Übersichtsarbeiten - OUP 04/2014
Flexiseq (TDT 064) zur Behandlung der schmerzhaften Kniegelenkarthrose
W. Kneer1, M. Rother2, W. Bolten3 für die internationale IDEA-033/TDT 064 Studiengruppe
Zusammenfassung: Topische Formulierungen ultradeformierbarer Phospholipidvesikel mit Ketoprofen (IDEA-033) oder dessen wirkstofffreiem Vehikel (Sequessome Vesikel/TDT 064) wurden in großen randomisierten, kontrollierten Studien an Patienten mit schmerzhafter Arthosis deformans des Kniegelenks (ADK) getestet. Alle Studien zeigten einen ausgeprägten Behandlungseffekt des wirkstofffreien Vehikels (TDT 064). In der Mehrzahl der Studien bewirkte der Zusatz von Ketoprofen keine signifikante Wirkungsverstärkung gegenüber TDT 064. Studie III-03 untersuchte die Wirksamkeit und Verträglichkeit von 2 Dosierungen IDEA-033 im Vergleich zu TDT 064 und oralem Celecoxib bei Patienten mit ADK. Es gab keine Unterschiede zwischen IDEA-033 und TDT 064 hinsichtlich Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Beide Dosierungen von IDEA-033 und dem Vehikel TDT 064 zeigten signifikant bessere
Behandlungseffekte als orales Placebo. Die Behandlung mit IDEA-033 und TDT 064 war non-inferior zu 200 mg Celecoxib. Alle topischen Produkte wurden gut vertragen.
Eine Metaanalyse aller (4) 12-wöchigen, randomiserten,
kontrollierten Studien zeigte bei mehr als 1000 Patienten, dass der Behandlungseffekt von TDT 064 deutlich größer ist als derjenige, welcher in einer Metaanalyse für Placeboformulierungen in Arthrosestudien berichtet wurde [19]. Dies unterstützt die Hypothese, dass der Effekt von TDT 064 auf Schmerz und Funktion wahrscheinlich nicht nur durch eine Placeboantwort begründet werden kann.
Schlüsselwörter: Flexiseq, klinische Studie, Kniegelenkarthrose, TDT 064, Sequessome
Zitierweise
Kneer W, Rother M, Bolten W: Flexiseq (TDT 064) zur Behandlung der schmerzhaften Kniegelenkarthrose
OUP 2014; 4: 192–197. DOI 10.3238/oup.2014.0192–0197
Abstract: Topical formulations of ultradeformable phospholipid vesicle containing ketoprofen (IDEA-033) or the drug free vehicle (Sequessome vesicle/TDT 064) have been investigated in large randomized, controlled studies in patients with painful osteoarthritis of the knee. All studies showed pronounced treatment effects of the drug free vesicle itself (TDT 064). In the majority of the studies, addition of ketoprofen did not amplify the effect of TDT 064. Study III-03
investigated efficacy and safety of 2 dosages of IDEA-033 in comparison to TDT 064 and oral celecoxib in patients with knee osteoarthritis. No treatment-related differences for
reduction of pain and functional improvement were seen for IDEa-033 as compared to TDT 064. Both dosages of TDT 064 and IDEA-033 showed significant better treatment effects as compared to oral placebo. Those treatment differences were non-inferior to those of 200 mg celecoxib. All topical products were well tolerated.
A meta-analysis of all (4) 12-week, randomized, controlled studies showed in more than 1000 patients, that the treatment effect of TDT 064 is substantially larger than those
reported for a meta-analysis of all placebo formulations used in osteoarthritis trials [19]. This supports the hypothesis, that the magnitude of the effect observed with TDT 064 in this meta-analysis, both with regards to pain relief and improvement in function, is unlikely to be solely a result of a placebo response.
