Übersichtsarbeiten - OUP 05/2022
Gelenkerhaltende Operationen bei Arthrosen an Schulter, Hüfte und KniegelenkWann ist dies angebracht und wie kommen wir zu optimalen Ergebnissen?
Bildgebend ist es wichtig, neben dem Arthrosegrading weitere Röntgenbefunde heranzuziehen. Bspw. zeigt sich bei hochgradigen, auf den Knochen reichenden Knorpelschäden im stehenden Röntgen eine reduzierte Gelenkspaltweite. Die Studienlage zeigt, dass der Cut-Off-Wert für die Gelenkspaltweite, bei dem die Erfolgschancen einer Hüftarthroskopie sinken, bei 2 mm liegt [24, 102]. Die im a.p.-Bild typischerweise beschriebene Pistolengriff-Formation ist ein Maximalbefund des Cam Impingement, der typisch, aber keineswegs regelmäßig zu sehen ist. In solchen Fällen findet sich nicht nur der pathognonomisch relevante Offsetverlust, sondern auch eine Überhöhung der Knochenkontur. Oft ist im a.p.-Röntgen nur ein Offsetverlust (Abb. 2a–b) und kein prominentes Cam zu sehen. Die axialen Röntgenaufnahmen sind besser geeignet, den Offset-Verlust am Schenkelhals-Kopf-Übergang zur erkennen. Dabei quanti?ziert der Alpha-Winkel nach Nötzli mit einem Schwellenwert von 50–55° die Taillierungsstörung (Abb. 2c, 2e) [95, 130]. Bei einer knöchernen Formstörung der Pfanne finden sich umschriebene, segmentale oder aber auch weitläufige Ausweitungen an der zum Schenkelhals-Kopf-Übergang gerichteten Kontur. Man spricht von einem Kneifzangen- bzw. Pincer-Impingement. Im Röntgen findet sich ein erweiterter Winkel zwischen der Linie zwischen Rotationszentrum und lateraler Erkerkante sowie der Senkrechten (Centrum-Erker-Winkel) (Abb. 2b, 2d). Meist finden sich kombinierte Varianten, bei denen ein knöchernes Pincer und gleichzeitig eine CAM-Variante am Schenkelhals-Kopf-Übergang zu finden ist (Abb 2a–b). So beschreibt bspw. die Berner Gruppe die kombinierten Impingementvarianten in bis zu 86 % der Fälle, die dann mit einer frühen Arthrose assoziiert sind [7]. Zudem besteht eine Geschlechterverteilung, wonach Männer zu ausgeprägteren Cam- und Frauen mehr zu den Pincer-Deformitäten neigen [108]. An der Pfanne ist neben der Beurteilung der lateralen Überdachungsstörung auch die Pfanneneingangsebene nach vorne, die Anteversion, von praktischem Interesse. Im Normalfall ist die Pfanne ein wenig antevertiert. Deshalb projiziert sich der vordere Pfannenrand mit einer größeren Varianz oberhalb des hinteren [4]. Besteht eine zu weit ausladende anteriore und/oder anterolaterale Überdachung, stellt sich der vordere Pfannenrand im lateralen Abschnitt im a.p.-Röntgen unterhalb des hinteren dar. In solchen Fällen überkreuzen sich die Erkerkonturen ein wenig weiter medial (Crossing-Zeichen). Diese Befunde sind für die knöcherne Korrektur von Relevanz [111].
Die Korrektur eines Hüftimpingement hat das Ziel, ein anschlagfreies und damit verschleißarmes Bewegungsspiel wiederherzustellen. Dies kann offen-chirurgisch oder arthroskopisch erfolgen. Auch bei moderaten bis mittelgradigen arthrotischen Gelenkveränderungen sind dies zuverlässige Verfahren, die die Beschwerden, die Gelenkfunktion und die Progression der Arthrose verbessern [30, 37, 38, 97, 127, 140]. Dabei zeigt das arthroskopische gegenüber dem offen-chirurgischen Vorgehen ein etwas besseres Outcome und niedrigere Komplikationsraten wie bspw. Infektionsraten etc. [10, 32, 37].
Andere Vorteile der arthroskopischen Korrektur sind das geringere Weichteiltrauma, gute kosmetische Ergebnisse, eine verkürzte Zeit im Krankenhaus und die vglw. schnelle Rehabilitation [10, 14]. Bspw. zeigte eine Studie bei Profisportlern nach der arthroskopischen Impingementoperation eine raschere Rückkehr in den Sport als die offen-chirurgische OP [10]. Ein anderer Vorteil der arthroskopischen gegenüber der offenen, mit einer chirurgischen Luxation verbundenen Operation ist unserer Erfahrung nach die Möglichkeit, das wechselseitige Anschlagen und Zusammenspiel beider Gelenkpartner und auch die assoziierten Gelenkschäden unter arthroskopischer Sicht besser zu erkennen, zu korrigieren und überprüfen zu können.
