Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019
Medikamentöse Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen
Uwe Schwokowski
Zusammenfassung:
Die medikamentöse Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen hat sich in den letzten
20 Jahren rasant entwickelt. Neue Therapiestrategien in Kombination mit einer großen Anzahl
innovativer Medikamente haben die Möglichkeiten der Versorgung der Patienten drastisch
verbessert. Rheuma ist kein unabänderliches Schicksal mehr; Zuversicht bei Arzt und Patient.
Das Behandlungsziel Remission bzw. niedrige Krankheitsaktivität ist keine Utopie, sondern häufig Realität. Neben den bekannten Medikamenten in der Frühbehandlung wie NSAR, Glukokortikoide und konventionelle DMARDs, haben die Biologika und aktuell auch die JAK-Inhibitoren einen großen Anteil an dieser äußerst positiven Entwicklung.
Schlüsselwörter:
entzündlich rheumatische Erkrankungen, medikamentöse Therapie, innovative Therapieoptionen
Zitierweise:
Schwokowski U: Medikamentöse Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen.
OUP 2019; 8: 252–260
DOI 10.3238/oup.2019.0252–0260
Summary: The drug therapy of inflammatory rheumatic diseases has developed rapidly in the last 20 years. New therapeutic strategies combined with a large number of innovative drugs have dramatically improved the patients care options. Rheumatism is no longer an unalterable fate; confidence in the doctor and patient. The treatment goal remission or low disease activity is no utopia, but often reality. In addition to the well-known drugs in the early treatment, such as NSAIDs, glucocorticoids and conventional DMARDs, the biologicals and currently also the JAK-inhibitors have a large share in this positive development.
Keywords: inflamatory rheumatic diseases, medical therapy, innovative therapie options
Citation: Schwokowski U: Drug therapy of inflammatory rheumatic diseases. OUP 2019; 8: OUP 2019; 8: 252–260 DOI 10.3238/oup.2019.0252–0260
Facharzt für Orthopädie, Schwerpunkt Rheumatologie, Lübeck, Leiter des Referats Orthopädische Rheumatologie im BVOU Berlin
Entzündlich rheumatische Erkrankungen sind nach aktualisierten Daten häufiger als bisher angenommen. Mehr als 2 % der deutschen Bevölkerung sind betroffen, die Erkrankungshäufigkeit allein der Rheumatoiden Arthritis betrug 2014 etwa 1,2 % [1].
Eine frühe Diagnostik entzündlich rheumatischer Erkrankungen in Verbindung mit einer frühen entsprechenden Therapieeinleitung im window of opportunity kann die Krankheitsaktivität unterbrechen und zu einer Remission führen. Hier sind der Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie und der orthopädische Rheumatologe gefordert, frühzeitig die Weichen für eine entsprechende Therapie zu stellen. Bei dem bekannten Versorgungsdefizit in der Rheumatologie in Deutschland und den langen Wartezeiten bei internistischen Rheumatologen ist es zwingend erforderlich, dass der Orthopäde in seiner täglichen Praxis nicht nur in der Frühdiagnostik aktiv ist, sondern auch in der Lage ist, eine frühzeitige Therapie einzuleiten.
„Turbulente Zeiten in der Rheumatologie“. Die Lebenserwartung von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen war 1997 gegenüber Gesunden um ca. 10 Jahre verkürzt, etwa die Hälfte der Patienten war vollinvalidisiert und häufige Gelenkoperationen einschließlich endoprothetischer Versorgung waren die Regel. Das Therapieziel heute lautet, dass der Rheumapatient nichts mehr von seiner Erkrankung spürt, seine volle Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität behält und rheumachirurgische Eingriffe vermieden werden. Der Funktionsstatus und die Lebenserwartung nähern sich den Zahlen der Normalbevölkerung [2].
Wie lässt sich der dramatische Wandel in nur 20 Jahren erklären? Einerseits durch Fortschritte bei der Aufklärung der Pathogenese, andererseits wurde auch die Früherkennung bei der Rheumatoiden Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) und der axialen Spondyloarthritis (axSpA) deutlich verbessert. Neue ausgezeichnete Leitlinien beschleunigen nicht nur die Diagnostik, sondern sind auch äußerst hilfreich bei den therapeutischen Optionen: hit hard and early und treat to target sind die Empfehlungen für das Erreichen des Behandlungsziels Remission [2].
Einen entscheidenden Anteil hat aber die Entwicklung und Etablierung hochwirksamer und gut verträglicher Biologika. Ausgehend von den ersten Biologika Infliximab (1999) und Etanercept (2000) verfügen wir über 13 weitere Wirkstoffe einschließlich der Biosimilars und der neuesten Therapieoption mit JAK-Inhibitoren [2]. Weitere Neuzulassungen sind 2018 erfolgt und werden 2019 folgen.
Für die 3 häufigsten entzündlich rheumatischen Erkrankungen, die Rheumatoide Arthritis, die Psoriasis-Arthritis und die axiale Spondyloarthritis haben die entsprechenden deutschen und internationalen Fachgesellschaften Therapieleitlinien erarbeitet, die für den Praxisalltag von besonderer Bedeutung sind.
