang immer die Untertischposition der Strahlenquelle bevorzugt werden (Abb. 2) und bei Einstellung im lateralen Strahlengang der Operateur immer auf Seite des BV, also in Strahlungsrichtung stehen (Abb. 3). Die OP-Assistenz, die auf der Seite der Röntgenquelle steht, ist also in besonders hohem Maße gefährdet. Daher muss es diesen immer ermöglicht werden, bei DL vom Tisch abzutreten und den weitest möglichen Sicherheitsabstand einzuhalten.
Im Falle des Vorhandenseins eines Durchleuchters, der nicht selbst am Tisch operativ mitwirkt, gelten folgende Empfehlungen [67]: Die Streustrahlung ist für den Durchleuchter (DL-Zeit 17 Stunden/Jahr) so gering, dass er sich bedenkenlos mit Schürze neben dem MIODL-Gerät platzieren kann: Strahlenbelastung 0,01 mSv/a. Der Vorteil hierbei ist, dass durch die gute Einsicht des Operationsfelds eine kürzere DL-Zeit möglich ist. Daraus ergibt sich eine geringere Strahlenbelastung für Patient, Operateur und Durchleuchter.
Die konsequente enge Kollimation (Einblendung) des austretenden Strahlenbündels auf die Größe des DL-Bildformats und die ROI garantiert neben einer besseren Bildschärfe und -kontrastierung auch eine Reduktion der Streustrahlung für alle im OP-Saal. Die Einblendung sollte während der ersten Orientierungs-DL erfolgen. Die laterale Einblendung (Schlitzblendenplatten) wird z. B. bei Röhrenknochen, distalem Unterarm, Finger usw. verwendet (nicht das Drehen der Blende vergessen). Die Irisblende verwendet man bei kleineren Knochen, z.B. Patella. Dabei verlangt speziell die manuelle DL etwas Erfahrung mit dem klassischen C-Bogen. Unter manueller DL versteht man die DL ohne automatische Dosisleistungsregelung. Sie ist erforderlich bei zu starker Streustrahlung im Strahlenbild, wenn im DL-Feld viel Metall vorhanden ist, wenn es beim DL-Objekt leicht zum Überstrahlen kommt, bei Extremitäten-DL, wenn der Operateur sie zur Orientierung bewegt oder wenn ein besseres DL-Bild erreicht werden soll.
Der Gebrauch der Kollimation zur Dosisreduktion wird jedoch oft missverstanden. Die diversen klassischen MIODL-Systeme verfahren in ihrem automatischen Modifikationsmodus zur Kompensation der manuellen oder elektronischen Verkleinerung des „field of view“ (FOV; Vergrößerung führt zu Schärfeverlust) durch den Anwender unterschiedlich. Nicht wenige erhöhen die Strahlendosis relevant, wodurch die HED pro Flächeneinheit (DFP) durch die kompensatorische Dosiserhöhung des Systems steigt (in einigen Fällen 2–4-fach). Neben den erwähnten Vorteilen reduziert die Kollimation daher nicht unbedingt die Dosisrate der direkt exponierten Haut (Patient), im Gegenteil, die HED wird aufgrund kompensatorischer Strahlungserhöhung durch das Gerät größer als bei einem größer gewählten FOV. Daher ist bezüglich der Abschirmung des Patienten ggf. je nach System auch noch die Empfehlung zu geben, den kleinstmöglichen Vergrößerungsmodus bzw. den größten praktikablen „field of view“ (FOV) zu wählen. Je schwieriger die Operation, desto weniger konzentriert sich der Operateur jedoch auf die Dosisbelastung, da seine ganze Aufmerksamkeit dem technischen bzw. medizinischen Erfolg der Intervention gewidmet ist. So wird z.B. tendenziell eine starke Vergrößerung (kleines FOV) und ein optimaler und daher meist fixer Strahlengang gewünscht. Auch hängt die Expositionszeit bei diesen Prozeduren deutlich von der Erfahrung und Kompetenz es Operateurs ab. Zusammenfassend bleibt die Empfehlung: Kollimation auf die ROI und größter FOV (kleinster Vergrößerungsmodus) der praktikabel ist.
Die Nutzung eines Streustrahlenrasters zur Streustrahlenreduktion ist heutzutage apparativer Standard. Je nach operativem Vorgehen können auch Bleiglaswände oder Tischanbauten die Strahlenexposition deutlich vermindern. Auch flexible am C-Bogen fixierbare Schutzschilder gegen Streustrahlung werden entwickelt, sind aber bezüglich ihrem Nutzen-Anwendungs-Profil im OP noch nicht umfassend getestet [71].
