Übersichtsarbeiten - OUP 05/2022
Gelenkerhaltende Operationen bei Arthrosen an Schulter, Hüfte und KniegelenkWann ist dies angebracht und wie kommen wir zu optimalen Ergebnissen?
Lars Victor von Engelhardt, Jörg Jerosch
Zusammenfassung:
Der Arthrosepatient bedarf einer individuellen Abwägung eines rein konservativen Vorgehens, einer gelenkerhaltenden Operation oder einer Endoprothese. Aktuell anerkannte Verfahren wie die arthroskopische CAM (Comprehensive Arthroscopic Management)-Prozedur an der Schulter, die arthroskopische Korrektur eines meist zugrundeliegenden Hüftimpingements und bspw. das weite Spektrum korrigierender Osteotomien rund um das Kniegelenk sind anspruchsvoll und bedürfen ein differenziertes, individuell ausgerichtetes Vorgehen. Für diese gelenkerhaltenden Verfahren gilt, je früher desto besser. Ein Herauszögern schmälert die Ergebnisse dieser Operationen. Der frühe korrigierende Eingriff in Kombination mit einer konservativen, individuell ausgerichteten Therapie ist für viele Patienten das am ehesten erfolgreiche Konzept.
Schlüsselwörter:
Coxarthrose, Omarthrose, Gonarthrose, Schulterarthroskopie, Hüftarthroskopie, Umstellungs-
osteotomie
Zitierweise:
von Engelhardt LV, Jerosch J: Gelenkerhaltende Operationen bei Arthrosen an Schulter, Hüfte und Kniegelenk. Wann ist dies angebracht und wie kommen wir zu optimalen Ergebnissen?
OUP 2022; 11: 187–195
DOI 10.53180/oup.2022.0187-0195
Abstract: The osteoarthritis patient requires an individual consideration of conservative treatment, a joint-preserving surgery or a prosthesis. Currently recognized concepts such as the arthroscopic CAM (Comprehensive Arthroscopic Management) procedure on the shoulder, the arthroscopic correction of the frequently underlying hip impingement and, for example, the wide range of corrective osteotomies around the knee joint are demanding and require a differentiated and individual procedure. The principle applying to these joint-preserving surgeries is, the sooner the better. A protracted treatment diminishes the results. An early corrective intervention in combination with a customized conservative therapy is the most successful concept for many patients.
Keywords: Coxarthrosis, omarthrosis, gonarthrosis, shoulder arthroscopy, hip arthroscopy, knee osteotomy
Citation: von Engelhardt LV, Jerosch J: Joint-preserving operations for osteoarthritis of the shoulder, hip and knee joint. When is it appropriate and how do we get optimal results?
OUP 2022; 11: 187–195. DOI 10.53180/oup.2022.0187-0195
L.V. von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Private Universität Witten/Herdecke & Landesklinikum Horn, Österreich
J. Jerosch: Wissenschaftsbüro Meerbusch
Gelenkerhaltende
Möglichkeiten bei der
Gelenkarthrose
Degenerativ bedingte Gelenkschmerzen beeinträchtigen den Alltag und haben einen Einfluss auf die Lebensqualität und Psyche [75, 114]. Verständlicherweise fragen Patienten auch nach Möglichkeiten eines Gelenkerhaltes oder zumindest eines Aufschiebens der Endoprothese. Hierfür sind neben Hüft-, Schulter- und Kniearthroskopien auch diverse Osteotomien einzubeziehen. Die Verfahren sind vielfältig und zeigen bei richtiger Indikationsstellung gute klinische Ergebnisse und Return-to-Sports Raten. Um ein Fortschreiten der Arthrose zu verhindern, sollten entsprechende Operationen früh erfolgen [46, 82, 118, 127, 128, 136, 140]. Für die gelenkerhaltenden Korrektur-Operationen gelten auch zusätzliche Therapieverfahren, wie die intraartikulären Injektion von Kortikosteroiden, Hyaluronsäuren u./o. Thrombozytenreiches Plasma (PRP) als erfolgsversprechend. Mittlerweile findet man hierzu in der Literatur zu Knie, Schulter und Hüfte viele Studien und Empfehlungen [8, 25, 43, 66, 107, 148]. Natürlich sollten auch Risikofaktoren wie Überlastungen, Übergewicht, Ernährungsprobleme etc. reduziert werden sowie krankengymnastische und physikalische Therapieverfahren eingesetzt werden [47, 55, 98]. An Schulter, Hüfte und Knie sind die Pathophysiologien, Möglichkeiten und Indikationen gelenkerhaltender Operationen unterschiedlich. Daher stellen wir dies im Folgenden einzeln dar.