Die aktualisierte S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zur „Therapie der Rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten“ von 2018 bezieht sich auf den neuesten Stand der medizinischen Evidenz und wird für die nächsten Jahre vorrangig für die therapeutischen Entscheidungen sein. Das Ziel der Behandlung bleibt das Erreichen einer Remission, oder wenn nicht möglich, zumindest einer möglichst niedrigen Krankheitsaktivität (Abb. 1a–b).
Für die Therapie der PsA sind die 2016 aktualisierten internationalen Empfehlungen der European League against Rheumatism (EULAR) und der Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriasis Arthritis (GRAPPA) der Standard. Die ASAS-(Assessment of Spondyloarthritis International Society) und EULAR Recommendations for the Management of axial Spondyloarthritis von 2016 sind die aktuelle Grundlage für die Therapie der axSpA.
Der Patient in der orthopädischen Praxis mit entzündlich geschwollenen Gelenken oder einem entzündlichen Rückenschmerz hat primär das Anliegen, vom Schmerz befreit zu werden. Für den Arzt ist sicherlich die Diagnosefindung bedeutsam, aber zunächst steht die Schmerzlinderung und Entzündungsreduktion an erster Stelle. Hierzu stehen ihm insbesondere NSAR/Coxibe oder Glukokortikoide zur Verfügung, für den Schmerz alternativ möglicherweise auch ein Analgetikum (Abb. 2).
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen
In der Therapie rheumatischer Erkrankungen werden seit Jahrzehnten vorzugsweise NSAR verordnet. Hiermit gelingt es, den entzündlichen Schmerz schnell zu reduzieren, den entzündlichen Prozess zu stoppen und die Beweglichkeit zu verbessern. Allerdings kann die rheumatoide Gelenkdestruktion nicht verhindert werden. Die meisten chronisch rheumatisch bedingten Schmerzen haben einen hohen Anteil von allen Schmerzarten: mixed pain (gemischter Schmerz) aus peripher nozizeptiven, peripher neuropathischen und zentralen Schmerzen [3]. Traditionelle NSAR (tNSAR) oder COX-2-selektive NSAR (Coxibe) wirken nicht nur analgetisch, sondern auch antiphlogistisch und können individuell bei Patienten unterschiedlich effektiv sein [4]. Von unerwünschten NSAR-Wirkungen können zahlreiche Organe und Organsysteme betroffen sein, die zwar meist reversibel sind, teilweise aber auch mit schwereren gastrointestinalen oder kardiovaskulären Ereignissen einhergehen können. Mehrere Fall-Kontroll-Studien weisen allerdings darauf hin, dass das kardiovaskuläre Risiko unter NSAR bei RA-Patienten bis zu 50 % geringer ist als bei Behandlung anderer Diagnosen [5]. Patientenbezogene Risikofaktoren für besonders bedrohliche gastrointestinale Nebenwirkungen sind höheres Lebensalter (> 65 Jahre), eine positive Gastrointestinal-Anamnese sowie weitere schwere Grund- oder Begleiterkrankungen. Des Weiteren erhöhen auch Komedikationen das Risiko, wie z.B. eine Glukokortikoid-Therapie, Antikoagulanzien oder Antidepressiva.
Die DGRh empfielt verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Therapiesicherheit beim Einsatz von NSAR bei muskuloskelettalen Erkrankungen [6]:
„NSAR sollten über den kürzesten klinisch notwendigen Zeitraum mit der niedrigsten noch wirksamen Dosis im zugelassenen Dosierungsrahmen eingesetzt werden.“
„Vor jeder NSAR-Verordnung und im Verlauf der NSAR-Behandlung sollen das individuelle kardiovaskuläre, das gastrointestinale, das renale und das hepatische Risiko beurteilt und darauf basierend der Therapieplan erstellt werden.“
„Kontraindikationen jeglicher NSAR sind die Herzinsuffizienz (NYHA III/IV), die schwere Nierenfunktionsstörung (GFR < 30 ml/min) und das floride Ulcus. Bei erhöhtem GI-Risiko sollte ein Coxib anstelle eines tNSAR eingesetzt werden.“
„Bei Coxib-Unverträglichkeit oder Kontraindikationen sollen NSAR mit einem PPI kombiniert werden.“
„Bei gleichzeitig erhöhtem GI- und CV-Risiko kann Naproxen in Kombination mit PPI gegenüber anderen NSAR vorteilhaft sein.“
„Eine GFR < 30 ml/min verbietet eine NSAR-Behandlung. Bei einer GFR von 30–60 ml/min sind regelmäßige Kontrollen der Nierenfunktion erforderlich.“
„NSAR sollten nicht verabreicht werden, wenn der Transaminasenspiegel (GOT/GPT) den oberen
Referenzwert um das Dreifache übersteigt.“
Nichtmedikamentöse Behandlungsmethoden sind eine sinnvolle Variante und sollten, wenn möglich, immer eingesetzt werden.
Die Ausschlüsse und Risiken der NSAR sind so vielschichtig, dass deren Einsatz insbesondere bei älteren Patienten fast unmöglich erscheint. Das Abwägen zwischen Risiko und Nutzen ist neben einer subtilen Anamnese von großer Bedeutung. Für eine Dauertherapie sind tNSAR und Coxibe nicht geeignet. In den Therapieempfehlungen der europäischen Gesellschaften zur PsA und axSpA sind NSAR allerdings First Line!
