Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Medikamentöse Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen

Unter klassischen DMARDs (Disease Modyfying Anti-Rheumatic-Drugs) wird eine Gruppe von Medikamenten zusammengefasst, die über symptomatische Effekte hinaus krankheitsmodifizierende Eigenschaften besitzen. Sie sollen den Krankheitsverlauf verlangsamen und insbesondere einer Gelenkzerstörung vorbeugen, bzw. diese verzögern und somit die Funktionsfähigkeit der Gelenke erhalten. Die Wirkung nahezu aller zur Verfügung stehenden Substanzen tritt verzögert ein, der Zeitraum bis zum Wirkeintritt beträgt 4–16 Wochen [8]. Als Substanzen stehen seit vielen Jahren folgende csDMARDs zur Verfügung: Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin und Hydroxychloroquin. Das Prinzip treat to target steht für eine zielgerichtete Behandlung mit DMARDs. „Sobald die Diagnose einer RA gestellt ist, soll die Therapie mit DMARD begonnen werden. Der frühestmögliche Beginn einer DMARD-Therapie bei neu diagnostizierter RA (optimalerweise innerhalb von 12 Wochen nach Symptombeginn) wirkt sich positiv auf die Parameter Remission, therapeutisches Ansprechen, Funktionsstatus und radiologische Progression aus und wird in einer großen Zahl kontrollierter Studien belegt. Gegenwärtig ist noch unklar, ob der Beginn einer DMARD-Therapie überhaupt die Diagnose einer gesicherten RA erfordert oder ob ein noch früherer Therapiebeginn zusätzlich den Langzeitverlauf positiv beeinflusst“ [9].

Methotrexat (MTX)

Methotrexat ist der Goldstandard in der Therapie der RA. Aber auch bei der PsA spielt diese Substanz eine bedeutende Rolle, während sie bei der axSpA weitgehend unwirksam ist. Obwohl MTX bereits seit über 30 Jahren die Zulassung für die RA hat, gibt es jährlich neue Erkenntnisse, die auf den großen internationalen Kongressen präsentiert werden. Methotrexat soll als erstes csDMARD direkt nach der Diagnosestellung der RA eingesetzt werden. Diese Empfehlung folgt nicht nur der aktuellen deutschen S2e-Leitlinie, sondern entspricht auch den europäischen (EULAR) und amerikanischen (ACR) Empfehlungen. „MTX hat eine gute Wirkung und gilt heute in allen Leitlinien unter den csDMARDs als Mittel der ersten Wahl. Es ist die innerhalb dieser Gruppe bestuntersuchte Substanz in Monotherapie sowie als Kombinationspartner mit anderen DMARDs“ [10].

Praktische Anwendung: Die Standarddosierung bei der RA ist 15 mg 1× wöchentlich, allerdings sind andere Dosierungen in einem Behandlungskorridor von 7,5–25 mg möglich, ebenfalls bei der PsA. Bei älteren Patienten wird eine niedrigere Startdosierung mit moderater Dosisanpassung unter Kontrolle der Nierenfunktion empfohlen [11]. Die subkutane Applikation zeigt bei zuverlässig hoher Bioverfügbarkeit eine höhere Effektivität gegenüber der peroralen Anwendung, des Weiteren auch eine bessere Verträglichkeit und höhere Therapiesicherheit. Die Wirkung tritt bei der RA zumeist nach 4–8 Wochen auf [12]. Eine Langzeittherapie mit MTX ist möglich und in der Mehrzahl auch nötig. Eine Kombinationstherapie mit anderen csDMARDs (z.B. Leflunomid) oder mit biologischen oder synthetischen DMARDs ist effektiv und hat zusätzlich eine hemmende Wirkung auf eine Anti-Drug-Antikörperbildung auf das Biologikum [13]. Eine Folsäuresubstitution wird unter einer MTX-Therapie empfohlen, die DGRh empfiehlt 5 mg oral 24 Stunden nach der MTX-Gabe. Dies erhöht die Verträglichkeit und vermindert Therapieabbrüche [12]. Als Kontraindikationen für eine MTX-Therapie werden u.a. Allergien gegen MTX, Gravidität bzw. Kinderwunsch, ungenügende Kontrazeption, akute Lebererkrankung, Ulzera des Magen-Darm-Trakts, Niereninsuffizienz, Alkoholabusus, schwerer Diabetes mellitus bei Adipositas, schwere Allgemeinerkrankung und Unzuverlässigkeit der Patienten angegeben [11]. Vor Therapiebeginn werden bei csDMARDs neben einer ausführlichen Anamnese und subtilen Untersuchung folgende Laboruntersuchungen empfohlen:

großes Blutbild,

Leberwerte Gamma GT und GPT,

Nierenwerte Kreatinin und GFR, BSG und CRP

sowie Ausschluss von Hepatitis-B- und C-Infektion.

Mit Ausnahme des Hepatitis-Screenings dienen diese Werte auch zur regelmäßigen Verlaufskontrolle unter langfristiger Therapie. Hierbei ist insbesondere auf eine ausreichende Kreatinin-Clearance von > 60 ml/min zu achten; des Weiteren Vorsicht bei einem Transaminasenanstieg größer als das 2- bis 3-fache der Norm sowie auch bei einer Leuko-, Granulozyto- und Thrombopenie. Da bei immunsuppressiver Therapie das Infektionsrisiko gesteigert ist, sollten vor geplanter MTX-Therapie alle von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen komplettiert werden [12].

Methotrexat ist unbestritten der Goldstandard in der Behandlung der RA und auch der PsA. Bei diesen Erkrankungen sollte auch der Orthopäde in der Lage sein, unter den bekannten Voraussetzungen diese Basistherapie einzuleiten, um bereits im window of opportunity zeitnah die entzündliche Aktivität zu unterbrechen.

Leflunomid

Leflunomid ist seit 1999 sowohl für die Therapie der Rheumatoiden Arthritis als auch für die Psoriasis-Arthritis zugelassen. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Wirkung von MTX und Leflunomid ähnlich ist [14]. Leflunomid (alternativ Sulfasalazin) soll bei der RA begonnen werden, wenn MTX als primäre Behandlung nicht einsetzbar ist (z.B. wegen Kontraindikationen) [10]. Die effektive Wirkung von Leflunomid auf Gelenksymptome und die Haut bei guter Verträglichkeit ist nachgewiesen [15]. Als Kombinationstherapie mit MTX empfiehlt die S2e-Leitlinie zur RA Leflunomid (alternativ Sulfasalazin) bei Verfehlen des Therapieziels, einer Remission bzw. nicht erniedrigter Krankheitsaktivität nach 12 Wochen unter optimierter Starttherapie. Bereits frühzeitig wurde die gute Wirkung einer Kombinationstherapie von MTX und Leflunomid nachgewiesen [16], allerdings enthält die Fachinformation einen Warnhinweis, dass diese Therapieform nur unter sorgfältiger Abwägung des Nutzen-Risikos angewandt werden sollte.

Praktische Anwendung: Leflunomid wird täglich oral verabreicht, die Tagesdosierung wird mit 20 mg empfohlen. Der Wirkungseintritt ist erfahrungsgemäß nach 6 Wochen. Die Vor- und Verlaufsuntersuchungen entsprechen im Wesentlichen denen der RA. Empfehlenswert sind allerdings RR-Kontrollen, da es insbesondere bei Hypertonikern gehäuft zu Blutdruckanstiegen kommen kann. Leflunomid hat eine lange Halbwertszeit, da es enterohepatisch zirkuliert. Dies kann zu Konsequenzen bei erheblichen Nebenwirkungen oder auch bei Operationen mit erhöhtem Infektions- oder Wundheilungsrisiko führen. Sofern eine kurzfristige Elimination des Präparats erforderlich sein sollte, wird ein Verfahren unter Gabe von Colestyramin (3 Beutel mit 8 g/Tag über 11 Tage) empfohlen. Als Kontraindikationen für eine Leflunomid-Therapie gelten u.a. Schwangerschaft und Kinderwunsch (wirksame Kontrazeption erforderlich!), Stillzeit, schwere Infektionen, schwerer Immundefekt, ausgeprägter Leberschaden, schwere Niereninsuffizienz und schwer einstellbarer Hypertonus [17].

Sulfasalazin

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