Gelenkerhalt bei der
Schulterarthrose
Die Arthrose ist nach den partiellen und kompletten Rupturen der Rotatorenmanschette der nächsthäufige Auslöser chronischer Schulterschmerzen. Bei der primären Form findet sich ein multifaktorieller Degenerationsprozess mit dem Bild einer fibrösen Entzündung. Im Weiteren zeigen sich bei allen Formen der Omarthrose Bewegungslimitierungen, Sklerosen und knöcherne Deformierungen [3, 147]. Nachdem die Größe osteophytärer Ausziehungen mit der eingeschränkten Gelenkfunktion korreliert, wird dies zur Gradeinteilung der Omarthrose verwendet [52]. Bei weniger als 3 mm besteht eine milde (Grad I nach Samilson), bei bis zu 7 mm eine moderate (Grad II) und bei mehr als 7 mm eine schwere Arthrose (Grad III) [115]. Bei der häufigen sekundären Form finden sich oft sog. Instabilitätsarthrosen mit einer anhaltenden Dezentrierung [137]. Die vermehrte Translation des Humeruskopfes führt erst nach einem längeren stummen Intervall zu einem konsekutiven Knorpel- und Pfannenabrieb. Weitere Ursachen sind Humeruskopfnekrosen, Infekte, Traumata, Erkrankungen des Immunsystems etc. [121]. Bei gelenkerhaltenden Maßnahmen einer sekundären Arthrose sollten die Ursachen adressiert werden, um ein Voranschreiten der Schäden zu verhindern. Ein gutes Beispiel hierfür sind arthrotische Veränderungen bei Rotatorenmanschettenschäden. Diese Kombination findet sich immerhin in bis zu 30 % der Fälle [77]. Neben zunehmenden Schäden an der Manschette zeigt sich hier gegenüber Kontrollgruppen ohne Manschettenschäden ein signifikantes Fortschreiten der Arthrose. Dabei führt eine zunehmende Dezentrierung der Gelenkführung zu unphysiologischen Druckverteilungen. Daher werden solche Fälle auch als sog. sekundäre Formen angesehen [19, 49, 51]. Studien zeigen nach der arthroskopischen Rotatorenmanschettenrekonstruktion bei einer Omarthrose ein ebenso gutes klinisches Ergebnis wie Patienten ohne arthrotische Veränderungen [48, 50]. Dabei scheint die Naht nicht nur zur Beseitigung von Schmerzen und funktionellen Einschränkungen, sondern auch zur Wiederherstellung eines zentrierten Gelenkes und hinsichtlich einer Progredienz der Sehnen- sowie arthrotischen Gelenkschäden wertvoll. Dies zeigt, dass arthroskopische Rekonstruktionen auch an der arthrotischen Schulter effektiv sind.
In den letzten Jahren haben sich gelenkerhaltende Arthroskopien bei der Omarthrose weiterentwickelt. Diese zeichnen sich durch eine Vielzahl einzelner Maßnahmen aus, die die individuellen, klinisch relevanten Pathologien des arthrotischen Schultergelenkes adressieren. Die jeweiligen Maßnahmen richten sich dabei auf strukturelle Veränderungen im Gelenk und auch auf betroffene periartikuläre Strukturen. Von einem einfachen Debridement als pauschale Minimalmaßnahme sind wir somit weit entfernt. Diese multimodalen Operationskonzepte der glenohumeralen Arthrose sind mittlerweile gut untersucht und unter dem Begriff “Comprehensive Arthroscopic Management“ (CAM) bekannt [79, 82] (Abb. 1a). Basismaßnahmen dieser vglw. umfassenden arthroskopischen Operationen sind ein Debridement mit Chondroplastik der glenohumeralen Gelenkflächen, die Entfernung evtl. vorhandener freier Gelenkkörper und die Arthrolyse mit einem anterioren und posterioren Kapselrelease. Inferiore humerale Osteophyten werden entfernt, wenn sie die Beweglichkeit beschränken. Bei klinischer Relevanz erfolgt zudem eine Neurolyse des N. axillaris. Ist das korakohumerale Intervall eingeengt, ist eine Dekompression am Korakoid empfehlenswert. Befund- und symptomabhängig erfolgt ggf. auch eine Synovialektomie, eine Akromioplastik, eine Resektion der lateralen Klavikula, eine Tenodese oder Tenotomie der langen Bizepssehne. Besonders effektiv sind, wie erwähnt, die arthroskopischen Rekonstruktionen partieller oder vollständiger Sehnenrisse [48, 50, 78, 79, 86].
Dieser arthroskopische Kombinationseingriff ist trotz vieler Schritte sicher und effizient durchführbar: Die Beweglichkeit wird initial nochmals beurteilt, um den Erfolg der weichteiligen und ggf. knöchernen Arthrolyse prüfen zu können. Subkorakoidal oder im inferioren Recessus werden freie Gelenkkörper entfernt. Anschließend erfolgt von ventral das Debridement inkl. einer Glättung instabiler Gelenkflächenanteile. Die Chondroplastik erfolgt bei uns mit dem Ziel einer schonend angefrischten und stabilen subchondralen Knochenlamelle. Bzgl. einer Tenodese oder Tenotomie der langen Bizepssehne sind wir aufgrund der guten klinischen Ergebnisse großzügig [2]. Die humerale Osteophytenabtragung umfasst die Anteile, die unter Rotation einen mechanischen Konflikt zum Glenoid erzeugen. Dies erfolgt unter Sicht von oben und vorne über einen akzessorischen Zugang, der lateral und kaudal vom dorsalen Standardportal eintritt und ventral des hinteren inferioren glenohumeralen Kapselbandes endet. Die fräsende Abtragung erfolgt in unterschiedlichen Rotationsstellungen [86]. Die Gelenkkapsel sollte zum Schutz des N. axillaris in dieser Phase noch erhalten sein. Nachdem der knöcherne mechanische Konflikt zwischen Osteophyt und Glenoid aufgelöst ist und damit der unter Bewegung ggf. unter Traktion geratene N. axillaris knöchern dekomprimiert ist, erfolgt das Kapselrelease. Die Kapselresektion erfolgt ventral unter Freilegung des M. subskapularis. Die N. axillaris Neurolyse erfolgt von medial-superior unterhalb des M. subscapularis nach distal-inferior am Eintritt zwischen M. teres minor und -major. Das Entfernen dorsaler Kapselanteile erfolgt von posterior. Abschließend erfolgen die subakromialen Schritte. Die postoperative Physiotherapie erfolgt ohne Verzögerung, um Vernarbungen und Kontrakturen zu verhindern.