Somit steht der behandelnde Orthopäde vor einer schwierigen Aufgabe. Eine primäre Schmerzreduktion unter besonderen Vorzeichen ist sinnvoll, eine Dauertherapie aber zu vermeiden. Er muss sich alternative Therapieoptionen suchen, die nachhaltig entzündungshemmend wirken und
deren Risiken und Nebenwirkungen überschaubarer sind. Somit bleibt dem Orthopäden die Option, eine Therapie mit Glukokortikoiden einzuleiten, die seit vielen Jahren sehr erfolgreich wegen ihrer ausgeprägten und schnellen Entzündungshemmung bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden.
Glukokortikoide in der
Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen
Glukokortikoide haben seit fast 70 Jahren eine außerordentliche Bedeutung in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Allerdings haben sie eine sehr wechselvolle Historie durchgemacht. Nach anfänglicher Euphorie erfolgte aufgrund erheblicher Nebenwirkungen, die nicht nur organbezogen waren, sondern auch das Äußere der Patienten erheblich veränderten, eine komplette Ablehnung dieser Therapie über viele Jahre. Eine Renaissance erfolgte in den 70 er Jahren durch neue Studien und den Einsatz von synthetischen Glukokortikoiden. Insbesondere die immunsuppressive Wirkung dieser Substanzen war für die Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen bedeutsam. „Oral verabreichtes Kortison verzögert relevant die radiologisch nachweisbare Gelenkzerstörung. Nach Absetzen der Kortison-Therapie schreitet die Progression der Gelenkzerstörung fort“ [5]. Die Indikationen in der Rheumatologie sind insbesondere die Rheumatoide Arthritis, die periphere Spondyloarthritis, die reaktiven Arthritiden und auch die undifferenzierten Arthritiden. Die schnelle und ausgeprägte Verminderung der Entzündungsaktivität, verbunden mit einer Schmerzreduktion, machen die Glukokortikoide wertvoll. Rückgang von Gelenkschwellungen und Verbesserung von Funktion und Lebensqualität sind die Folge dieser Therapie. Neben der hervorragenden therapeutischen Wirkung haben Glukokortikoide aber auch eine Reihe von unerwünschten Wirkungen, die insbesondere bei längerfristigen Anwendungen und höheren Dosierungen auftreten. Hier sind insbesondere kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoporose, Diabetes mellitus und erhöhte Infektionsgefährdung zu nennen. Aus diesem Grund hat es einen Paradigmenwechsel in den Therapieempfehlungen gegeben, indem eine möglichst niedrige Dosierung über einen möglichst geringen Zeitraum empfohlen wird.
„Nur in einem Dosisbereich von < 5 mg Prednisolonäquivalent besteht ein akzeptabel niedriges Risiko für eine Gefährdung des Patienten durch die Therapie. Eine Dosis von 5 mg Prednisolon-Äquivalent sollte nicht überschritten werden. Die Glukokortikoid-Dosierung sollte auf die niedrigst mögliche Dosis reduziert werden, am besten bis zum kompletten Absetzen. Auch die früher für harmlos gehaltene Dosisbreite von 2–5 mg Tagesdosis beinhalten Langzeitrisiken wie Katarakt, Frakturen und Diabetes mellitus [5].
Niedrig dosierte Prednisolon-Behandlungen im Akutstadium entzündlicher Gelenkerkrankungen haben sich allgemein in der Praxis bewährt, insbesondere wenn die Akut-Phase-Proteine (BSG/CRP) erhöht sind. Ein kleiner Kortisonstoß, beginnend mit 10 mg Prednisolon für 1 Woche, danach 7,5 mg für die 2. Woche und anschließend 5 mg für die Woche 3 und 4 bringen oft sofortige Verbesserung der Problematik und verschleiern in dieser Dosierung auch keine ernsthaften Erkrankungen. Teilweise ist bereits eine Dosierung von nur 5 mg für 10 Tage vorübergehend erfolgreich. Höhere Prednisolon-Dosierungen sind selten erforderlich.
Eine Ausnahme stellt die Therapie der Polymyalgia rheumatica dar. Höhere Glukokortikoid-Dosierungen von 15–25 mg Prednisolon über einen längeren Zeitraum sind nach der S3-Leitlinie von 2018 zur Behandlung der PMR angeraten, da das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei dieser Erkrankung eindeutig positiv und ein Low-dose-Start ineffektiv ist [7].
Gelenkpunktionen sind für die Patienten durch Entlastung der Gelenke meist kurzfristig schmerzlindernd. Bei hoher lokaler Entzündungsreaktion kann eine nachfolgende Glukokortikoid-Injektion durch Reduktion der Synovialits zu einer schnellen Entzündungshemmung, Beschwerdelinderung und Funktionsverbesserung führen. Unter Einhaltung der entsprechenden Hygienevorschriften sind iatrogene Infektionen relativ selten.
