Übersichtsarbeiten - OUP 04/2016

Strahlenschutz bei C-Bogen-gestützten Wirbelsäulenprozeduren in Orthopädie und Unfallchirurgie

Das MIODL-Gerät wird erst steril bezogen, wenn eine ev. Kontroll-DL vollzogen und der Patient desinfiziert und steril abgedeckt ist; oft genügt es, nur den Röntgendetektor steril zu beziehen. Das Gerät sollte aus hygienischen Gründen so wenig wie möglich bewegt werden, wenn notwendig, dann nur langsam. Ein Kontakt mit dem Operationsgebiet muss vermieden werden. Bei Operationen, bei denen das OP-Team in Kontakt mit dem Gerät kommt, z.B. Wirbelsäulen- und Oberarmoperationen, ist dieses komplett mit Hilfe des OP-Teams steril zu beziehen.

Beim Schwenken des C-Bogens muss auf Instrumentiertische, Operationsmaterial, OP-Lampen und beistehende bzw. fixierte Armaturen und Gerätschaften geachtet werden. Auch das OP-Team sollte auf das Schwenken oder Schrägstellen des C-Bogens aufmerksam gemacht werden.

Zur sterilen Abdeckung wird die Verwendung von gerätespezifischen angepassten, am besten maßgeschneiderten Zubehören für die Abdeckung von C-Bogen mit Röhre und Detektor sowie auch der Touch-Screens empfohlen. Nach jeder DL das Gerät, wenn möglich, nicht aus dem sterilen Bereich fahren, sondern so stehen lassen, dass sich der C-Bogen noch im sterilen Bereich befindet, aber den Operateur und die Assistenten nicht behindert. Aus hygienischen Gründen sind überflüssige Bewegungen mit dem C-Bogen vermeiden (Staubaufwirbelungen).

Das MIODL-Gerät, Bleischürzen und Bleiabdeckungen werden nach jeder OP wischdesinfiziert. Dazu sollte ein von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie gelistetes Desinfektionsmittel verwendet werden. Nicht benutzte DL-Materialien sind mindestens einmal wöchentlich zu reinigen. Bleischürzen und Bleiabdeckungen immer zum Trocknen aufhängen. Die Monitore sollten nur mit Glasreiniger geputzt werden (sonst droht ein Grauschleier bei Bildern). Geparkte MIODL-Gerätschaften zum Staubschutz am besten mit Tüchern abdecken. Bei Operationen von Patienten mit infektiösen Erkrankungen, nach denen eine Scheuer-Wischdesinfektion notwendig ist, müssen das Gerät, benützte Bleischürzen und Bleiabdeckungen nach der Desinfektion für die Dauer der Einwirkzeit im Raum bleiben.

Geräteausstattung

Abgeleitet aus dem oben Erwähnten sollte heutzutage die Mindestausstattung von MIODL-Anlagen (C-Bögen) um die Belange des Strahlenschutzes zu gewährleisten Folgendes beinhalten:

digitale Bilderzeugung,

automatische Dosisleistungsregelung (ADR),

Begrenzung der Dosisleistung,

LIH-Technik,

Nutzstrahlbegrenzung auf BV-Durchmesser,

gepulste DL, Warnsignal wenn akkumulierte Dosis > 2 Gy,

Anzeige des DFP.