Unserer Meinung nach und entsprechend der Literatur zeigen CAM Prozeduren als vglw. schonende arthroskopische Verfahren im mittel- und langfristigen Follow-up ein sehr gutes Outcome [5, 82, 83]. Bspw. zeigt eine Studie bei einem Durchschnittsalter von 52 und einem Höchstalter von 68 Jahren nach einem Minimum-Follow-up von 5 Jahren eine sehr hohe Patientenzufriedenheit mit anhaltend und deutlich verbesserten Outcomescores [82]. Weitere Studien konnten eine gute postoperative Beweglichkeit und klinische Outcomescorings, die im Range der anderen, gesunden Seite sowie weit im Range moderner endoprothetischer Versorgungen liegen, nachweisen [136]. Eine langfristige Follow-up Untersuchung von mind. 10–14 Jahren ermittelte zudem einen Gelenkerhalt in 63 % der Fälle [5]. Sollte im weiteren Verlauf dennoch eine Schulterendoprothese notwendig sein, so sind die klinischen Ergebnisse ebenso erfolgreich wie die bei der direkten Endoprothesenimplantation [94]. Betrachtet man die Literatur, so ist neben der Umsetzung der individuellen Operationsschritte v.a. die Indikationsstellung wichtig, um zu optimalen Ergebnissen zu kommen. Hilfreich sind hierfür insbesondere Langzeit-Follow-up Untersuchungen. Risikofaktoren für ein langfristig reduziertes Outcome einer arthroskopischen CAM-Prozedur sind: Deformitäten und Abflachungen des Humeruskopfes, deutlich eingeschränkte Gelenkspaltweiten von < 1,3 mm bzw. < 2 mm (je nach Studie), ein viertgradiger Befund im röntgenologischen Arthrosescoring nach Kellgren & Lawrence, bifokal freiliegender Knochen, sehr große humerale Osteophyten sowie ein erodiertes Glenoid (Abb. 1b). Bei diesen Prädiktoren steigt das Risiko, nur gering und/oder nur kurzzeitig von der gelenkerhaltenden Operation zu profitieren [5, 80, 83, 136, 145]. Somit ist es gut, entsprechende Befunde bei der Abwägung eines gelenkerhaltenden oder eines endoprothetischen Verfahrens zu berücksichtigen.
Gelenkerhalt bei der
Hüftarthrose
Die häufigste Ursache für eine Hüftarthrose ist das Anschlagen, das sog. femoroazetabuläre Impingement, beider Gelenkpartner [38, 104]. Meist führt ein posterolateraler u./o. ventrolateraler Knochenanbau am Schenkelhals-Kopf-Übergang u./o. der Pfanne zu einer mangelhaften Gelenkkongruenz. Das Bewegungsspiel der Hüfte ist nicht mehr frei und auch nicht mehr zentriert. Die Druckverteilung wird unphysiologisch mit vermehrten Scher- und Druckkräften in den überlasteten Gelenkregionen. Dies führt zu Schäden der Gelenkflächen und im Weiteren zum Vollbild der Arthrose [1, 62, 104]. Anfangs kommt es zu einer leichten Bewegungseinschränkung für die Innenrotation und im Verlauf zur Hüftarthrose mit Bewegungsstörungen in allen Ebenen [57, 61, 104]. Zu Beginn wird das Impingement beim tiefen Sitzen, dem Aufsteigen auf ein Fahrrad, div. Sportaktivitäten etc. spürbar. Neben der mechanischen Pathophysiologie zeigt sich beim Impingement auch eine Ausschüttung inflammatorischer Mediatoren mit dem Bild einer arthrosetypischen intraartikulären Entzündung [35]. Das Impingement kann auch im Rahmen einer Dysplasie auftreten und über diesen Weg eine Arthrose verursachen.
Letztlich ist das Impingement in den allermeisten Fällen einer Hüftarthrose zu finden. Bei allen Impingementvarianten, auch bei einer eher mäßigen Dysplasie, sind arthroskopische Therapiekonzepte zur Impingementkorrektur sinnvoll [88, 131]. In Fällen mit dem gleichzeitigen Bild einer Hüftarthrose stellt sich die Frage, inwieweit eine knöcherne Impingementkorrektur erfolgsversprechend ist. Betrachtet man die gestiegene Lebenserwartung und die höhere Aktivität im fortgeschrittenen Lebensalter, so sind solche Überlegungen besonders sinnvoll.
Unserer Erfahrung nach kommt dies aufgrund des schleichenden Krankheitsverlaufes und der langsamen Ausbildung arthrotischer Gelenkschäden bei sehr vielen Patienten in Frage. So genügt anstelle der Prothese vglw. oft die arthroskopische Korrektur der symptomatischen Deformität. Dies beseitigt die zugrundeliegende Pathophysiologie und die Beschwerden [38]. Um ein Fortschreiten der Arthrose zu verhindern, sollten entsprechende Operationen möglichst frühzeitig erfolgen [30, 37, 38, 97, 104, 127]. Bei Hüftbeschwerden ist eine frühzeitige Diagnostik somit wertvoll. Eine gezielte Anamnese, bei der viele Patienten bspw. Beschwerden bestimmten Belastungen, wie dem längeren Sitzen zuordnen, ist der erste Schritt. Neben den Schmerzen können auch hiermit verbundene Steifheitsgefühle, ein Gefühl des Verhakens oder Schnappen etc. weitere typische Symptome darstellen [133]. Typisch sind zudem bewegungsabhängige Schmerzen, die eher einen ziehenden Charakter haben und in der lateralen Leiste lokalisiert sind [20]. Der wesentliche klinische Test ist der vordere Impingement-Test, bei dem in 90°-Beugung und Adduktion eine maximale Innenrotation erfolgt. Zur besseren Differenzierung ist es hilfreich, sich die Stelle der Schmerzsensation zeigen zu lassen. Meist finden sich Leistenschmerzen, wobei aber auch dorsale und laterale Schmerzen typisch für ein posterolaterales Impingement u./o. periphere Knorpelschäden sein können [69].