Bei den Glukokortikoiden ist ein sorgfältiges Abwägen von Nutzen und Risiko durch den Orthopäden erforderlich; allerdings mangelt es nicht an wirksamen Alternativen, insbesondere dann, wenn die Diagnose gesichert ist.
Therapie mit
konventionellen
(synthetischen) DMARDs
Unter klassischen DMARDs (Disease Modyfying Anti-Rheumatic-Drugs) wird eine Gruppe von Medikamenten zusammengefasst, die über symptomatische Effekte hinaus krankheitsmodifizierende Eigenschaften besitzen. Sie sollen den Krankheitsverlauf verlangsamen und insbesondere einer Gelenkzerstörung vorbeugen, bzw. diese verzögern und somit die Funktionsfähigkeit der Gelenke erhalten. Die Wirkung nahezu aller zur Verfügung stehenden Substanzen tritt verzögert ein, der Zeitraum bis zum Wirkeintritt beträgt 4–16 Wochen [8]. Als Substanzen stehen seit vielen Jahren folgende csDMARDs zur Verfügung: Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin und Hydroxychloroquin. Das Prinzip treat to target steht für eine zielgerichtete Behandlung mit DMARDs. „Sobald die Diagnose einer RA gestellt ist, soll die Therapie mit DMARD begonnen werden. Der frühestmögliche Beginn einer DMARD-Therapie bei neu diagnostizierter RA (optimalerweise innerhalb von 12 Wochen nach Symptombeginn) wirkt sich positiv auf die Parameter Remission, therapeutisches Ansprechen, Funktionsstatus und radiologische Progression aus und wird in einer großen Zahl kontrollierter Studien belegt. Gegenwärtig ist noch unklar, ob der Beginn einer DMARD-Therapie überhaupt die Diagnose einer gesicherten RA erfordert oder ob ein noch früherer Therapiebeginn zusätzlich den Langzeitverlauf positiv beeinflusst“ [9].
Methotrexat (MTX)
Methotrexat ist der Goldstandard in der Therapie der RA. Aber auch bei der PsA spielt diese Substanz eine bedeutende Rolle, während sie bei der axSpA weitgehend unwirksam ist. Obwohl MTX bereits seit über 30 Jahren die Zulassung für die RA hat, gibt es jährlich neue Erkenntnisse, die auf den großen internationalen Kongressen präsentiert werden. Methotrexat soll als erstes csDMARD direkt nach der Diagnosestellung der RA eingesetzt werden. Diese Empfehlung folgt nicht nur der aktuellen deutschen S2e-Leitlinie, sondern entspricht auch den europäischen (EULAR) und amerikanischen (ACR) Empfehlungen. „MTX hat eine gute Wirkung und gilt heute in allen Leitlinien unter den csDMARDs als Mittel der ersten Wahl. Es ist die innerhalb dieser Gruppe bestuntersuchte Substanz in Monotherapie sowie als Kombinationspartner mit anderen DMARDs“ [10].
Praktische Anwendung: Die Standarddosierung bei der RA ist 15 mg 1× wöchentlich, allerdings sind andere Dosierungen in einem Behandlungskorridor von 7,5–25 mg möglich, ebenfalls bei der PsA. Bei älteren Patienten wird eine niedrigere Startdosierung mit moderater Dosisanpassung unter Kontrolle der Nierenfunktion empfohlen [11]. Die subkutane Applikation zeigt bei zuverlässig hoher Bioverfügbarkeit eine höhere Effektivität gegenüber der peroralen Anwendung, des Weiteren auch eine bessere Verträglichkeit und höhere Therapiesicherheit. Die Wirkung tritt bei der RA zumeist nach 4–8 Wochen auf [12]. Eine Langzeittherapie mit MTX ist möglich und in der Mehrzahl auch nötig. Eine Kombinationstherapie mit anderen csDMARDs (z.B. Leflunomid) oder mit biologischen oder synthetischen DMARDs ist effektiv und hat zusätzlich eine hemmende Wirkung auf eine Anti-Drug-Antikörperbildung auf das Biologikum [13]. Eine Folsäuresubstitution wird unter einer MTX-Therapie empfohlen, die DGRh empfiehlt 5 mg oral 24 Stunden nach der MTX-Gabe. Dies erhöht die Verträglichkeit und vermindert Therapieabbrüche [12]. Als Kontraindikationen für eine MTX-Therapie werden u.a. Allergien gegen MTX, Gravidität bzw. Kinderwunsch, ungenügende Kontrazeption, akute Lebererkrankung, Ulzera des Magen-Darm-Trakts, Niereninsuffizienz, Alkoholabusus, schwerer Diabetes mellitus bei Adipositas, schwere Allgemeinerkrankung und Unzuverlässigkeit der Patienten angegeben [11]. Vor Therapiebeginn werden bei csDMARDs neben einer ausführlichen Anamnese und subtilen Untersuchung folgende Laboruntersuchungen empfohlen:
großes Blutbild,
Leberwerte Gamma GT und GPT,
Nierenwerte Kreatinin und GFR, BSG und CRP
sowie Ausschluss von Hepatitis-B- und C-Infektion.