In der Literatur ist die unzureichend korrigierte ossäre Pathologie mit 90 % die häufigste Ursache für Revisionsoperationen. Hierbei sind sowohl residuale Cam- als auch Pincer-Formationen verantwortlich für anhaltende Beschwerden [34, 41, 101, 119]. Patienten mit arthrotischen Gelenkschäden sind von diesem Problem besonders betroffen, weil hier trotz insuffizienter Resektion der Fokus zur Klärung anhaltender Beschwerden evtl. fälschlicherweise auf die degenerativen Gelenkschäden gerichtet ist. Somit kann es passieren, dass eine eigentlich notwendige Revisionsarthroskopie ausbleibt oder gar eine zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt nötige Prothese implantiert wird. Hingegen findet sich eine Überresektion der knöchernen Impingmentdeformität vglw. selten. Die Folgen wie bspw. Instabilitäten, ein schlechtes Outcome und Schenkelhalsfrakturen sind allerdings schwerwiegend [42, 67].
Letztlich bedarf die Impingementkorrektur einer längeren Erfahrung und Lernkurve [14]. Hat man sie überwunden, ist sie ein zuverlässiges Verfahren: Der Zugang durch die Gelenkkapsel kann mit interportalen, L- oder T-förmigen Kapsulotomien erfolgen. Erfolgt das Arbeiten in den verschiedenen Regionen des Schenkelhals-Kopf-Überganges mit bestimmten, standardisierten Beuge- und Rotations-Stellungen des Beines, so erleichtert dies ein kapselschonendes Vorgehen [26]. Für eine funktionierende Cam-Abtragung am Femur muss eine adäquate Tiefe der Knochenabtragung und v.a. die richtige Höhe bzw. Ausdehnung von kranial nach kaudal am Schenkelhals-Kopf-Übergang erzielt werden. Nur so kann eine adäquate Reduktion des Alpha-Winkels erzielt werden (Abb. 2c, 2e). Ebenso wichtig ist die Berücksichtigung der zirkumferenten Ausdehnung des Cam um den Kopf. So liegt die durchschnittliche zirkumferente Ausdehnung, der sog. Omega-Winkel, in einem weiten Range von ca. 90°–180° und im Mittel bei 138°. Bei hohen Werten findet sich oft eine weite posterolaterale Ausdehnung des Cam [109]. Genau diese wird häufig nicht genügend adressiert [14]. Bezüglich der Tiefe der Knochenabtragung ist zu bemerken, dass in den distalen Anteilen des Cams meist ein wenig mehr Knochen abgetragen werden muss als proximal. So entsteht die gewünschte Kontur mit dem fließend ansteigenden Schenkelhals-Kopf-Übergang, der kein Risiko für eine Schenkelhalsfraktur birgt. Zudem empfehlen wir für die Cam-Abtragung ein strukturiertes Vorgehen, bspw. mittels Markierungen von Landmarken [139, 141]. Hierbei kann zuerst das Epizentrum des Impingement am Schenkelhals-Kopf-Übergang sowohl arthroskopisch als auch mittels geeigneter Einstellung des C-Bogens dargestellt werden. Nach Markierung der am weitesten proximal gelegenen Ausdehnung des Cam lässt sich neben dem aktuellen Alpha-Winkel auch die kraniokaudale Ausdehnung der Korrektur abschätzen. Bezüglich des angestrebten Korrekturwinkels ist zu bedenken, dass in der Originalarbeit von Nötzli et al. in der Kontrollgruppe der Wert für den Alpha-Winkel im Mittel bei 43° liegt (Abb. 2e) [95]. Betrachtet man den Korrekturwinkel unterschiedlicher Studien, so scheinen postoperative Werte von ca. 43° im Outcome mit einer impingementfreien Beweglichkeit verbunden zu sein [91]. Auch ist zu beachten, dass bspw. bei einer vermehrten Retroversion des Schenkelhalses oder einem tiefen Pfannengrund tendenziell etwas niedrige Winkel angestrebt werden. Um alle Regionen rund um das CAM und das Pincer gut zu sehen und gleichzeitig die Kapsel zu schonen, sind adäquate Stellungen des Beines unterstützend. Bspw. kann bei leichter Beugung von 40–45° und Neutralrotation des Beines mit der Kapsulotomie begonnen werden. Hier ist die ventrale Kapsel entspannt und der anterolaterale Anteil des Gelenkes kann eingesehen werden. Der C-Bogen Detektor ist hierbei leicht nach innen gedreht, so dass sich die anterolaterale Kontur des Schenkelhals-Kopf-Überganges herausprojiziert. Geht man von hier in eine zunehmende Außenrotation und leicht vermehrte Beugung des Beines, so können die ventralen und ventromedialen Anteile des Schenkelhals-Kopf-Überganges besser arthroskopiert werden. Streckt man die Hüfte auf 0° und geht über die Neutralrotation zunehmend in eine leichte Innenrotation bis bspw. 30°, so können die lateralen bis posterolateralen Regionen eingesehen werden. Um die kranialen posterolateralen Anteile am Schenkelhals-Kopf-Übergang sicher einsehen zu können, ist oft ein wenig zusätzliche Traktion hilfreich.