Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024
Relevanz der Therapie von Begleitpathologien in der knorpelregenerativen Therapie an Hüft-, Knie- und SprunggelenkPraktisches Vorgehen
Jedoch kann es durchaus sinnvoll sein, eine Osteotomie bereits im Rahmen der Biopsie durchzuführen. So kann z.B. bei Vorliegen eines deutlichen Knochenödems dieses durch eine frühzeitige Entlastung reduziert werden und somit ggfs. das Ergebnis der m-ACT positiv beeinflussen. Auch im Rahmen der Kombination mehrerer Verfahren wie z.B. Meniskusoperation oder patellofemorale Stabilisierungen ist es häufig notwendig, die Begleiteingriffe auf beide Operationen zu verteilen. Hier ist auch die eigene operative Erfahrung sowie die Abschätzung der OP-Zeit in die Entscheidung einzubeziehen, sodass z.B. die Blutsperrenzeit nicht überschritten wird. Grundsätzlich empfiehlt es sich, hierbei Verfahren mit ähnlicher Nachbehandlung zu kombinieren. Auch wenn die Osteotomien mittlerweile in aller Regel keine Teilbelastung von 6 Wochen benötigen, sondern schrittweise und symptomadaptiert aufbelastet werden können, sollte bei der Kombination im Rahmen femorotibialer Knorpeldefekte die in aller Regel langsamere 6-wöchige Teilbelastung zum Schutz des Knorpels eingehalten werden. Bei kleinen Defekten oder sehr guten Containments ist aber auch hier ggfs. eine symptomadaptierte Belastung möglich.
Instabilität
Neben der Achsfehlstellung ist ein weiterer häufiger Begleitfaktor von Knorpelschäden die Instabilität des Kniegelenkes. Hierbei kann es entweder im Rahmen des Unfalls zu einem traumatischen Knorpelschaden kommen, jedoch sind instabilitätsbedingte Knorpelschäden auch im jungen Alter bei unbehandelten und restinstabilen Gelenken nicht selten [34, 35]. Hierbei ist aufgrund der hohen Inzidenz vor allem die Instabilität des vorderen Kreuzbandes zu nennen. Eine matched-pair-Analyse aus dem deutschen Knorpelregister konnte in der Kombination von vorderer Kreuzbandrekonstruktion und m-ACT vergleichbare Ergebnisse wie bei alleiniger m-ACT über einen Verlauf von 2 Jahren nachweisen [36]. Insgesamt ist die Datenlage der Kreuzbandrekonstruktion in Kombination mit knorpelregenerativen Eingriffen begrenzt. Eine skandinavische Studie konnte zeigen, dass eine Mikrofrakturierung im Rahmen der VKB-Rekonstruktion keinen Vorteil im Vergleich zum Debridement bzw. zu keiner Therapie des Knorpelschadens im Verlauf von 5 Jahren bringt, wobei dies vor dem Hintergrund der heutigen Erkenntnisse bzgl. der Mikrofrakturierung-(Mfx-)Therapie nicht verwundert. Hierbei wurden sogar tendenziell schlechtere Ergebnisse in wesentlichen Subscores wie Sport gefunden [37]. Gudas et al. zeigten ähnliche Ergebnisse mit signifikant besseren Ergebnissen einer OATS-Therapie (osteochondrale autologe Transplantation) im Vergleich zur Mikrofrakturierung [38]. Daher sollte aus Sicht der Autoren gerade in diesem Patientenkollektiv eine Knorpeltherapie sorgfältig ausgewählt werden und auf bewährte Therapien mit nachgewiesenen Erfolgsraten zurückgegriffen und eine Mfx vermieden werden. Bezüglich der Kombination sind auch Kreuzbandrekonstruktionen gut mit einer Knorpeloperation vereinbar und einzeitig gut durchzuführen. Jedoch ist hierbei auch auf die manchmal konkurrierenden Nachbehandlungen zu verweisen. Gerade bei patellofemoralen Pathologien oder Knorpelschäden, die die Einschränkung der Beweglichkeit erfordern, ist zu überlegen, zunächst eine Kreuzbandrekonstruktion mit frühfunktioneller Nachbehandlung durchzuführen und erst im Versatz die Knorpeloperation zu planen. Hierbei kann z.B. bei der Verwendung der m-ACT die Kreuzbandrekonstruktion bei Knorpelprobenentnahme durchgeführt werden und das Zeitfenster der Zellzüchtung genutzt werden, um schon ein adäquates funktionelles Ergebnis zu erzielen.