Vorsicht gilt bei erhöhtem Patientenvolumen. Dies ist ein Haupteinflussfaktor auf die HED. Die Strahlendosis reduziert sich um den Faktor 2 für jede 4,5–5 cm Gewebetiefe. Das bedeutet, dass ein Patient, der 10 cm dicker ist, eine ca. 4–10-fach höhere Strahlendosis erhalten kann. Hochdosis-Modus-Einstellung am Gerät können bei unsachgemäßer Aktivierung bzw. Gebrauch HED von über 1 Gy/min generieren. Als direkte Folgen können Haarverlust und Katarakte innerhalb weniger Minuten induziert werden, Hautnekrosen können in weniger als 30 min entstehen [67].
Sanders et al. evaluierten 1993, dass bei der MIODL-gestützten Frakturreposition beide Hände gleichermaßen exponiert werden, unabhängig von der führenden Seite des Operateurs, und dass es ab einer mittleren Emission von 1,7 min zu einer messbaren relevanten Belastung kommt [72]. Daher gilt v.a. für die Operateure, permanent auf die Exposition der Hände achten. Deren Arme sollten sich nie unnötig im Strahlengang befinden.
Qualitätssicherung
Zum Strahlenschutz gehört auch das regelhafte Controlling der Strahlungsexposition aller Personen im OP. Vorschrift seit 01.07.2002 (StSV) bezüglich der Strahlenexposition des Patienten ist ein DFP-Messgerät zur Ermittlung der HED. Dabei ist eine getrennte Dokumentation für jede Prozedur notwendig (kumulierte Dokumentation sind grundsätzlich nicht zulässig). Für die Ermittlung der Personendosis der OP-Teams sei angemerkt, dass die Nutzung der amtlichen Röntgenschutzplakette (Filmdosimeter) unter der PSA keine relevante Aussagekraft hat, was logisch erscheint. Relevant für die Kontrolle der Ortsdosis und Personendosis ist aber ein jederzeit ablesbares Dosimeter (z.B. Stabdosimeter) außerhalb der Schutzkleidung, am besten oberhalb der Bleischürze am Hals oder Auge. Da gerade für operativ-interventionellen Prozeduren unter MIODL in einigen Fällen die Jahresdosen der Hände über dem Limit von 500 mSv gemessen werden [73], wird jedem Operateur, der MIODL-assistierte Prozeduren durchführt, empfohlen ein Fingerdosimeter zu benutzen. Echtzeitdosimeter mit Warnfunktion sind nützlich! Synowitz et al. [50] konnten einen Reduktion der HED für die Hände des Operateurs bei Durchführung einer Vertebroplastie durch Verwendung eines Schutzhandschuhs nachweisen. Dies geht jedoch i.d.R. mit einer Reduktion der Fingersensibilität einher, was für viele Operateure nicht tolerabel sein dürfte. Nach Beendigung der Operation müssen die DL-Werte dokumentiert werden (kV, mA, DL-Zeit, Anzahl der Aufnahmen, DFP). Zur Qualitätssicherung der i.o. mittels C-Bogen gefertigten Bilddaten wird empfohlen, sowohl die einzelnen Kontrollbilder, als auch relevante Bildsequenzen automatisiert bzw. zumindest postoperativ einer digitalen Speicherung im klinikinternen Bildarchivierungs- und Dokumentationssystem (PACS) zuzuführen und die Leistung im Radiologischen Informationssystem (RIS) zu dokumentieren bzw. quittieren.
Hygiene, Sterilität
Das MIODL-Gerät wird erst steril bezogen, wenn eine ev. Kontroll-DL vollzogen und der Patient desinfiziert und steril abgedeckt ist; oft genügt es, nur den Röntgendetektor steril zu beziehen. Das Gerät sollte aus hygienischen Gründen so wenig wie möglich bewegt werden, wenn notwendig, dann nur langsam. Ein Kontakt mit dem Operationsgebiet muss vermieden werden. Bei Operationen, bei denen das OP-Team in Kontakt mit dem Gerät kommt, z.B. Wirbelsäulen- und Oberarmoperationen, ist dieses komplett mit Hilfe des OP-Teams steril zu beziehen.
Beim Schwenken des C-Bogens muss auf Instrumentiertische, Operationsmaterial, OP-Lampen und beistehende bzw. fixierte Armaturen und Gerätschaften geachtet werden. Auch das OP-Team sollte auf das Schwenken oder Schrägstellen des C-Bogens aufmerksam gemacht werden.