Mit Ausnahme des Hepatitis-Screenings dienen diese Werte auch zur regelmäßigen Verlaufskontrolle unter langfristiger Therapie. Hierbei ist insbesondere auf eine ausreichende Kreatinin-Clearance von > 60 ml/min zu achten; des Weiteren Vorsicht bei einem Transaminasenanstieg größer als das 2- bis 3-fache der Norm sowie auch bei einer Leuko-, Granulozyto- und Thrombopenie. Da bei immunsuppressiver Therapie das Infektionsrisiko gesteigert ist, sollten vor geplanter MTX-Therapie alle von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen komplettiert werden [12].
Methotrexat ist unbestritten der Goldstandard in der Behandlung der RA und auch der PsA. Bei diesen Erkrankungen sollte auch der Orthopäde in der Lage sein, unter den bekannten Voraussetzungen diese Basistherapie einzuleiten, um bereits im window of opportunity zeitnah die entzündliche Aktivität zu unterbrechen.
Leflunomid
Leflunomid ist seit 1999 sowohl für die Therapie der Rheumatoiden Arthritis als auch für die Psoriasis-Arthritis zugelassen. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Wirkung von MTX und Leflunomid ähnlich ist [14]. Leflunomid (alternativ Sulfasalazin) soll bei der RA begonnen werden, wenn MTX als primäre Behandlung nicht einsetzbar ist (z.B. wegen Kontraindikationen) [10]. Die effektive Wirkung von Leflunomid auf Gelenksymptome und die Haut bei guter Verträglichkeit ist nachgewiesen [15]. Als Kombinationstherapie mit MTX empfiehlt die S2e-Leitlinie zur RA Leflunomid (alternativ Sulfasalazin) bei Verfehlen des Therapieziels, einer Remission bzw. nicht erniedrigter Krankheitsaktivität nach 12 Wochen unter optimierter Starttherapie. Bereits frühzeitig wurde die gute Wirkung einer Kombinationstherapie von MTX und Leflunomid nachgewiesen [16], allerdings enthält die Fachinformation einen Warnhinweis, dass diese Therapieform nur unter sorgfältiger Abwägung des Nutzen-Risikos angewandt werden sollte.
Praktische Anwendung: Leflunomid wird täglich oral verabreicht, die Tagesdosierung wird mit 20 mg empfohlen. Der Wirkungseintritt ist erfahrungsgemäß nach 6 Wochen. Die Vor- und Verlaufsuntersuchungen entsprechen im Wesentlichen denen der RA. Empfehlenswert sind allerdings RR-Kontrollen, da es insbesondere bei Hypertonikern gehäuft zu Blutdruckanstiegen kommen kann. Leflunomid hat eine lange Halbwertszeit, da es enterohepatisch zirkuliert. Dies kann zu Konsequenzen bei erheblichen Nebenwirkungen oder auch bei Operationen mit erhöhtem Infektions- oder Wundheilungsrisiko führen. Sofern eine kurzfristige Elimination des Präparats erforderlich sein sollte, wird ein Verfahren unter Gabe von Colestyramin (3 Beutel mit 8 g/Tag über 11 Tage) empfohlen. Als Kontraindikationen für eine Leflunomid-Therapie gelten u.a. Schwangerschaft und Kinderwunsch (wirksame Kontrazeption erforderlich!), Stillzeit, schwere Infektionen, schwerer Immundefekt, ausgeprägter Leberschaden, schwere Niereninsuffizienz und schwer einstellbarer Hypertonus [17].
Sulfasalazin
Sulfasalazin hat die Zulassung für die RA, entsprechend dem Leflunomid nach der S2-e-Leitlinie und für die PsA nach den EULAR Recommendations. Früher wurde es bei milderen Verlaufsformen der RA angewandt, was heutzutage dem Motto hit hard and early nicht mehr entspricht, sodass eine Monotherapie selten angewandt wird. Eine Option ist neben der Zweifachkombination mit MTX das O‘Dell-Schema, bei dem zusätzlich Hydroxychloroquin in Form einer Dreifachkombination eingesetzt wird. Dieses Therapieschema zeigt durchaus eine vergleichbare Wirkung wie die Kombination von MTX mit einem Biologikum [18], ist aber bedingt durch die Einnahmemodalitäten für die Patienten problematischer.
Praktische Anwendung: Sulfasalazin wird oral eingenommen und nach dem folgenden Schema aufgesättigt:
1. Woche: 0–0–1 Tabl. 500 mg/Tag;
2. Woche: 1–0–1 Tabl./Tag;
3. Woche: 1–0–2 Tabl./Tag;
4. Woche: 2–0–2 Tabl./Tag.
Die Vor- und Nachuntersuchungen entsprechen denen der anderen csDMARDs. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass Kinderwunsch und Schwangerschaft bei der Therapie mit Sulfasalazin keine Kontraindikation bedeutet [19].
Hydroxychloroquin
Hydroxychloroquin spielt in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen nur noch eine Nebenrolle. Eine Empfehlung für eine Monotherapie gibt es nach den heutigen Leitlinien nicht. Die Dreifachkombination nach O`Dell wird weiterhin in den S2-e-Leitlinien empfohlen, dort wird auf die „robuste Datenlage“ hingewiesen [5].