Meniskus
Als weiterer wichtiger Faktor bezüglich des Erfolges einer Knorpeloperation kommt dem Meniskus eine entscheidende Funktion zu. Aufgrund seiner stabilisierenden und lastverteilenden Funktion ist er in der Lage, Druckspitzen zu minimieren und damit eine adäquate Regeneration des Knorpels zu ermöglichen. Daher sollte das Ziel immer der Erhalt des Meniskus darstellen. Dies ist durch die gängigen Meniskus-Nahttechniken bzw. transossären Refixationen wie bei einer Wurzelläsion zu erreichen. Schwierig kann dies bei großen Lappenrissen und komplexen Rissen sein, bei denen auch die weiße bzw. rot-weiße Zone betroffen ist. Hier kann z.B. auch durch ein Meniskuswrapping (arthroskopische Matrixassoziierte Meniskus-Reparatur; AMMR) eine Wiederherstellung der Meniskusfunktion erzielt werden (Abb. 3). Die Gruppe um Piontek et al. konnten hierbei ausgezeichnete Ergebnisse bei komplexen Rissen im Verlauf von 10 Jahren nachweisen [39]. Bezüglich der Kombination der Eingriffe gelten hierbei die gleichen Voraussetzungen wie bei den vorherigen Prozeduren. Im Rahmen der mACT sollte auch hier im Sinne der nur einmaligen Nachbehandlung eine Meniskusrefixation im Rahmen der Implantation der Zellen durchgeführt werden. Jedoch sind instabile Risse oder starke Beschwerden der Patientin/des Patienten Indikationen, bei denen die Meniskusnaht in der ersten Operation durchgeführt werden sollte. Auch bei komplexen Rissen kann eine primäre Naht sinnvoll sein, da man im Versatz von 4–6 Wochen erneut die Möglichkeit hat, die Stabilität des Meniskus zu überprüfen. Hierbei sollte jedoch bedacht werden, dass nach dieser Zeit nicht von einer Heilung des Meniskus ausgegangen werden darf.
Patellofemorales Gelenk
Bezüglich des patellofemoralen Gelenkes ist die Behandlung der Begleitpathologien extrem bedeutend, jedoch häufig auch sehr komplex. Bis vor einiger Zeit galten die Ergebnisse der knorpelregenerativen Therapien am Patellofemoralgelenk immer als problematisch und mit potenziell schlechteren Ergebnissen. Dies konnte in aktuelleren Studien besonders für die m-ACT widerlegt werden [40, 41]. Ein bedeutender Faktor dieser verbesserten Ergebnisse stellt die zunehmende Behandlung der Begleitpathologien dar. Diese sind gerade im Bereich der patellofemoralen Instabilität komplex und erfordern eine abgestimmte Therapie, um möglichst die Ursache der Instabilität zu adressieren. Da es aber insbesondere im Rahmen der Instabilität sowohl zu traumatischen als auch früh-degenerativen Knorpelschäden des Patellofemoralgelenkes kommt, erfolgt die Kombination mit Knorpeloperationen häufig. In einem aktuellen Review wurden isolierte Knorpeltherapien mit Knorpeloperation und Begleittherapie verglichen [42]. Hierbei erfolgten am häufigsten MPFL-Rekonstruktionen, Tuberositasosteotomien und Retinakulumverlängerungen. Trotz eines niedrigeren präoperativen Scores in der Gruppe der Begleitoperationen zeigten sich postoperativ vergleichbare Werte beider Gruppen. Bezüglich der Kombination der knorpelregenerativen Eingriffe mit einem Begleiteingriff ist hier die Planung der notwendigen Eingriffe essenziell. Im Rahmen einfacherer Pathologien, die mittels MPFL-Rekonstruktion oder Tuberositasosteotomie behandelt werden können, empfiehlt sich die Kombination des Knorpeleingriffes mit der Begleitoperation. Im Rahmen der m-ACT ist von einer MPFL-Rekonstruktion im Rahmen der Entnahme abzuraten, da ansonsten das MPFL im Rahmen einer medialen Arthrotomie wieder durchtrennt werden kann. Daher empfiehlt es sich, für dieses Vorgehen die arthroskopischen Applikationen zu nutzen. Insbesondere bei aufwendigeren Korrekturen mit Osteotomien, Trochleaplastik etc. sollte die Planung der Knorpeloperation in den Kontext der Nachbehandlung passen und ist somit abhängig vom Gesamtkonzept.