Bildgebend ist es wichtig, neben dem Arthrosegrading weitere Röntgenbefunde heranzuziehen. Bspw. zeigt sich bei hochgradigen, auf den Knochen reichenden Knorpelschäden im stehenden Röntgen eine reduzierte Gelenkspaltweite. Die Studienlage zeigt, dass der Cut-Off-Wert für die Gelenkspaltweite, bei dem die Erfolgschancen einer Hüftarthroskopie sinken, bei 2 mm liegt [24, 102]. Die im a.p.-Bild typischerweise beschriebene Pistolengriff-Formation ist ein Maximalbefund des Cam Impingement, der typisch, aber keineswegs regelmäßig zu sehen ist. In solchen Fällen findet sich nicht nur der pathognonomisch relevante Offsetverlust, sondern auch eine Überhöhung der Knochenkontur. Oft ist im a.p.-Röntgen nur ein Offsetverlust (Abb. 2a–b) und kein prominentes Cam zu sehen. Die axialen Röntgenaufnahmen sind besser geeignet, den Offset-Verlust am Schenkelhals-Kopf-Übergang zur erkennen. Dabei quanti?ziert der Alpha-Winkel nach Nötzli mit einem Schwellenwert von 50–55° die Taillierungsstörung (Abb. 2c, 2e) [95, 130]. Bei einer knöchernen Formstörung der Pfanne finden sich umschriebene, segmentale oder aber auch weitläufige Ausweitungen an der zum Schenkelhals-Kopf-Übergang gerichteten Kontur. Man spricht von einem Kneifzangen- bzw. Pincer-Impingement. Im Röntgen findet sich ein erweiterter Winkel zwischen der Linie zwischen Rotationszentrum und lateraler Erkerkante sowie der Senkrechten (Centrum-Erker-Winkel) (Abb. 2b, 2d). Meist finden sich kombinierte Varianten, bei denen ein knöchernes Pincer und gleichzeitig eine CAM-Variante am Schenkelhals-Kopf-Übergang zu finden ist (Abb 2a–b). So beschreibt bspw. die Berner Gruppe die kombinierten Impingementvarianten in bis zu 86 % der Fälle, die dann mit einer frühen Arthrose assoziiert sind [7]. Zudem besteht eine Geschlechterverteilung, wonach Männer zu ausgeprägteren Cam- und Frauen mehr zu den Pincer-Deformitäten neigen [108]. An der Pfanne ist neben der Beurteilung der lateralen Überdachungsstörung auch die Pfanneneingangsebene nach vorne, die Anteversion, von praktischem Interesse. Im Normalfall ist die Pfanne ein wenig antevertiert. Deshalb projiziert sich der vordere Pfannenrand mit einer größeren Varianz oberhalb des hinteren [4]. Besteht eine zu weit ausladende anteriore und/oder anterolaterale Überdachung, stellt sich der vordere Pfannenrand im lateralen Abschnitt im a.p.-Röntgen unterhalb des hinteren dar. In solchen Fällen überkreuzen sich die Erkerkonturen ein wenig weiter medial (Crossing-Zeichen). Diese Befunde sind für die knöcherne Korrektur von Relevanz [111].
Die Korrektur eines Hüftimpingement hat das Ziel, ein anschlagfreies und damit verschleißarmes Bewegungsspiel wiederherzustellen. Dies kann offen-chirurgisch oder arthroskopisch erfolgen. Auch bei moderaten bis mittelgradigen arthrotischen Gelenkveränderungen sind dies zuverlässige Verfahren, die die Beschwerden, die Gelenkfunktion und die Progression der Arthrose verbessern [30, 37, 38, 97, 127, 140]. Dabei zeigt das arthroskopische gegenüber dem offen-chirurgischen Vorgehen ein etwas besseres Outcome und niedrigere Komplikationsraten wie bspw. Infektionsraten etc. [10, 32, 37].
Andere Vorteile der arthroskopischen Korrektur sind das geringere Weichteiltrauma, gute kosmetische Ergebnisse, eine verkürzte Zeit im Krankenhaus und die vglw. schnelle Rehabilitation [10, 14]. Bspw. zeigte eine Studie bei Profisportlern nach der arthroskopischen Impingementoperation eine raschere Rückkehr in den Sport als die offen-chirurgische OP [10]. Ein anderer Vorteil der arthroskopischen gegenüber der offenen, mit einer chirurgischen Luxation verbundenen Operation ist unserer Erfahrung nach die Möglichkeit, das wechselseitige Anschlagen und Zusammenspiel beider Gelenkpartner und auch die assoziierten Gelenkschäden unter arthroskopischer Sicht besser zu erkennen, zu korrigieren und überprüfen zu können.
In der Literatur ist die unzureichend korrigierte ossäre Pathologie mit 90 % die häufigste Ursache für Revisionsoperationen. Hierbei sind sowohl residuale Cam- als auch Pincer-Formationen verantwortlich für anhaltende Beschwerden [34, 41, 101, 119]. Patienten mit arthrotischen Gelenkschäden sind von diesem Problem besonders betroffen, weil hier trotz insuffizienter Resektion der Fokus zur Klärung anhaltender Beschwerden evtl. fälschlicherweise auf die degenerativen Gelenkschäden gerichtet ist. Somit kann es passieren, dass eine eigentlich notwendige Revisionsarthroskopie ausbleibt oder gar eine zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt nötige Prothese implantiert wird. Hingegen findet sich eine Überresektion der knöchernen Impingmentdeformität vglw. selten. Die Folgen wie bspw. Instabilitäten, ein schlechtes Outcome und Schenkelhalsfrakturen sind allerdings schwerwiegend [42, 67].