Zur sterilen Abdeckung wird die Verwendung von gerätespezifischen angepassten, am besten maßgeschneiderten Zubehören für die Abdeckung von C-Bogen mit Röhre und Detektor sowie auch der Touch-Screens empfohlen. Nach jeder DL das Gerät, wenn möglich, nicht aus dem sterilen Bereich fahren, sondern so stehen lassen, dass sich der C-Bogen noch im sterilen Bereich befindet, aber den Operateur und die Assistenten nicht behindert. Aus hygienischen Gründen sind überflüssige Bewegungen mit dem C-Bogen vermeiden (Staubaufwirbelungen).
Das MIODL-Gerät, Bleischürzen und Bleiabdeckungen werden nach jeder OP wischdesinfiziert. Dazu sollte ein von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie gelistetes Desinfektionsmittel verwendet werden. Nicht benutzte DL-Materialien sind mindestens einmal wöchentlich zu reinigen. Bleischürzen und Bleiabdeckungen immer zum Trocknen aufhängen. Die Monitore sollten nur mit Glasreiniger geputzt werden (sonst droht ein Grauschleier bei Bildern). Geparkte MIODL-Gerätschaften zum Staubschutz am besten mit Tüchern abdecken. Bei Operationen von Patienten mit infektiösen Erkrankungen, nach denen eine Scheuer-Wischdesinfektion notwendig ist, müssen das Gerät, benützte Bleischürzen und Bleiabdeckungen nach der Desinfektion für die Dauer der Einwirkzeit im Raum bleiben.
Geräteausstattung
Abgeleitet aus dem oben Erwähnten sollte heutzutage die Mindestausstattung von MIODL-Anlagen (C-Bögen) um die Belange des Strahlenschutzes zu gewährleisten Folgendes beinhalten:
digitale Bilderzeugung,
automatische Dosisleistungsregelung (ADR),
Begrenzung der Dosisleistung,
LIH-Technik,
Nutzstrahlbegrenzung auf BV-Durchmesser,
gepulste DL, Warnsignal wenn akkumulierte Dosis > 2 Gy,
Anzeige des DFP.
Unter dem Paradigma der Dosisreduktion weisen moderne digitale MIODL-Anlagen jedoch zusätzliche multiple technische Features auf. Der Anwender sollte daher seine Anlage gut kennen, um die moderne Technik auch adäquat nutzen zu können. Diese sind v.a.: hochempfindliche Empfängersysteme (Dosisreduktion); große Bildverstärker-Formate; deutlich vergrößertes, quadratisches Bildfenster und hohe Bilddynamik (ca. 16.000 Graustufen); Laserzielgeräte im BV und auf der Röhrenseite (präzise Ausrichtung an der Anatomie zur strahlungsfreien Positionierung des C-Bogens); Auswahl verschiedener Modi (z.B. halbe Dosis, gepulst, Pädiatrie etc. zur anatomischen Darstellung bei optimalen mA- und KV-Werten); (virtuelle) „PreView“-Kollimatoren (Positionierung der Blenden-/Iriskollimatoren vor dem Röntgen); einfache Umschaltung zwischen Fluoro-, Cine-, Subtraktions- und Roadmapping-Modi; Zoom- und Roaming-Funktionen zur besseren Ansicht; erweiterte Rauschminderung; moderne Pulstechnik mit 8–1 pps bei konstanter mA (Reduktion einer Dauer-DL mit 25 pps um 66–95 %); variable computerkontrollierte Strahlenfilterungssysteme; bedienerfreundliche beiderseitige Touch-screen-Technik; automatische, motorisierte, über Pannel steuerbare C-Bogen-Positionierung vom sterilen OP-Tisch aus; Speicherbarkeit multipler C-Bogen-Positionen (sichert Präzision der Isozentrik und Reproduzierbarkeit bei Repositionierungen); automatische 4-Achsbewegbarkeit des C-Bogens (Erfassung jeder Position im abgedeckten Raum); automatischer Kollisionsschutz mit Patient oder OP-Tisch/-Gerätschaften („Distance Control“); permanenter Dosisbericht/-anzeige (DFP: ED des Patienten ? 20 % des kumulativen DFP, Luftkerma ? HED des Patienten) und einstellbare Dosisgrenzzeiten mit Alarmmeldung zum Dosis-Controlling; differenzierte Bildnachbearbeitungsmöglichkeiten; Kompatibilität mit gängigen Navigationssystemen zur vollautomatischen Übertragung der Bilddaten; DICOM-basierte moderne Bilddaten-Archivierungs-, Verbindungs- und Vernetzungslösungen (WLAN, USB, CD/DVD, Drucker etc.); maßgeschneiderte sterile Abdeckungen mit geschlossenem Kühlsystem (unabhängig von der sterilen Luftzirkulation im OP-Feld).
