Informationen aus der Gesellschaft - OUP 10/2016
Medizinische Ökonomie und EthikVortrag anlässlich der 64. Jahrestagung der VSOUDer Mensch als Kostenfaktor: Ein Plädoyer gegen die Ökonomisierung des Alltags und des GesundheitswesensWarum aus der Medizin keine Industrie werden darf
„Wenn Du im Krankenhaus bist“, so hat mir einmal ein schwerkranker Freund gesagt, „hast Du keine Privatsphäre mehr. In jedem Hotel, so meinte er, gibt es ein Schild ‚Bitte nicht stören‘. Im Krankenhaus gibt es das nicht, da kann jeder jederzeit hereinkommen, auch wenn ich gar keinen Besuch will.“ Es muss auch im Krankenhaus eine Privatsphäre geben. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Würde-Punkt.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das darf man hier auch einmal ganz körperlich, ganz leiblich verstehen. Wo sonst wird man so viel angetastet und abgetastet wie im Krankenhaus und beim Arzt? Bei diesen Vorgängen ist nicht nur der Mensch, sondern auch seine Würde antastbar. Ich sage es noch einmal: Das Krankenhaus und die Arzpraxen sind wichtige Orte, einer der wichtigsten Orte, an dem sich dieser Haupt- und Eingangssatz des Grundgesetzes bewähren muss. Das Gesundheitswesen darf keine Fabrik sein, in der das Wichtigste ist, dass dort Geld gemacht wird. Das Krankenhaus wie die Arztpraxis müssen ein Ort sein und bleiben, in dem geheilt wird. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Um diese Würde geht es im Krankenhaus, um die Würde im Leben und im Sterben. Jede Reform muss sie achten und schützen.
Kaiser Joseph II., ein Sohn der Kaiserin Maria Theresia, hat im Foyer der der im Jahr 1784 in Wien neu errichteten Frauenklinik eine Tafel mit folgender Aufschrift anbringen lassen: „In diesem Haus sollen die Patienten geheilt und getröstet werden“.
Wir brauchen viele solcher Tafeln. Wir brauchen den Geist und auch das Denken, das in diesen Wort steckt: „In diesem Haus sollen die Patienten geheilt und getröstet werden!“