Letztlich bedarf die Impingementkorrektur einer längeren Erfahrung und Lernkurve [14]. Hat man sie überwunden, ist sie ein zuverlässiges Verfahren: Der Zugang durch die Gelenkkapsel kann mit interportalen, L- oder T-förmigen Kapsulotomien erfolgen. Erfolgt das Arbeiten in den verschiedenen Regionen des Schenkelhals-Kopf-Überganges mit bestimmten, standardisierten Beuge- und Rotations-Stellungen des Beines, so erleichtert dies ein kapselschonendes Vorgehen [26]. Für eine funktionierende Cam-Abtragung am Femur muss eine adäquate Tiefe der Knochenabtragung und v.a. die richtige Höhe bzw. Ausdehnung von kranial nach kaudal am Schenkelhals-Kopf-Übergang erzielt werden. Nur so kann eine adäquate Reduktion des Alpha-Winkels erzielt werden (Abb. 2c, 2e). Ebenso wichtig ist die Berücksichtigung der zirkumferenten Ausdehnung des Cam um den Kopf. So liegt die durchschnittliche zirkumferente Ausdehnung, der sog. Omega-Winkel, in einem weiten Range von ca. 90°–180° und im Mittel bei 138°. Bei hohen Werten findet sich oft eine weite posterolaterale Ausdehnung des Cam [109]. Genau diese wird häufig nicht genügend adressiert [14]. Bezüglich der Tiefe der Knochenabtragung ist zu bemerken, dass in den distalen Anteilen des Cams meist ein wenig mehr Knochen abgetragen werden muss als proximal. So entsteht die gewünschte Kontur mit dem fließend ansteigenden Schenkelhals-Kopf-Übergang, der kein Risiko für eine Schenkelhalsfraktur birgt. Zudem empfehlen wir für die Cam-Abtragung ein strukturiertes Vorgehen, bspw. mittels Markierungen von Landmarken [139, 141]. Hierbei kann zuerst das Epizentrum des Impingement am Schenkelhals-Kopf-Übergang sowohl arthroskopisch als auch mittels geeigneter Einstellung des C-Bogens dargestellt werden. Nach Markierung der am weitesten proximal gelegenen Ausdehnung des Cam lässt sich neben dem aktuellen Alpha-Winkel auch die kraniokaudale Ausdehnung der Korrektur abschätzen. Bezüglich des angestrebten Korrekturwinkels ist zu bedenken, dass in der Originalarbeit von Nötzli et al. in der Kontrollgruppe der Wert für den Alpha-Winkel im Mittel bei 43° liegt (Abb. 2e) [95]. Betrachtet man den Korrekturwinkel unterschiedlicher Studien, so scheinen postoperative Werte von ca. 43° im Outcome mit einer impingementfreien Beweglichkeit verbunden zu sein [91]. Auch ist zu beachten, dass bspw. bei einer vermehrten Retroversion des Schenkelhalses oder einem tiefen Pfannengrund tendenziell etwas niedrige Winkel angestrebt werden. Um alle Regionen rund um das CAM und das Pincer gut zu sehen und gleichzeitig die Kapsel zu schonen, sind adäquate Stellungen des Beines unterstützend. Bspw. kann bei leichter Beugung von 40–45° und Neutralrotation des Beines mit der Kapsulotomie begonnen werden. Hier ist die ventrale Kapsel entspannt und der anterolaterale Anteil des Gelenkes kann eingesehen werden. Der C-Bogen Detektor ist hierbei leicht nach innen gedreht, so dass sich die anterolaterale Kontur des Schenkelhals-Kopf-Überganges herausprojiziert. Geht man von hier in eine zunehmende Außenrotation und leicht vermehrte Beugung des Beines, so können die ventralen und ventromedialen Anteile des Schenkelhals-Kopf-Überganges besser arthroskopiert werden. Streckt man die Hüfte auf 0° und geht über die Neutralrotation zunehmend in eine leichte Innenrotation bis bspw. 30°, so können die lateralen bis posterolateralen Regionen eingesehen werden. Um die kranialen posterolateralen Anteile am Schenkelhals-Kopf-Übergang sicher einsehen zu können, ist oft ein wenig zusätzliche Traktion hilfreich.
Zur röntgenlogischen Beurteilung der lateralen und posterolateralen Kontur steht der Detektor des C-Bogen senkrecht. Letztlich kombinieren wir die Lagerungsschritte der Arthroskopie mit einem entsprechenden Gegenschwenken des C-Bogens. Die knöcherne Korrektur an der Pfanne kann sehr unterschiedlich ausfallen. Entweder reicht das Pincer über weite Teile der knöchernen Pfanne oder es besteht ein fokal oder besser segmental imprimierender Pfannenrand. Unter Bewegungen kann dies, wenn auch weniger häufig als beim Cam, zu Schäden am Labrum und dem hier angrenzenden Knorpel führen. Korrespondierend zu dem Anschlagen am Erker findet man gelegentlich auch querverlaufende Knorpelschäden am ventralen Femurkopf. Gar nicht so selten findet man auch am proximalen Schenkelhals eine korrespondierende, durch das Pincer entstandene Einkerbung mit einer randständigen Corticalisverdickung [106]. Im Röntgen wird diese Kerbung in den axialen Projektionen gesehen und als sog. Indentation sign oder Poiriers Facette beschrieben. Am Pfannenrand finden sich beim Pincer teilweise ausgedehnte Ossifikationen. Beim kombinierten Impingement stellt sich der knöcherne Pincer gelegentlich auch fragmentiert dar (Abb. 2b–c). Sowohl die segmentalen, als auch die zirkumferent weitreichenden Pincervarianten können arthroskopisch zuverlässig abgetragen werden [116] (Abb. 2b, 2d, 2f–g,). Oft ist bei der Pincerresektion ein Labrumerhalt oder ein Reattachment möglich und sinnvoll [105]. Auch beim Pincer empfiehlt sich die Nutzung intraoperativ eingestellter Durchleuchtungskontrollen.