Praktische Anwendung: Hydroxychloroquin wird oral verabreicht, in Tabletten je 200 mg. Abhängig vom Körpergewicht werden 1–2 Tabletten täglich empfohlen. Die Dosierung soll so gewählt werden, dass eine Retinopathie vermieden werden kann. Vor und während der Therapie werden augenärztliche Untersuchungen empfohlen [20].
Bei einem großen Teil der Patienten gelingt es, durch eine Therapie mit csDMARDs, vordergründig Methotrexat, eine Remission oder zumindest eine niedrige Krankheitsaktivität zu erreichen. Sollte dies allerdings nicht gelingen, gibt es seit 1999 weitere Therapieoptionen, die die Behandlung entzündlich rheumatischer Erkrankungen revolutioniert haben.
Biologika
Biologika (bDMARDs), im englischen auch „Biologicals“ genannt, sind eine Medikamentengruppe, die seit der Ersteinführung von Infliximab im Jahr 1999 bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen eine herausragende Rolle spielen. Sie sind biotechnologisch hergestellte Eiweiße, die aus Zellkulturen gewonnen werden, gegen bestimmte Botenstoffe des Körpers (Zytokine) gerichtet sind, in die Zytokin-vermittelte Zellkommunikation eingreifen und gezielt Zellen des überreagierenden Immunsystems blockieren. Hierzu zählen die Hemmung des Tumor-Nekrose-Faktors (TNF) alpha, Hemmung von verschiedenen Interleukinen sowie eine zielgerichtete Therapie gegen T- und B-Zellen. Im Vergleich zu den chemisch hergestellten „Antirheumatika“ wirken Biologika schneller und haben entscheidend dafür gesorgt, dass das Ziel Remission heutzutage ein realistisches Behandlungsziel darstellt. bDMARDs haben die therapeutischen Möglichkeiten bei rheumatischen Erkrankungen (wie der RA, der PsA und der axSpA) erheblich verbessert und spielen insbesondere nach Versagen einer Therapie mit csDMARDs und bei schweren Verlaufsformen eine herausragende Rolle. Bei der RA hat sich eine Kombination mit MTX als wirkungssteigernd erwiesen [5]. Für die Wirksamkeit anderer csDMARDs in der Kombination besteht aktuell nur eine begrenzte Evidenz [10] und auch keine Zulassung. Bei der Behandlung der Spondyloarthritiden wird eine Biologika-Monotherapie bevorzugt.
Die meisten bDMARDs haben zwar formell eine First-line-Zulassung, allerdings wird nach der S2e-Leitlinie zur RA eine bDMARD-Therapie erst nach unzureichendem Ansprechen zweier csDMARDs empfohlen. Nach den EULAR-Empfehlungen von 2015 zur PsA ist der Einsatz von bDMARDs in Phase III nach Versagen einer MTX-Therapie indiziert. Bei der axSpA sind bDMARDs (TNF-alpha-Blocker oder IL-17-Blocker) als Zweitlinientherapie nach den ASAS/EULAR Empfehlungen bereits nach Versagen von 2 NSAR (inkl. COX-2-Hemmer) über 4 Wochen empfohlen.
Für die Therapie der RA sind 5 TNF-alpha-Inhibitoren (Infliximab seit 1999, Etanercept seit 2000, Adalimumab seit 2003, Certolizumab und Golimumab seit 2009 zugelassen. Als Monotherapie (ohne MTX Zusatz) dürfen bei der RA lediglich Adalimumab, Etanercept und Certolizumab verordnet werden. In den Folgejahren erfolgten Zulassungen für die PsA sowie die ankylosierende Spondylitis. Mit Ausnahme von Infliximab haben alle TNF-alpha-Inhibitoren in späteren Jahren die Zulassung für die nichtröntgenologische axSpA erhalten. Mit Ausnahme von Infliximab (Infusion) erfolgt die Anwendung subkutan in verschiedenen Therapieintervallen (Etanercept 1x wöchentlich, Adalimumab alle 2 und Certolizumab alle 2 Wochen nach Aufsättigung, Golimumab alle 4 Wochen).
Seit vielen Jahren gibt es bereits Zulassungen mit alternativem Wirkprinzip für die RA. Abatacept seit 2007, mit Hemmung der T-Zell-Aktivierung, Rituximab seit 2006, mit Hemmung der B-Zell-Aktivierung sowie Tocilizumab, seit 2009 mit einer IL-6-Hemmung sind etablierte Substanzen mit nachgewiesener Wirkung auf dem Niveau der TNF-alpha-Inhibitoren. Ustekinumab ist seit 2013 mit einer IL12/23 Hemmung lediglich für die Psoriasis-Arthritis zugelassen.
Seit 2015 haben weitere 3 Substanzen mit alternativem Wirkprinzip für verschiedene Indikationen eine Zulassung erhalten:
Secukinumab ist ein IL 17A-Inhibitor und angezeigt für die Behandlung erwachsener Patienten seit 2015 für die ankylosierende Spondylitis und seit 2016 für die Psoriasis-Arthritis, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben.
