Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019
Medikamentöse Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen
Empfohlen wird von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie ein gezieltes Untersuchungsprogramm vor und während einer Biologika-Therapie: Erheben eines Allgemeinstatus zum Ausschluss einer mäßigen bis schweren Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV) und einer aktiven Infektion, Überprüfung und ggf. Aktualisierung des Impfstatus. Untersuchung auf aktive oder latente Tuberkulose; Thorax-Röntgenaufnahme nicht älter als 3 Monate.
Laborbestimmungen mit BSG, CRP, großes Blutbild, GPT, Kreatinin und Urinstix, Hepatitis-Screening (B+C). Während der Therapie empfiehlt die DGRh eine Überprüfung u.a. auf Infektionszeichen, Abszesse, Fieber, Husten, Gewichtsverlust, B-Symptomatik, und einen Lymphknotenstatus. Die Laborbestimmungen sollen regelmäßig wie bei der Erstuntersuchung ohne Hepatitis-Ausschluss fortgeführt werden, zunächst alle 2 Wochen, nach 2 und 3 Monaten, danach alle 6 Wochen [21].
Kontraindikationen
Chronische Virusinfektionen stellen eine eindeutige Kontraindikation dar, ebenfalls opportunistische Infektionen (z.B. atypische Mykobakteriosen). Bei mäßiger bis schwerer Herzinsuffizienz sollte eine Biologika-Therapie nicht angewandt werden, ebenfalls bei Tumorerkrankungen und multipler Sklerose nur nach Abwägung des individuellen Risikos. Alte tuberkulöse Veränderungen erfordern eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung und auch unter INH-Prophylaxe eine regelmäßige klinische und röntgenologische Kontrolle. Bei chronischer Hepatitis C wird die Kooperation mit einem Hepatologen empfohlen [21].
Neben aufwendigen Voruntersuchungen und Kontrollen unter Einbezug von Komorbiditäten und der Vielfalt der Produkte sind sicherlich auch die hohen Kosten für den Orthopäden ein Grund, diesen Verordnungen sehr zurückhaltend gegenüber zu stehen. Hier empfiehlt es sich, eine Kooperation mit einem Rheumatologen einzugehen, der die Indikation für diese Therapie stellt und das weitere Procedere festlegt.
Biosimilars
„Biosimilars sind biologische Arzneimittel, deren wirksame Bestandteile mit Mitteln der Biotechnologie und gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden. Sie enthalten als arzneilich wirksamen Bestandteil Wirkstoffe, die eine strukturell hohe Ähnlichkeit mit einem in der EU bereits zugelassenen Referenzarzneimittel besitzen und eine identische pharmakologische Wirkung im menschlichen Körper ausüben“. Ihre Zulassung erfolgt erst nach Ablauf des Patentschutzes des Referenzarzneimittels, aber für alle Indikationen. Für die Zulassung verlangen Behörden wie die European Medical Agency den Nachweis der größtmöglichen Vergleichbarkeit zum Original- oder Referenzprodukt hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit [22]. Nach derzeitigem Diskussionsstand können Biosimilars grundsätzlich nach erwiesener Äquivalenz und erfolgter Zulassung so eingesetzt werden wie die Originatorprodukte.
Seit 2015 wurden in Deutschland Biosimilars von Infliximab, Etanercept, Rituximab und Adalimumab zugelassen. „Bei Ersteinstellung auf ein Biologikum sollten Patienten ein Biosimilar erhalten, soweit es verfügbar ist“. „Patienten, die mit einem Biologikum behandelt werden, sollen auf ein Biosimilar umgestellt werden, soweit es verfügbar ist. Es existieren zahlreiche Switch-Studien, die hinsichtlich des therapeutischen Effekts oder der Art, Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen beim Wechsel von einem Referenzarzneimittel auf ein Biosimilar keine Unterschiede zeigten [23].
Targeted synthetic (ts)DMARDs
Unter den tsDMARDs werden herkömmlich synthetisch und zielgerichtet hergestellte DMARDs verstanden, die auf eine bestimmte Molekülstruktur abzielen. Der PD-4-Inhibitor Apremilast wurde als small molecule als erster Vertreter dieser Gruppe 2015 für die Psoriasis-Arthritis zugelassen. Für die Therapie der RA folgten im Jahr 2017 die JAK-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib. Für die Patienten ergibt sich bei den small molecules die Besonderheit der oralen Einnahme.
Apremilast ist allein oder in Kombination mit DMARdS (MTX) indiziert zur Behandlung der aktiven Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene DMARD-Therapie unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Die Behandlung erfolgt als kontinuierliche Langzeittherapie, einschleichend nach einem Schema, beginnend mit 10 mg oral, steigernd auf 30 mg. Dauertherapie ab dem 6. Tag mit 2x 30 mg. Mit einem Wirkungseintritt ist erst nach 4 Monaten zu rechnen [24].
JAK-Inhibitoren
Eine neue Option in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen ergibt sich seit 2017 durch die Zulassung der Januskinase (JAK)-Inhibitoren Tofacitinib und Baricitinib in Deutschland. Sie sind small molecules und wirken als intrazelluläre Proteine und sind daran beteiligt, das durch die Bindung eines Zytokins an seinen Rezeptor ausgelöste Signal von der Zelloberfläche in den Zellkern weiterzuleiten. Die JAK-Inhibitoren unterbrechen diese Signaltransduktionskette. Ein- und derselbe Januskinasetyp ist an der Signalkaskade mehrerer Zytokine beteiligt, wodurch vermutlich ein größerer Therapieeffekt auf Zytokin-vermittelte Entzündungs- und Immunprozesse erreicht wird [25]. Bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen wird der JAK-Signalweg von etlichen Zytokinen genutzt, um den Entzündungsreiz in das Zellinnere weiterzuleiten. Es sind 4 Januskinasen bekannt: JAK 1, JAK2, JAK 3 und TYK2 (Tyrosinkinase 2) [26].
Tofacitinib ist bereits seit 2011 in den USA und der Schweiz seit 2012 zugelassen und hemmt JAK-1 und JAK-3. Es gibt ausreichend Studiendaten bezüglich Wirkung und Sicherheit. So konnte erstmals 2012 in einer Vergleichsstudie nachgewiesen werden, dass bei Patienten mit nicht ausreichendem Ansprechen von csDMARDs eine Kombinationstherapie von Tofacitinib mit MTX einer Behandlung von Adalimumab mit MTX bei der RA gleichwertig ist [5]. Durch die zunehmende Datenfülle, insbesondere durch die Veröffentlichung der US-Registerdaten, nimmt die Sicherheit im Umgang mit Tofacitinib zu. In Deutschland erfolgte neben der Zulassung für die RA 2017 auch im Jahr 2018 für die PsA.
Praktische Anwendung: Tofacitinib ist wie Baricitinib zugelassen für die Behandlung von mittelschwerer bis schwerer aktiver RA bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren DMADs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es hat die Zulassung in Kombination mit MTX sowie als Monotherapie, wenn MTX nicht vertragen wird oder wenn eine Behandlung mit MTX ungeeignet ist. Es wird oral verabreicht, 5 mg 2x täglich [27].