Bei der Durchführung gilt es, die hohe Varianz der Befunde am Pfannenrand zu beachten. So variiert der normale CE-Winkel je nach Autorengruppe von 25°–40° bzw. 23°–33°. Unter 20° spricht man von einer Dysplasie, über 33° von einer vermehrten und über 40° von einer exzessiven Überdachung [36, 132]. Für eine adäquate Pincerresektion gibt es keine absoluten Zielwerte. Am ehesten liegt der Bereich bei 25°–35° [21, 60, 71, 103]. Dabei sind die eher niedrigen Zielwerte unserer Erfahrung nach im Rahmen der Korrektur nicht immer erforderlich. Häufiger sehen wir bei Revisionen, dass die zirkumferente Ausdehnung entlang der Pfannenkontur, bspw. nach posterolateral nicht genügend adressesiert wurde. Eine Überresektion sollte vermieden werden, weil bspw. eine anterior zu ausgeprägte Abtragung die Arthroseprogression deutlich verschlechtern kann. Letztlich erachten wir gerade hier die Prüfung unter arthroskopischer Sicht als wesentlich, um das notwendige Ausmaß der Resektion zu beurteilen [63]. Auch erachten wir es als hilfreich, den präoperativen Wert und den Korrekturwinkel vor der Pincerkorrektur auszumessen. Gerne verlagern wir das Durchleuchtungsbild auf den 2. Bildschirm, um es dann mit dem Ergebnis nach der Abtragung zu vergleichen.
Hilfreich zur Abschätzung des Resektionsausmaßes ist zudem eine Studie von Philippon et al.. Hiernach führt ein lateraler Knochenabtrag von 5 mm zu einer Reduktion des CE-Winkels um ca. 5° [103]. Neben der Beurteilung der lateralen Kontur kann bei der Korrektur eines anterioren oder posterioren Überhanges auch das Crossing Sign im intraoperativen Röntgen die adäquate Abtragung unterstützen. Auch kann der Abstand zwischen Vorder- und Hinterwand in Relation zum Hüftkopfzentrum beurteilt werden. So sollte bspw. nach einer vorderen Pincer-Korrektur die Vorderwand nahe dem mittleren Drittel des Femurkopfradius liegen [71]. Erfahrungsgemäß ermöglichen diese Indices zur Vorder- oder Hinterwand nur einen Anhalt zur Korrektur. Letztlich sollte uns auch hier die erhebliche morphologische Varianz bei asymptomatischen Personen bewusst sein [4]. Schäden an der Gelenklippe können mit Ankerrefixationen, schonenden Debridements u./o. in einzelnen Fällen zusätzlich mittels geeigneter bipolarer Radiofrequenzsonden stabilisiert werden [6, 17, 18, 139]. Bei der Ankernaht bevorzugen wir die Techniken, wie Gleitknoten, die es erlauben, den Labrum-Knorpel-Komplex von kaudal hochzuziehen und anzupressen. Insbesondere bei einem positiven “Wave-Sign“, bei dem der Knorpel innerhalb und oft auch unterhalb der Junction-Zone gelöst ist, sollte der Komplex nach kranial angespannt werden [17, 139]. Bei einer ausschließlichen Cam-Abtragung oder traumatischen Labrumrissen erfolgt vor der Refixation nur eine Knochenanfrischung, um die Anheilung zu ermöglichen. Bei einer gleichzeitigen Pincerabtragung empfehlen wir die Knochenabtragung von oberhalb des Labrums kommend. So kann das Labrum auch im Bereich Junction Zone geschont werden.
Die Literatur zeigt für die arthroskopischen Impingmentoperationen bei arthrotischen Gelenkschäden signifikante Verbesserungen für die Hüftfunktion, für die Lebensqualität und Schmerzen und sogar auch hohe Return-to-Sports-Raten [37, 65, 70, 127]. Die operative Korrektur ist einem konservativen Vorgehen überlegen [37]. Eine matched pair-Analyse zum Outcome arthroskopischer Impingementkorrekturen bei einer erstgradigen Arthrose im Vergleich zu entsprechenden Patienten ohne Arthrosenachweis zeigte in beiden Gruppen sehr gute und vergleichbare Ergebnisse. Auch nach 5 Jahren zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen. Somit sind bei einer moderaten Arthrose zumindest in den ersten 5 Jahren ebenso gute Ergebnisse zu erwarten [24]. Auch bei Patienten, die eine mittel- und höhergradigen Arthrose und eine vorwiegende Impingementsymptomatik aufweisen, kann eine Hüftarthroskopie abgewogen werden. So zeigen Studien zu arthroskopischen Impingementkorrekturen bei bis zu drittgradigen Arthrosen nach 2–5 Jahren gute Outcome-Ergebnisse. Die Raten für im Verlauf dennoch nötige Prothesenimplantationen liegen bei 8–20 % [39, 100, 102, 117]. Sansone et al. zeigten die Ergebnisse der Hüftarthroskopie bei mittelgradigen Arthrosen, wobei 60 % einen Arthrosegrad 1 nach Tönnis und die restlichen einen höhergradigen Befund und in einem Viertel der Fälle sogar eine auf weniger als 2 Millimeter geminderten Gelenkspalt aufwiesen. Nach 2 Jahren war bei 7 % der Patienten eine Prothese nötig, die anderen zeigten bezüglich Schmerzen, Hüftfunktion, Patientenzufriedenheit, Lebensqualität und der allgemeinen körperlichen Aktivität signifikante Verbesserungen [117]. In weiteren Studien zu erst- bis drittgradigen Athrosen nach Tönnies war im Laufe von 3,2 bzw. 4,5 Jahren bei 16 bzw. 20 % der Patienten aufgrund eingeschränkter Ergebnisse eine Endoprothese nötig [39, 102]. Entgegen den Zeiträumen von bis zu 5 Jahren sehen die Langzeitergebnisse schlechter aus. So zeigen 2 Studien, dass nach 10 Jahren in 27 bzw. 37 % der Fälle eine Prothese nötig wurde [15, 73].