Sarilumab ist wie Tocilizumab ein IL-6-Rezeptor-Inhibitor und seit 2017 zugelassen. Dieser Wirkstoff ist in Kombination mit MTX zur Behandlung erwachsener Patienten bei einer mittelschweren bis schweren aktiven RA indiziert, die mit ein oder mehreren DMARDs unzureichend angesprochen haben oder diese nicht vertragen haben. Falls MTX nicht anwendbar ist, kann Sarilumab als Monotherapie eingesetzt werden.
Ixekizumab ist wie Secukinumab ein IL-17-A-Inhibitor und allein oder in Kombination mit MTX seit 2015 zugelassen für erwachsene Patienten mit aktiver PsA, die unzureichend auf ein oder mehrere DMARDs angesprochen oder diese nicht vertragen haben.
Biologika: Therapievorbereitung und- überwachung
Empfohlen wird von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie ein gezieltes Untersuchungsprogramm vor und während einer Biologika-Therapie: Erheben eines Allgemeinstatus zum Ausschluss einer mäßigen bis schweren Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV) und einer aktiven Infektion, Überprüfung und ggf. Aktualisierung des Impfstatus. Untersuchung auf aktive oder latente Tuberkulose; Thorax-Röntgenaufnahme nicht älter als 3 Monate.
Laborbestimmungen mit BSG, CRP, großes Blutbild, GPT, Kreatinin und Urinstix, Hepatitis-Screening (B+C). Während der Therapie empfiehlt die DGRh eine Überprüfung u.a. auf Infektionszeichen, Abszesse, Fieber, Husten, Gewichtsverlust, B-Symptomatik, und einen Lymphknotenstatus. Die Laborbestimmungen sollen regelmäßig wie bei der Erstuntersuchung ohne Hepatitis-Ausschluss fortgeführt werden, zunächst alle 2 Wochen, nach 2 und 3 Monaten, danach alle 6 Wochen [21].
Kontraindikationen
Chronische Virusinfektionen stellen eine eindeutige Kontraindikation dar, ebenfalls opportunistische Infektionen (z.B. atypische Mykobakteriosen). Bei mäßiger bis schwerer Herzinsuffizienz sollte eine Biologika-Therapie nicht angewandt werden, ebenfalls bei Tumorerkrankungen und multipler Sklerose nur nach Abwägung des individuellen Risikos. Alte tuberkulöse Veränderungen erfordern eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung und auch unter INH-Prophylaxe eine regelmäßige klinische und röntgenologische Kontrolle. Bei chronischer Hepatitis C wird die Kooperation mit einem Hepatologen empfohlen [21].
Neben aufwendigen Voruntersuchungen und Kontrollen unter Einbezug von Komorbiditäten und der Vielfalt der Produkte sind sicherlich auch die hohen Kosten für den Orthopäden ein Grund, diesen Verordnungen sehr zurückhaltend gegenüber zu stehen. Hier empfiehlt es sich, eine Kooperation mit einem Rheumatologen einzugehen, der die Indikation für diese Therapie stellt und das weitere Procedere festlegt.
Biosimilars
„Biosimilars sind biologische Arzneimittel, deren wirksame Bestandteile mit Mitteln der Biotechnologie und gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden. Sie enthalten als arzneilich wirksamen Bestandteil Wirkstoffe, die eine strukturell hohe Ähnlichkeit mit einem in der EU bereits zugelassenen Referenzarzneimittel besitzen und eine identische pharmakologische Wirkung im menschlichen Körper ausüben“. Ihre Zulassung erfolgt erst nach Ablauf des Patentschutzes des Referenzarzneimittels, aber für alle Indikationen. Für die Zulassung verlangen Behörden wie die European Medical Agency den Nachweis der größtmöglichen Vergleichbarkeit zum Original- oder Referenzprodukt hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit [22]. Nach derzeitigem Diskussionsstand können Biosimilars grundsätzlich nach erwiesener Äquivalenz und erfolgter Zulassung so eingesetzt werden wie die Originatorprodukte.
Seit 2015 wurden in Deutschland Biosimilars von Infliximab, Etanercept, Rituximab und Adalimumab zugelassen. „Bei Ersteinstellung auf ein Biologikum sollten Patienten ein Biosimilar erhalten, soweit es verfügbar ist“. „Patienten, die mit einem Biologikum behandelt werden, sollen auf ein Biosimilar umgestellt werden, soweit es verfügbar ist. Es existieren zahlreiche Switch-Studien, die hinsichtlich des therapeutischen Effekts oder der Art, Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen beim Wechsel von einem Referenzarzneimittel auf ein Biosimilar keine Unterschiede zeigten [23].
Targeted synthetic (ts)DMARDs
Unter den tsDMARDs werden herkömmlich synthetisch und zielgerichtet hergestellte DMARDs verstanden, die auf eine bestimmte Molekülstruktur abzielen. Der PD-4-Inhibitor Apremilast wurde als small molecule als erster Vertreter dieser Gruppe 2015 für die Psoriasis-Arthritis zugelassen. Für die Therapie der RA folgten im Jahr 2017 die JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib. Für die Patienten ergibt sich bei den small molecules die Besonderheit der oralen Einnahme.