Schulung
Obige Ausführungen zeigen, dass trotz optimaler Ausrüstung das wichtigste Kriterium bei der MIODL neben der Wahrung der Hygiene/Sterilität die Optimierung des Strahlenschutzes zur Reduktion der Strahlenbelastung bzw. des stochastischen und deterministischen Strahlenrisikos von Patient und OP-Personal ist [19]. Es ist einleuchtend, dass diesbezügliche Empfehlungen und Vorschriften nur dann effektiv und optimal umgesetzt werden können, wenn alle an der Operation beteiligten Personen im Saal bezüglich der operativen Abläufe und des Strahlenschutzes geschult sind, viel Erfahrung haben, gut miteinander kommunizieren und das OP-Team eingespielt ist. Die MIODL-Bediener müssen bezüglich des Gebrauchs und der angewandten Techniken zur Dosiskontrolle hinsichtlich ED und HED von Patient und OP-Personal kompetent sein. Es gibt keinen Zweifel, dass aufgrund der interindividuellen Variation der Erfahrung und Gewohnheiten des MIODL-Bedieners die applizierten Strahlendosen einer Schwankungsbreite von 100 % oder sogar noch mehr unterworfen sind [74].
Die intraoperative 3D-MIODL Bildgebung muss heute bei bestimmten chirurgischen Eingriffen, beispielsweise an der Wirbelsäule oder bei komplexen Gelenkbrüchen, im Hinblick auf die Ergebnisqualität und Sicherheit als Standard gefordert werden [66]. Die CAS mit 3D-Navigation ist eine wichtige Option zur Reduktion der Strahlungsemission bei MIODL-gestützten Operationen an der Wirbelsäule [75], vor allem wenn eine großes Patientenvolumen und schlechte Bildqualität eine erhöhte Strahlennutzung notwendig machen. Im Vergleich hierzu sind CAS-Prozeduren mit CT-Navigation aus Strahlenschutzgründen kritisch zu betrachten, da diese die prozedurenbezogene Gesamt-ED aufgrund des zur sicheren Navigation notwendigen präoperativen CT-Scans gegenüber der MIODL-Verfahren deutlich erhöht [38]. Es bleibt zu beachten: Wenn man von Strahlungsrisiko für den Patienten spricht, sollte bei einem Methodenvergleich daher immer die Gesamt-ED verglichen werden, welche zur Durchführung einer operativen Prozedur notwendig ist. Wird vor eine CAS-3D-navigierte MIODL-Prozedur aus anderen Gründen eine CT notwendig, so ist die totale ED für den Patienten wiederum höher, als wenn eine CT-Navigation durchgeführt wird.
Der Autor möchte gerade aufgrund der Zunahme 3D-navigierter MIODL-Technologie mit Erstellung CT-ähnlicher Bildserien, welche die Dosisemission je nach intraoperativer Anwendung immer mehr in Größenordnungen der CT-Bildgebung schiebt und aufgrund der weiten, für den Kliniker und Nichtradiologen nicht zu überschauenden Palette an Fehlermöglichkeiten in Anwendung und Praxis anmerken, dass die Ausbildung der entsprechende Anwender eine „radiologische“ werden muss. Neben den eher theoretisch ausgerichteten, vorgeschriebenen Kursen im Strahlenschutz wäre es wünschenswert, dass auch verpflichtend praktische Unterweisungen und Übungen, gerade für das Personal, das den C-Bogen bedienen soll, qualitätssichernd definiert und regelhaft durchgeführt werden. Jegliche CT- oder CT-ähnliche Prozedur gehört zur Vermeidung unnötiger strahlenbedingter Tumorinduktionen in die Hände des Radiologen oder zertifizierter Nichtradiologen. Zur Gewährleistung der bestmöglichen Reduktion der Strahlenemission im modernen OP-Saal sollten O & U und Radiologie in Schulung und Strahlenschutzpraxis enger zusammenarbeiten, um so die technischen Herausforderungen zum Patientenwohl und zum Eigenschutz gemeinsam besser zu meistern [66, 76]!
Interessenkonflikt: keine angegeben
Korrespondenzadresse
Dr. med. Uwe Schütz
Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Universitätsklinikum Ulm
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
uwe.schuetz@rocketmail.com
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