Zusammenfassend zeigt sich, dass eine Hüftarthroskopie auch bei niedrig- bis höhergradigen Arthrosen und der häufig zugrunde-liegenden Impingmentsymptomatik erfolgreich ist. Bei der Beratung, ob und über welchen Zeitraum eine Hüftarthroskopie bei vorhandenen arthrotischen Gelenkschäden sinnvoll ist, sind neben der Röntgenbeurteilung auch anamnestische und klinische Befunde wichtig.
Gelenkerhalt bei der
Kniearthrose
Bei degenerativen Schäden am Knie finden sich anfangs Schmerzen bei Belastungen wie bspw. bei sportlicher Betätigung, beim Treppensteigen etc. Erst spät finden sich Schmerzen in Ruhephasen und Bewegungseinschränkungen. Knorpelschäden entstehen zum einem aufgrund akut traumatischer Schäden wie bspw. bei einer Knorpel-Knochen-Kontusion, Kreuzbandverletzungen, Patellaluxationen etc. [96, 142]. Häufiger entwickeln sich Knorpelschäden allerdings infolge von anhaltenden Gelenksschäden. So kann bereits ein Teilverlust des Meniskus, eine anhaltende Instabilität, ein Malalignement bspw. im Patellagleitweg, ein Beinachsenfehler etc. zu einer fortschreitenden Schädigung und Degeneration des Knorpels führen [22, 62, 123, 134, 144]. Auch führen Meniskusresektionen, die trotz der Möglichkeiten eines Meniskuserhaltes teilweise immer noch vglw. häufig erfolgen, zu Veränderungen in der Druckverteilung, chronisch degenerativen Knorpelschäden und im weiteren Verlauf zu einer Arthrose [64, 113]. Eigene Untersuchungen mit 1300 und eine weitere Studie mit über 5000 Kniegelenken zeigen, dass neben besonderen Belastungen wie Übergewicht und knienden Tätigkeiten v.a. die Achsfehlstellungen für eine Arthrose prädisponierend sind [53, 93]. So zeigt sich bei radiologisch gesicherten Gonarthrosen in über 80 % der Fälle eine deutliche Achsfehlstellung. Zudem konnte gezeigt werden, dass eine 5°-Achsabweichung in Richtung Valgus- oder Varusfehlstellung sowohl die Entstehung als auch die Progression der Arthrose verursacht. Dies geht mit einer signifikanten Verschlechterung der Gelenkfunktion und Beschwerden einher [13, 125]. Wichtig ist, dass Achsdeformitäten auch die ligamentäre Belastung und die Stabilität des Kniegelenkes beeinflussen. So führen sowohl eine Varus- als auch eine Valgusbelastung zu erhöhten Belastungen des vorderen Kreuzbandes und der Seitenbänder [59, 74, 135]. Daher ist es gut, bei Kombinationen von Varusfehlstellung und insuffizientem vorderen Kreuzband nicht nur den Varus zu adressieren, sondern auch den Slope zu korrigieren bzw. anzuheben. Somit haben dreidimensionale Korrekturosteotomien deutlich zugenommen. Ebenso erfolgen häufiger Releaseverfahren der Seitenbänder, gleichzeitige Kreuzbandrekonstruktionen etc. (Abb. 3) [45, 124]. Ebenso wurde gezeigt, dass die Patellahöhe von der Osteotomie, je nachdem ob sie ober- oder unterhalb der Tuberositas verläuft, beeinflusst wird. Dabei kann eine Distalisierung der Patella den Anpressdruck im Gleitlager erhöhen und hier befindliche Beschwerden sowie die Progression einer patellofemorale Arthrose verstärken. Neben den Osteotomien, die an der Tuberositas aufsteigen (Abb. 3c), empfehlen sich bei einer Retropatellararthose oder tief reitender Patella Osteotomien, die hier absteigend verlaufen [58, 110, 126].
Die Indikation zur Achskorrektur besteht bei unikompartimentellen Knorpel- u./o. Meniskusschäden u./o. mediolateralen Bandinsuffizienzen ab einer Varus- oder Valgusfehlstellung von ca. 3° [44]. Dabei sollte zumindest ein Korrekturwinkel von 4° umgesetzt werden, um eine relevante Belastungsverschiebung zu ermöglichen [146]. Im Gegensatz zu Patienten ohne korrespondierende Gelenkschäden, bei denen eine neutralisierte Beinachse angestrebt wird, erfolgt bei degenerativen Veränderungen eine leichte Überkorrektur von 1–2,5° [44]. Neben der mechanischen Beinachse ist es ebenso wichtig, auf die Rekonstruktion bzw. Beibehaltung einer mögl. physiologischen Ausrichtung der Gelenklinien zu achten. Die Gelenklinien werden anhand ihrer Winkel zum Femur bzw. zur Tibia beschriebenen [99]. Wird dies nicht beachtet, so kann bspw. eine größere Varuskorrektur eine Aufweitung des medialen proximalen Tibiawinkels (> 95°) und relevante Scherkräfte und Knorpelbelastungen nach sich ziehen [90]. Aus diesem Grund wird neben der Beinachsenkorrektur auch die Wiederherstellung einer physiologischen Gelenklinie bzw. die Vermeidung einer übermäßigen Abweichung der Gelenklinien eingeplant. Dabei erkennt man gelegentlich die Notwendigkeit von Doppelosteotomien, sodass bspw. bei einem ausgeprägten Varus neben der open wedge-Osteotomie an der Tibia auch eine closed wedge-Osteotomie am lateralen Femur sinnvoll wird. Solche Doppelosteotomien bieten bei ausgeprägten Fehlstellungen, gute Möglichkeiten auch hinsichtlich der Gelenklinien gute Ergebnisse an Tibia und Femur zu erzielen. Dies ist zwar ein wenig aufwendiger, allerdings werden die Doppelosteotomien gegenüber den Einfachosteotomien mit einem sehr guten klinischen Outcome und vglw. geringen Komplikationsraten belohnt [27, 89].