Unter dem Paradigma der Dosisreduktion weisen moderne digitale MIODL-Anlagen jedoch zusätzliche multiple technische Features auf. Der Anwender sollte daher seine Anlage gut kennen, um die moderne Technik auch adäquat nutzen zu können. Diese sind v.a.: hochempfindliche Empfängersysteme (Dosisreduktion); große Bildverstärker-Formate; deutlich vergrößertes, quadratisches Bildfenster und hohe Bilddynamik (ca. 16.000 Graustufen); Laserzielgeräte im BV und auf der Röhrenseite (präzise Ausrichtung an der Anatomie zur strahlungsfreien Positionierung des C-Bogens); Auswahl verschiedener Modi (z.B. halbe Dosis, gepulst, Pädiatrie etc. zur anatomischen Darstellung bei optimalen mA- und KV-Werten); (virtuelle) „PreView“-Kollimatoren (Positionierung der Blenden-/Iriskollimatoren vor dem Röntgen); einfache Umschaltung zwischen Fluoro-, Cine-, Subtraktions- und Roadmapping-Modi; Zoom- und Roaming-Funktionen zur besseren Ansicht; erweiterte Rauschminderung; moderne Pulstechnik mit 8–1 pps bei konstanter mA (Reduktion einer Dauer-DL mit 25 pps um 66–95 %); variable computerkontrollierte Strahlenfilterungssysteme; bedienerfreundliche beiderseitige Touch-screen-Technik; automatische, motorisierte, über Pannel steuerbare C-Bogen-Positionierung vom sterilen OP-Tisch aus; Speicherbarkeit multipler C-Bogen-Positionen (sichert Präzision der Isozentrik und Reproduzierbarkeit bei Repositionierungen); automatische 4-Achsbewegbarkeit des C-Bogens (Erfassung jeder Position im abgedeckten Raum); automatischer Kollisionsschutz mit Patient oder OP-Tisch/-Gerätschaften („Distance Control“); permanenter Dosisbericht/-anzeige (DFP: ED des Patienten ? 20 % des kumulativen DFP, Luftkerma ? HED des Patienten) und einstellbare Dosisgrenzzeiten mit Alarmmeldung zum Dosis-Controlling; differenzierte Bildnachbearbeitungsmöglichkeiten; Kompatibilität mit gängigen Navigationssystemen zur vollautomatischen Übertragung der Bilddaten; DICOM-basierte moderne Bilddaten-Archivierungs-, Verbindungs- und Vernetzungslösungen (WLAN, USB, CD/DVD, Drucker etc.); maßgeschneiderte sterile Abdeckungen mit geschlossenem Kühlsystem (unabhängig von der sterilen Luftzirkulation im OP-Feld).

Schulung

Obige Ausführungen zeigen, dass trotz optimaler Ausrüstung das wichtigste Kriterium bei der MIODL neben der Wahrung der Hygiene/Sterilität die Optimierung des Strahlenschutzes zur Reduktion der Strahlenbelastung bzw. des stochastischen und deterministischen Strahlenrisikos von Patient und OP-Personal ist [19]. Es ist einleuchtend, dass diesbezügliche Empfehlungen und Vorschriften nur dann effektiv und optimal umgesetzt werden können, wenn alle an der Operation beteiligten Personen im Saal bezüglich der operativen Abläufe und des Strahlenschutzes geschult sind, viel Erfahrung haben, gut miteinander kommunizieren und das OP-Team eingespielt ist. Die MIODL-Bediener müssen bezüglich des Gebrauchs und der angewandten Techniken zur Dosiskontrolle hinsichtlich ED und HED von Patient und OP-Personal kompetent sein. Es gibt keinen Zweifel, dass aufgrund der interindividuellen Variation der Erfahrung und Gewohnheiten des MIODL-Bedieners die applizierten Strahlendosen einer Schwankungsbreite von 100 % oder sogar noch mehr unterworfen sind [74].

Die intraoperative 3D-MIODL Bildgebung muss heute bei bestimmten chirurgischen Eingriffen, beispielsweise an der Wirbelsäule oder bei komplexen Gelenkbrüchen, im Hinblick auf die Ergebnisqualität und Sicherheit als Standard gefordert werden [66]. Die CAS mit 3D-Navigation ist eine wichtige Option zur Reduktion der Strahlungsemission bei MIODL-gestützten Operationen an der Wirbelsäule [75], vor allem wenn eine großes Patientenvolumen und schlechte Bildqualität eine erhöhte Strahlennutzung notwendig machen. Im Vergleich hierzu sind CAS-Prozeduren mit CT-Navigation aus Strahlenschutzgründen kritisch zu betrachten, da diese die prozedurenbezogene Gesamt-ED aufgrund des zur sicheren Navigation notwendigen präoperativen CT-Scans gegenüber der MIODL-Verfahren deutlich erhöht [38]. Es bleibt zu beachten: Wenn man von Strahlungsrisiko für den Patienten spricht, sollte bei einem Methodenvergleich daher immer die Gesamt-ED verglichen werden, welche zur Durchführung einer operativen Prozedur notwendig ist. Wird vor eine CAS-3D-navigierte MIODL-Prozedur aus anderen Gründen eine CT notwendig, so ist die totale ED für den Patienten wiederum höher, als wenn eine CT-Navigation durchgeführt wird.

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10