Apremilast ist allein oder in Kombination mit DMARdS (MTX) indiziert zur Behandlung der aktiven Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene DMARD-Therapie unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Die Behandlung erfolgt als kontinuierliche Langzeittherapie, einschleichend nach einem Schema, beginnend mit 10 mg oral, steigernd auf 30 mg. Dauertherapie ab dem 6. Tag mit 2x 30 mg. Mit einem Wirkungseintritt ist erst nach 4 Monaten zu rechnen [24].
JAK-Inhibitoren
Eine neue Option in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen ergibt sich seit 2017 durch die Zulassung der Januskinase (JAK)-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib in Deutschland. Sie sind small molecules und wirken als intrazelluläre Proteine und sind daran beteiligt, das durch die Bindung eines Zytokins an seinen Rezeptor ausgelöste Signal von der Zelloberfläche in den Zellkern weiterzuleiten. Die JAK-Inhibitoren unterbrechen diese Signaltransduktionskette. Ein- und derselbe Januskinasetyp ist an der Signalkaskade mehrerer Zytokine beteiligt, wodurch vermutlich ein größerer Therapieeffekt auf Zytokin-vermittelte Entzündungs- und Immunprozesse erreicht wird [25]. Bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen wird der JAK-Signalweg von etlichen Zytokinen genutzt, um den Entzündungsreiz in das Zellinnere weiterzuleiten. Es sind 4 Januskinasen bekannt: JAK 1, JAK2, JAK 3 und TYK2 (Tyrosinkinase 2) [26].
Tofacitinib ist bereits seit 2011 in den USA und der Schweiz seit 2012 zugelassen und hemmt JAK-1 und JAK-3. Es gibt ausreichend Studiendaten bezüglich Wirkung und Sicherheit. So konnte erstmals 2012 in einer Vergleichsstudie nachgewiesen werden, dass bei Patienten mit nicht ausreichendem Ansprechen von csDMARDs eine Kombinationstherapie von Tofacitinib mit MTX einer Behandlung von Adalimumab mit MTX bei der RA gleichwertig ist [5]. Durch die zunehmende Datenfülle, insbesondere durch die Veröffentlichung der US-Registerdaten, nimmt die Sicherheit im Umgang mit Tofacitinib zu. In Deutschland erfolgte neben der Zulassung für die RA 2017 auch im Jahr 2018 für die PsA.
Praktische Anwendung: Tofacitinib ist wie Baricitinib zugelassen für die Behandlung von mittelschwerer bis schwerer aktiver RA bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren DMADs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es hat die Zulassung in Kombination mit MTX sowie als Monotherapie, wenn MTX nicht vertragen wird oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist. Es wird oral verabreicht, 5 mg 2x täglich [27].
Baricitinib ist der zweite in Deutschland zugelassenen JAK-Inhibitor und hemmt JAK-1 und JAK-2. Wegen der späteren Zulassung sind die Langzeiterfahrungen durch Studien noch geringer. Mehrere Studien konnten bereits die gute Wirksamkeit von Baricitinib belegen, sowohl bei MTX- als auch bei bDMARD-Versagern [28].
Praktische Anwendung: Die Indikation gleicht der für Tofacitinib. Baricitinib ist allerdings für die Monotherapie zugelassen, die Anwendung erfolgt ebenfalls oral, 4 mg 1x täglich [29].
Kontraindikationen sind für beide JAK-Inhibitoren schwere Leberfunktionsstörungen, Zytopenien und für Baricitinib eine Kreatinin-Clearance < 30 ml/min.
Bei den JAK-Inhibitoren ist vor Therapiebeginn eine aktive Infektion auszuschließen und eine Röntgenaufnahme des Thorax, nicht älter als 3 Monate, zu veranlassen. Die Laborbestimmungen entsprechen denen der Biologika, einschließlich Untersuchung auf latente Tuberkulose. Zusätzlich wird ein Lipidstatus verlangt (Gesamtcholesterin, LDL, HDL und Triglyceride) [27, 29].
Werden die JAK-Inhibitoren aufgrund ihrer Wirksamkeit und der günstigeren Kosten die bDMARDs in den nächsten Jahren ablösen? Das werden die Erfahrungen durch weitere Studien zeigen.
Fazit
Die turbulenten Zeiten in der Rheumatologie sind noch nicht vorbei. Weitere JAK-Inhibitoren stehen kurz vor der Zulassung (z.B. JAK-1-Inhibitor Upadacinib). Für die Orthopäden, die sich nicht täglich mit einer größeren Anzahl von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen befassen, ist die rasante Entwicklung mit der Vielzahl verschiedener Medikamente möglicherweise verwirrend. Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass in der orthopädischen Praxis entzündlich rheumatische Erkrankungen früh erkannt werden und rechtzeitig eine entsprechende Basistherapie eingeleitet wird. Die Akademie Deutscher Orthopäden bietet hierfür regelmäßig Fortbildungskurse zum Rheumatologisch fortgebildeten Orthopäden (RhefO) an. Bei Versagen der First-line-Therapie oder bei schwierigen Fällen ist eine Kooperation mit einem Rheumatologen durchaus anzustreben.
Interessenkonflikt:
Keine angegeben.
Literatur
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