Möglichkeiten bei
Knorpelschäden an Hüfte, Schulter und Knie
Ein Aspekt gelenkerhaltender Operationen sind Knorpelschäden. An Knie, Schulter und Hüfte lassen sich die auslösenden Ursachen beginnender Knorpelschäden früh zuordnen. Da Knorpel nicht innerviert ist, sind Schäden oft nicht unmittelbar schmerzhaft. Erst nachdem der subchondrale Knochen vermehrt Stress aufnehmen muss oder abgelöste Knorpellappen zu Einklemmungen führen, kommt es unter Druck der Gelenkpartner zu belastungsabhängigen Schmerzen [40]. Im Verlauf kommt es zu inflammatorischen Reizzuständen und einer fortschreitenden Degeneration. Somit verschieben Knorpelschäden die Gelenkhomöostase in Richtung einer katabolen Dynamik [16, 120]. Dies erklärt tierexperimentelle und klinische Untersuchungen, wonach kleine Knorpelschäden zu fortschreitenden Gelenkschäden bis hin zur Arthrose des Gelenkes führen [76, 84]. Daher ist es gut, den Knorpel zu erhalten bzw. zu reparieren. Allerdings sollte bewusst sein, dass auch das perfekt abgeheilte Knorpelkonstrukt niemals so stabil ist, wie der ursprünglich intakte Gelenkknorpel. Es liegt also auf der Hand, dass die Ursache adressiert werden sollte [87, 92, 143]. Ein solitäres Arbeiten am Knorpel ohne Ursachenbehebung ist sinnlos. Hingegen zeichnen sich die adressierenden Verfahren wie bspw. Hüftarthroskopien, Schulterstabilisierungen, Trochleaplastiken, Umstellungsosteotomien, Bandstabilisierungen, meniskusrekonstruktive Verfahren etc. oft durch erfolgreiche Ergebnisse aus [32, 128, 144].
Für Schäden mit Faserungen, kleinen Lappen oder abgelösten Knorpelfragmenten gilt ein schonendes Debridement u./o. eine thermische Chondroplastie mit bipolaren Radiofrequenzsonden als adäquate und schonende Therapieoption [28, 129, 143]. Größere, auf den Knochen reichende Knorpeldefekte bedürfen anderer Konzepte [28]. Optionen sind knochenmarkstimulierende Verfahren wie die Mikrofrakturierung sowie zellbasierte und zellfreie Matrixverfahren. Bei der Mikrofrakturierung erfolgt nach dem Debridement eine Eröffnung des subchondralen Knochens mit Bohrern oder Ahlen. Dies setzt Schäden an der subchondralen Lamelle. Hier zeigen sich im Verlauf bildgebend eher ungünstige Veränderungen wie subchondrale Knochennekrosen, Zysten, intraläsionalen Osteophyten etc. Dazu passend findet sich auch klinisch nach wenigen Jahren eine Verschlechterung [31, 68, 85].
Gute Erfahrungen haben wir mit dem matrixgekoppelten Knorpelaufbau mit Typ 1-Kollagen gemacht. Neben zellbasierten, werden auch zellfreie Techniken verwendet. Die Matrix kann als zähflüssiges, aushärtendes Präparat in die angefrischte Defektzone eingebracht werden. Bei den zellfreien Verfahren wurde in vitro und in vivo eine Zelleinwanderung aus dem umgebenden Gewebe beschrieben [29, 122]. Eine Fallserie von Mazek et al. und eigene Nachuntersuchungen zeigen unter der Verwendung zellfreien, aushärtenden Kollagenmatrices am Knie-, Hüft- und Sprunggelenk gute Ergebnisse [11, 72, 138]. In den letzten Jahren bieten wir ebenso die matrixgekoppelte autologe Chondrozytentransplantation an. Nach der Zellentnahme in der Erstoperation ist ein Zweiteingriff zur Implantation der zellhaltigen Kollagenmatrix nötig [12, 56]. Einige Artikel zu den zellbasierten knorpelregenerativen Verfahren an Knie, Hüfte und Schulter zeigen wiederum gute erste Ergebnisse [9, 54, 81, 112]. Somit werden auch in einem Konsensuspapier der Arbeitsgemeinschaft Geweberegeneration der DGOU bei Knorpelschäden ab 1,5 cm2, insbesondere bei aktiven Menschen, zellbasierte Matrixverfahren empfohlen. Altersgrenzen wurden nicht festgelegt, vielmehr wurde sinnvollerweise auf das medizinisch relevante biologische Alter verwiesen. Die zellfreien, einzeitigen Matrix-basierten Techniken werden bei kleinen Defekten, wenn ein einzeitiges Vorgehen bevorzugt wird, oder wenn Gründe gegen eine Zellzüchtung sprechen, empfohlen [28].
Fazit
An Schulter, Hüfte und Knie zeigen korrigierende, gelenkerhaltende Operationen bei richtiger Indikation ausgesprochen gute Ergebnisse. Dabei sollten u.a. auch die Korpelschäden aufgrund ihrer Progredienz einer Therapie zugeführt werden. Am wichtigsten und als Voraussetzung für ein gutes Outcome erachten wir die Ausschaltung der zugrundeliegenden Ursache für die Gelenkschäden.
Interessenkonflikte:
L. V. von Engelhardt: Aufwandsentschädigungen für Vorträge, Beratungsleistungen und Ausbildungsveranstaltungen von der Fa. Corin.
J. Jerosch: Aufwandsentschädigungen für Vorträge, Beratungsleistungen und Ausbildungsveranstaltungen von den Firmen Corin, Lima, Implantcast und Smith&Nephew.
Beide Autoren versichern, dass keine Verbindungen mit einer anderweitigen Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.
Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med.
Lars Victor Baron von Engelhardt
Landesklinikum Horn
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larsvictor.vonengelhardt@
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