Keywords: Flexiseq, clinical study, knee osteoarthritis, TDT 064, Sequessome
Citation
Kneer W, Rother M, Bolten W: Flexiseq (TDT 064) for the treatment of painful osteoarthritis
OUP 2014; 4: 192–197. DOI 10.3238/oup.2014.0192–0197
Einleitung
Gonarthrose oder Arthrosis deformans ist eine degenerative Erkrankung des Kniegelenks (femurotibial und femuropatellar) mit progressiver Zerstörung des Gelenkknorpels und unter Beteiligung weiterer Gelenkstrukturen wie Knochen, synovialem Überzug und fibröser Gelenkkapsel. Das Kniegelenk ist das am häufigsten von der Arthrosis deformans betroffene Gelenk, wobei man davon ausgeht, das 26 % aller Frauen und 12 % aller Männer im Alter von über 65 Jahren an einer Kniearthrose leiden können [1]. Die gegenwärtigen Therapieempfehlungen für die Arthrose konzentrieren sich auf die Reduktion und Beseitigung des Schmerzes und der sekundären Entzündung, die Funktionsverbesserung und im besten Falle die Beseitigung bzw. Verzögerung der Progression [2, 3], wobei es für das letzte Ziel momentan nur ungenügend belegte Therapieoptionen gibt.
Paracetamol, topische oder orale NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) sind wichtige Bestandteile einer Therapie der schmerzhaften Kniegelenkarthrose. Die rein orale Therapie wird bei Langzeitanwendung aufgrund ihrer Sicherheitsrisiken kritisch betrachtet [4], wobei bei längerer Anwendung von höheren Dosierungen von Paracetamol, die für einen ausreichenden Behandlungserfolg nötig sind, die Hepatatotoxizität im Vordergrund steht [5]. Orale NSAR verursachen u.a. dosisabhängig gastrointestinale Blutungen, Nierenversagen und kardiovaskuläre Nebenwirkungen, wie z.B. Herzinfarkte [6]. Hinzu kommt, dass viele Patienten mit einer Behandlungsoption allein einen unzureichenden Therapieerfolg beklagen [4]. Diese auch in der Öffentlichkeit bekannten und oft diskutierten Nebenwirkungen sind mit dafür verantwortlich, dass nur jeder 3. Patient mit Gelenkschmerzen zum Arzt geht, nur 30 % der Patienten, die einen Arzt aufsuchen, ein Schmerzmittel erhalten und ca. 20 % der Patienten mit schweren bis extremen Schmerzen unbehandelt bleiben [7]. Daraus ergibt sich weiterhin ein hoher Bedarf an neuen Therapieformen, besonders auch in Patientenpopulationen, bei denen andere Therapieformen kontraindiziert sind.
Transfersome-Vesikel sind ultra-deformierbare Wirkstoffträger, die epikutan mittels eines Gels appliziert werden. Sobald die Transfersome-Vesikel auf der Haut sind, verdunstet das im Gel enthaltene Wasser, die Vesikel erreichen ihre Löslichkeitsgrenze und werden vom höheren Wassergehalt des dermalen Gewebes angezogen [8]. Es folgt eine spontane Migration der Vesikel durch die Hautbarriere [9]. Aufgrund ihrer Größe werden diese Wirkstoffträger nicht von der kutanen Mikrozirkulation absorbiert. Die maximale Eindringtiefe von Ketoprofen in Transfersomen in das Weichteilgewebe ist abhängig von der applizierten Wirkstoffmenge pro Hautareal und vielfach höher als nach Applikation konventioneller topischer NSAR. Im Tierexperiment konnte gezeigt werden, dass die Wirkstoffkonzentration in der Synovia des behandelten Kniegelenks Werte in der Größenordnung der oralen Applikation erreicht und man diese nur im behandelten, aber nicht im unbehandelten Gelenk findet, was im Sinne einer gezielten lokalen Applikation interpretiert wird (9). Wirkstofffreie Vesikel werden als Sequessome bezeichnet und enthalten bekannte, pharmakologisch inaktive Substanzen wie Wasser und Phosphatidylcholin, welche vielfältig in der Pharma-, Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie eingesetzt werden. Eine gute Verträglichkeit wurde in Langzeitstudien bei der Kniearthrose nachgewiesen, aber auch in anderen Einsatzgebieten wie der Omnychomykose [10, 11].